LVwG-650489/4/MS

Linz, 16.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn J R, F, E, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Wels-Land vom 02. September 2015, GZ. 235686/2015, mit dem die Lenkberechtigung zeitlich beschränkt wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 2. September 2015, GZ: 235686/2015, wurde in Spruchabschnitt I die Lenkberechtigung von Herrn J R,
geb. 1941, F, E (im Folgenden: Beschwerdeführer) für die Klassen AM, A1, A2, A, B, BE und F ab 2. September 2015 unter der zeitlichen Beschränkung auf Fahrten bei Tag (eine Stunde nach Sonnenaufgang bis eine Stunde vor Sonnenuntergang) erteilt.

In Spruchabschnitt II desselben Bescheides wurde die Lenkberechtigung für die Klasse C1 ab 2. September 2015 unter der Auflage der Verwendung einer Brille und der zeitlichen Beschränkung auf Fahrten bei Tag (eine Stunde nach Sonnenaufgang und eine Stunde vor Sonnenuntergang) erteilt.

 

Begründend stützt sich die Behörde auf das Gutachten des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, welches als schlüssig zu werten gewesen sei, wodurch spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

 

Gegen diesen Bescheid, welcher dem Beschwerdeführer am 2. September 2015 mündlich verkündet wurde, und welcher auf dessen Verlangen dem Beschwerdeführer am 7. September 2015 mittels Hinterlegung zugestellt wurde, hat dieser mit Eingabe vom 17. September 2015 (eingelangt bei der belangten Behörde am 21. September 2015) und somit rechtzeitig Beschwerde erhoben.

 

Begründend führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, das ärztliche Gutachten, welches beurkunde, er sei zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und Gruppe 2, auf Grund der erhöhten Blendungsempfindlichkeit nur bedingt geeignet, beinhalte keine alternativen Überprüfungen. Diese bedingte Eignung könne durch eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit durch Überprüfungsfahrten mit Polizei und/oder Fahrschulprüfern widerlegt werden. Seine jahrzehntelange Fahrpraxis und Erfahrung als Berufskraftfahrer könnte seine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und der Gruppe 2, ohne Beschränkung auf Fahrten bei Tag, durchaus bestätigen.

 

Mit Schreiben vom 24. September 2015 legte die belangte Behörde die ggst. Beschwerde samt Verfahrensakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wird kein Gebrauch gemacht.

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch die nachträglich übermittelten Stellungnahmen der Fachärztin für Innere Medizin, Dr. M U, vom 18. August 2015 sowie der Fachärztin für Augenheilkunde und Optometrie, Dr. B W-F, vom 2. Juli 2015. Daraus ließ sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt ableiten:  

Der Beschwerdeführer war im Besitz eines auf 5 Jahre befristeten Führerscheins für die Klassen AM, A1, A2, A, B, C1, F und BE bis 6. September 2015.

 

Mit Eingabe vom 13. Juli 2015 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung seines befristeten Führerscheins.

 

In Erledigung dieses Ansuchens wurde am 24. August 2015 eine ärztliche Untersuchung gemäß § 8 Führerscheingesetz (FSG) durchgeführt.

 

Am 31. August 2015 wurde von der Amtsärztin der belangten Behörde ein Gutachten nach § 8 FSG erstellt und darin festgestellt, dass der Beschwerdeführer zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 und der Gruppe 2 unter den Auflagen der Verwendung einer Brille und der zeitlichen Beschränkung auf Fahrten bei Tag geeignet ist. Begründet wurden die Auflagen mit der erhöhten Blendempfindlichkeit des Beschwerdeführers und dessen Visus.

 

Im Zeitpunkt der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens lag eine Stellungnahme einer Fachärztin für Augenheilkunde und Optometrie vor. Diese Stellungnahme beinhaltet folgenden Befund:

„Diagnose: incipiente Katarakt

Visus rechts s.c. 0,5 und c.c. 0,8

Visus links mit s.c. 0,4 und c.c. 0,8

Tension 14/15 mmHG

Binakularsehen, normales Stereosehen

Vorderer Augenabschnitt: Beginnende Katarakt

Fundus: Papille unauffällig, Macula unauffällig, links parfoveal temporal, kleiner Aderhautnävus

Nyktometer ohne Blendung: 3 von 5 Optotypen erkannt, mit Blendung nicht möglich, Perimetrie unauffällig

Herr Rankl erreicht die für die Gruppe 2 erforderliche Sehschärfe, Es findet sich kein Hinweis auf eine fortschreitende Augenerkrankung.

