LVwG-150580/11/DM/BBa

Linz, 08.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde des Mag. Dr. G S, LL.M., gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 2. Dezember 2014, betreffend einen Antrag auf Wiederaufnahme eines Verfahrens

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Sachverhalt, Verfahrensgang:

 

I. 1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 21. November 2012, BZ-BauR-1098-2012, wurde dem Ansuchen von Frau K S (nunmehr G; in der Folge kurz: Bauwerberin) vom 23. Juli 2012 Folge gegeben und die Baubewilligung für den Neubau eines Einfamilienwohnhauses mit Doppelgarage inkl. Hauskanal auf Grst. Nr. x, KG x O, entsprechend den Bauplänen vom 4. Juni 2012 erteilt. Die entsprechende Bauplatzbewilligung datiert vom 7. Juli 2004, BG-BauR-3037-2004.

 

Eine mündliche Bauverhandlung wurde im Vorfeld nicht durchgeführt, da sämtliche Eigentümer der im Umkreis von 10 m zum gegenständlichen Grundstück liegenden Grundstücke (und somit auch Herr Dr. G S als Miteigentümer des Grundstücks Nr. x, KG O) auf dem Bauplan durch ihre Unterschrift erklärt haben, gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben.

 

Der Bescheid wurde der Bauwerberin sowie dem (damaligen) Grundeigentümer Herrn A S,  (in der Folge kurz: Grundeigentümer) zugestellt und weiteren zehn, in der Zustellverfügung bezeichneten Stellen/Personen (Planverfasser, Bauführer, das Finanzamt W, FD Dst. Steuerverwaltung, das Vermessungsamt W, SB Dst. Kommunale Dienste, BZ Dst. Melde-, Pass- und Wählerservice, Postamt x, x AG sowie x GmbH) zur Kenntnisnahme übermittelt.

 

I. 1. 1. Per 4. März 2013 erstattete die Bauwerberin die Baubeginnsanzeige für den Neubau des Einfamilienhauses mit Doppelgarage inkl. Hauskanal zu GZ BZ-BauR-1098-2013.

 

I. 1. 2. 1. Herr D S, beantragte mit Eingabe vom 6. April 2013 die Zustellung des Baubescheides des Magistrates der Stadt Wels vom
21. November 2012, BZ-BauR-1098-2012. Begründend wurde im Wesentlichen auf die Parteistellung im angeführten Bauverfahren hingewiesen, welche ihm als Nachbar der privaten Zufahrtsstraße, die Teil des Bauprojektes sei und angeschüttet wurde, zustehe. Weiters wurde vorgebracht, dass die Baubehörde die Bauplatzbewilligung aufgrund des nahen Abstandes zum benachbarten Wald des Eigentümers Herrn E B im Hinblick auf die Windwurfgefahr gemäß § 5 Oö. Bauordnung 1994 nicht hätte erteilen dürfen. Die Baubehörde müsse eine neue Bauplatzbewilligung erlassen oder auch den Flächenwidmungsplan unter Vorsehung eines Schutzstreifens ändern.

 

I. 1. 2. 2. Mit Bescheid des Magistrats vom 17. Mai 2013, BZ-BauR-1070-2013, wurde der Antrag des - nunmehr von seinem Bruder, Herrn
Dr. G S, (nunmehriger Beschwerdeführer, in der Folge kurz: Bf) vertretenen - D S vom 6. April 2013 auf Zustellung des Baubescheides zum Bauvorhaben auf Grst. Nr. x in O als unbegründet abgewiesen. Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, dass es unbestritten sei, dass die Grundstücke des Antragstellers (Grst. Nr. x und x, KG O) außerhalb des 10-Meter-Bereiches des zu bebauenden Grst. Nr. x, KG O, liegen würden. Auf die übrigen Vorbringen (Bauplatzbewilligung, Flächenwidmungsplan) sei daher inhaltlich nicht weiter einzugehen gewesen. Der Form halber wurde aber darauf hingewiesen, dass Herr D S nicht Eigentümer des angrenzenden Waldes sei und daher auch nicht dessen Nachbarrechte geltend machen könne.

 

I. 1. 2. 3. In der dagegen erhobenen Berufung vom 8. Juni 2013 wurden unter anderem umfangreiche Ausführungen betreffend das Bauplatzbewilligungs­verfahren zu Grst. Nr.  x getätigt.

 

I. 1. 2. 4. Gegen den Berufungsbescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 12. Dezember 2013, DI-BauR-1070-2013, in dem die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde, erhob der weiterhin vom Bf vertretene D S rechtzeitig Vorstellung, welche in weiterer Folge beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als Beschwerde zu werten war.

 

I. 1. 2. 5. Diese Beschwerde des vom Bf vertretenen D S gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 12. Dezember 2013, DI-BauR-1070-2013, betreffend Zuerkennung der Parteistellung wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 13. Mai 2014, LVwG-150056/2/DM/FE, als unbegründet abgewiesen. Dagegen wurde kein weiteres Rechtsmittel erhoben.

 

I. 1. 3. Im Aktenvermerk der Baubehörde vom 14. Mai 2013 wurde festgehalten, der Bf habe am 13. Mai 2013 um Akteneinsicht zum Bauakt BZ‑BauR-1098-2012 ersucht. Auf die Frage der Parteistellung habe sich der Bf auf seine Parteistellung als direkt angrenzender Nachbar (Grst. Nr. x) berufen. Dem Bf wurde die Akteneinsicht gewährt und eine Kopie des Baubewilligungsbescheides vom 21. November 2012, BZ-BauR-1098-2012, ausgehändigt.

 

I. 1. 4. 1. Mit E-Mail vom 13. Mai 2013 übermittelte der Bf als Vertreter seines Bruders, Herrn D S, dessen Berufung zum Baubewilligungsbescheid vom 21. November 2012, BZ-BauR-1098-2012.

Begründend wird darin vorgebracht, dass dieser wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wesentlicher Verfahrensmängel aufzuheben sei. Offenbar sei die Baubehörde der falschen Rechtsansicht des Amtssachverständigen aus dem Bereich Forst ungeprüft gefolgt und habe selbst dazu überhaupt keine rechtliche Beurteilung vorgenommen, obwohl es sich dabei um eine baurechtliche Bestimmung handle. Auf Grund dieser falschen Beurteilung seien in weiterer Folge wesentliche Tatsachenfeststellungen, die auch zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, unterblieben, weshalb er diese Woche noch die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen werde. Im Rahmen des vereinfachten Bauverfahrens seien die Nachbarn als Parteien von der Bauwerberin informiert worden, dass das Ermittlungsverfahren der Baubehörde I. Instanz ergeben habe, dass das Bauvorhaben zulässig sei und entgegen früherer Auskünfte der Stadtplanung des Magistrates der Stadt Wels auf Grund einer Stellungnahme des damaligen forstfachlichen Amtssachverständigen DI x vom 2. März 2002 (richtig wohl: 2004), Forst30-5-312-2003, welche einen Mindestabstand zum Wald von 18 m gefordert hätte, dieser nicht erforderlich sei. Sämtliche dem Verfahren zugezogenen Nachbarn hätten daher als Parteien dem Bauvorhaben zugestimmt, weshalb eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden habe. Tatsächlich umfasse das zu bebauende Grundstück nicht nur Grst. Nr. x, sondern auch die Grst. Nr. x und x, je KG O, zumal auch auf diesen Grundstücken Baumaßnahmen stattfinden würden. Obwohl er von diesen Baumaßnahmen subjektiv betroffen sei, sei er als Partei dem Verfahren nicht zugezogen worden, zumal die Baubehörde, wie sich aus dem anfänglichen
E-Mail-Verkehr mit der Baubehörde, beginnend mit dem 20. März 2013, ergebe, von der neueren Judikatur des VwGH und der Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde nicht in Kenntnis gewesen sei, nämlich, dass das Bauvorhaben als Ganzes zu sehen sei und auch die Errichtung der Zufahrtsstraße Teil des Bauvorhabens sei. Er sei daher übergangene Partei, weshalb er diesbezüglich auch seine Parteistellung beantragt hätte. Auf das diesbezüglich anhängige Verfahren werde verwiesen (BZ-BauR-1070-2013). Weiters wurden umfangreiche Ausführungen betreffend die Einhaltung von Mindestabständen des Bauprojekts zu den angrenzenden Waldflächen und die Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanverordnung getroffen. Im Jahr 2005 sei das Oö. ROG 1994 insofern geändert worden, als das Ziel in Z 2a "die Vermeidung und Verminderung des Risikos von Naturgefahren für bestehende und künftige Siedlungsräume" neu hinzugekommen sei. Nach § 12 Oö. ROG 1994 wäre daher die Flächenwidmung im Rahmen einer Grundlagenforschung zwingend einer Prüfung, und zwar am Maßstab dieses neu hinzugekommenen Zieles zu unterziehen gewesen und eine Änderung entsprechend den Vorgaben der forstfachlichen Stellungnahme vom 2. März 2002 (richtig wohl: 2004), Forst30-5-312-2003, oder eines neu zu erstellenden Gutachtens durchzuführen gewesen. Eine Änderung des Flächenwidmungsplanes wäre nicht nur gesetzlich, sondern im konkreten Fall auch moralisch geboten gewesen, weil Verkäufer und Käufer anlässlich des Verkaufes dieser Liegenschaft von dieser 18 m-Schutzzone in Kenntnis gewesen wären und auf Grund dieser nicht bebaubaren Fläche dieser Umstand auch im Verkaufspreis Berücksichtigung gefunden hätte. Um eine Bebauung zu ermöglichen, seien aus diesem Grund vom Käufer auch die Grundstücke Nr. x und x, je KG O, erworben worden.

