LVwG-601099/2/MB/Bb

Linz, 10.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter            Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der K K-P, geb. 1967, B,  B, vom 28. Oktober 2015 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Oktober 2015, GZ VerkR96-52446-2014, betreffend Zurückweisung des Einspruches gemäß § 49 Abs. 1 und 3 VStG wegen Verspätung,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG iVm §§ 49 Abs. 1 VStG und 38 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.  

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 23. Oktober 2015, GZ VerkR96-52446-2014, wurde der Einspruch der K K-P (Beschwerdeführerin - im Folgenden: Bf) vom 31. August 2015 gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. Februar 2015, GZ VerkR96-52446-2014, gemäß § 49 Abs. 1 und 3 VStG als verspätet zurückgewiesen.

 

In ihrer Begründung führt die belangte Behörde aus, dass die Strafverfügung laut Rückschein am 12. Februar 2015 zugestellt worden sei, sodass der Einspruch bis spätestens 26. Februar 2015 zur Post gegeben bzw. der Behörde überreicht hätte werden müssen. Laut Eingangsvermerk sei der Einspruch jedoch erst am 31. August 2015 per E-Mail übermittelt worden.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 28. Oktober 2015, richtet sich die vorliegende, durch die Bf mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2015 rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in welcher begründend wie folgt ausgeführt wird (auszugsweise Wiedergabe):

 

„Ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben vom 23.10.2015

Einspruch habe ich telefonisch und mehrfach schriftlich abgegeben zu der Tatsache das ich um diese besagte Zeit nicht dort langgefahren sein kann.

Das war am 27.2.15

Telefonisch fragte ich nach wegen eines Fotos und über ihr System Lenker Auskunft.

Ich Stempel ein um diese Zeit, dass hatten wir am Telefon besprochen, ich sollte das Foto bekommen, bevor ich die Firma in der ich arbeite bemühe es rauszusuchen, wann ich am 18.8.14 eingestempelt habe.

Was soll ich bitte noch tun? Sie haben noch immer kein Bild an mich versandt.“

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Vorlageschreiben vom 2. November 2015 unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes GZ VerkR96-52446-2014 zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.   

 

Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, da sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und die Bf trotz entsprechender Belehrung in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides keine Verhandlung beantragt hat  (§ 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG). Zudem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze aus der Aktenlage.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf wurde mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. Februar 2015, GZ VerkR96-52446-2014, die Begehung einer Verwaltungs-übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO am 18. August 2014 um 08.39 Uhr in der Gemeinde Enns auf der B 309 bei km 1,624 in Fahrtrichtung Enns vorgeworfen und über sie gemäß § 99 Abs. 2d StVO eine Geldstrafe in Höhe von 110 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 48 Stunden, verhängt.

 

Diese Strafverfügung wurde nach dem aktenkundigen Zustellnachweis (RSb-Rückschein) nach einem erfolglosen Zustellversuch am 12. Februar 2015 an der Wohnadresse (Abgabestelle) der Bf am 12. Februar 2015 beim Postpartner 44.. H hinterlegt und zur Abholung bereitgehalten, wobei der Beginn der Abholfrist auf dem Rückschein mit 12. Februar 2015 vermerkt wurde. Laut RSb-Rückscheinbrief wurde eine Verständigung über die Hinterlegung des Schriftstückes in die Abgabeeinrichtung an der Abgabestelle der Bf eingelegt.

 

Der gegen diese Strafverfügung von der Bf erhobene Einspruch wurde am 31. August 2015 per E-Mail – somit offensichtlich verspätet – bei der belangten Behörde eingebracht.

 

Zum nachweislich erfolgten Verspätungsvorhalt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. September 2015, GZ VerkR96-52446-2014, äußerte sich die Bf nicht und ließ die ihr eingeräumte Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens zur Abgabe einer allfälligen Stellungnahme ungenützt verstreichen.  

 

3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt des behördlichen Verwaltungsaktes. Insbesondere ergibt sich aus diesem, dass der Bf am 12. Februar 2015 die Strafverfügung zugestellt wurde (RSb-Rückschein) und eine Reaktion der Bf (Einspruch) erstmals am 31. August 2015 erfolgte.

