LVwG-300694/18/BMa/PP
Linz, 02.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des Y.K., vertreten durch Rechtsanwälte W. O. N. G., x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 30. März 2015, Ge-88/15, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (im Folgenden: AuslBG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens beim Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.
1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:
„Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben: (Taten einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)
Sie haben es als Inhaber und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma Y. K. e.U. in S., x, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass der s. Staatsbürger M.M., geb. am x, zumindest am 27.12.2014 um 23.52 Uhr in der Betriebsstätte oa. Firma in S., x (P.) von oa. Firma mit dem Zubereiten von Speisen beschäftigt wurde, wobei für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Niederlassungsbewilligung-unbeschränkt (§ 8 Abs. 2 Ziff. 3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt worden wäre.
Da Sie bereits wegen der Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bestraft wurden, stellt dies eine wiederholte Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dar.
Verwaltungsübertretung nach
§§ 3 (1) und 28 (7) i.V.m § 28 (1) Ziff 1 lit. a) Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. 218/1975 i.d.g.F.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von EURO falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstraft von gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
EUR 3.000,- 48 Stunden — § 28 (1) Z.1 lit.a) leg.cit.
1.2. Mit der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde, die dem LVwG am 20. Mai 2015 gemeinsam mit dem Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt wurde, wurde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens sowie hilfsweise die Festsetzung einer schuld- und tatangemessenen Strafe beantragt.
Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
1.3. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und am 22. Juni 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bf mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung und ein Vertreter des Finanzamts gekommen sind. Als Zeugen wurden das Kontrollorgan J.S. und unter Hinzuziehung eines Dolmetschers J.M. und S.M. einvernommen.
2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
2.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:
Y. K. ist Inhaber der Firma Y. K. e.U. in S., x, die das Lokal „P. S.“ am x, betreibt.
Im Zuge einer Kontrolle durch Organe des Finanzamts Kirchdorf Perg Steyr am 27. Dezember 2014, um 23:52 Uhr, in dieser P., wurde M.M. im Lokal angetroffen, als er eine Serviette oder Reste des von ihm verzehrten Kebab in einem Mistkübel hinter der Theke entsorgt hat.
Es kann nicht festgestellt werden, dass M.M. in der P. Arbeiten (z.B. das Belegen von Pizzen) verrichtet hat.
2.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt sowie den Aussagen des Bf und der Zeugen in der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2015 ergibt.
Die Beschäftigung des M.M. konnte nicht festgestellt werden, hat der Bf und auch die Zeugen in der mündlichen Verhandlung doch übereinstimmend angegeben, M. sei der Onkel des M., eines Dienstnehmers des Bf und habe diesen im Lokal besucht, um dort ein Kebab zu essen. Mangels konkreter Beobachtungen des als Zeugen vernommenen Kontrollorgans konnte eine Beschäftigung des M. nicht festgestellt werden. Alleine der Aufenthalt im äußeren Bereich der Theke, bei der sich auch der Mistkübel im Lokal befindet, ist noch nicht geeignet, eine Beschäftigung des M. zu belegen.
Die Behauptung, M. habe gesehen, dass M. den Mülleimer benutzt habe und er habe selbst Serviette bzw. Überreste des Kebab entsorgen wollen, deshalb sei er hinter die Theke getreten, ist auch im Zusammenhang mit dem geschilderten Ablauf des Besuchs der Brüder M. im Lokal des Bf glaubwürdig. Auf dem von den Kontrollorganen angefertigten Foto, das am Laptop in der Verhandlung präsentiert wurde, waren Pizzen zu sehen, die belegt waren, sodass auch die Behauptung des Zeugen M., A. habe bevor er das Lokal verlassen habe, noch die Pizzen für den Abend hergerichtet und diese seien schon fertig belegt gewesen, nachvollziehbar.
Die Behauptung in der Anzeige, M.M. habe die Pizzen belegt, findet in dem in der mündlichen Verhandlung erhobenen Sachverhalt keine Stütze.
Obwohl die Beschwerde vorbringt, die Geldstrafe erscheine angesichts seiner konkreten Vermögens- und Einkommensverhältnisse überzogen, hat der Bf anlässlich der mündlichen Verhandlung keine weiteren Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht, sodass auch die Angaben im erstinstanzlichen Erkenntnis zu dessen sozialen und finanziellen Verhältnissen, wonach von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.200 Euro und keinen Sorgepflichten ausgegangen wurde, der Entscheidung des OÖ LVwG zugrunde gelegt werden.
2.3. In rechtlicher Hinsicht hat das OÖ LVwG erwogen:
2.3.1. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ oder einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.
Nach § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung
a. in einem Arbeitsverhältnis,
b. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,
c. in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs. 5 leg.cit,
d. nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder
e. überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, und des § 5a Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287.
Gemäß § 2 Abs. 4 1. Satz leg.cit. ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a leg.cit. begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ (§ 41 NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.
2.3.2. Dass M.M. bei der Erbringung von Dienstleistungen, also arbeitend im Lokal des Bf angetroffen wurde, hat die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2015 - siehe Feststellungen - nicht ergeben, sodass in diesem Fall auch von keinem Dienstverhältnis auszugehen ist. Demnach konnte dem Bf auch kein Verstoß gegen die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch den Aufenthalt des M. in seinem Lokal nachgewiesen werden.
Es war daher der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.
Zu II.
Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG weder einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu tragen.
Zu III.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann