LVwG-650471/10/Bi
Linz, 29.10.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn A O, S, S, vom 13. August 2015 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 17. Juli 2015, VerkR20-036339-2015, wegen Abweisung des Antrages auf Erteilung (Verlängerung) der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 27. Oktober 2015
zu Recht e r k a n n t :
I.
Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid im Beschwerdeumfang bestätigt.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers (in Folge: Bf) vom 4. Februar 2015 auf Erteilung (Verlängerung) der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B gemäß §§ 3 Abs.1 Z3 und 8 FSG abgewiesen. Außerdem wurde ihm gemäß § 14 Tarifpost 6 Abs.1 Gebührengesetz 1957 die Bezahlung einer Verwaltungsabgabe von 14,30 Euro binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides aufgetragen.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 21. Juli 2015.
2. Gegen die Abweisung des Antrages auf Verlängerung der Lenkberechtigung hat der Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht OÖ zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Am 27. Oktober 2015 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf, der Vertreter der belangten Behörde Frau MMag. C P und Herrn J K sowie der Amtsärztin Frau Dr. K B, BH Perg, und des technischen Amtssachverständigen Herrn Ing. M A, Amt der OÖ. Landesregierung, Abt. Verkehr, durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.
3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, die Nichtverlängerung seiner Lenkberechtigung bedeute für ihn die Abhängigkeit von anderen Leuten zur Besorgung seiner Einkäufe. Er wohne in einem Ort ohne Geschäfte, habe Katzen zu versorgen und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei für ihn zu umständlich. Er würde eine örtliche Einschränkung auf Grein und St. Nikola akzeptieren, ev. müsse er nach Amstetten zum Autoservice.
4. Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der beide Parteien gehört, eine Beobachtungsfahrt durchgeführt und dazu Gutachten durch den technischen AmtsSV und die Amtsärztin erstattet wurden.
Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:
Der Bf war im Besitz einer bis 11. Februar 2015 befristeten Lenkberechtigung für die Klassen AM und B. Nach seinem Antrag auf Verlängerung wurde ihm von der belangten Behörde eine Bestätigung nach § 8 Abs.5 FSG bis 4. Mai 2015 ausgestellt.
Am 30. April 2015 wurde er von der Amtsärztin untersucht und Vorerkrankungen festgestellt, worauf er den Führerscheinbefund Dris G A, FA für Augenheilkunde und Optometrie in Grein, vom 4. Februar 2015, in dem keine Gesichtsfeldeinschränkungen und schlechtes Dämmerungssehen bestätigt, aus ophthalmologischer Sicht aber keine Einwände gegen die FS-Verlängerung erhoben wurden, und der internistisch-kardiologische Befundbericht Dris. M M, FA für Innere Medizin/Kardiologie in Perg, vom 9. April 2015 vorgelegt hat, in dem unter den Diagnosen „NIDDM, Adipositas I, Hypertonie, permanentes Vorhofflimmern“ unter Vorlage von Laborwerten eine kardiale Belastbarkeit ohne Einschränkung festgehalten wurde.
Weiters wurde vom technischen AmtsSV am 4. Mai 2015 mit dem Bf eine Beobachtungsfahrt durchgeführt und im Gutachten vom 2. Juni 2015 eine Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen festgestellt, wobei keinesfalls von einer ausreichenden Kompensation der festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auszugehen ist.
Das Gutachten der Amtsärztin vom 3. Juni 2015 lautete auf „nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 (AM, B Dreiradfahrzeuge)“. Begründend wurde ausgeführt, die Befristung sei wegen Sehschwäche, Zuckerkrankheit und Bluthochdruck erfolgt. Seit 2012 sei die Zuckerkrankheit des Bf bekannt, Unterzuckerungen seien bisher nicht aufgetreten, die Auflage der einmal jährlichen Vorlage internistischer Befunde incl. Hba1c-Werte und Blutdruckkarte, sei nicht erfolgt – laut Bf habe er das nicht gewusst. Von ihm eingenommene Medikamente konnte der Bf nicht benennen, auch beim 2. deswegen vereinbarten Termin hatte er die Medikamentenliste vergessen, das sei in seinem Alter normal. Die Beobachtungsfahrt sei angeordnet worden, um zu klären, ob Anzeichen einer dementiellen Entwicklung bestehen; er sei vorher auf die Möglichkeit der Absolvierung ev. Übungsstunden hingewiesen worden, habe solche aber abgelehnt. Die Beurteilung sei unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde und der Beobachtungsfahrt erfolgt, die durch die Eingriffsbereitschaft des Fahrlehrers und der defensiven und umsichtigen Fahrweise anderer Verkehrsteilnehmer gefahrlos abgewickelt werden habe können.