 

I. 1. 4. 2. Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 12. Dezember 2013, DI-BauR-1098-2012, wurde die Berufung des vom Bf vertretenen D S gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 21. November 2012, BZ-BauR-1098-2012, als unbegründet abgewiesen und der Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

I. 1. 4. 3. Die gegen den Berufungsbescheid des Stadtsenates vom 12. Dezember 2013, DI-BauR-1098-2012, am 23. Dezember 2013 erhobene Vorstellung wurde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 7. Jänner 2014 vorgelegt und war als Beschwerde zu werten. In der Vorstellung wurden unter anderem erneut umfangreiche Ausführungen zur Rechtmäßigkeit des Flächenwidmungsplans getätigt: Der Baubehörde sei die forstfachliche Stellungnahme vom 2.3.2004 sehr wohl bekannt gewesen. Der Bf als Vertreter des Herrn D S habe auch gefunden, dass diese Stellungnahme explizit Eingang in die Kaufvertragsurkunde gefunden hätte, was der Baubehörde nicht bekannt gewesen sei, aber aus Sicht der Amtshaftung diese gehörig in Bedrängnis bringe. Mittlerweile habe er recherchiert und sei bekannt, dass diese forstfachliche Stellungnahme anlässlich einer Grund- und Waldteilung, bei welcher der forstfachliche Amtssachverständige nach § 15 ForstG zwingend zuzuziehen gewesen sei, erstellt worden sei und dieser für das Grst. Nr. x, welches aus der Grundteilung neu hervorgegangen sei und an den Wald grenze bzw. selbst teilweise die Benützungsart Wald aufweise, für die Bebauung einen Abstand von 18 m zur angrenzenden Waldparzelle x gefordert habe. Der Verkäufer und die Baudirektion seien in diese Grund- und Waldteilung einbezogen gewesen. Der Verkäufer habe diese forstfachliche Stellungnahme zur Kenntnis genommen und auch den Käufer darüber informiert. Auch die Baudirektion habe diese forstfachliche Stellungnahme zur Kenntnis genommen und so dieses Bauverbot an Herrn A S weitergegeben. Zu diesem Zeitpunkt, dh von 2004 bis 29. Februar 2012, sei die Baudirektion der Meinung gewesen, dass man die geforderte Schutzzone auch ohne Rückwidmung durchsetzen könne. Dieses Bauverbot finde sich in keinen anderen Liegenschaftsverträgen, welche ebenfalls zur gleichen Zeit verkauft worden seien, weil nur Grst. Nr. x anlässlich der Teilung neu gebildet worden sei und unbebaut gewesen sei. Die Baudirektion sei offenbar der Meinung gewesen, der 18-Meter-Mindestabstand zum Wald könne auch noch im Baubewilligungsverfahren rechtswirksam durchgesetzt werden. Letztlich sei die Baudirektion mit Aktenvermerk vom 29. Februar 2012 darüber aufgeklärt worden, dass dies nicht möglich sei und diese habe dann aus unerklärlichen Gründen ihren Irrtum, obwohl sie rechtzeitig aufgeklärt worden sei, nicht korrigiert. Letztlich sei die Nichtänderung der Flächenwidmungsplanverordnung, obwohl die forstfachliche Stellungnahme vom 2. März 2004 mit der Baudirektion und dem Verkäufer abgestimmt gewesen sei und der Verkäufer dafür die Wertminderung getragen habe, ein unbeschreiblicher Skandal, in welchem die unfassbare Unkenntnis der Behörde, wie ein vom Amtssachverständigen gefordertes Bauverbot umzusetzen sei, zu Lasten eines sehr anständigen Verkäufers gehe und zu Gunsten eines unanständigen Käufers. Der forstfachliche Amtssachverständige könne nur beurteilen, was aus forstfachlicher Sicht notwendig sei. Die rechtliche Beurteilung, wie diese Forderung durchsetzbar gemacht werde, müsse die Behörde schon selbst wissen, habe sie aber unvorstellbarer Weise nicht gewusst. Der forstfachliche Amtssachverständige habe in diesem Fall die Behörde aber rechtzeitig aufgeklärt, die dann dennoch unerklärlicher Weise nichts gemacht habe. Nachdem der Vertreter des D S, der nunmehrige Bf, diese Willkür durch umfangreiche Recherchen aufgedeckt habe, werde dann als logische Konsequenz eine berechtigte Parteistellung absichtlich abgewiesen, um keinen Baustopp zu erwirken. Mit Hinweis auf die Amtshaftung wurde sodann zusammengefasst noch ausgeführt, der Kaufvertrag und die darin enthaltene Bauverbotsklausel bringe den Magistrat der Stadt Wels in erhebliche Schwierigkeiten, weil er in Verbindung mit der Aussage von Ing. x von der Baudirektion sowie den aufgedeckten versuchten "Vertuschungen" der forstfachlichen Stellungnahme vom 2. März 2004 und seinen eigenen Wahrnehmungen zweifellos bestätige, dass nicht der Verkäufer den Fehler gemacht habe, sondern ganz klar die für die Umsetzung zuständige Abteilung des Magistrates der Stadt Wels; das Bauverbot an den Käufer alleine zu kommunizieren und weiter zu geben reiche eben nicht, man müsse auch umsetzen und dafür sei ausschließlich die Behörde zuständig und nicht der forstfachliche Amtssachverständige. Sollte daher weiterhin kein Widmungsverfahren für das Grst. Nr. x eingeleitet werden, würden unweigerlich Amtshaftungsansprüche die Folge sein und liege der dringende Tatverdacht des Amtsmissbrauchs nahe.

 

I. 1. 4. 4. Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2014, LVwG-150057/3/DM/FE, wurde die Beschwerde des Herrn D S, vertreten durch den Bf, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 12. Dezember 2013, GZ: DI-BauR-1098-2012, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG mangels Parteistellung zurückgewiesen.

 

Im Kern wurde dazu vom Landesverwaltungsgericht festgehalten, dass Herrn D S als Eigentümer des Grst. Nr. x, KG O, vom zu bebauenden Grst. Nr. 9/14 – getrennt durch das Grst. Nr. x, KG O – mehr als 10 m entfernt und damit kein Nachbar iSd § 31 Abs. 1 Z 1 leg cit ist. Eine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren betreffend das Grst. Nr. x, KG O, komme ihm daher nicht zu.

 

I. 1. 5. Mit Eingabe vom 16. Mai 2013 beantragte der nunmehrige Bf die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend den Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 21. November 2012, BZ-BauR-1098-2012. Begründend führte er zusammengefasst aus, dass vom forstfachlichen Amtssachverständigen DI x in seiner Stellungnahme vom 29. Februar 2012 aufgrund einer seinerseits unrichtigen rechtlichen Beurteilung der baurechtlichen Bestimmungen entscheidungserhebliche Tatsachen nicht festgestellt wurden, die jedenfalls auch einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Konkret sei der forstfachliche Amtssachverständige dem Rechtsirrtum unterlegen, dass Mindestabstände aus forstfachlicher Sicht nur empfohlen werden können, rechtlich aber nicht dursetzbar seien, und habe daher aus forstfachlicher Sicht keine konkreten Vorgaben zu Mindestabständen festgelegt. Die forstfachliche Stellungnahme sei nicht nur in ihren Schlussfolgerungen, sondern auch in ihren Tatsachenfeststellungen mangelhaft. Aufgrund dieser fehlerhaften rechtlichen Beurteilung, der auch die Baubehörde gefolgt sei, seien wesentliche Tatsachen, die bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung bestanden haben, nicht festgestellt worden. Diese Stellungnahme des DI x sei ihm erst im Zuge einer Akteneinsicht bei der Baubehörde am 2. Mai 2013 zur Kenntnis gelangt.

