LVwG-350169/7/Py/TO

Linz, 29.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.  Andrea Panny über die Beschwerde der Frau A.C.M., x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Juli 2015, GZ: BHVB-2015-181132/2-RH, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs gemäß Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Juli 2015, GZ: BHVB-2015-181132/2-RH, wurde dem Antrag von Frau A.C.M., x, vom 20.  Juli 2015 auf Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs gemäß Oö. Mindestsicherungsgesetz in Anwendung  der Bestimmungen der §§ 4 ff iVm 13, 27 und 31 Oö. BMSG iVm § 1 OÖ. BMSV keine Folge gegeben.

 

Begründend wurde festgehalten, dass bei der Gegenüberstellung des für ihren Haushalt maßgeblichen Einkommens mit den Mindeststandards der bedarfs­orientierten Mindestsicherung eine Überschreitung dieser Mindeststandards festgestellt worden sei. Das ermittelte Haushalteinkommen überschreite den Mindeststandard, der für zwei Mitbewohner bei 1272,60 Euro liege.

 

2. In der von Frau M. rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 6.  August 2015 wird eine mündliche Verhandlung beantragt und darauf hinge­wiesen, dass sie sich derzeit bedingt durch ihre Ausbildung in einer extremen Situation befinde.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Beschwerde samt bezug­habendem Verwaltungsakt mit Schreiben vom 1. September 2015 dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt, das gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin entscheidet.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung einer mündlichen Verhandlung für 22. Oktober 2015, auf die die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 ausdrücklich verzichtet hat.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin, absolviert derzeit eine Ausbildung zur Kindergartenhelferin und bewohnt seit 11.07.2013 mit ihrem Lebensgefährten, Herrn M.S., die Wohnung in x.

 

Aus den im Akt einliegenden Unterlagen ist ersichtlich, dass Herr S. unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen (1.290 x14/12) einen monatlichen Lohn in der Höhe von 1.505 Euro bezieht.

 

4.2. Diese Sachverhaltsdarstellungen gründen sich auf den Inhalt des vorge­legten Verwaltungsaktes und werden von der Bf, insbesondere auch hinsichtlich der Höhe des Haushaltseinkommens,  in ihrer Beschwerde nicht bestritten.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs.1 Oö Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBL. Nr.  74/2011 idgF ist bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung auf die besonderen Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen. Dazu gehören insbesondere Eigenart und Ursache der drohenden, bestehenden oder noch nicht dauerhaft überwundenen sozialen Notlage, weiters der körperliche, geistige und psychische Zustand der hilfebedürftigen Person sowie deren Fähigkeiten, Beeinträchtigungen und das Ausmaß ihrer sozialen Integration.

 

§ 4 Oö. BMSG lautet:

(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.    ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl.Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.    a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familien­ angehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Daueraufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungs­nachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

 

(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von Abs.  1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist die Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinne des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§7).

 

Eine soziale Notlage gemäß § 6 Abs.1 Oö. BMSG liegt bei Personen vor,

1. die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltberechtigten Ange­hörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaften leben,

nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Nach § 6 Abs. 2 Oö. BMSG umfasst der Lebensunterhalt im Sinn des Abs. 1 den Aufwand für die regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse, wie die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.

 

Gemäß § 6 Abs. 3 Oö. BMSG umfasst der Wohnbedarf nach Abs. 1 den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.

 

§ 8 Oö. Mindestsicherungsgesetz lautet unter der Überschrift „Einsatz der eigenen Mittel“ wie folgt:

(1)          Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung hat unter Berück­sichtigung

1.    des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie

2. tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

(2)          Bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung wird das Ein­kommen der (des) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegattin oder Ehegatten, Lebensgefährtin oder Lebensgefährten bzw. Lebens­partnerin oder Lebenspartners insoweit als Einkommen der hilfebe­dürftigen Person betrachtet, als es jenen Betrag übersteigt, der ihr oder ihm zustünde, wenn sie oder er selbst auf bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen wäre.

 

5.2. Den Erläuterungen zu den Bestimmungen des § 6 Oö. BMSG (vgl. AB  434/2011 BlGLT XXVII GP) ist zu entnehmen, dass Ausgangspunkt und primärer Maßstab für die Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung die soziale Notlage – ein Begriff, der aus § 7 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 über­nommen wurde – ist. Durch Abs. 1 wird deutlich gemacht, dass soziale Notlagen jeweils auf der Ebene eines Haushalts betrachtet werden.

 

Eine soziale Notlage gemäß § 6 Oö. BMSG ist bei der Beschwerdeführerin, die im gemeinsamen Haushalt mit Herrn M.S. lebt, nicht gegeben, da der gemeinsame Haushalt über ein durchschnittliches Monatseinkommen von 1.505  Euro verfügt. Diese Einkünfte übersteigen den Mindeststandard gemäß §  1 Abs. 1 Z 3 lit.a Oö. Mindestsicherungsverordnung, welcher für volljährige Personen, die in Hausgemeinschaft leben, monatlich 636,30 Euro beträgt. Für die Beschwerdeführerin und ihren Lebensgefährten beläuft sich der Mindeststandard somit auf 1.272,60 Euro.

 

5.3. Dem Landesverwaltungsgericht ist sehr wohl bewusst, dass sich die Beschwerdeführerin in einer schwierigen finanziellen Situation befindet, jedoch stellt das Oö. BMSG auf die finanziellen Verhältnisse im Haushalt ab. Soweit das Vorbringen der Bf hinsichtlich eines besonderen Härtefalles auf die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Z 2 Oö. BMSG abzielt, ist Nachfolgendes auszu­führen:

 

In den erläuternden Bemerkungen des Gesetzgebers zu § 4 Oö. BMSG wird für den Fall, dass Personen, die in der Aufzählung des § 4 Abs. 1 Z 2 Oö. BMSG nicht erfasst sind, die Möglichkeit der Zuerkennung von Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung angeführt. Zu diesen Leistungen ist allerdings festzuhalten, dass kein Rechtsanspruch – und damit keine rechtliche Durchsetzbarkeit – für die antragstellende Person gegeben ist. Der Träger der bedarfsorientierten Mindestsicherung hat zu entscheiden, ob – und gegebenenfalls in welcher Höhe - diese aufgrund des Privatrechts geleistet wird. Die Entscheidung des Trägers der bedarfsorientierten Mindestsicherung hängt jedoch davon ab, ob der Lebensunterhalt anderweitig gesichert werden kann oder ob eine bedarfsorientierte Mindestsicherung zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist (UVS OÖ 3.5.2013, VwSen-560240 ua.). Ferner kommt in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung das AVG nicht zur Anwendung (Art. II Abs. 1 EGVG; vgl. VwGH v. 22. Oktober 2006, Zl.  2006/06/0060). Daraus ergibt sich, dass derartige Leistungen auch nicht im Wege einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch­setzbar sind.

 

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde daher abzuweisen.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.  133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny