LVwG-500163/3/Br

Linz, 07.10.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Dr. H. Bleier über die Beschwerde des R E, geb. x, x, H, vertreten durch
Mag. x, Rechtsanwalt, x, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirks-hauptmannschaft Rohrbach vom 29. Juni 2015, GZ: Agrar96-15-2014,  nach der am 7. Oktober 2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung

 

zu Recht erkannt :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungs­straf­verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. Mit dem oben zitierten Straferkenntnis wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von 800 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatz­freiheitsstrafe in der Dauer von 123 Stunden verhängt, weil er am
21. September 2014 um 06.45 Uhr in H, 100 m nördlich der F Straße bei Strkm 15,8, mit seinem Jagdgewehr, Marke Winchester, Kaliber .30-06, auf ein auf einer Wiese stehendes Rehkitz geschossen habe, dabei das Projektil jedoch abprallte und etwa 800 m weiter flog und letztlich die äußere Glasscheibe der Schmutzschleuse des Hauses x in H durchschlug, wobei das Geschoss im Hohlraum der beiden Verglasungen liegen geblieben ist.

Dadurch habe er die Jagd ohne Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Grundsätzen der Weidgerechtigkeit ausgeübt und gegen §§ 95 Abs. 1 lit. c iVm
§ 1 Abs. 2, § 38 Abs. 1 lit. a und d sowie § 39 Abs. 1 lit. a Oö. Jagd­gesetz 1964, LGBl. Nr. 32/1964, in der geltenden Fassung (gemeint idF LGBl. Nr. 32/2012) verstoßen.

 

I. 1. Begründend führte die Behörde Folgendes aus:

Gemäß § 95 Abs. 1 lit. c begeht eine Verwaltungsübertretung wer nach § 1 Oö. Jagd­gesetz ist die Jagd in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Grundsätzen der Weidgerechtigkeit unter Bedachtnahme auf die Interessen der Landeskultur nach den Bestimmungen dieses Gesetzes auszuüben.

 

Nach § 38 Abs. 1 Oö. Jagdgesetz ist Voraussetzung für die Erlangung einer Jagdkarte, dass die im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderliche Verlässlichkeit, die jagd­liche Eignung, eine ausreichende Jagdhaftpflichtversicherung und dass kein Verweige­rungs­grund im Sinne des § 39 vorliegt.

 

Gemäß § 39 Abs. 1 lit. a Oö. Jagdgesetz ist unter anderem die Ausstellung der Jagdkarte jenen Personen zu verweigern, deren bisheriges Verhalten besorgen lässt, dass sie die öffentliche Sicherheit gefährden werden.

 

Die Behörde hat Beweis erhoben durch

A) Abschlussbericht mit Beschuldigtenvernehmung bei der Polizeiinspektion Lembach i.M. direkt nach dem Vorfall vom 21.9.2014,

B) rechtsanwaltliche Stellungnahme vom 9.1.2015 samt Beilagen sowie anschließendem Lageplan samt Positionsermittlung,

C) Lokalaugenschein vom 3.3.2015 mit nachfolgender Gutachtenserstellung vom jagd­fach­lichen Sachverständigen Ing. M R,

D) rechtsanwaltliche Stellungnahme vom 18.3.2015 samt Beilagen,

E) neuerlicher Lokalaugenschein vom 23.4.2015 mit anschließender Gutachtenerstellung vom jagdfachlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. M P

F) rechtsanwaltliche Stellungnahme vom 22.5.2015 samt Beilagen

 

und geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie haben am 21.9.2014 um 6.45 Uhr in H, ca. 100 m nördlich der F Straße x bei Strkm 15,8 mit Ihrem Jagdgewehr, Marke Winchester, Kaliber .30-6, auf ein auf einer Wiese stehendes Rehkitz geschossen haben. Das Projektil flog jedoch etwa 800 m weiter und durchschlug die äußere Glasscheibe der Schmutzschleuse beim Haus x in H. Das Geschoss blieb im Hohlraum der zwei Verglasungen liegen.

 

In Ihrer Beschuldigtenvernehmung bei der Polizeiinspektion Lembach i.M. am 21.9.2014, weiche ca. 4 Stunden nach der Schussabgabe erfolgte, gaben Sie an, dass Sie sich zwischen zwei Maisfeldern anpirschten und am Ende des Maisfeldes stehen blieben und das Rehkitz etwa zwei Minuten durch das Zielfernrohr beobachteten. In weiterer Folge schossen Sie Richtung Träger des Kitzes, welches nach Ihrer Erstaussage von Ihnen NICHT getroffen wurde, da das Kitz vertraut in das Maisfeld wechselte und daher von Ihnen kein Schweiß am Rand des Maisfeldes festgestellt werden konnte.

Dass das Kitz von Ihnen NICHT getroffen wurde, wurde auch in der Stellungnahme vom 9.1.2015 angegeben.

Nach unserem Ersuchen, den genauen Standort bei der Schussabgabe sowie den Standort des Kitzes mittels Lageplan bekannt zu geben, wurde festgestellt, dass Ihre Angaben am vorgelegten Lageplan betreffend Standpunkt zum Zeit der Schussabgabe von der Beschul­digtenvernehmung abweichen.

Beim Lokalaugenschein des jagdfachlichen Amtssachverständigen Ing. M R im Beisein der Polizeiinspektion Lembach, rekonstruierte Grlnsp. G J Ihre genaue Position zum Aufnahmezeitpunkt des Vorfalles, da eindeutige Trittspuren sowie Spuren am Grasbewuchs erkennbar und feststellbar waren (siehe Lageplan Polizeibericht ‚1=Standort des Jägers‘). Der exakte Standort des Rehkitzes konnte Ihrerseits bei der Aufnahme des Protokolls nicht angegeben werden, lediglich dass der Schuss vom Standort in Richtung Nordosten erfolgte.

Der Sachverständige kommt in seinem schlüssigen Gutachten zu dem Ergebnis, dass
- von beiden angegebenen Standpunkten des Jägers aus - die Schussabgabe auf jeden Fall im Bereich einer Kuppenlage erfolgte und somit KEIN ausreichender Kugelfang gegeben war. Zusätzlich verläuft innerhalb einer Distanz von etwa 200 m im Nordosten
- somit in angegebener Schussrichtung - hinter dieser Kuppe ein öffentlicher nicht einsehbarer Feldweg, welcher Ihnen nach 30-jähriger Jagdausübung in diesem Revier bekannt sein musste.

 

Dem halten Sie in Ihrer Stellungnahme vom 18.3.2015 entgegen, dass die Angaben im Lageplan aufgrund des Maßstabes 1: 5000 sehr ungenau seien und wurde Ihrerseits ein Lokalaugenschein an Ort und Stelle gefordert. Gleichzeitig wurde eine jagdfachliche Stellungnahme vom 10.3.2015 von Mag. C B vorgelegt, wonach dieser allerdings festhält, dass er im konkreten Fall keine Aussage treffen kann, da anhand der Fotos keine Detailansicht möglich ist. Er führt in seinem Gutachten lediglich aus, dass bei einer Hangneigung von 15 %, einer Entfernung von 50 m zum Ziel - hier wurde ein adultes Reh mit Schulterhöhe von 85 cm angenommen - und einer Größe des Schützen von 1,80 m ein Kugelfang mit gewachsener Erde sehr wahrscheinlich ist.