 

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 22. Mai 2013, BZ-BauR-1099-2013, wurde dieser Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unbegründet abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung vom 11. Juni 2013 wurde mit Bescheid des Stadtsenates vom 12. Dezember 2013, DI-BauR-1099-2013, als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der Erstbehörde vollinhaltlich bestätigt. Gegen diese Entscheidung des Stadtsenates wurden keine weiteren Rechtsmittel erhoben.

 

I. 2. Mit Schreiben vom 1. August 2013, VA-Oö-BT/0066-B/1/2013, teilte die Volksanwaltschaft dem Bürgermeister der Stadt Wels mit, sie habe die Stellungnahme der Stadtgemeinde Wels vom 15. Juli 2013 in der Beschwerdesache von Herrn Mag. Dr. G S betreffend Erstellung des Flächenwidmungsplanes x samt Beilagen dankend erhalten. Eine Durchsicht der vorgelegten Unterlagen hätte ergeben, dass das Vorgehen der Behörde bei Erlassung des Flächenwidmungsplanes x nicht beanstandet habe werden können. Der Bf sei bereits seitens der Volksanwaltschaft über das Ergebnis des Prüfverfahrens in Kenntnis gesetzt worden. Weitere Veranlassungen in der Sache seien auf Grund der bestehenden Sach- und Rechtslage nicht zu treffen.

 

Auch dem Bf wurde mit Schreiben der Volksanwaltschaft vom 1. August 2013, VA--BT/0066-B/1/2013, die Einstellung des vom Bf initiierten Prüfverfahrens betreffend mangelnde Berücksichtigung einer forstfachlichen Stellungnahme im Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplans mitgeteilt. Darin wird dem Bf der von der Volksanwaltschaft ermittelte Verfahrensablauf im Raumordnungsverfahren – beginnend mit Jänner 2002 und endend mit der Beschlussfassung durch den Gemeinderat der Stadt Wels per 27. Jänner 2003 bzw. der aufsichtsbehördlichen Genehmigung am 27. März 2003 (Rechtskraft per 8. April 2003) – geschildert sowie dieser darüber informiert, dass der VA die bezughabenden Unterlagen des Verfahrens sowie eine Stellungnahme der Stadt Wels vorliege und sich daraus unter anderem Folgendes ergebe: „Für die gegenständlichen Flächen, auf die sich die Stellungnahme von Herrn Dipl. Ing. x vom 2. März 2004, Zl. Forst30-5-312-2003, bezieht, liegt jedoch im Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes keine Stellungnahme des Amtssachverständigen vor. Die Stellungnahme von Herrn Dipl. Ing. x, in der hinsichtlich der Parzelle x, KG O, ein Abstand von 18 m (anstatt ursprünglich vorgesehenen 20 m) festgelegt wird, liegt der Volksanwaltschaft vor und datiert vom 2. März 2004. Diesbezüglich handelt es sich offenbar im Aktenvermerk von Herrn Dipl. Ing. x vom 29. Februar 2012 um einen Schreibfehler. Wie nun aus den der Volksanwaltschaft vorliegenden Unterlagen hervorgeht, langte die Stellungnahme von Herrn Dipl. Ing. x vom 2. März 2004 am 4. bzw. 8 März beim Magistrat der Stadt Wels bzw. in der zuständigen Fachabteilung ein, sohin erst ca. ein Jahr nach Eintritt der Rechtskraft des Flächenwidmungsplanes x und hat sich ganz offensichtlich auch nicht auf dieses Verfahren bezogen.“

 

I. 3. Im Schreiben der Oö. Landesregierung an den Bf vom 14. Oktober 2013, IKD(BauR)-160101/3-2013, wird diesem mitgeteilt, dass von Seiten der Aufsichtsbehörde aus baurechtlicher Sicht kein gesetzwidriger Zustand festgestellt werden konnte und somit das von ihm initiierte Aufsichtsbeschwerdeverfahren eingestellt wurde. Die oö. Bauvorschriften würden keine spezifischen Abstandsregelungen gegenüber Waldgrundstücken enthalten. Beinhalten aber weder der Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan noch eine Bauplatzbewilligung besondere Maßnahmen (wie Mindestabstände) zum Schutz eines benachbarten Waldes, würden somit (nur) die allgemeinen Bestimmungen des Oö. BauTG über Abstände gelten, wonach bei Neu- und Zubauten von Gebäuden grundsätzlich ein Mindestabstand von 3 m zur Nachbargrundgrenze einzuhalten sei. Eine Vorschreibung von größeren Abständen zum Waldgrundstück im Baubewilligungsbescheid sei auf Grund der zwingend anzuwendenden Regelungen des Oö. BauTG nicht möglich. Auch wird angemerkt, dass der gegenständliche Akt an die Abteilung Raumordnung zur Überprüfung in raumordnungsrechtlicher Hinsicht weitergeleitet werde. Zudem wird dem Bf von der Aufsichtsbehörde in diesem Schreiben mitgeteilt, dass aus der im Rahmen des Aufsichtsbeschwerdeverfahrens von der Stadt Wels abgegebenen Stellungnahme unter anderem Folgendes hervorgehe (wortwörtlich im Schreiben der Aufsichtsbehörde an den Bf wie folgt formuliert, Anm.): „Mit Schreiben vom 16.09.2003, also nach Abschluss der Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes habe der forsttechnische Amtssachverständige der BH Wels-Land mitgeteilt, dass er Herrn H auf Anfrage mitgeteilt habe, dass für die Parzelle x (nunmehr geteilt in x und x) ein Mindestabstand vom 20 m von der nördlich angrenzenden Waldparzelle einzuhalten sei. Dieser Abstand wurde mit Schreiben vom 2.3.2004 auf 18 m reduziert. Der Informationsfluss sei nicht über die Dst. Baurecht erfolgt.“

 

I. 4. 1. Am 14. Oktober 2013 stellte die Bauwerberin einen Antrag auf Bewilligung zur Abweichung vom genehmigten Bauplan (Planänderung) gemäß § 39 Oö. BauO.

 

Mit Schreiben der Baubehörde I. Instanz vom 7. Jänner 2014 wurden sämtliche Nachbarn, somit auch der Bf, vom Ergebnis der Beweisaufnahme in der Baurechtssache BZ-BauR-1211-2013 nachweislich verständigt und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen eingeräumt.

 

I. 4. 2. Mit Schreiben vom 30. Jänner 2014 hat der Bf (in seinem Namen sowie als Vertreter von J F, , E B, sowie D S, , jeweils W) zum Bauvorhaben BZ-BauR-1211-2013, Einwendungen erhoben. In diesem Schreiben wurde unter anderem vorgebracht, dass sich aus dem eingeholten, beigelegten forstfachlichen Gutachten, unterfertigt von Herrn DI x vom 20. Jänner 2014, unzweifelhaft ergebe, dass aufgrund von Windereignissen auf das Haus und die Garage herabfallende Äste, Mauer- und Fassadenteile vom Gebäude bzw. der Garage abbrechen und auf die Grundstücke Nr. x und x fallen (können). Weiters werde durch die knappe Situierung des Hauses und der Garage zur Waldparzelle Nr. x die natürliche Baufalllinie verändert. Erneut wurde auch die Rechtswidrigkeit der Flächenwidmungsplanverordnung vorgebracht, da die Lage der Widmungsarten nicht so aufeinander abgestimmt seien, dass sie sich gegenseitig nicht beeinträchtigen. Die gegenseitige Beeinträchtigung sei schlüssig und nachvollziehbar im beiliegenden forstfachlichen Gutachten dargestellt und sei auch Anlass für das Ergehen der forstfachlichen Stellungnahme des DI Lummerstorfer vom 2. März 2004. Auch der Aktenvermerk vom 29. Februar 2012 bestätige die Fehlwidmung. Zur weiteren Begründung und zwar insbesondere auf die rechtswidrige Unterlassung der Rückwidmung trotz Vorliegens einer forstfachlichen Stellungnahme aus dem Jahr 2004 werde auf den Vorstellungs- bzw. Beschwerdeschriftsatz, Punkt 3.3. ff zu DI-BauR-1098-2012 verwiesen. Auch liege aufgrund der Nichtvornahme einer obligatorischen Änderung des Flächenwidmungsplans (im konkreten Fall: Rückwidmung) nach Einfügung des § 2 Abs. 1 Z 2a Oö. ROG im Jahr 2005 ein wesentlicher Verfahrensfehler der Flächenwidmungsplanverordnung vor.