 

 

 III.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:

 

1.a) Die hier relevanten gesetzlichen Grundlagen lauten:

 

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung gemäß § 49 Abs. 3 VStG zu vollstrecken.

 

§ 17 Abs. 1 ZustG normiert eine Verpflichtung des Zustellers, das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

 

Der Empfänger ist von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen (§ 17 Abs. 2 ZustG). Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

 

§ 17 Abs. 3 leg. cit. zufolge ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 erster Satz AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

 

1.b) Die verfahrensgegenständliche Strafverfügung der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 10. Februar 2015, VerkR96-52446-2014, wurde gemäß dem entsprechenden Zustellnachweis durch Hinterlegung zugestellt und erstmals am 12. Februar 2015 beim Postpartner 44.. zur Abholung bereitgehalten. Bei der Wohnung der Bf (Abgabestelle im Sinne des § 2 Z 4 ZustG) wurde eine schriftliche Hinterlegungsanzeige zurückgelassen.

 

An der Rechtmäßigkeit dieses Zustellvorganges bestehen keine Zweifel. Nach der Beweislage sind keinerlei Anhaltspunkte für Zustellmängel, noch eine vorübergehende Ortsabwesenheit der Bf zum Zeitpunkt des Zustellversuches bzw. der Hinterlegung der Strafverfügung gegeben, noch wurden solche geltend gemacht. Die Bf ließ die ihr im behördlichen Verfahren nachweislich eingeräumte Gelegenheit, sich zur Verspätung zu äußern, ungenützt und bestritt nicht, dass ihr die Strafverfügung rechtsgültig zugestellt wurde. Der Zustellnachweis als öffentliche Urkunde erbringt daher den vollen Beweis, dass der Zustellvorgang vorschriftsmäßig erfolgt ist.

 

Die Strafverfügung gilt daher mit 12. Februar 2015 als rechtswirksam zugestellt und es begann mit diesem Tag die zweiwöchige Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG zu laufen und endete sohin gemäß § 32 Abs. 2 AVG iVm § 24 VStG mit Ablauf des 26. Februar 2015 (Donnerstag, kein Feiertag). Der Einspruch hätte daher spätestens am 26. Februar 2015 zur Post gegeben oder in anderer Weise bei der belangten Behörde eingebracht werden müssen. Auf die Rechtsmittelfrist von zwei Wochen wurde in der Rechtsmittel­belehrung der Strafverfügung zutreffend und ausdrücklich hingewiesen. Tatsächlich wurde der Einspruch jedoch erst am 31. August 2015 per E-Mail eingebracht. Der Einspruch erweist sich sohin als verspätet und dessen Zurückweisung durch die belangte Behörde als rechtmäßig.

 

Sofern die Bf in der Beschwerdeschrift behauptet, mehrfach Einspruch erhoben zu haben, so vermag ihr dieses Vorbringen nicht zum Erfolg verhelfen, da der Aktenlage nach ihr Einspruch vom 31. August 2015 die erste und einzige Reaktion auf die ergangene Strafverfügung darstellt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung gilt eine Eingabe nur dann als eingebracht, wenn sie der Behörde wirklich behändigt wurde, also ihr tatsächlich zugekommen ist. Diesbezüglich ist die Partei beweispflichtig (z. B. VwGH 8. Juni 1984, 84/17/0068).

 

Das Fristversäumnis hat zur Folge, dass die in Rede stehende Strafverfügung mit dem ungenützten Ablauf der Einspruchsfrist in Rechtskraft erwachsen und damit inhaltlich keiner weiteren Erörterung zugänglich ist. Es war dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich demnach verwehrt, auf ein Sachvorbringen der Bf einzugehen.

 

Die Einspruchsfrist gemäß § 49 Abs. 1 VStG ist eine durch Gesetz festgesetzte Frist, deren Verkürzung oder Verlängerung einer Behörde oder einem Gericht nicht zusteht.

 

In Anbetracht der Bedeutung von Rechtsmitteln trifft jede Partei in Bezug auf Fristeinhaltung eine erhöhte Sorgfaltspflicht (VwGH 19. Dezember 1996, 95/11/0187).

 

 

IV.

 

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr.  Markus  B r a n d s t e t t e r