 

Ebenfalls führen Sie in Ihrer Stellungnahme aus, dass eine einmalige Verfehlung niemals die geforderte Verlässlichkeit in Frage stellen kann. Die Verlässlichkeit ein unbestimmter Gesetzesbegriff sei und für die Verlässlichkeit im Sinne des § 38 Oö. Jagdgesetz die Verlässlichkeit nicht in jede Richtung gefordert, ‚sondern nur für die im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderliche‘ (vgl. Oberösterreichisches Jagdrecht, Reisinger/Schiffner, Anmerkung 4 zu § 38) würde.

 

In den besagten Anmerkungen des § 38 Oberösterreichisches Jagdrecht wird allerdings auch ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des WaffG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen ist (VwGH 26.7.1995, 94/20/0874).

 

Bei dem vom Jagdsachverständigen OFR. Dipl.-Ing. M P am 18.3.2015 in Ihrem Beisein, Ihres Rechtsvertreters, des Gruppeninspektors W N sowie Ing. M R, durchgeführten Lokalaugenschein wurde das Gutachten des Försters R in vollem Umfang bestätigt und ebenfalls festgestellt, dass bei der Schussabgabe auf das Rehkitz sicher KEIN Kugelfang zur Verfügung stand.

 

Abweichend zu Ihren bisherigen Angaben wurden von Ihnen beim Lokalaugenschein ein dritter Standort, von welchem Sie auf das Rehkitz geschossen haben, der Standort und die Entfernung des Rehkitzes von lediglich 34 m angegeben. Ebenso gaben Sie beim Lokalaugenschein an, dass Sie das Rehkitz nicht verfehlt, sondern mittels Kammerschuss getroffen hätten.

 

Diese Angaben erscheinen dem Jagdsachverständigen dahingehend unwahrscheinlich, da zum Zeitpunkt der Schussabgabe unmittelbar rechts vom Schützen ein noch nicht abgeerntetes Maisfeld (geschätzte Schulterhöhe 1,60) stand, über das hinweg ein Blickkontakt und in weiterer Folge eine sichere Schussabgabe auf das 34 m entfernt stehende Rehkitz nicht gewährleistet gewesen wäre.

Dem entgegen führt der Amtssachverständige in seinem Gutachten an, dass bei gegebenen Gelände, einer geschätzten Schulterhöhe von 160 m, einer Entfernung von
34 m und einer angenommenen Höhe der ‚Kammer‘ des Rehkitzes von 40 cm sich die in der Beilage dargestellten und sich schneidenden Geraden und ein sich darauf ergebender Schnittpunkt in einer Entfernung von 49,90 m und ein dazugehöriger Winkel von
1,94 Grad ergeben. Bei aller Ungenauigkeit der Messungen sind diese beiden Ebenen (Gelände und Flugbahn des Geschosses) also annähernd parallel und erreicht der Winkel im Schnittpunkt mit Sicherheit keine 5 Grad, egal ob der Schuss nun ungehindert das Gelände oder aber das Reh durch einen Kammerschuss durchschlagen hat. Die detaillierten Ausführungen des jagdfachlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. P erscheinen der Behörde nachvollziehbar und durchgehend schlüssig.

 

Die seitens des Herrn E in seinen Stellungnahmen beigebrachten und in seinem Auftrag veranlassten jagdfachlichen Äußerungen und Begutachtungen sind für die entscheidende Behörde im gegenständlichen Fall nicht weiter maßgebend, da diese allesamt rein auf den - mitunter recht unterschiedlichen - Angaben des Herrn E basieren und ohne Durchführung eines Lokalaugenscheines vor Ort erfolgten. Vielmehr sind dies eher grundsätzliche Angaben und führen hinsichtlich des konkreten Falles zu keinen schlüssigen bzw. verwertbaren Erkenntnissen. Beispielsweise führt Herr Mag. B wortwörtlich in seiner Stellungnahme vom 10. März 2015 aus ‚Prinzipiell ist festzuhalten, dass im konkreten Fall keine Aussage getroffen werden kann, da anhand der Fotos keine Detailansicht der Causa möglich ist.‘

Mit den vorliegenden Beweisen konnte die Behörde das Auslangen finden. Die Einholung eines ballistischen Gutachtens war insofern nicht erforderlich, da bereits die seitens der Behörde eingeholten glaubwürdigen jagdfachlichen Gutachten das Vorliegen eines Kugelfanges zweifelsfrei verneinten. Die von Herrn E angeführten Jagd- und Unfallverhütungsvorschriften (UW), mit Stand Jänner 2013, halten in ihren Empfehlungen eindeutig fest, dass sich vor Abgabe eines Schusses der Schütze zu vergewissern habe, dass niemand gefährdet werde (3.1.8) und auch dass ein Büchsenschuss nur dann abgegeben werden darf, wenn ein geeigneter Kugelfang gegeben ist (3.2.2). Die durch die jagdfachlichen Sachverständigen durchgeführten Erhebungen ergaben allerdings, dass ein derartiger Kugelfang eben nicht zur Verfügung stand und überdies die Schussabgabe auch noch in Richtung eines nicht einsehbaren öffentlichen Weges erfolgte.

 

Basierend auf dem ausführlich durchgeführten Ermittlungsverfahren und hierbei insbe­sondere den nachvollziehbaren und schlüssigen Begutachtungen der jagdfachlichen Amts­sach­verständigen einerseits, sowie andererseits den teilweise widersprüchlichen und damit unglaubwürdigen Angaben des Herrn E (Angabe mehrerer unter­schiedlicher Standorte, mehrerer divergierender Entfernungen zum Rehkitz, einerseits Angabe eines Fehlschusses - andererseits Angabe eines Kammerschusses und dergleichen mehr) muss seitens der Behörde davon ausgegangen werden, dass im vorliegenden Fall kein Kugelfang zur Verfügung stand. Hinzu kommt, dass die gegenständliche Schuss­abgabe im Bereich einer Kuppenlage erfolgte und in Schussrichtung hinter dieser Kuppe ein öffentlicher Feldweg verläuft, welcher Herrn E aufgrund seiner jahre­langen jagdlichen Tätigkeiten bekannt sein musste.

 

Aufgrund all dieser Umstände steht für die Behörde zweifelsfrei fest, dass im konkreten Fall kein Kugelfang gegeben war, die öffentliche Sicherheit gefährdet wurde (Geschoss durchschlug äußere Glasscheibe einer Türe des Wohnhauses x in
H, Schussabgabe in Richtung nicht einsehbaren öffentlichen Weges) und damit einhergehend die geforderte Verlässlichkeit nicht gegeben war und Sie die Jagd ohne Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Grundsätzen der Weidge­rech­tigkeit ausgeübt haben, sodaß der Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 95 Abs. 1 lit. c erfüllt ist.

 

Da nach § 95 Abs. 2 Oö. Jagdgesetz Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis zu € 2.200,- zu ahnden sind, Sie unserer Aufforderung vom 4.12.2014 Ihrer Einkom­mens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten bekanntzugeben nicht nachgekommen sind, gehen wir von einem monatlichen Einkommen von € 1,800,- aus und wird die verhängte Strafe als angemessen erachtet.“

 

 

II. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Beschwerde:

 

„I.  RELEVANTER SACHVERHALT

 

Der Beschwerdeführer hat am 21. September 2014 gegen 6:45 Uhr in H, ca. 100 Meter nördlich der Fstraße x bei Straßenkilometer 15,8 mit einem Jagdgewehr, Marke Winchester, Kaliber 3006, mit einem bleifreien Kupfergeschoss, ein auf der Wiese stehendes Rehkitz beschossen. In weiterer Folge flog das Projektil etwa
800 Meter weiter, bis es auf eine Doppelverglasung der Schmutzschleuse beim Haus x, H auftraf und dabei eine Scheibe durchschlug. Die zweite Scheibe blieb unversehrt.

 

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2014 wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben zum Vorfall Stellung zu nehmen. Am 9. Jänner 2015 wurde eine Rechtfertigung abgegeben.

 

Mit Schreiben vom 22. Jänner 2015 wurde ein Lageplan zur Einzeichnung der Positionen des Schützen und des beschossenen Rehkitzes von der Behörde an den Beschwerdeführer übermittelt. Dieser übermittelte Plan wies einen Maßstab von 1 bis 1:5.000 auf. Am Dienstag den 3. März 2015 wurde im Beisein der Polizeiinspektion Lembach und eines Amtssachverständigen eine Rekonstruktion durchgeführt. Der Beschwerdeführer wurde dazu nicht geladen.

 

Am 18. März 2015 hat der Beschwerdeführer eine Stellungnahme abgegeben und moniert, dass die Stellprobe ohne ihn durchgeführt wurde. Gleichzeitig wurde eine jagdfachliche Stellungnahme vom 10. März 2015 von Mag. C B vorgelegt.

 

Am 23. April 2015 fand um 15 Uhr ein neuerlicher Lokalaugenschein an Ort und Stelle statt. Der Amtssachverständige erstattet daraufhin sein Gutachten und bezog sich im Wesentlichen auf deutsche Literatur.

 

Am 22. Mai 2015 hat der Beschwerdeführer wiederum eine Stellungnahme abgegeben.

Daraufhin ist das hiermit bekämpfte Straferkenntnis zu Agrar96-15-2014 vom
29. Juni 2015 ergangen und wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 800,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 123 Stunden) verhängt

 

II. Gegen das genannten Straferkenntnis erhebt der Beschwerdeführer durch den bevoll­mächtigten Vertreter in offener Frist Beschwerde und stellt die

 

ANTRÄGE

 

das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge

 

1. gemäß § 28 Abs 2 und Abs 3 erster Satz beziehungsweise gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG das angefochtenen Straferkenntnis aufheben

2. gemäß § 28 Abs 2 und Abs 3 erster Satz VwGVG das angefochtenen Straferkenntnis - gegebenenfalls nach berichtigender Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes - abändern und die Strafe herabsetzen.

3. gemäß § 24 Abs 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen.

 

Die Anträge werden im Einzelnen wie folgt begründet:

 

lit. a Inhaltliche Rechtswidrigkeit

 

Der Amtssachverständige kommt in seinem jagdfachlichen Gutachten vom
27. April 2015 zum Schluss, dass ‚ganz sicher kein Kugelfang zur Verfügung stand‘ und wurde das Gutachten des Försters R in vollem Umfang bestätigt.

 

Vorweg wird festgehalten, dass der Amtssachverständige nach dem derzeitigen Informationsstand offensichtlich keinerlei fundierte Ausbildung im Bereich des Schieß­wesens und der Ballistik hat und daher die Kompetenz zur Abgabe eines Gutachtens fehlt. Hinsichtlich der Anmerkung des Amtssachverständigen, dass eine Wildfolge nach § 57
Jagdgesetz nicht nachgekommen ist, wird angemerkt, dass diese sehr wohl vom Schützen und Beschuldigten, der selbst Hundeführer ist, mit einem Hund selbst durchgeführt wurde.

 

Wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen werden, ist der Schluss, dass durch den Weiterflug des Geschosses respektive dem Aufprall desselben, automatisch von einem fehlenden Kugelfang auszugehen ist, falsch.

 

Auf die Form des Geschosses, das aufgefunden und dem Beschuldigten ausgehändigt wurde, geht der Amtssachverständige mit keinem Wort ein. Offensichtlich hat das Geschoss in der Wiese ‚angesprochen‘, wurde in weiterer Folge hochgeschleudert und flog in einer ballistischen Kurve über den Hochwald und schlug letztendlich im Haus x in eine Glasscheibe ein (vgl. Gutachten Ing. H O vom 18.05.2015, Seite 2, (Beilage./1)). Die Rekonstruktion dieses Vorganges bzw. des gesamten Unfallgeschehens wird vom Amtssachverständigen nicht vorgenommen.

 

Der Amtssachverständige bezieht sich auf einen Ausschnitt aus der Zeitschrift Sauen, Ausgabe 2/2014, Seite 62 bis 66 (Beilage./2). Der Amtssachverständige entnimmt diesem Artikel aus einem Deutschen Magazin, dass bei einem Aufprallwinkel unter 10° jedenfalls kein Kugelfang gegeben ist. Diese Schlussfolgerung resultiert letztendlich aus einer Forschungsarbeit der DEVA (Deutsche Versuchs- und Prüf-Anstalt für Jagd- und Sportwaffen e.V.).

 

Es handelt sich um ein Deutsches Forschungsergebnis aus dem Jahre 2011, welches weder in Deutschland selbst Einklang in die Unfallverhütungsvorschriften gefunden hat, noch in der österreichischen ‚Lehre‘ respektive in den österreichischen Meinungsstand Eingang gefunden hat (vgl. Gutachten Ing. H O vom 18. Mai 2015, Seite 4 (Beilage./1)). Es kann wohl nicht von einem österreichischen Jäger verlangt werden, dass dieser ein Randmagazin im Jagdbereich, welches erst kürzlich auf den Markt gekommen ist und ca. 4 Mal im Jahr erscheint, liest und die selbst in Deutschland strittigen Erkenntnisse beachtet.

Im vorliegenden Fall war nach den in Österreich anerkannten Unfallverhütungs­vor­schriften ein geeigneter Kugelfang prinzipiell gegeben, da als Hintergrund ein (gewach­senes) Gelände gegeben war (vgl. Gutachten Ing. H O vom 18. Mai 2015, Seite 4 (Beilage./1) und Jagd-Unfallverhütungsvorschrift (UUV), Punkt 3. (Beilage./3)). Der gegenständliche Vorfall hätte sich mit einem herkömmlichen Teilmantelgeschoss nicht ereignet und ist diese Tatsache dem Beschuldigten nicht vorwerfbar (vgl. Gutachten
Ing. O vom 18. Mai 2015, Seite 4 (Beilage./1)).

 

Die Deutsche Versuchs- und Prüf-Anstalt für Jagd- und Sportwaffen e.V. selbst gibt in ihrer Stellungnahme vom 11. Mai 2015 an, dass die Erkenntnisse des Forschungs­vorhabens auch in die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) einfließen sollten, was bis dato nicht gelungen ist. In der Jungjägerausbildung wird nunmehr in Deutschland gelehrt, dass der Wald- oder Feldboden als auch die Wiese kein ausreichender Geschossfang mehr ist. ‚Wenn ein Jäger allerdings vor dieser Zeit seinen Vorbereitungskurs absolvierte, ist nicht davon auszugehen, dass er über diese Thematik umfassend informiert wurde‘ (Stellungnahme DEVA vom 11. Mai 2015, Seite 2, 3. Absatz) (Beilage./4). Die DEVA selbst gibt also an, dass die Forschungsergebnisse selbst in Deutschland noch nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden haben und bei einem Jäger, der vor dem Jahr 2011 (Erscheinen der Forschungsergebnisse) die Jagdprüfung absolviert hat, nicht davon auszugehen und daher diesem nicht vorzuwerfen ist, dass er die Forschungsergebnisse kennen musste.

 

Auch das Gutachten des gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Schießwesen H A. M vom 8. Mai 2015, (Beilage ./5), führt in seiner Zusammenfassung an, dass das verwendete bleifreie Geschoss eine erhöhte Abpralleigenschaft aufweist und diese Zusatzinformation unter Bezugnahme auf den ‚10° Schusswinkel‘ dem Beschul­digten nicht bekannt sein musste.

Diesbezüglich wird auch auf eine Stellungnahme eines Ausbilders in den Jungjäger- und Jagdhüterkursen in den Bezirken Linz und Linz-Land verwiesen, wonach gelehrt wird, dass der gewachsene Boden grundsätzlich als ausgezeichneter Kugelfang dient. Eine dezidierte Winkelzahl für den Schusswinkel wird ‚nicht genannt und nicht gelehrt‘. Hinsichtlich des Kugelfangs wird den Jungjägern jetzt noch mitgeteilt, dass wenn ‚hinter dem beschossenen Stück vollständig gewachsener Boden ist, ist ein Kugelfang gegeben‘, (vgl. Stellungnahme von Herrn L F vom 15. Mai 2015 (Beilage./6)).

 

Auch in den Jagdprüfungen und an den landwirtschaftlichen Fach- und Berufsschulen wird dies offensichtlich nicht gelehrt. Im Zuge der Jagdprüfung wird von den Prüflingen als ausreichend angesehen, wenn diese im Sinne eines Kugelfanges hinter einem beschossenen Stück gewachsenen Boden sehen (vgl. Stellungnahme von Herrn G K (Beilage./7)).

 

Insgesamt kann daher angeführt werden, dass der Amtssachverständige offensichtlich ein Detail aus der deutschen Literatur herangezogen hat, um im vorliegenden Fall den fehlenden Kugelfang herzuleiten. Dies ist für Österreichische Verhältnisse bzw. für den objektiv ordnungsgemäß handelnden Österreichischen Jäger nicht zumutbar. Unabhängig davon wird weiterhin angeführt, dass in der vorliegenden Situation ein ausreichender Kugelfang gegeben war (vgl. Gutachten von Ing. H O vom
18. Mai 2015 (Beilage./1)).

 

Die belangte Behörde gibt größtenteils in ihrem Bescheid den relevanten Sachverhalt und alle Stellungnahmen wieder. Erst auf Seite 4 im vorletzten Absatz geht die Behörde inhaltlich auf die Sache ein.

 

Die belangte Behörde führt an, dass die Angaben hinsichtlich des Standortes vom Beschwerdeführer widersprüchlich angegeben wurden. Dies ist leicht erklärbar:

Das vorgeworfene Verhalten, daher der Schuss auf das Rehkitz, wurde am 21.09.2014 abgegeben. Der am 22.05.2015 übermittelte Lageplan weist (wie bereits angeführt) einen Maßstab von 1:5000 auf. Eine Abweichung von einem Millimeter (Strichdicke eines normalen Stiftes) entspricht daher einer Abweichung in natura von 5 Metern. Anlässlich der Stellprobe vom 23. April 2015 - also ca. sieben Monate später - kann dem Beschwerdeführer auch nicht vorgeworfen werden, dass er einen anderen Standpunkt angegeben hätte, zumal die natürlichen Verhältnisse sich vollkommen anders dargestellt haben (Ackerflächen, abgeerntetes Maisfeld etc). Aus jagdpraktischer Sicht ist anzu­führen, dass selbst Schützen, die Stunden zuvor auf ein Stück geschossen haben, den Anschuss nicht genau finden können, da die Sicht aus einer Kanzel respektive vom Ort der Schussabgabe sich völlig anders darstellt, als dann am Anschuss selbst. Aus diesem Grund wird auch regelmäßig ein Jagdhund zur Jagd mitgenommen und ist dies auch gesetzlich vorgeschrieben. Jeder jemals in der Jagdpraxis tätig gewordener Jäger kann dies bestätigen. Dies spricht nicht gerade für den Sachverstand des Amtssach­verständigen.

 

Der Amtssachverständige bezieht sich in seinem Gutachten auf deutsche Literatur und wurde seitens des Beschwerdeführers zwei Gutachten von gerichtlich zertifizierten Sachverständigen, eines von H A. M (Beilage./5) und eines von Ing. H O (Beilage./1) beigelegt. Auf diese Sachverständigengutachten geht die belangte Behörde mit keinem Wort inhaltlich ein.

 

Liegen der Behörde einander widersprechende Gutachten vor, hat sie die Gutachten gegen Gutachten nach ihrem inneren Wahrheitswert gegeneinander abzuwägen und in der Begründung der Entscheidung ihre Erwägungsgründe darzulegen (VwGH 13.08.1991/90/10/001).

Dabei hat die Behörde von der Gleichwertigkeit der Beweismittel auszugehen und darf beispielsweise nicht ein Gutachten deshalb, weil es von einem Amtssachverständigen stammt, verfahrensrechtlich höher bewerten als ein Privatgutachten (VwSLG 2453 A/1592).

Wie bereits erwähnt geht die Behörde inhaltlich nicht auf die Sachverständigengutachten ein, sondern führt nur an, dass die Gutachten ohne Durchführung des Lokalaugenscheines erstellt wurden und auf den Angaben von Herrn E basieren. Hätte die belangte Behörde die Gutachten inhaltlich gelesen, wäre sie zum Schluss gekommen, dass dies nicht der Fall ist. Die Sachverständigen gehen aufgrund von Fotos von der Örtlichkeit aus und beschreiben dies auch in ihren Gutachten genauestens. Liegen Widersprüche hinsichtlich des Befundes der Gutachten vor, hätte die Behörde diese aufzeigen müssen.

 

Wie bereits mehrfach erwähnt, bezieht sich der Amtssachverständige auf deutsche Literatur (Sauen-Magazin). Das dem Artikel im Sauen-Magazin zugrunde liegende Gutachten wird vom Amtssachverständigen nicht erwähnt. Dies ist ein Forschungs­vorhaben der deutschen Versuchs- und Prüf-Anstalt für Jagd- und Sportwaffen e.V. (DEVA). Gerade die DEVA gibt in ihrer Stellungnahme vom 11. Mai 2015 (Beilage./6) selbst an, dass die Erkenntnisse des Forschungsvorhabens auch in die Unfallverhütungs­vorschriften (UVV) einfließen sollten, was bis dato nicht gelungen ist und in der Jungjägerausbildung nunmehr in Deutschland ein anderer Lehrstand vertreten wird. Die DEVA führt jedoch auch an, dass ‚wenn ein Jäger allerdings vor dieser Zeit seinen Vorbereitungskurs absolviert hat, nicht davon auszugehen ist, dass über diese Thematik umfassend informiert wurde‘. Auch diese Stellungnahme der DEVA wird seitens der belangten Behörde vollständig ignoriert.

 

Zur weiteren Darlegung der mangelnden subjektiven Vorwerfbarkeit wurden eine Stellungnahme eines Ausbilders und eine Stellungnahme eines Prüfers der Jungjäger- und Jagdhüterkurse in den Bezirken Linz und Linz-Land vorgelegt. Vorweg wird festgehalten, dass der Prüfungsstandard in Oberösterreich überall gleich und daher auch davon auszugehen ist, dass dieser Prüfungsstandard in Rohrbach gilt. Beide Stellungnahmen kommen zu dem Schluss, dass die Lehrmeinung des Amtssachverständigen aus Deutschland weder in der Ausbildung gelehrt noch im Rahmen der Prüfung geprüft wird.

Selbst wenn man aber nicht davon ausginge, dass ein ausreichender Kugelfang im Sinne der Lehrmeinung der ‚10° Regel‘ gegeben war, ist dies dem Schützen subjektiv nicht vorwerfbar und mangelt es daher am Verschulden. Wenn überhaupt, trifft den Beschwerdeführer lediglich ein leichtes Verschulden und ist eine Bestrafung aus spezialpräventiven Gründen nicht notwendig. Der Beschwerdeführer hat seine Jagdkarte im Jahr 1988 gelöst und hat daher bereits seit 27 Jahren eine gültige Jagdkarte und übt die Jagd auch in all diesen Jahren durchgehend aus. In all diesen Jahren ist dem Beschwerdeführer kein Fehlverhalten vorzuwerfen gewesen und führt die Behörde in ihrem Bescheid auf Seite 13 auch an, dass eine bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers vorliegt. Unter dieser Prämisse ist eine Bestrafung nicht notwendig; ein Vorgehen nach im Sinne des § 21 VStG erscheint mehr als gerechtfertigt.

 

Auch der Spruch des Straferkenntnisses leidet an Rechtswidrigkeit. Nach der Rechtsprechung zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2013, Zl. 2010/09/0005). Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden (vgl. das Erkenntnis vom 18. Oktober 2007, Zl. 2005/09/0126, mit weiteren Nachweisen). Nach dem Wortlaut des Spruches ist die rechtswidrige Handlung, die mit den allgemein anerkannten Grundsätzen der Weidgerechtigkeit in Widerspruch steht, das Liegenbleiben des Geschosses innerhalb der zwei Verglasungen. Von einem angeblich fehlenden Kugelfang wird im Spruch nichts erwähnt. Ein richtiges und vollständiges Vorhalten der Tat durch die belangte Behörde liegt daher nicht vor.

 

Zusammenfassend kann daher angeführt werden:

 

·         Nach den in Österreich geltenden Ausbildungsrichtlinien und Unfallverhütungsvor­schritten war ein ausreichender Kugelfang gegeben.

·         Selbst wenn man die Erkenntnisse des DEVA Forschungsvorhabens zu Grunde legt, ist das Verhalten nicht strafbar, da subjektiv nicht vorwerfbar.

·         Der Unfall ist auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen, welche für den Schützen nicht einmal ansatzweise vorhersehbar war. Diese Umstände sind einerseits das täuschende Gelände, die Verwendung von bleifreier Munition und das Abprallen des Geschosses vom Gelände.

 

Linz, 29. Juli 2015 R E“

 

II. 1. Diese Ausführungen erwiesen sich als zutreffend!

 

 

III. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war im Verwaltungsstrafverfahren nach § 44 Abs. 1 VwGVG durchzuführen. Dieses Verfahren war mit der beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bereits am 22. Juli 2015 zur Vorlage gelangten Beschwerde über den Entzug der Jagdkarte und Widerruf der Bestellung als Jagdschutzorgan zu verbinden. Der Strafverfahrensakt wurde mit Vorlageschreiben vom 5. August 2015 vorgelegt.

Beweis erhoben wurde durch Verlesung der mit der Beschwerde im Administrativ­verfahren vorgelegten Befunderhebungen durch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige und deren fachlichen Stellungnahmen (Beilagen./1 bis ./7). Erörtert wurden das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstellte Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen Dipl.-Ing. D, die mündlich erstatteten Fachmeinungen der vom Beschwerdeführer zur öffentlichen mündlichen Verhandlung stellig gemachten allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Jagdwesen -  Mag. Ch. B und für das Schießwesen - Ing. H. O sowie Anhörung des Beschwerde­führers als Beschuldigten und Partei des Administrativverfahrens.

Die Behörde war bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung ebenfalls vertreten.

Vorgelegt wurde die Mitteilung der StA Wels vom 28. Oktober 2014,
GZ: 449 49 BAZ 461/14b-1, über die Benachrichtigung des Beschwerdeführers von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen ihn gemäß § 190 Z 2 StPO (Beilage.\1). In Augenschein genommen wurde vom Schießsachverständigen erstmals das vom Beschwerdeführer damals verfeuerte und von ihm zur Verhandlung mitgebrachte Geschoss.

 

 

IV.  Sachverhalt:

 

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer am 21. September 2014 gegen 06.45 Uhr an der besagten Örtlichkeit von einem Maisfeld aus stehend und am Bergstock angestrichen auf etwa 40 m im Zuge des Herbstrehabschusses ein Rehkitz beschoss und dieses offenbar verfehlte. Er versuchte, den Schuss auf den Träger (am Hals) des Rehs anzutragen. Der sogenannte Kugelschuss wurde aus der Waffe des Kalibers 30.06 abgefeuert. Erstmals verwendete der Beschwerde­führer ein bleifreies Geschoss der Marke Hornady. Als sogenannter Kugelfang bot sich eine leicht ansteigende und den Rehkörper an der Horizontlinie deutlich überragende Wiesenfläche. Dahinter lag wiederum ein sich aus dem
(Luft-)Bildmaterial darstellendes etwa 200 m tiefes Waldstück. Das Geschoss prallte von der Wiese ab, überflog den Wald und schlug schließlich in einem
800 m vom Schützen entfernten Haus in dessen Glastür ein.

Das Reh sprang flüchtig ab. Der Beschwerdeführer begab sich mit seinem Hund zum Anschuss, konnte dort jedoch keinen Hinweis auf einen allfälligen Treffer (Schweiß = Blutspuren) finden.

 

Dieser Umstand wird hier dem Beschwerdeführer einerseits als nicht weid­gerechte Jagdausübung zur Last gelegt und andererseits darin die Grundlage erblickt, ihm die jagdfachliche Verlässlichkeit abzusprechen.

 

IV. 1. Demnach galt es im Rahmen dieses Verfahrens nachzuvollziehen, ob die Situation der Schussabgabe aus der Sicht der Jagdpraxis vertretbar gewesen ist oder ob der Beschwerdeführer diesen Schuss unter Missachtung jagdlicher Sorgfaltspflichten abgab bzw. mit einem derart weittragenden Abpraller (Geller) hätte rechnen müssen.

 

IV. 2. An dieser Stelle sind vorerst auszugsweise die vom Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz zitierten Fachmeinungen darzustellen:

 

Im Gutachten vom 18. Mai 2015, Ing. O, wird etwa im Befund festgehalten, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer verwendeten Geschosstyp um ein in jüngerer Zeit vom Handel propagiertes bleifreies Geschoss mit einem Gewicht von 9,7 Gramm und einer Mündungsgeschwindigkeit von knapp 900 m/sek. gehandelt hat.

Auf Seite 3 dieses Gutachtens wurde auf das Ergebnis von Beschussversuchen Bezug genommen. Daraus ergebe sich, dass bleifreie Geschosse nach dem Abprallen eine signifikant größere Masse (im Mittel um 36 %) und ebenfalls eine um 28 % höhere Energie als bleihaltige Geschosse aufweisen. Bleifreie Geschosse würden nach dem Abprallen signifikant weiter fliegen als bleihaltige Geschosse. Erstere 747 m und zweitere lediglich 516 m. Dieser Umstand sei in der Bewerbung bleifreier Geschosse bislang nirgends erwähnt worden.

Zusammenfassend gelangte der Sachverständige in dessen Gutachten hinsichtlich des vom Beschwerdeführer verfahrensgegenständlich abgegebenen Schusses zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer das Abprallverhalten dieses Geschosses nicht wissen konnte und er offenbar auch damit nicht rechnen hat müssen. Die Wiesenfläche sei von der diesem Verfahren zu Grunde gelegten und vom jagdfachlichen Gutachter determinierten „Position 3“ oberhalb des beschossenen Rehkitzes in zumindest zweifacher Höhe des Kitzes sichtbar gewesen. Das beschossene Stück habe sich jedenfalls nicht an der Horizontlinie befunden. Vielmehr sei rund um das beschossene Rehkitz die Wiese in einer Tiefe von etwa 200 m sichtbar gewesen. Hinter der Wiesenfläche habe sich ein Wald in einer Tiefe von etwa 180 m und erst 340 m weiter dahinter wiederum das letztlich getroffene Haus befunden. Mit einem herkömmlichen Teilmantelgeschoss mit Bleikern hätte in dieser Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Geschossrest den Wiesenboden verlassen.

Diesem Gutachten wurden acht Literaturhinweise beigefügt.

 

In der Beilage findet sich eine Feldstudie über Auftreffwinkel und Abprallverhalten von Geschossen. Aus dieser kann abgeleitet werden, dass bei einer Hoch­standhöhe von 6 m lediglich auf eine Entfernung von 34 m hinreichend gesichert gelten könne, dass bei einem Geschossauftreffwinkel von zumindest 10° mit keinem Abpraller (Geller) mehr gerechnet werden müsse, was in der täglichen jagdlichen Praxis weitgehend nicht einzuhalten sei, weil Rehe (Schalenwild) in der Praxis aus größerer Entfernung beschossen werden müssten.

Die in der Beilage./3 beigeschlossenen Jagd- und Unfallverhütungsvorschriften (UVV) mit dem Stand Jänner 2013 verweisen betreffend den Büchsenschuss unter Ziffer 3.2. auf einen geeigneten Kugelfang. Als solcher sei der Hintergrund des Geländes anzusehen, wobei ein Wald aufgrund der hohen Gellergefahr keinen geeigneten Kugelfang darstelle.

Mit der Beilage./4 wird von der deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen e.V. - DEVA auf das Ergebnis eines Forschungsprojektes auch über das „Abprallverhalten auf weichem Boden“ (Wald- und Feldboden) verwiesen. Es wäre daher möglich, so der Verfasser I. R., eine Aussage zum hier vorliegenden Fall zu treffen. Insbesondere wurde auf die Abprallsituation beim Verfehlen eines Rehwildes Bezug genommen bzw. im Kalkül eingegangen.

Darin wird etwa bekräftigt, dass ab einem Auftreffwinkel von 10° kein Geschoss mehr das Medium „weicher Boden“ verlassen hat. Nicht auszuschließen wäre, dass es Geschosskonstruktionen gebe, die dennoch in der Lage sind, auch bei Winkeln von mehr als 10° den Boden noch zu verlassen. Abschließend wird darin darauf hingewiesen, dass es etwa in Deutschland bislang keine einzuhaltenden Sicherheitswinkeln bei Schussabgaben in Bodenrichtung gibt. Es wurde jedoch auf ein Gerichtsverfahren verwiesen, wo ein Jäger für einen Schuss in einem Winkel von weniger als 30° und dabei eingetretenem Abpraller verantwortlich gemacht hätte werden sollen. Das Oberlandesgericht gelangte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Auffassung, dass bei der Schussabgabe ein Sicherheitswinkel von mindestens 30° ausreiche, um nach menschlichem Ermessen eine ausreichende Gewähr zur Vermeidung eines Abprallers zu bieten.

In der Beilage./5 wird ein weiteres, vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers beigeschafftes, Gutachten von H A. M vorgelegt.

Der Sachverständige erklärt darin eingangs, zum konkreten Fall keine Angaben machen zu können, sondern im Ergebnis jedoch aus dem an sich feststehenden Sachverhalt schlussfolgern zu können.

Dies würde zum Ergebnis führen, dass die Gefahr von Abprallern in der Praxis weitgehend unterschätzt würde. Auf die Schusswinkel werde in der Praxis so gut wie keine Rücksicht genommen, jedoch würde sich aus praktischer Sicht die Jagd ad absurdum führen, wenn die laut Studien angegebenen Schusswinkel von 10° nicht unterschritten werden dürften. Demnach würde die maximal zulässige Schussdistanz aus einer etwa drei Meter hohen Reviereinrichtung (Kanzel oder Hochsitz) lediglich 34 m betragen und sich bei einer Schussdistanz auf 100 m nur mehr ein Winkel von 2,5° ergeben. In der Praxis bewegte sich demnach der Großteil der Jäger auf dünnem Eis, was die Einhaltung der empfohlenen 10° Schusswinkel betreffen würde.

In weiterer Folge wird eine Gegenüberstellung von Gefährdungen des Hinter­grundes durch bleihaltige gegenüber bleifreien Geschossen näher dargestellt. Darin wird insbesondere das wesentlich höhere Gefahrenpotenzial durch bleifreie Geschosse gegenüber bleihaltigen Geschossen in Folge deutlich höherer Wahr­scheinlichkeit von Abprallern aufgezeigt.

Abschließend wird vermeint, dass nicht der Jäger, sondern der Fachhandel mit bleifreien Geschossen „geflutet“ werde, wobei der Informationspflicht über die größere Abpralleigenschaft und Hintergrundgefährdung nur bedingt nachge­kommen würde.

Hier habe, so der Sachverständige im Schlusssatz, die Verwendung von bleifreier Munition zu einer Potenzierung des Gefahrenpotenzials geführt. Der Sachver­ständige M verweist abschließend auf die Studie der Universität Bern von
Dr. B N, publiziert in der deutschen Jagdzeitung, RUAG Ammotec, technischer Leiter G G.

Die Beilage./6 hat eine Stellungnahme von L F vom 15. Mai 2015 zum Gegenstand. Diese verweist auf seine nunmehr neun Jahre währende Funktion als Ausbildner für den Bereich der Handhabung von Jagdwaffen und das Schießwesen in Jungjäger- und Jagdhüterkursen im Bereich des Bezirkes Linz-Land. Bei der Ausbildung werde darauf hingewiesen, dass der gewachsene Boden (gemeint vegetationsbewachsene Boden) grundsätzlich als ausgezeichneter  Kugel­fang diene. Hinsichtlich des Winkels wurde angemerkt, dass ein zu flacher Winkel zu Abprallern führen könne, jedoch eine dezidierte Zahl (wie die Zahl) nicht genannt bzw. gelehrt würde. Grundsätzlich werde seit Jahrzehnten gelehrt, dass hinter einem zu beschießenden Stück ein vollständig gewachsener Boden einen Kugelfang bieten würde.

 

Die Beilage./7 hat ebenfalls ein Schreiben eines Ingenieurs zum Inhalt, der seit 17 Jahren als aktiver Jäger und Vortragender in der Landwirtschaftsschule Waizen­kirchen des Freigegenstandes Jagd tätig sei.

Auch dieser bringt zum Ausdruck, dass gewachsener (gemeint bewachsener) Boden grundsätzlich als geeigneter Kugelfang im Rahmen der Ausbildung dargestellt werde, wenn sich ein solcher Boden hinter einem beschossenen Wild befinde. Selbstverständlich müsse etwa Rücksicht auf Bodenfrost oder Gesteins­material am Boden genommen werden. Unter solchen Umständen könne es zu unbeabsichtigten „Abprallern“ kommen. Sollte ein gewachsener Boden nicht als ausreichender Kugelfang geeignet sein, dann wäre wohl eine Jagd auf Schalen­wild „in unserem Gebiet“ mit gängiger gesetzlich erlaubter Büchsenmunition kaum mehr denkbar, so dieser Ausbildner von Jägern.

Auf diese Expertenaussagen stützt der Beschwerdeführer bzw. dessen Rechts­vertreter seine Beschwerdeausführungen, sowohl im Verwaltungsstraf- als auch im Administrativverfahren.

 

IV. 2.1. Mit Schriftsatz vom 18. August 2015 legte der Beschwerdeführer noch zwei Fotos über seine Schussposition und das dahinter befindliche Gelände unter Positionierung einer Rehattrappe (Beilage./2) an der Stelle des beschossenen Rehkitzes vor. Diese Darstellung wurde vom Amtssachverständigen in dessen Gutachten mit der Schussposition 3 zu Grunde gelegt.

 

IV. 3. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung schildert der Beschwerdeführer die damalige Situation. Er erklärt nochmals, unter Hinweis auf ein Bild mit einer Rehattrappe, die Schusssituation. Darin verweist er auf die erstmalige Verwendung eines bleifreien Geschosses, welches er zwischenzeitig nur mehr am Schießplatz verwende.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich folgt der vom Beschwerdeführer dargestellten Schussposition 3 auf eine Distanz von 34 m. Demnach hatte sich der Beschwerdeführer dem Rehkitz über das Maisfeld angepirscht und dieses aus  einer Stelle am Pirschstock angestrichen beschossen, wo der Mais bereits etwas zusammengebrochen war. Der Schuss wurde während des Äsens des Rehs, also bei dessen gesenktem Haupt (Kopf), auf den Träger (Hals des Rehs) angetragen. Diese Position ergab laut Gutachten noch eine ausreichende Überhöhung des anstei­genden Geländes und demnach einen scheinbar tauglichen Kugelfang. Dahinter befand sich als Horizontlinie auch noch ein Nadelwald. Das Kitz ging auf den Schuss flüchtig ab und eine mit dem Hund durchgeführte Nachsuche brachte zum Ergebnis, dass er das Reh wohl nicht getroffen haben dürfte. 

 

IV. 4. Laut Schießsachverständigem  - der bislang das schadenskausale Geschoss nur in Abbildung kannte - müsste das Geschoss, ob am Reh vorbei geschossen oder auch nicht, jedenfalls Bodenkontakt gehabt haben, von dort jedoch abgeprallt sein, den Wald überflogen haben, um schließlich mit nicht mehr allzu großer Energie noch eine Glasscheibe zu durchschlagen. Dies wurde nachvoll­ziehbar mit der geringen und frontal glatten Deformierung erklärt.

Der Sachverständige nimmt dabei Bezug auf einschlägige Literatur, der zur Folge bei bleifreien Geschossen durch deren sehr geringere Verformungsneigung die Geschossmasse nahezu zur Gänze erhalten bleibe. Dies im Gegensatz zu einem konventionellen Bleikern-Geschoss.

Letztlich wurde vom Sachverständigen daraus der Schluss gezogen, dass aus der vom Beschwerdeführer letztlich angegebenen Schussposition (laut Gutachten
Nr. 3) die Schussabgabe sowohl jagdlich als auch schießtechnisch vertretbar gewesen ist. Der Beschwerdeführer habe aus seiner Erfahrung heraus mit diesem Abprallverhalten nicht rechnen können und müssen. Die bleifreien Geschosse seien in letzter Zeit im Fachkreis sehr beworben worden, jedoch sei vom Handel nicht hinreichend deren Abprallverhalten aufgeklärt worden, welches laut Sachverständigem unter Bezugnahme auf die Fachliteratur mit bis zu fünffacher Wahrscheinlichkeit  angegeben wurde.