 

1. 4. 3. Mit Bescheid des Magistrat der Stadt Wels vom 2. Februar 2014, BZ-BauR-1211-2013, wurde dem Ansuchen der Bauwerberin vom 14. Oktober 2013 Folge gegeben und nachstehende Bewilligung zur Abweichung vom genehmigten Bauvorhaben erteilt:

 

"Neubau eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage inkl. Hauskanal

 

Verkehrsfläche: x

Grundstücksnummer: x

Einlagezahl: x

Katastralgemeinde: x O

 

Flächenwidmungsplan: x

Baubewilligungsbescheid vom: 21.11.2012

GZ: BZ-BauR-1098-2012

Bauplatzbewilligung vom: 7.7.2004

GZ: BG-BauR-3037-2004

 

Datum der Baupläne: 02.08.2012 (geändert am 07.10.2013)"

 

Unter anderem wird in der Begründung dargelegt, dass es sich beim Flächenwidmungsplan Nr. x um eine Verordnung handle und der Baubehörde keine Ermächtigung zukomme, im Rahmen eines Bauverfahrens rechtskräftige Verordnungen zu überprüfen. Eine mündliche Verhandlung sei nicht durchzuführen gewesen, da die Änderung im Vergleich zum verhandelten Bauvorhaben unwesentlich sei und das Parteiengehör auf eine andere Weise (Schreiben vom 7. Jänner 2014) gewahrt worden sei. Die Behörde wies weiters darauf hin, dass lediglich die Lageverschiebung und die geringfügige Erhöhung des Einfamilienhauses und der Doppelgarage Gegenstand dieses Verfahrens seien. Das vom Bf vorgelegte Gutachten von Herrn DI x vom 20. Jänner 2014 erschien der Behörde als unvollständig und insgesamt nicht schlüssig, da beispielsweise die auf den Nachbarliegenschaften der Einschreiter Dr. G S und J F bestehende analoge Situation hinsichtlich der Gebäude und Waldabstand offenbar keinen Eingang in das Gutachten gefunden habe. Der Bescheid wurde der Bauwerberin sowie den Nachbarn, insb. auch dem Bf, nachweislich zugestellt.

 

I. 4. 4. Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2014 erhob der Bf in seinem Namen Berufung gegen den Bescheid des Magistrates vom 6. Februar 2014, BZ-BauR-1211-2013, und brachte darin unter anderem erneut die Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplans vor.

Diese sei gegeben, da die Lage der Widmungsarten nicht so aufeinander abgestimmt sei, dass sie sich gegenseitig nicht beeinträchtigen. Auch wird wiederum auf die forstfachliche Stellungnahme des DI x vom 2. März 2004 hingewiesen, anlässlich der Grund- und Waldteilung, aus der dieses Grst. Nr. x hervorgegangen sei, die aber aufgrund der Unkenntnis der Baudirektion keinen Eingang in die Flächenwimungsplanverordnung gefunden habe, zumal diese der Ansicht war, dass größere Mindestabstände als jene des BauTG allein auf Grundlage dieser Stellungnahme vom 2. März 2004 und ohne widmungsmäßige Vorkehrung verbindlich vorgeschrieben werden könnten.

 

Weiters wird auszugsweise Folgendes wortwörtlich vorgebracht:

Mit Aktenvermerk vom 29.02.2012 wurde die Baudirektion über ihren Rechtsirrtum aufgeklärt, welche dann in Folge keine Änderung der FlächenwidmungsplanVO vorgenommen hat, zumal der Käufer, welcher die Grundstücke x, x und x unmittelbar nach der Teilung erworben hat, dort unbedingt bauen wollte und auch ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Bauamtsleiter-Stellvertreter und dem Käufer vorliegt. Den Umstand, dass der Käufer aufgrund der Stellungnahme vom 02.03.2004 das Grundstück vom Verkäufer deshalb günstiger erhalten hat und dieser vom Verkäufer auch ausdrücklich über diese Schutzzone im Vertrag aufgeklärt hat, der Käufer das zur Kenntnis genommen hat, ließ die Behörde auch deshalb völlig unberücksichtigt.

Aufgrund des Umstandes, dass der Verkäufer aufgrund der Stellungnahme des forstfachlichen Amtssachverständigen vom 02.03.2004 anlässlich des Verkaufes die Wertminderung der Rückwidmung getragen hat und sowohl Käufer als auch Baudirektion diese Stellungnahme zur Kenntnis genommen haben, wäre das Raumordnungsorgan verpflichtet gewesen eine Rückwidmung herbei zu führen, zumal gemäß § 36 Abs. 2 Z 3 Oö. ROG 1994 Interessen des Käufers durch die Rückwidmung nicht mehr verletzt sein können. Durch den Rechtsirrtum liegt ein freier Ermessensspielraum nicht mehr vor, sondern besteht die Verpflichtung, die Rückwidmung herbei zu führen.“

 

Weiteres wurde noch vorgebracht, dass ein Projekt zur Beseitigung der Oberflächenwässer und ein Umkehrplatz bei der Zufahrtsstraße zum geplanten Bauvorhaben fehle, wesentliche Verfahrensfehler vorliegen würden, da eine obligatorische mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat sowie die Abstände des Bauvorhabens zu den Nachbargrundstücken zu gering seien, wodurch sich eine Beeinträchtigung der Nachbarliegenschaften ergebe.

 

I. 4. 5. Das Verfahren wurde bis zur Entscheidung der Vorfrage über die Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht über die ursprünglich erteilte Baubewilligung ausgesetzt. Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 1. Juli 2014, DI-BauR-1211-2013, wurde die Berufung des Bf, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 6. Februar 2014, BZ-BauR-1211-2013, mit dem der Bauwerberin die Bewilligung für die Abweichung vom genehmigten Bauvorhaben für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage inkl. Hauskanal in W, Grst. Nr. x, EZ. x, KG. O, erteilt wurde, als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Gegen diesen Bescheid des Stadtsenates vom 1. Juli 2014 langte innerhalb der Beschwerdefrist beim Stadtsenat der Stadt Wels keine Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht ein.

 

I. 5. In einem Mail vom 20. Dezember 2013 an den Gemeinderat der Stadt Wels beantragte der Bf unter Verweis auf die forstfachliche Stellungnahme des DI x vom 2. März 2004, die Rechtsauskunft (Aktenvermerk von DI x) vom
29. Februar 2012 sowie dem beigelegten Kaufvertrag vom 18. Juni 2004, in welchem das Bauverbot explizit Eingang gefunden habe, die Rückwidmung des Grundstückes Nr. x, KG O, in Grünland und zwar hinsichtlich eines Grundstücksstreifens in der Breite von 18 Meter ausgehend von der Waldparzelle x, KG O, in Grünland, sodass dort, wie in der forstfachlichen Stellungnahme vom 2. März 2004 angeführt, jegliche Bebauung unmöglich ist und damit diese neue Rechtsgrundlage nach Behebung des Baubescheides zu BZ-BauR-1098-2012 durch die Vorstellungsbehörde bzw. das Landesverwaltungsgericht Anwendung finden kann.

 

Zur Begründung verweist der Bf auf einen beigelegten, von ihm verfassten „Aktenvermerk“ datiert mit 20. Dezember 2013, zum Gespräch mit dem Verkäufer Dr. F M, vom 12. Oktober 2013, einen ebenfalls von ihm verfassten „Aktenvermerk“ zum Gespräch mit der Familie F datiert mit 22. Dezember 2013 (unschlüssig, da das Mail mit 20. Dezember 2013 datiert wurde und der „Aktenvermerk“ selbst mit 22. Dezember 2013 beschriftet wurde, Anm.) und auf ein beigelegtes „Gedächtnisprotokoll“ vom 1. November 2013. Ebenfalls beigelegt wurde ein vom Bf mit Datum 20. Dezember 2013 abgefasstes Dokument mit dem Titel „Telefonprotokoll mit Herrn Ing. x, Baudirektion“ in dem dieser auszugsweise Folgendes festhält: „Anlässlich eines Telefonats mit dem Magistratsmitarbeiter der Stadt Wels, Abteilung Baudirektion-Stadtplanung, Herr Ing. x, habe ich folgende Auskunft mit nachstehendem Ergebnis erhalten:

1. Die forstfachliche Stellungnahme vom 02. März 2004 wurde im Jahr 2004 mit der Baudirektion des Magistrates der Stadt Wels als auch mit dem damaligen Grundeigentümer, Dr. F M, abgestimmt. Die forstfachliche Stellungnahme ist in der Baudirektion aufgelegen und war dort bekannt. Entsprechend dieser forstfachlichen Stellungnahme hat die Baudirektion an diesem Bauverbot von 18 Meter zur Waldparzelle x festgehalten und auch dem Grundeigentümer, A S, nach wiederholten Anfragen seinerseits bzw. seiner Frau in dieser Schutzzone bauen zu können, eine negative Auskunft erteilt. [...]“

 

I. 6. Am 4. Juli 2014 erfolgte durch die Bauwerberin die Anzeige der Beendigung der Bauausführung zum Bauvorhaben, BZ-BauR-1098-2012.

