LVwG-650484/4/MS/MP
Linz, 20.10.2015
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von M. D., L., S., vertreten durch H. Rechtsanwälte, G., B., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 01.06.2015, VerkR21-6-2015, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit dem als Bescheid bezeichneten Schriftstück der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 1. Juni 2015, GZ: VerkR21-6-2015, wurde dem Beschwerdeführer folgender Spruch übermittelt:
„1. Gemäß § 24 Absatz 4 Führerscheingesetz 1997, werden Sie zum Zwecke der Beurteilung Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aufgefordert, binnen 2 Wochen, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme zu erbringen.
2. Einer allfälligen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz aberkannt.“
Am Ende des Schriftstückes findet sich folgende Fertigungsklausel:
„Für den Bezirkshauptmann:
L“
Handschriftlich ist im Leerraum zwischen den beiden letzten Zeilen ein Gebilde angebracht, welches keinerlei Ähnlichkeit mit einem Buchstaben des lateinischen bzw. deutschen Alphabetes, geschweige denn mit dem in Druckschrift angebrachten Namen aufweist. Eine buchstabenmäßige Zuordnung ist nicht möglich.
Gegen diesen „Bescheid“, der dem Beschwerdeführer am 5. Juni 2015 durch ordnungsgemäße Hinterlegung zugestellt worden ist, hat dieser mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 26. Juni 2015 (eingelangt am 29. Juni 2015) und somit rechtzeitig Beschwerde erhoben.
Mit Schreiben vom 22. September 2015 (!) legte die belangte Behörde die ggst. Berufung unter Anschluss des Verfahrensaktes dem Oö. Landesverwaltungs-gericht zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.
Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichterin.
II. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.
Von der (beantragten) Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist.
III. Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG sieht „gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde" das Rechtsmittel der Beschwerde vor. Im gegenständlichen Verfahren ist jedoch nicht davon auszugehen, dass ein Bescheid und damit ein für ein Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ausreichender Beschwerdegegenstand vorliegt.
Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
Gemäß § 18 Abs. 3 AVG erfolgt die Genehmigung einer schriftlichen Erledigung somit grundsätzlich durch die - eigenhändige (vgl. VwGH 15.12.2010, 2009/12/0195) - Unterschrift des Genehmigungsberechtigten. Wo auf dem Original die Unterschrift des Genehmigenden platziert ist, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ohne Belang (vgl. VwGH 13.12.2000, 98/04/0148).
Nach § 18 Abs. 4 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.
§ 18 Abs. 4 dritter Satz AVG regelt die Fertigung „sonstiger Ausfertigungen“. Damit sind Ausfertigungen gemeint, welche nicht unter seinen zweiten Satz fallen, d.h. weder in Form von elektronischen Dokumenten erfolgen noch als Ausdrucke von elektronischen Dokumenten mit Amtssignatur oder Kopien davon ergehen, also konventionelle (traditionelle) Papierausfertigungen.
Solche Ausfertigungen „haben“ nach seinem ersten Halbsatz die eigenhändige Unterschrift des Genehmigenden i.S.d. § 18 Abs. 3 und 4 AVG zu enthalten. Das Fehlen der Unterschrift bewirkt die absolute Nichtigkeit der Ausfertigung der Erledigung (vgl auch VwSlg 6856 A/1966; 13.10.1994, 93/09/0302; VfSlg 12.139/1989), sofern diese nicht in anderer zulässiger Form gefertigt ist VfSlg 14.857/1997; 15.697/1999).
IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschrift ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, diesen Namen noch herauslesen kann; es ist also nicht erforderlich, dass die Unterschrift „lesbar" ist, jedoch muss es sich um einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden, individuellen Schriftzug handeln, der entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt (VwGH 22.3.1991, 86/18/0213; 6.4.1996, 91/10/0009; 28.4.2008, 2007/12/0168).
Anhand dieser Kriterien sind jene Fälle zu beurteilen, in denen die Anzahl der Schriftzeichen der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entspricht (zur grundsätzlichen Vereinbarkeit mit dem Begriff der Unterschrift siehe VwGH 4.9.2000, 98/10/0013; 27.9.2005, 2004/06/0217), sondern das Schriftstück etwa lediglich ein „Namenskürzel" aufweist (vgl. VwGH 28.4.2008, 2007/12/0168; die Qualität einer „Paraphe" als Unterschrift [pauschal] verneinend VwGH 4.9.2000, 98/10/0013).
Die im von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt enthaltene Urschrift des in Rede stehenden „Bescheides“ weist - wie in Punkt I dargelegt - lediglich ein Gebilde auf, welches keinerlei Ähnlichkeit mit einem (lesbaren) Buchstaben des lateinischen bzw. deutschen Alphabetes besitzt. Bestenfalls könnte man von einer Paraphe, also einem auf einzelne Zeichen (Initialen) verkürztes Namenszeichen ausgehen. Solch ein Kürzel weist jedoch - wie der dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu entnehmen ist - nicht genug Merkmale auf, um als sicheres Authentifizierungsmerkmal dienen zu können.
Die gegenständliche Ausfertigung weist keine Original-Unterschrift des genehmigenden Organs der belangten Behörde auf und es kommt ihr daher keine Bescheidqualität zu. Von einer eigenhändigen Unterschrift des Genehmigenden wird daher im vorliegenden Fall nicht ausgegangen.
Vor dem Hintergrund der dargelegten Überlegungen ist somit davon auszugehen, dass es dem Schreiben am konstitutiven Merkmal der Unterschrift des tätig werdenden Organwalters der Behörde mangelt und es damit nicht existent geworden ist. Ein tauglicher Beschwerdegegenstand für ein verwaltungs-gerichtliches Verfahren ist daher nicht gegeben, weshalb die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.
Abschließend sei angemerkt, dass aus dem Akt keinerlei Hinweise auf die amtsärztliche Untersuchung vom 16.02.2015 erkennbar sind. Im Konkreten kann der Begründung des bekämpften Bescheides nicht entnommen werden, worin die begründeten Bedenken gelegen sind, aus der abgeleitet wurde, dass die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben sein könnte.
Des Weiteren wird festgehalten, dass in der Begründung zu Spruchpunkt 2 (aufschiebende Wirkung) keinerlei Ausführungen enthalten sind.
Im Übrigen sei festzuhalten, dass das Zitieren von Gesetzesvorschriften und verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen keine ausreichende Begründung darstellt.
V. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da die gegenständliche Entscheidung der zitierten und nicht uneinheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Unterschrift von Erledigungen vollinhaltlich entspricht.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von
240 Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Monika Süß