Letztlich vertrat der schießtechnische (ballistische) Sachverständige die Fach­meinung, dass in dieser Situation ein Bleigeschoss keinen Abpraller mit einer derart weiten Flugbahn zur Folge gehabt hätte, weil es durch die größere Verformung und den Verlust an Masse beim (ersten) Auftreffen am Boden eine deutlich schlechtere aerodynamische Form erhalten hätte und folglich der zweite Aufschlag am Boden in deutlich kürzerer Distanz erfolgt wäre.

Diesen plausiblen und logisch nachvollziehbaren Darstellungen folgt daher das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die ursprünglich variierende Darstellung der Schussposition und der Positionie­rung des Rehs beim Beschuss erklärte der Beschwerdeführer mit der Fehler­anfälligkeit der Markierung mit einem x auf einem Luftbild im Maßstab 1:5000.

Auch dies ist durchaus nachvollziehbar, wobei - wie oben schon ausgeführt - seine nunmehr dargestellte Position sowohl aus jagdpraktischer Sicht logischer scheint und letztlich dies auch gutachterlich untermauert werden konnte. Wäre nämlich das Reh auf 74 m - wie offenbar vom Amtssachverständigen im Behördenverfahren in seinem antizipativ beweiswürdigenden und als tendenziös den Beschwerdeführer vorverurteilenden Gutachten zu Grunde gelegt worden zu sein scheint - beschossen worden, wäre die Entscheidung für einen Trägerschuss über den Bergstock mit höchster Wahrscheinlichkeit von keinem die Treffer­wahr­scheinlichkeit realistisch beurteilenden Jäger getroffen worden. Darüber hinaus hätte das Geschoss von dort den Boden - wenn überhaupt - in einem so flachen Winkel berührt, dass die Einschlagenergie noch deutlich höher gewesen wäre, sodass nur eine Glasscheibe durchschlagen worden wäre. Auch dies ist unter Bedachtnahme auf die Anfangsgeschwindigkeit im Bereich von 900 m/sek. logisch nachvollziehbar.

Wenn der behördliche Amtssachverständige schließlich meinte, in diesem Fall „hätte die Kugel im Zweifel im Lauf zu bleiben gehabt“, müsste letztlich die Rehwildbejagung überhaupt in Frage gestellt werden, weil in der Praxis keine Hochstände in dreifacher Höhe denkbar sind und Rehe nur mehr auf etwas mehr als 30 m beschossen werden könnten, um einen Auftreffwinkel des Geschosses von mehr als 10º zu erreichen.

Letztlich bezeichnet auch der dem Beschwerdeverfahren beigezogene jagd­fachliche Amtssachverständige in dessen umfang- und variantenreich abgefassten Gutachten dieses Ereignis auf die Verkettung unglücklicher Umstände rückführbar. Diese vermögen daher weder den Schuldvorwurf der nicht weidgerechten Jagdausübung zu tragen, noch kann trotz dieses wohl bedauerlichen Zwischenfalles an der jagdlichen Verlässlichkeit des Beschwerde­führers sachlich kein Zweifel begründet gesehen werden.

Da letztlich erst dieses Ereignis das Abprallverhalten von bleifreien Geschossen verdeutlicht, wird sich künftighin der Fachkreis im größeren Umfang mit dieser Problematik  auseinanderzusetzen haben.

 

 

V. Rechtlich hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

Die Jagd ist - wie die Behörde grundsätzlich zutreffend unter Hinweis auf § 1
Abs. 2 Oö. JagdG verweist - in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Grundsätzen der Weidgerechtigkeit unter Bedachtnahme auf die Interessen der Landeskultur nach den Bestimmungen dieses Gesetzes auszuüben.

Wie vom Beschwerdeführer jedoch unter Hinweis auf § 44a Z 1 VStG zutreffend eingewendet wird, kann jedoch eine ex post betrachtet ob des (erstmals) verwendeten bleifreien Geschosses suboptimal verlaufene Schussabgabe (hier als Fehlschuss und Geller [Abpraller]) dem weit gefassten Begriff der Weidgerech­tigkeit nicht zugeordnet bzw. als mit diesem in Widerspruch stehend begriffen werden. Wenn etwa im § 42 leg.cit. der Jagdschutz den Schutz des Wildes vor Futternot, Raubwild, Raubzeug und vor Wilderern und die Verpflichtung, nach Kräften auf eine Ausübung der Jagd nach den Regeln der Weidgerechtigkeit umfasst und dieser nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu bewirken ist, deutet dies vielmehr auf den Umgang der Jägerschaft mit der Natur und den dort wild lebenden Tieren.

Als Definition umfasst die Weidgerechtigkeit einen Kanon an Normen und Regeln, der die Achtung der Jägerschaft gegenüber dem Mitgeschöpf widerspiegelt. Diese Regeln zielen darauf ab, dass die Jäger ihr Handwerk verantwortungsbewusst und beispielhaft ausüben. Dazu gehört auch das Bestreben, das Tier möglichst effizient und tierschutzgerecht (ohne zu leiden) zu erlegen. Unerlaubte Mittel und Methoden der Jagd sind etwa im Wiener Landesjagdgesetz und auch in anderen Landesjagdgesetzen grundsätzlich verboten (Quelle: Webportal des Wiener Jagdverbandes).

Ein Bescheidspruch bedarf gemäß § 44a Z 1 VStG der Anführung aller wesent­lichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Wird die Anführung eines wesentlichen Tatbestandselementes im Spruch unterlassen, kann dies auch nicht durch eine entsprechende Bescheidbegründung ersetzt werden (vgl. unter vielen VwGH 24.4.2015, 2011/17/0201). Er hat so gefasst zu sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann (VwGH 23.4.2013, 2010/09/0005). Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungs­vorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden (VwGH 24.4.2015, 2013/17/0400 mit Hinweis auf VwGH  18.10.2007, 2005/09/0126, mwN).

Abschließend sei bemerkt, dass letztlich vor dem Hintergrund des gesetzlichen Gebotes der Abschussplanerfüllung die gegenständliche Schussabgabe auf dieses  frei auf der Wiese stehende Rehkitz eine durchaus sachliche Grundlage findet. Dies als nicht weidgerecht sehen zu wollen, wäre mit Blick auf ein diesbezüglich stets bestehendes Gebot zum Handeln wohl verfehlt, weil Untätigkeit und eine am Ende der Schusszeit daraus resultierende Mindererfüllung der Abschussplanziele  dem Jagdausübungsberechtigten letztlich als sanktionswürdiges jagdfachliches Manko zur Last fallen würde.  Von einer unterbliebenen Nachsuche kann ange­sichts des offenkundigen Fehlschusses nicht ausgegangen werden.

Damit sei aufgezeigt, dass der Beschwerdeführer in diesem Fall als Jagd­verantwortlicher im Ergreifen der Gelegenheit, ein auf der Wiese stehendes Rehkitz im Rahmen des Herbstrehabschusses zu nutzen versuchte,  grundsätzlich aus jagdpraktischer Sicht durchaus pflichtgemäß gehandelt hat.

Das dem Beschwerdeführer im Spruch zur Last gelegte Verhalten erwies sich letztlich nicht als Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit.

Der Strafausspruch war demnach aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr.  B l e i e r