Im Rahmen der Verhandlung am 27. Oktober 2015 wurde zur Klärung, ob eine örtlich eingeschränkte Erteilung der Lenkberechtigung zum Zweck der täglichen Besorgungen des Bf in Grein möglich und als vertretbar anzusehen wäre, durchgeführt.
Laut Gutachten des technischen AmtsSV ist der Bf auch zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 in örtlich eingeschränktem Bereich nicht geeignet, wobei er diesmal ein Fahrzeug mit Automatikgetriebe lenkte und mit der Handhabung des Fahrschulfahrzeuges zurechtkam. Auch wenn die Spurhaltung besser bewertet wurde als bei der 1. Beobachtungsfahrt, überschritt der Bf örtlich zulässige Höchstgeschwindigkeiten, missachtete Vorrangregeln und tendierte in seiner Fahrlinie zur Fahrbahnmitte hin. Auch wenn einzelne Abschnitte der Fahrt problemlos bewältigt wurden, zeigten sich diverse Problemstellungen, die letztlich auch die Feststellungen in der 1. Beobachtungsfahrt bestätigen, sodass im Ergebnis eine Eignung in örtlich eingeschränktem Bereich nicht bestätigt werden konnte.
Die Amtsärztin eruierte, dass der Bf das Medikament Quetialan (täglich 1/2 Tablette am Morgen) einnimmt, ein bei bipolarer Depression, Manie und Schizophrenie verschriebenes Antipsychotikum, das er seit seinem KH-Aufenthalt 2011 vom Hausarzt verschrieben bekommt. Der Hausarzt hinterfragte das vom Krankenhaus verordnete Medikament nicht und verschrieb es weiter. Diesbezüglich wäre die Einholung einer psychiatrischen FA-Stellungnahme zu Diagnose und Krankheitsverlauf im Sinne des § 8 FSG erforderlich.
Der Bf sprach sich gegen das Ergebnis der Beobachtungsfahrt aus.
Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Aufgrund des Ablaufs der bis 11. Februar 2015 befristeten Lenkberechtigung für die Klassen AM und B war der Antrag des Bf als solcher auf Neuerteilung zu werten.
Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.
Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen, wenn zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich sind; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.
Das amtsärztliche Gutachten vom 3. Juni 2015 lautete auf „nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 (AM, B, Dreiradfahrzeuge)“.
Im Beschwerdeverfahren wurde aufgrund der verständlichen Argumente des Bf, er wolle nicht von anderen Leuten abhängig sein und sich selbst mit Lebensmitteln ua versorgen können, geprüft, ob zumindest eine auf einen 25 km-Umkreis vom Wohnort des Bf gültige Lenkberechtigung erteilt werden kann.
Auf der Grundlage des im Rahmen der Verhandlung am 27. Oktober 2015 nach im Umkreis des Wohnsitzes des Bf durchgeführter Beobachtungsfahrt erstellten Gutachtens des technischen AmtsSV und der Ausführungen der Amtsärztin ist eine inhaltliche Änderung des oben angeführten Gutachtens der Amtsärztin auch bezogen auf eine „25 km-Umkreis-Lenkberechtigung“ ausgeschlossen. Er ist damit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der genannten Klassen nicht geeignet.
Das Landesverwaltungsgericht OÖ verkennt nicht, dass damit bedauerlicher Weise massive Nachteile auf den Bf zukommen, vermag aber im Hinblick auf die Verkehrssicherheit keine andere Möglichkeit zu erkennen, als zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer dem Bf die beantragte Erteilung einer Lenkberechtigung zu versagen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Bissenberger
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