 

I. 7. 1. Mit Eingabe vom 10. November 2014 stellte der Bf beim Magistrat der Stadt Wels neuerlich einen „Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend dem Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 21.11.2012, BZ-BauR-1098-2012, gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG 1991 und den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Beurteilung der Vorfrage, nämlich ob der Tatbestand des Amtsmissbrauchs erfüllt ist, durch die unabhängigen Strafgerichte“.

 

Der Bf bringt in der Begründung seines Antrages im Wesentlichen vor:

·           Der in Rede stehende Bescheid sei durch eine gerichtlich strafbare Handlung (konkret § 302 StGB – Amtsmissbrauch) herbeigeführt worden. Das forstfachliche Gutachten von DI x vom 2. März 2004 sei dem Gemeinderat im Sinne des § 36 Abs. 3 Oö. ROG 1994 – auch nicht nach Aufklärung durch ASV DI x – zur Beschlussfassung vorgelegt worden. Der geforderte Vorsatz ergebe sich jedenfalls aus den zahlreichen Beschwerden vor Erteilung der Baubewilligung verbunden mit den widersprüchlichen Darstellungen der Bauamtsleiterin, insbesondere der Antwort an die Erst-VA Beschwerde.

·           Darüber hinaus hätten es Käufer des im wiederaufzunehmenden Verfahren gegenständlichen Grundstücks und die dortige Bauwerberin wissentlich unterlassen, an der Ermittlung des tatsächlichen Sachverhalts wahrheitsgemäß mitzuwirken und so durch Verschweigen wichtiger Angaben (Hinweis auf Vertragspflicht) die Baubewilligung auf Grundlage der Abstandsbestimmungen des Oö. BauTG erschlichen. Der Käufer hätte die Einarbeitung der größeren Mindestabstände in die Raumordnung aufgrund seiner Vertragspflicht im Sinne des § 36 Abs. 3 Oö. ROG 1994 selbst anregen müssen bzw. einen Bauantrag nur in Entsprechung seines Verhandlungsergebnisses, das er ausdrücklich zur Kenntnis genommen hat, einreichen dürfen. Stattdessen seien von ihm und der Bauwerberin alle Beteiligten, auch die Nachbarn, proaktiv über die Vertragspflichten getäuscht worden und die wichtige Angabe verschwiegen worden, um dadurch die Baubewilligung auf Grundlage der Abstandsbestimmungen des Oö. BauTG zu erschleichen.

·           Diese Umstände (forstfachliche Stellungnahme des DI x vom 2. März 2004 samt Vorkorrespondenz und damit die tatsächliche [strafrechtliche] Dimension) seien dem Bf erst am 4. November 2014 zur Kenntnis gelangt.

·           Die Tatvorwürfe in der vom Bf ausgearbeiteten und ebenfalls in dieser Woche an die STA Wels übergebene Sachverhaltsdarstellung gegen ua auch jene Personen, die für die Wiederaufnahme entscheidungsbefugt sind, seien erheblich. Aufgrund der diesen drohenden erheblichen Amts- und Organhaftungsansprüche sei eine unvoreingenommene Entscheidung in der Wiederaufnahmeangelegenheit nicht gewahrt und werde daher die Aussetzung des Verfahrens beantragt.

·           Durch die mangelnde funktionale Gliederung der Dorfgebietswidmung auf Grst.-Nr. x zum Wald auf Grst-Nr. x liege eine Verletzung der Bestimmungen des § 21 Abs. 2 Oö. ROG vor, weshalb seine Liegenschaft, wie im von ihm eingeholten und vorgelegten Gutachten des DI x vom 20.01.2014 ausgeführt, auch beeinträchtigt sei und somit eine Verletzung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums vorliege.

 

Auf Seite 3 und 4 seines Antrags schreibt der Bf wie folgt:

 

Die Vertragspflicht des Käufers und die forstfachliche Stellungnahme des DI x unter Berücksichtigung der Vorkorrespondenz lauten:

 

I. 7. 2. Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels (in der Folge kurz: belangte Behörde) vom 2. Dezember 2014, dem Bf zugestellt am 5. Dezember 2014, wurde der Antrag des Bf auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend den Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 21. November 2012, BZ-BauR-1098-2012, als unbegründet abgewiesen und dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens keine Folge gegeben.

 

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst wie folgt aus:

 

Der Bf habe schon viel früher vom Wiederaufnahmetatbestand Kenntnis erlangt. Der Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 StGB sei nicht nur nicht als erwiesen anzusehen, sondern vielmehr sei jeglicher Verdacht einer solchen Handlung völlig ausgeschlossen. Ein Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG liege daher nicht vor und folglich sei ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens rechtlich nicht geboten.

 

I. 7. 3. Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 2. Jänner 2015 erhobene Beschwerde. Darin beantragt der Bf, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge dem Antrag auf Wiederaufnahme stattgeben und sogleich in der Sache selbst entscheiden und den Baubescheid vom 21. November 2012, BZ-BauR-1098-2012, aufheben. Weiters ergeht die Anregung auf Beantragung einer Verordnungsprüfung beim Verfassungsgerichtshof hinsichtlich des Flächenwidmungsplans Nr. x für das Grst. Nr. x, KG O, sowie auf amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 3 AVG für sämtliche subjektiv betroffene Parteien des Bauverfahrens.

 

Neben den bereits im Wiederaufnahmeantrag dargelegten Gründen, führt der Bf erneut aus, dass eine Kenntnisnahme der „forstfachlichen Stellungnahme des ASV DI x aus dem Jahr 2004 samt Vorkorrespondenz und damit der Grund des Zustandekommens dieser forstfachlichen Stellungnahme“ mit 4. November 2014 erfolgt sei. Auch wird erneut betont, dass der in Rede stehende Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Handlung (konkret § 302 StGB – Amtsmissbrauch) herbeigeführt worden sei. Das forstfachliche Gutachten von DI x vom 2. März 2004 sei dem Gemeinderat nicht im Sinne des § 36 Abs. 3 Oö. ROG 1994 – auch nicht nach Aufklärung durch ASV DI x – zur Beschlussfassung vorgelegt worden. Die Behörde habe daher nicht nur die Ermittlungsvorschriften des AVG (insb. die Verfahrensgrundsätze der Amtswegigkeit, der materiellen Wahrheit und des Beweisverfahrens) rundweg umgangen, sondern auch die forstfachliche Stellungnahme des DI x aus 2004, von der sie nachweislich schon lange vor dem Baubewilligungsverfahren Kenntnis hatte, für den Cousin des Bauamtsleiter-Stv einfach „verschwinden“ lassen. Der geforderte Vorsatz für den Befugnismissbrauch ergebe sich jedenfalls aus den zahlreichen Anzeigen vor Erteilung der Baubewilligung (insb. dem E-Mail an Dr. x vom 20. Juli 2012) sowie „den falschen Darstellungen der Behörde auf beide VA-Beschwerden, wodurch mit Hilfe eines sehr unglücklich zustande gekommenen aber jedenfalls unrichtigen Aktenvermerkes des ASV x, deren Fehler die Behörde alle kannte, somit mit einer falschen Urkunde im Rechtsverkehr, die Volksanwaltschaft über die Tatsache getäuscht hat, dass die forstfachliche Stellungnahme nach Erstellung des Flächenwidmungsplanes zustande gekommen und mit einem Erstellungsverfahren nichts zu tun hat, sondern mit einem Änderungsverfahren nach § 36 Abs. 3 Oö. ROG 1994, dessen Einleitung die Abteilung Raumordnung selbst angeregt hat.“ Auch sei der Tatbestand der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB gegeben, da mit Hilfe des „völlig daneben gegangenen Aktenvermerks des DI x vom 29.2.2012 und damit einer falschen Urkunde der Befugnismissbrauch ‚professionell‘ verschleiert“ worden sei.

 

I. 7. 4. Mit Schreiben vom 12. Jänner 2015, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt am 15. Jänner 2015, wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt von der belangten Behörde zur Entscheidungsfindung vorgelegt und darin eine meritorische Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts beantragt.

 

I. 8. Mit Schreiben vom 5. Jänner 2015 erstattete der Bf Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wels wegen Verdachts des schweren Amtsmissbrauchs im Zuge des bzw. im Zusammenhang mit dem wiederaufzunehmenden Baubewilligungsverfahren.

 

Mit Mail vom 16. bzw. 17. April 2015 übermittelte der Bf die für die Anzeige der Staatsanwaltschaft Wels vorbereiteten Dokumente auch dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als „Beweismittelvorlage“.

 

I. 9. Am 14. Jänner 2015 erfolgte die Anzeige der Beendigung der Bauausführung durch die Bauwerberin bei der Baubehörde.

 

II.            Beweiswürdigung

 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt BZ-BauR-1158-2014 bzw. DI-BauR-1158-2014, in die Verwaltungsakte der Baubehörde I. Instanz sowie der belangten Behörde (BZ-BauR-1070-2013 bzw. DI-BauR-1070-2013 und BZ-BauR-1098-2012 bzw. DI-BauR-1098-2012), zu welchen beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ebenfalls Verfahren anhängig waren (siehe LVwG-150056-2014 bzw. LVwG-150057-2014), sowie Einsichtnahme in die auf Anfrage des Landesverwaltungsgerichts von der belangten Behörde bzw. Erstbehörde ebenfalls vorgelegten Verwaltungsakte BZ-BauR-1099-2013 sowie BZ-BauR-1211-2013 bzw. DI-BauR-1211-2013 und in die vom Bf dem Verwaltungsgericht per Mail vom 16. bzw. 17. April 2015 vorgelegten, der Staatsanwaltschaft Wels übermittelten Schriftstücke mit Datum 5. Jänner 2015 (ON 2 bis 8).

 

Der unter I. dargestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Akten der belangten Behörde bzw. Erstbehörde.

 

II. 2. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG als nicht erforderlich, zumal der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits aufgrund der Aktenlage feststeht und zudem ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen waren.

 

 

III.           Maßgebliche Rechtslage

 

Die im gegenständlichen Verfahren maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013 (in der Folge kurz: AVG) lauten wie folgt:

 

„Wiederaufnahme des Verfahrens

 

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

 

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

 

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

 

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

 

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

 

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

 

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

 

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.“

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 82/2015 (in der Folge kurz: VwGVG) lauten wie folgt:

 

 „Anzuwendendes Recht

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, [...] und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

[...]

 

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. [...]

 

Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. [...]

 

Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis nicht mehr zulässig ist und

 

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

 

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

[...]

 

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

 

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

[...]

 

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.“

 

Die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Magistrates der Stadt Wels vom 21. November 2012, BZ-BauR-1098-2012, dessen Wiederaufnahme der Bf begehrt, geltende Fassung des Landesgesetzes vom 5. Mai 1994, mit dem eine Bauordnung für Oberösterreich erlassen wird, LGBl. Nr. 66/1994 idF LGBl.Nr. 36/2008 (in der Folge kurz: Oö. BauO 1994), lautet auszugsweise wie folgt:

 

„§ 31

Einwendungen der Nachbarn

 

(1) Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;[...]

 

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können.

[...]

 

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

 

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. [...] Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird. [...]“

 

„§ 32

Bauverhandlung

[...]

(7) Die Bauverhandlung entfällt, wenn das Bauvorhaben nach § 35 plangemäß zu bewilligen ist und die Nachbarn durch ihre Unterschrift auf dem Bauplan erklärt haben, gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben. Kann die Baubewilligung nur unter Auflagen und Bedingungen erteilt werden, entfällt die Bauverhandlung nur dann, wenn durch die Auflagen und Bedingungen subjektive Nachbarrechte im Sinn des § 31 Abs. 4 bis 6 nicht nachteilig berührt werden.“

 

 

 

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG normierten Prüfungsumfang durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

IV. 1. Zulässigkeit der Beschwerde

Im gegenständlichen Fall erhebt der Bf Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gegen den im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 2. Dezember 2014 und behauptet durch den seinen Antrag auf Wiederaufnahme abweisenden Bescheid in subjektiven Rechten verletzt zu sein. Der Bescheid der belangten Behörde wurde dem Bf am 5. Dezember 2014 hinterlegt. Die dagegen erhobene Beschwerde langte am 2. Jänner 2015 beim Magistrat der Stadt Wels ein.

 

Die Beschwerde ist daher rechtzeitig und zulässig.

 

IV. 2. Begründetheit der Beschwerde

Zur Stellung eines Antrages auf Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 AVG sind nur die Parteien des wiederaufzunehmenden Verfahrens legitimiert. Der Bf ist aufgrund der Lage des Grundstückes Nr. x und des dem Bf zur Hälfte gehörenden Grundstückes Nr. x zueinander (direkte Grundgrenze im Osten des Grst. Nr. x bzw. im Westen des Grst. Nr. x), unstrittig Nachbar gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 Oö. BauO 1994 und somit grundsätzlich Partei im wiederaufzunehmenden Verfahren BZ-BauR-1098-2012. Er hat diese Parteistellung auch nicht verloren, da im (möglicherweise) wiederaufzunehmenden Verfahren keine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, da sämtliche Nachbarn auf dem Bauplan durch ihre Unterschrift erklärt haben, gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben und so die Bauverhandlung gemäß § 32 Abs. 7 Oö. BauO 1994 entfallen konnte.

 

Gemäß § 69 Abs. 2 AVG ist der Wiederaufnahmeantrag von der Partei binnen zwei Wochen (subjektive Frist) ab dem Zeitpunkt, an dem diese vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt, einzubringen. Ein nach Ablauf der zweiwöchigen subjektiven Frist gestellter Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist von der Behörde als unzulässig, weil verspätet eingebracht, zurückzuweisen (vgl. zB VwGH 20.03.1990, 90/06/0013). Da es im Verfahren über einen Wiederaufnahmeantrag um eine Durchbrechung des Grundsatzes der Rechtskraft geht, sind die (Prozess-)Voraussetzungen streng zu prüfen (vgl. VwGH 24.09.2014, 2012/03/0165, sowie die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 1472, E 5 zu § 69 AVG wiedergegebene Rechtsprechung). Es ist anfänglich somit insofern in der geforderten Strenge zu prüfen, ob der gegenständliche Antrag rechtzeitig, mithin innerhalb der geforderten gesetzlichen Frist, war:

 

IV. 2.1. Rechtzeitigkeit des Antrags

Der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme wurde vom Bf am 10. November 2014 eingebracht. Während somit die Antragstellung jedenfalls innerhalb der in § 69 Abs. 2 AVG normierten „objektiven“ Frist von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides erfolgte, ist dies im Hinblick auf die „subjektive Frist“ jedoch fraglich und näher zu untersuchen:

 

Bei einer Wiederaufnahme auf Antrag muss der Antragsteller gemäß § 69 Abs. 2 letzter Satz AVG die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen (subjektiven sowie objektiven) Frist ergibt, glaubhaft machen. Dies bedeutet, dass dieser die „Beweislast“ für die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahme­begehrens trägt (vgl. für viele zB VwGH 14.11.2006, 2005/05/0260; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 69 Rz 55 mwN). Der Bf bringt in der Beschwerde bzw. dem Wiederaufnahmeantrag zusammengefasst als Gründe für die Wiederaufnahme vor, dass der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Handlung sowie Erschleichung herbeigeführt worden sei und führt als Nachweis für seinen behaupteten Wiederaufnahmegrund die „forstfachliche Stellungnahme des DI x vom 2. März 2004 samt Vorkorrespondenz“, welche ihm erst am
4. November 2014 zur Kenntnis gelangt seien, an.

 

Dass dem Bf der Inhalt der forstfachlichen Stellungnahme des DI x vom 2. März 2004 sowie die durch die „Vorkorrespondenz“ dokumentierten Umstände des Zustandekommens/Entstehens besagter Stellungnahme und damit erst „die tatsächliche strafrechtliche Dimension sowie der Tatbestand des Erschleichens“ und somit die von ihm vorgebrachten Wiederaufnahmegründe tatsächlich erst anlässlich der Akteneinsicht in den Strafakt beim Landesgericht Wels am
4. November 2014 zur Kenntnis gelangt sind, vermag dieser nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichts nicht schlüssig glaubhaft zu machen:

 

Zuerst sei darauf hingewiesen, dass zunächst schon unklar ist, was der Bf unter der in der Beschwerde angeführten „Vorkorrespondenz“ meint. Aus der Beschwerde selbst bzw. dem bekämpften Wiederaufnahmeantrag geht dies nicht eindeutig hervor. Vielmehr werden im Zuge der Einbringung der Beschwerde bei der belangten Behörde per Mail vom 1. Jänner 2015 lediglich neun Beilagen übermittelt, wobei hierbei auch einige (wie zB der Aktenvermerk des DI x vom 2012) klar nicht zur Vorkorrespondenz zählen können und daher alleine aus diesen mit der Beschwerde übermittelten Beilagen die „Vorkorrespondenz“ nicht abgegrenzt werden kann. Auch auf Seite 3 und 4 des Wiederaufnahmeantrags wird nach der Ankündigung „Die Vertragspflicht des Käufers und die forstfachliche Stellungnahme des DI x unter Berücksichtigung der Vorkorrespondenz lauten:“ lediglich die entsprechende Passage aus dem Kaufvertrag für die Liegenschaft sowie die Stellungnahme des DI x vom 2. März 2004, abgebildet.

Lediglich in einer Zusammenschau der per Mail übermittelten Beilagen zur Beschwerde mit der am 16. bzw. 17. April 2015 (dh deutlich nach Vorlage der gegenständlichen Beschwerde) vom Bf per Mail dem Landesverwaltungsgericht übermittelten umfassenden Dokumentation der im Jänner 2015 offenbar der Staatsanwaltschaft Wels vorgelegten Unterlagen, vermag das Landesverwaltungsgericht genauer zu rekonstruieren, was der Bf wohl unter der „Vorkorrespondenz“ versteht. So zählt für den Bf zur „Vorkorrespondenz“ offenbar ein Schriftstück von Herrn H an Herrn x vom 10. September 2003 mit dem Betreff „Bebauungsgrenze Liegenschaft Dr. M, W, O, Parzellen x und x, GB x O“, in dem dieser Herrn x mitteilt, dass anlässlich einer Teilung bzw. Neuparzellierung eine schriftliche Stellungnahme der Forstbehörde (unter Bezugnahme auf die nötigen Abstände zum Wald) voraussichtlich erforderlich sei und Herr x um die Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme ersucht wird. Weiters wird ein Schreiben von Herrn x vom 16. September 2003, Forst30-5-312-2003, an den Magistrat der Stadt Wels, in dem über die Anfrage des Herrn x vom 10. September 2003 und die diesem von Herrn x erteilte Auskunft (zumindest Einhaltung eines Mindestabstands von 20 m von der nördlich angrenzenden Waldparzelle x aus forstfachlicher Sicht) berichtet wird, sowie ein Aktenvermerk vom 27. Jänner 2003 hinsichtlich eines Gesprächs mit DI x, in der dieser wiederum am Abstand von 20 m festhält, und ein mit 13. März 2003 datierter Auszug aus der digitalen Katastralmappe im Schreiben des Bf an die Staatsanwaltschaft Wels unter dem Punkt „Vorkorrespondenz“ angeführt. Insofern ist davon auszugehen, dass der Bf unter „Stellungnahme und Vorkorrespondenz“ den Inhalt der Stellungnahme des DI x vom 2. März 2004 sowie die darin genannten Schreiben/Gespräche meint. Darüber hinaus wurden vom Bf keine weiteren Ausführungen gemacht, obwohl ihn – wie bereits dargelegt – diesbezüglich die Beweislast treffen würde.

 

Zur Kenntnis des Bf über die Stellungnahme des DI x sowie die „Vorkorrespondenz“ erst ab 4. November 2014 sei nur auszugsweise auf folgende Fakten hingewiesen: Besagte Stellungnahme wurde unter anderem bereits im Jahr 2013 in der vom Bf als Vertreter per Mail vom 13. Mai 2013 übermittelten Berufung seines Bruders D S – zwar damals noch mit Datum
2. März 2002, aber dennoch explizit auf diese Stellungnahme Bezug nehmend – erwähnt und auch zu diesem Zeitpunkt bereits dieselben Schlüsse daraus gezogen. Auch geht aus der vom Bf - als Vertreter für seinen Bruder - verfassten Begründung dieser Berufung hervor, dass die Nachbarn als Parteien im Rahmen des vereinfachten Bauverfahrens bereits zu diesem Zeitpunkt darüber informiert wurden, dass besagte Stellungnahme, in welcher ein Mindestabstand zum Wald von 18 m gefordert wird, nach der nunmehrigen Rechtsansicht der Behörde nichts an der Zulässigkeit des Bauvorhabens ändern könne. Auch in der gegen den Berufungsbescheid des Stadtsenates, DI-BauR-1098-2012, am 23. Dezember 2013 vom durch den Bf vertretenen D S erhobenen Vorstellung wird explizit auf die forstfachliche Stellungnahme des DI x, welche Eingang in die Kaufvertragsurkunde des Herrn A S gefunden habe, Bezug genommen und der „dringende Tatverdacht des Amtsmissbrauchs“ geäußert. In der Vorstellung vom 23. Dezember 2013 wird auch ausgeführt, dass der Bf mittlerweile umfassende Recherche betrieben habe und daher bekannt sei, dass diese forstfachliche Stellungnahme anlässlich einer Grund- und Waldteilung, bei welcher der forstfachliche Amtssachverständige nach § 15 ForstG zwingend zuzuziehen gewesen sei, erstellt worden sei und dieser für das Grst. Nr. x, welches aus der Grundteilung neu hervorgegangen sei und an den Wald grenze bzw. selbst teilweise die Benützungsart Wald aufweise, für die Bebauung einen Abstand von 18 m zur angrenzenden Waldparzelle x gefordert habe. Auch in der vom Bf eingebrachten Aufsichtsbeschwerde vom 27. Juni 2013 zitiert dieser den Inhalt der besagten Stellungnahme des DI x. Im das Aufsichtsverfahren beendenden Schreiben der Oö. Landesregierung an den Bf vom 14. Oktober 2013, IKD(BauR)-160101/3-2013, wird dieser auch nachweislich auf die Existenz und den Inhalt des Schreibens des forsttechnischen Amtssachverständigen der BH Wels-Land vom 16. September 2003, Forst30-5-312-2003, das der Bf ebenfalls unter der ihm erst am 4. November zur Kenntnis gelangten Vorkorrespondenz anführt, hingewiesen. Wie aus dem Schreiben der Volksanwaltschaft 1. August 2013, VA--BT/0066-B/1/2013, ersichtlich ist, wurde der Bf weiters auch seitens der Volksanwaltschaft über die Existenz und den Inhalt der Stellungnahme von Herrn Dipl. Ing. x vom 2. März 2004 unter Bekanntgabe der Aktenzahl (Zl. Forst30-5-312-2003) informiert sowie über die auch aus der vom Bf zitierten „Vorkorrespondenz“ hervorgehenden Tatsache, dass ursprünglich ein Abstand von 20 m vorgesehen war, nachweislich in Kenntnis gesetzt. Auch im Zuge der vom Bf per Mail vom 20. Dezember 2013 beim Gemeinderat der Stadt Wels beantragten Rückwidmung stützte sich der Bf (unter anderem) auf die forstfachliche Stellungnahme des DI x vom 2. März 2004.

 

In Anbetracht all dieser Umstände ist die diesbezügliche Ansicht der belangten Behörde zu teilen, wonach die Kenntnisnahme hinsichtlich der vom Bf ins Treffen geführten Umstände, die eine Wiederaufnahme zu rechtfertigen vermögen, bereits viel früher erfolgt ist. Dem Bf ist es nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichts gerade nicht gelungen, die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmebegehrens glaubhaft zu machen; insbesondere auch, weil er keine näheren Angaben im Hinblick auf die „Kenntnisnahme am 4. November 2014“ in der Beschwerde bzw. dem Antrag zu tätigen vermag. Da somit im gegenständlichen Fall die subjektive Antragsfrist nicht eingehalten wurde, wäre der Antrag von der belangten Behörde wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen gewesen.

 

Der Bf wird aber keinesfalls dadurch in einem Recht verletzt, wenn die Behörde wie im gegenständlichen Fall seinen Antrag auf Wiederaufnahme abweist anstatt richtigerweise zurückweist, da seinem Begehren keinesfalls ein Erfolg beschieden gewesen wäre (VwGH 25.11.1999, 99/07/0089).

 

IV. 2.2. Wiederaufnahme zur Durchsetzung eines durch das materielle Recht gewährleisteten subjektiven öffentlichen Rechts

Selbst wenn der Wiederaufnahmeantrag nicht als verspätet anzusehen wäre, würde der Bf mit seinem Vorbringen dennoch auch in der Sache die Zulässigkeitserfordernisse gemäß § 69 Abs. 1 AVG nicht erfüllen. Das Recht zur Einbringung eines Wiederaufnahmeantrags ist als ein Rechtsbehelf anzusehen, der dem Träger des Verfahrensrechts die Durchsetzung eines ihm eingeräumten materiellen Rechts ermöglichen soll. Als prozessuales Recht kann es folglich nicht weiter reichen, als jenes materielle Recht, dessen Verfolgung es zu dienen bestimmt ist. Insofern ist § 69 Abs. 1 AVG so zu verstehen, dass ein Wiederaufnahmeantrag nicht nur ausschließlich von Parteien des wiederaufzunehmenden Verfahrens gestellt werden kann, sondern darüber hinaus der Antrag auch jedenfalls der Verfolgung eines der jeweiligen antragstellenden Partei zustehenden materiellen Rechts zu dienen geeignet sein muss. Nachbarn im Baubewilligungsverfahren steht somit ein Wiederaufnahmeantragsrecht nur insoweit zu, als der Antrag die Durchsetzung eines ihnen durch das materielle Recht gewährleisteten subjektiven öffentlichen Rechts ermöglichen soll.

