LVwG-700125/2/MZ
Linz, 02.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des L. P., geb x, x, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 23.9.2015, GZ. VStV/915300540484/2015, wegen der Bemessung der Strafen nach Übertretungen des Sicherheitspolizeigesetzes und des Oö. Polizeistrafgesetzes,
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und werden die Geldstrafen jeweils auf 30,- EUR und die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils auf 12 Stunden herabgesetzt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 23.9.2015, GZ. VStV/915300540484/2015, wurde über den Beschwerdeführer (in Folge: Bf) wie folgt abgesprochen:
„1. Sie haben am 11.04.2015, von 01:54 Uhr bis 01:58 Uhr in Linz, H.gasse 12 durch das unten beschriebene Verhalten in besonders rücksichtsloser Weise die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört.
Sie haben es trotz Aufforderung seitens der einschreitenden Polizisten nicht unterlassen, grundlos und lautstark umher zu schreien.
2. Sie haben sich am 11.04.2015, von 01:45 Uhr bis 01:53 Uhr in Linz, H.gasse 12 durch das unten beschriebene Verhalten trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrnahm, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert.
Sie haben trotz mehrmaliger Abmahnung und Androhung der Anzeige fortlaufend versucht die beiden einschreitenden Polizisten an einer rechtmäßigen Amtshandlung, welche an einer anderen Person durchgeführt wurde, zu behindern..
3. Sie haben am 11.04.2015 um 01:56 – 01.59 Uhr in Linz, H.gasse 12 den öffentlichen Anstand verletzt, indem Sie die einschreitenden Polizisten mit Ausdrücken wie „Scheiß Kiberer“, Schwuchteln“, „Wichser“ etc. beschimpft haben und dadurch ein Verhalten in der Öffentlichkeit gesetzt, das einen groben Verstoß gegen die allgemeinen anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. 566/91
§ 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. 566/91
§ 1 Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz
§ 1 Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz“
Wegen jeder der genannten Übertretungen wurde über den Bf eine Geldstrafe in der Höhe von 60,- EUR, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag und sechs Stunden verhängt. Zudem wurde dem Bf als ein Beitrag in der Höhe von 10,- EUR zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.
Zur Strafbemessung führt die belangte Behörde ua aus:
„Bei der Strafbemessung wurde davon ausgegangen, dass Sie kein hiefür relevantes Vermögen besitzen, keine Sorgepflichten haben und ein Einkommen von mindestens € 980,-- netto monatlich beziehen.“
II. Gegen das angefochtene Straferkenntnis erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, in welcher er sich nur gegen die Strafhöhe wendet.
Der Bf bringt unter Vorlage von Unterlagen vor, entgegen der Annahme der Behörde beziehe er als Lehrling lediglich ein monatliches Einkommen in der Höhe von ca 350,- EUR.
III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.
c.) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von dem in den Punkten I. und II. dargestellten, unstrittigen Sachverhalt aus.
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
a.1) Die einschlägigen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG lauten:
„§ 81. (1) Wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 350 Euro zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden. …
§ 82. (1) Wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einem militärischen Organ im Wachdienst, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 350 Euro zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden. …
a.2) Die einschlägigen Bestimmungen des Oö. Polizeistrafgesetzes – Oö. PolStG lauten:
§ 1
Wahrung des öffentlichen Anstandes
(1) Wer den öffentlichen Anstand verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung.
…
§ 10
Strafbestimmungen
(1) Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 1, 1a, § 2 Abs. 2 und § 3 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, bei Übertretungen nach
a) den §§ 1 und 3 mit Geldstrafe bis 360 Euro,
b) § 1a Abs. 1, 3 und 4 und § 2 Abs. 2 mit Geldstrafe bis 720 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche,
c) § 1a Abs. 2 mit Geldstrafe bis 14.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen
zu bestrafen.
…“
b.1) Da der Bf sich ausschließlich gegen die Höhe der von der belangten Behörde verhängten Strafen wendet, sind die Übertretungen der §§ 81 Abs 1 und 82 Abs 1 SPG sowie des § 1 Abs 1 Oö. PolStG als erwiesen anzusehen und ist vom Landesverwaltungsgericht lediglich die Bemessung der Strafen zu überprüfen.
Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
b.2) Die belangte Behörde ist bei der Strafzumessung davon ausgegangen, dass der Bf ein Einkommen von mindestens € 980,-- netto monatlich bezieht. Dieser hat jedoch im Beschwerdeverfahren unter Vorlage von Unterlagen glaubhaft gemacht, in einem Lehrverhältnis zu stehen und monatlich über lediglich ca 350,- EUR Einkommen zu verfügen.
Ein derart massiver Unterschied zwischen von der Behörde angenommenem und tatsächlichem Monatseinkommen kann freilich bei der Strafzumessung nicht unberücksichtigt bleiben. Dies insb deshalb nicht, als die Summe der von der Behörde verhängten Strafe in etwa die Hälfte eines Monatsbezuges des Bf ausmacht und die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes nicht derart schwer wiegt. Auch eine Bestrafung des Bf pro Delikt in der Höhe von 30,- EUR, welche in Summe immer noch ca 25 % des Monatsverdienstes ausmacht, dürfte aus spezialpräventiver Sicht ausreichen, um den Bf in Hinkunft von derartigen Übertretungen abzuhalten. Eine weitere Herabsetzung der Strafe ist freilich wiederum aus Gründen der Generalprävention abzulehnen.
b.3) Im Hinblick auf den Beitrag des Bf zu den Verfahrenskosten ist festzuhalten, dass die belangte Behörde fälschlicherweise lediglich den Mindestbetrag für eines der drei begangenen Delikte vorgeschrieben hat. Es ist dem Landesverwaltungsgericht jedoch verwehrt, nunmehr die aushaftenden Beiträge vorzuschreiben.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da es sich bei der Frage, wie hoch die Bestrafung der im vorliegenden Fall begangenen Übertretungen auszufallen hat, um eine reine Einzelfallbeurteilung handelt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Markus Zeinhofer