 

Nochmalige Überprüfung des Dämmerungssehens vom 27. 8. Und 28.8.2015:

Heute nochmals Nyktometer durchgeführt: heute mit und ohne Brille alle Optotypen ohne Brille richtig erkannt, aber mit Blendung nicht erkannt.“

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und 4 VwGVG entfallen, da kein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung gestellt wurde und da aufgrund der Aktenlage feststand, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und dem Entfall  weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389 entgegenstehen.

 

 

III.           Gemäß § 5 Abs. 5 erster Satz FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z 2).

 

Gemäß § 3 Abs. 1 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinn des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt, 

2. die ausreichende Körpergröße besitzt, 

3. ausreichend frei von Behinderungen ist und 

4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.

 

Gemäß § 16 Abs. 2 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung darf Personen, die an in den vorangehenden Bestimmungen nicht genannten Krankheit leiden, diese jedoch eine funktionelle Untauglichkeit bedeuten oder zur Folge haben kann, so dass dadurch beim Lenken eines Kraftfahrzeuges die Sicherheit im Straßenverkehr gefährdet wird, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden.

 

 

IV.          Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Frage des Dämmerungssehens ist in den §§ 7 und 8 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung nicht ausdrücklich geregelt, weshalb die allgemeine Regelung des § 16 Abs. 2 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung heranzu-ziehen ist.

 

Eingangs ist festzuhalten, dass die Beschwerde nur die zeitliche Beschränkung der Lenkberechtigung auf die Tagzeit zum Inhalt hat.

Die Vorschreibung der Auflage, die die Verwendung einer Brille in Spruchabschnitt II des Bescheides zum Inhalt hat, blieb unbekämpft und ist nicht Gegenstand der Beschwerde.

 

Aufgrund der vorliegenden augenfachärztlichen Stellungnahme ist der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 bis zur Dämmerung geeignet. Gleichzeitig wurde jedoch festgestellt, dass bei der Untersuchung mittels Nyktometer bei Blendung die 5 gezeigten Optotypen nicht erkannt werden konnten. Diesbezüglich fand am 28. August 2015 eine weitere Untersuchung mittels Nyktometer statt und konnte der Beschwerdeführer auch an diesem Tag, an dem die Untersuchung mit und ohne Brille durchgeführt wurde, bei Blendung die gezeigten Optotypen nicht erkennen. Daraus ist ersichtlich, dass das Dämmerungssehen des Beschwerdeführers nicht gegeben ist und ist daher das schlüssige amtsärztliche Gutachten gemäß § 8 Führerscheingesetz, welches auf die Stellungnahme des Facharztes für Augenheilkunde und Optometrie, erstellt von Dr. B W-F mit dem Datum vom 2. Juli 2015, Bezug nimmt, der Beurteilung zugrunde zu legen.

 

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte langjährige Fahrpraxis vermag ein fehlendes Dämmerungssehen nicht zu kompensieren, da es aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist, dass ein Lenker eines Kraftfahrzeuges in der Lage ist, bei Dunkelheit trotz Blendwirkung, das wesentliche Verkehrsgeschehen, wie etwa andere Verkehrsteilnehmer (zum Beispiel Fußgänger am Straßenrand), Baustelleneinrichtungen, Verkehrszeichen usw. rechtzeitig wahrnehmen kann. Bei einem mangelnden oder nicht vorhandenen Dämmerungssehen ist dieses Erfordernis entweder stark eingeschränkt oder nicht gegeben, sodass aus Gründen der Verkehrssicherheit der Führerschein auf das Lenken zur Tagzeit einzuschränken ist.

Da am festgestellten fehlenden Dämmerungssehen aufgrund der vorliegenden medizinischen Feststellungen nicht zu zweifeln ist, kann auch die vom Beschwerdeführer angeregte Überprüfungsfahrt zu keinem anderen Ergebnis führen.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass es offenkundig ist, dass ein mangelndes Dämmerungssehen bei Blendung die Sicherheit im Straßenverkehr während der Nachtzeit gefährdet, weil es eben gerade bei Dämmerung und Dunkelheit immer wieder zur Blendung durch entgegenkommende Kraftfahrzeuge kommt. Daher war die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers einzuschränken.

 

 

V.            Aus diesem Grund war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß