LVwG-450086/3/ER
Linz, 14.10.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des P L, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G S, x gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 9. April 2015, GZ: MD-StV-128-2014, wegen der Zurückweisung einer Berufung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 279 Abs 1 BAO wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wels vom 28. August 2014, GZ: FD-StV-128-2014, wurde Herr P L (im Folgenden: Bf), x, wegen schuldhafter Nichtbezahlung für die noch offene Kommunalsteuerschuld, Lustbarkeitsabgabe, sowie Abfallgebühr und Gerichtsgebühr in einer Gesamthöhe von € 14.496,87 haftbar gemacht und zur Zahlung herangezogen. Dagegen richtete sich die Berufung des Bf an den Stadtsenat der Stadt Wels als zuständige Behörde 2. Instanz der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich (im Folgenden: belangte Behörde), eingebracht am 7. Oktober 2014, welche vom Stadtsenat mit Bescheid vom 9. April 2015, GZ: MD-StV-128-2014, wegen Ablauf der Berufungsfrist als unzulässig zurückgewiesen wurde.
I.2. Dagegen richtet sich die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Bf, eingebracht bei der belangten Behörde am 15. Mai 2015. Die Beschwerde wird damit begründet, dass dem Bf die erstinstanzliche Entscheidung niemals zugegangen sei, da es sich bei der Adresse B.gasse 3 nicht um eine Zustelladresse des Bf handle, der Bf habe den erstinstanzlichen Bescheid am 1. September 2014 nicht persönlich entgegengenommen. Auch sonst habe der Bf die Entscheidung nie persönlich entgegengenommen, womit eine Heilung durch tatsächliche Kenntnisnahme jedenfalls nicht erfolgt sei. Die gegenständliche Berufung an den Stadtsenat der Stadt Wels sei daher rechtzeitig.
I.3. Die belangte Behörde legte daraufhin unter Beilage eines Vorlageschreibens die verfahrensgegenständlichen Akten am 31. Juli 2015 dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und die Webseite www.x.at, sowie durch telefonische Nachfrage bei der Ö P AG. Zumal von keiner Verfahrenspartei die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt wurde und sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt völlig widerspruchsfrei bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt, war gemäß § 274 Abs 1 BAO keine Verhandlung durchzuführen.
I.4. Es steht folgender entscheidungsrelevanter S a c h v e r h a l t fest:
Der Bf wurde am 21. März 2014 zum Geschäftsführer der T GmbH mit Sitz in X, bestellt.
Über diese GmbH wurde mit Beschluss des Landesgerichts Wels vom 11. Juni 2014 der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft in Folge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst.
Mit Bescheid des Magistrats Wels vom 28. August 2014, FD-StV-128-2014, wurde der Bf persönlich für die noch ausstehenden Abgabenschulden der T GmbH haftbar gemacht. Dieser Bescheid wurde dem Bf am 2. September 2014 an seine Privatadresse, x, durch Hinterlegung beim gebietszuständigen Postamt x (Postpartner S.straße) zugestellt.
Gebietszuständiges Postamt für die Adresse X, ist das Postamt x.
Der Kopf des erstinstanzlichen Bescheids ist wie folgt ausgestaltet:
„Herr P L als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T GmbH, X, Kommunalsteuer, Lustbarkeitsabgabe, Abfallgebühr, Abgabenrückstände, Haftung-Geltendmachung“.
Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheids lautet wie folgt:
„Herr P L, wohnhaft in x, wird als selbständiger vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der T GmbH (...) wegen schuldhafter Nichtbezahlung für die noch offene Kommunalsteuer (...) haftbar gemacht und zur Zahlung herangezogen. (...)“
Die Zustellverfügung dieses Bescheids lautet wie folgt:
„Ergeht gleichlautend an:
1.) RSb Herrn P L, x
2.) FD, Dst. Stadtbuchhaltung (...)“
Der Bf brachte durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter am 7. Oktober 2014 eine Berufung gegen diesen Bescheid beim Magistrat der Stadt Wels ein. Am 9. April 2015 wurde diese Berufung durch den Stadtsenat der Stadt Wels als verspätet und damit unzulässig zurückgewiesen.
II. Der festgestellte maßgebliche Sachverhalt ergibt sich völlig widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verfahrensakt.
Dass es sich bei der Adresse x, um die Privatadresse des Bf handelt, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister, wonach er an dieser Adresse seit 9. August 2011 seinen Hauptwohnsitz gemeldet hat.
Dass das Postamt x gebietszuständig für die Wohnadresse des Bf ist, ergibt sich einerseits aus dem auf der Webseite www.x.at ersichtlichen Register der Postämter und Postpartner, andererseits wurde dies auf telefonische Nachfrage von der Ö P AG bestätigt. Im Zuge dieser Nachfrage wurde ferner Auskunft über das gebietszuständige Postamt der Adresse X erteilt.