 

Der unter Punkt I. des gegenständlichen Erkenntnisses dargelegte, bisherige Verfahrensverlauf und die dort dargelegte Chronologie der weiteren bisher in Hinblick auf das Bauverfahren auf Grst. Nr. x vom Bf selbst oder als Vertreter seines Bruders gesetzten Schritte zeigen ganz deutlich, dass der Bf zu jeder Zeit jeweils nur die Einhaltung bzw. Rechtmäßigkeit der Abstandsvorschriften zum nördlich des Grundstücks der Bauwerberin gelegenen Waldgrundstück Nr. x, das im Eigentum von Herrn E B,  steht, thematisiert. Im Kern wird vom Bf fortwährend vorgebracht, dass aufgrund der zu nahen Situierung des Gebäudes und der Garage zur Waldparzelle zu befürchten sei, dass umfallende Bäume nur abgelenkt werden oder an der Gebäudekante abbrechen und auf die Nachbarparzellen fallen und daher die Baubehörde die Baubewilligung versagen hätte müssen bzw. der Flächenwidmungsplan geändert werden hätte müssen.

 

Dem Nachbarn kommt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ein subjektives Recht auf Einhaltung des Seitenabstandes nur bezüglich des seinem Grundstück zugekehrten Nachbargrundstückes, nicht aber gegenüber anderen Nachbargrundstücken zu, der Nachbar kann die Verletzung von Seitenabständen an anderen Grenzen nicht geltend machen (siehe zB VwGH 15.11.2011, 2008/05/0146, 21.02.1995, 92/05/0202, VwGH 27.08.1996, 96/05/0006). Der Nachbar hat somit zwar grundsätzlich ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen, kann aber nur insofern in Rechten verletzt sein, als die Abstände zu seinen Grundgrenzen verletzt würden. Wenn somit aber der Bf als Nachbar im Bauverfahren BZ-BauR-1098-2013 lediglich die Rechtswidrigkeit bzw. Nichteinhaltung der Abstandsvorschriften zur zwischen dem Grundstück der Bauwerberin sowie dem nördlich gelegenen Waldgrundstück Grst. Nr. x vorbringt, sein eigenes Grundstück jedoch östlich des Baugrundstücks situiert ist, steht ihm diesbezüglich kein subjektives öffentliches Recht zu. Bei Einhaltung der gesetzlichen Abstände und der Gebäudehöhe hat der Nachbar insbesondere keinen weitergehenden Rechtsanspruch auf die Einhaltung größerer Abstände zu seiner Grundstücksgrenze.

 

Dass über die Thematik der Abstandsvorschriften hinausgehende subjektive Rechte des Beschwerdeführers verletzt werden könnten, bringt dieser nicht vor. Insbesondere die mögliche Gefahr durch abgelenkte umfallende Bäume durch ein geplantes Gebäude, die noch dazu nicht von diesem Grundstück selbst ausgeht, sondern von einem anderen benachbarten (Wald)Grundstück, begründet darüber hinaus auch kein subjektives öffentliches Nachbarecht. Allfällige künftige Schädigungen bzw. sonstige privatrechtliche Einwendungen sind im Zivilrechtsweg zu klären. Die Aussagen im vom Bf insofern vorgelegten „Forstwirtschaftlichen Gutachten zur subjektiven Betroffenheit der Nachbarliegenschaften zu Grundstück Nr. x, EZ x, x O, Bezirksgericht Wels“ des DI x vom 20. Jänner 2014 vermögen an dieser Auffassung des Landesverwaltungsgerichts nichts zu ändern, zumal es sich bei der Frage des Vorliegens eines subjektiven Rechts um eine Rechts- und nicht um eine Sachfrage, zu deren Klärung gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten beitragen könnte, handelt.

 

Insofern wäre dem Bf daher der Wiederaufnahmeantrag auch schon deshalb versagt, da er offenkundig nicht die Verfolgung eines ihm als Partei im Bauverfahren zustehenden materiellen Rechts zu dienen geeignet ist.

 

IV. 3. Resümee

Mangels Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrags bzw. darüber hinaus der beabsichtigen Verfolgung eines dem Bf zustehenden materiellen Rechts war dem Wiederaufnahmeantrag somit nicht Folge zu geben. Ob die im Antrag geltend gemachten Wiederaufnahmegründe auch tatsächlich vorliegen, war folglich insofern – aufgrund des Nichtvorliegens von zumindest einer Voraussetzung – nicht näher zu prüfen. Es bedarf daher aber auch keiner weiteren Prüfung und kann insofern dahingestellt bleiben, ob gegenüber dem Bf im Verfahren zu BZ-BauR-1098-2012 überhaupt (noch) ein formell rechtskräftiger Bescheid vorliegt oder die in § 69 AVG weiters normierten formellen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme vorliegen, da zweifelsfrei bereits aus den zuvor genannten Gründen eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu BZ-BauR-1098-2012 unzulässig ist.

 

 

 

IV. 4. Zu den Anregungen des Bf

IV. 4. 1. Flächenwidmung

Auf die Frage der Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplans war vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bereits aufgrund mangelnder Präjudizialität im gegenständlichen Verfahren, in dem es die Rechtmäßigkeit der Abweisung des Wiederaufnahmeantrags zu beurteilen galt, nicht näher einzugehen. Lediglich angemerkt sei, dass selbst im Falle einer Relevanz dieser Frage für das gegenständliche Verfahren, das Vorbringen des Bf zur Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplans Nr. x beim Landesverwaltungsgericht keine Bedenken erwecken vermag. So sei nur darauf hingewiesen, dass auch die Volksanwaltschaft, (vgl. zB Schreiben der Volksanwaltschaft vom 1. August 2013, VA--BT/0066-B/1/2013) unter expliziter Berücksichtigung und Bezugnahme der der Volksanwaltschaft vorliegenden Stellungnahme von DI x vom 2. März 2004, Forst30-5-312-2003, keine Bedenken im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Flächenwidmungsplans Nr. x hegte und die Schlüssigkeit dieser Ausführungen vom Landesverwaltungsgericht auch unter Beachtung der diesbezüglichen Vorbringen des Bf nicht in Zweifel gezogen werden.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sieht sich daher nicht veranlasst – wie vom Bf angeregt –, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Prüfung des für das Bauvorhaben BZ-BauR-1098-2013 maßgeblichen Flächenwidmungsplanes zu stellen.

 

IV. 5. 2. Amtswegige Wiederaufnahme des Verfahren zu BZ-BauR-1098-2013

Aufgrund der eindeutigen Anordnung des § 17 VwGVG sind die Bestimmungen des IV. Teiles des AVG und somit auch § 69 AVG im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht anzuwenden. Demnach existiert keine gesetzliche Grundlage für eine etwaige amtswegige Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens durch das Verwaltungsgericht gemäß § 69 Abs. 3 AVG und ist dem dahin gerichteten Ansuchen des Bf schon aus diesem Grunde nicht nachzukommen.

 

Auch sei darauf hingewiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs einer Partei kein Rechtsanspruch auf eine Wiederaufnahme von Amts wegen zukommt. Diese liegt vielmehr im Ermessen der Behörde und folglich kann dadurch, dass die Behörde das Verfahren nicht amtswegig wiederaufgenommen hat, der Bf nicht in seinen Rechten verletzt sein (vgl. zB VwSlg 423 A/1957, VwGH 26.06.2015, Ra 2015/18/0122bzw. mit Bezugnahme auch auf § 32 VwGVG VwGH 24.02.2015, Ra 2015/05/0004).

 

IV. 4 . 3. Aussetzung des Verfahrens

Da das Landesverwaltungsgericht aufgrund der Verneinung bereits anderer (formeller) Voraussetzungen, das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes und insb. die Frage des Vorliegens einer gerichtlich strafbaren Handlung nicht als Vorfrage zur beurteilen hatte, stellte sich die Frage der möglichen Unterbrechung des Verfahrens überhaupt nicht und war der diesbezüglichen „Anregung“ des Bf nicht Folge zu leisten. Auch sei an dieser Stelle lediglich darauf hingewiesen, dass der Bf aus § 38 AVG keinesfalls einen Anspruch auf Aussetzung des Verfahrens ableiten könnte (zB VwSlg 6260 A/1964) und so selbst bei eigenständiger Beurteilung der Vorfrage durch die belangte Behörde bzw. Verwaltungsgericht nicht in seinen Rechten verletzt sein kann.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 29. Jänner 2016, Zl.: Ra 2015/06/0132-3