Dass die Zustellung an die Privatadresse auch tatsächlich erfolgte, ergibt sich aus dem Rückschein des erstinstanzlichen Bescheids, wonach dieser beim gebietszuständigen Postamt x hinterlegt wurde. Ein Zustellversuch an die Adresse X hätte eine Hinterlegung beim Postamt x zur Folge gehabt. Da aber die Hinterlegung beim gebietszuständigen Postamt der Privatadresse des Bf erfolgt ist, besteht kein Zweifel daran, dass die Zustellung entsprechend der Zustellverfügung auch tatsächlich an die Privatadresse des Bf vorgenommen wurde.
Das Datum der Zustellung ergibt sich ebenfalls aus dem Rückschein, wonach der erstinstanzliche Bescheid ab 2. September 2014 beim gebietszuständigen Postamt zur Abholung bereit lag.
III. Gemäß § 288 Abs 1 iVm § 245 Abs 1 Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 13/2014, beträgt die Frist zur Erhebung einer Berufung einen Monat.
Gemäß § 288 Abs 1 iVm § 260 Abs 1 lit b BAO sind Berufungen, die nicht fristgerecht eingebracht wurden, zurückzuweisen.
Gemäß § 2 Z 4 Zustellgesetz, BGBl Nr 200/1982, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 5/2008, ist eine Abgabestelle die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.
Gemäß § 5 Zustellgesetz ist die Zustellung von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.
Gemäß § 13 Abs 1 erster Satz Zustellgesetz ist das Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.
§ 17 Abs 1 Zustellgesetz lautet wie folgt: Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. (...)
IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
IV.1. Mit Erkenntnis vom 23. Juni 2015, Ra 2015/22/0040, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ra 2014/07/0002 und 0003, und dem folgend im Erkenntnis vom 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0152 und 0153, zu der durch das VwGVG neu geschaffenen Rechtslage bereits ausgeführt, dass, wenn die Behörde in erster Instanz den Antrag zurückgewiesen hat, das Verwaltungsgericht lediglich befugt sei, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist. Dies allein bilde den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist somit die Beurteilung der Frage, ob die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wels vom 28. August 2014, FD-StV-128-2014, zu Recht wegen verspätet eingebrachter Berufung zurückgewiesen hat.
IV.2. Der Bf bringt in seiner Beschwerde vor, dass es sich bei der Adresse X, nicht um eine Zustelladresse des Bf handle, weswegen ein Zustellversuch an diese Adresse bzw die anschließende Hinterlegung nicht als Zustellungsdatum zu erachten sei und damit auch nicht fristauslösend sein könne.
Im Kopf des erstinstanzlichen Bescheids ist die Adresse der mittlerweile aufgelösten Gesellschaft, als deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bf am 21. März 2014 bestellt wurde, angeführt. Adressat dieses Bescheids ist aber – wie zweifelsfrei aus der Zustellverfügung und dem im Verfahrensakt befindlichen Rückschein ersichtlich ist – der Bf persönlich. Ferner ergibt sich sowohl aus dem Spruch als auch aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheids, dass der Bf persönlich für die noch ausstehenden Abgaben der T GmbH haftbar gemacht wurde. Dies wurde vom Bf im Übrigen auch nicht bestritten.
Entsprechend dem Zentralen Melderegister hat der Bf seit 9. August 2011 an der Adresse x, seinen Hauptwohnsitz gemeldet. Laut Zustellverfügung des erstinstanzlichen Bescheids war dieser dem Bf an seine Privatadresse, x, zuzustellen.
Dass im Kopf des Bescheids die Adresse der Gesellschaft, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bf war, angeführt ist, ändert nichts daran, dass in der Zustellverfügung eindeutig die Privatadresse des Bf als Zustelladresse und somit Abgabestelle festgelegt wurde. Die Zustellverfügung entspricht gänzlich den Anforderungen des § 5 Zustellgesetz, wonach die Zustellung von der Behörde zu verfügen ist, deren Dokument zugestellt werden soll und die Zustellverfügung den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten hat.
Die erstinstanzliche Behörde hat einerseits völlig unmissverständlich die Zustellung an den Bf an seine Privatadresse verfügt. Aus dem im Akt einliegenden Rückschein ist ferner ersichtlich, dass dort am 1. September 2014 ein Zustellversuch sowie die Hinterlegung des Dokuments beim gebietszuständigen Postpartner für die Adresse x, nämlich dem Postamt x, erfolgte. Als Beginn der Abholfrist wurde auf dem Rückschein der 2. September 2014 vermerkt.
Entsprechend § 17 Abs 3 Zustellgesetz gilt der erstinstanzliche Bescheid mit dem ersten Tag der Abholfrist – also dem 2. September 2014 – als zugestellt.
IV.3. Gemäß § 288 Abs 1 iVm § 245 Abs 1 BAO betrug die Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid einen Monat. Diese Berufungsfrist begann am 2. September 2014 und endete somit am 2. Oktober 2014. Der Bf brachte aber erst am 7. Oktober 2014 eine Berufung ein. Diese Berufung war aufgrund der bereits am 2. September 2014 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Bescheids jedoch verfristet. Gemäß § 288 Abs 1 iVm § 260 Abs 1 lit b BAO war diese Berufung daher von der belangten Behörde zurückzuweisen.
V. Im Ergebnis war daher die Beschwerde abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. R e i t t e r