LVwG-450011/3/MK
Linz, 15.10.2015
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Vorstellung (Beschwerde) der D M GmbH, vertreten durch die K P T GmbH, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 21.10.2011, GZ. 0042690/2011 FSA/a,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 279 Abs.1 BAO wird der Beschwerde stattgegeben, und der Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 21.10.2011, GZ. 0042690/2011 FSA/a, aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt bzw. zum bisherigen Verfahrensablauf ist Folgendes festzuhalten:
Den Gegenstand dieses Verfahrens bildet die Gewährung und Auszahlung einer Abfertigung in der Höhe von 246.000,- Euro seitens der D M G, (in der Folge: Bf) an den mittels Dienstvertrag vom 24.04.2006 beschäftigten DI Dr. C A B auf der Grundlage einer Aufhebungsvereinbarung per 31.12.2007.
I.1. Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 06.07.2011, GZ. 0009037/2006 FSA/Bereich Gewerbliche Abgaben, wurde der Bf, für das Jahr 2007 eine Nachzahlung der Kommunalsteuer (einschließlich eines Säumniszuschlages im Ausmaß von 2%) in der Höhe von 11.688,04 Euro vorgeschrieben.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Bf im betreffenden Abgabezeitraum im unternehmerischen Bereich tätig gewesen sei und [Anm.: durch die oben angeführte Abfertigung] Bezüge bzw. sonstige kommunalsteuerpflichtige Leistungen an die ihr zuzuordnenden Dienstnehmer der L Betriebsstätte bzw. in dem der Hebeberechtigung der Stadt L zuzurechnenden Teil der Betriebsstätte erbracht hätte. Unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlagen nach § 5 iVm § 9 Kommunalsteuergesetz und unter Anwendung eines 3 %-igen Steuersatzes wäre der im Spruch genannte Kommunalsteuerbetrag bescheidmäßig festzusetzen gewesen; daraus habe sich auch die bescheidmäßig festgesetzte Nachforderung ergeben. Hinsichtlich der Berechnung des Nachforderungsbetrages würde auf den GPLA-Prüfbericht verwiesen.
I.2. Gegen diesen Bescheid richtete sich die Berufung der Bf vom 29.07.2011, in der – nach detaillierter Darlegung der Sachlage bzw. Rechtsansicht der Bf – zusammengefasst festgehalten wird, dass es sich im vorliegenden Fall unstrittig um eine freiwillige Abfertigung, wie sie im § 67 Abs.6 EStG angeführt und nach der dazu ergangenen Judikatur zu verstehen sei. Die in Rede stehende Abfertigung sei Herrn Dr. B im Hinblick auf die verdienstvolle Tätigkeit zur Gewährung einer Übergangsversorgung zuerkannt worden. Sie stelle daher insbesondere keinen der im § 67 Abs.8 EStG genannten Bezüge (auch keine Kündigungsentschädigung oder eine Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistung iSd § 67 Abs.8 lit.b EStG), sondern eine „klassische“ beendigungskausale Zahlung iSd § 67 Abs.6 EStG dar. Da es sich um einen dort genannten Bezug handle, müsse die freiwillige Abfertigung gemäß § 5 Abs.4 lit.b KommStG unabhängig davon, ob diese Abfertigung lohnsteuerbegünstigt sei oder nicht, kommunalsteuerfrei sein.
Es würde daher beantragt, den angeführten Bescheid im Hinblick auf die unrechtmäßig vorgeschriebene Kommunalsteuer aufzuheben.
I.3. Mit Berufungsbescheid des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 21.10.2011, GZ. 0042690/2011 FSA/a, wurde der Berufung keine Folge gegeben und die nachzuzahlende Kommunalsteuer im Ausmaß des erstinstanzlichen Bescheides vorgeschrieben. Begründend wurde dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
I.4. Mit Schriftsatz vom 08.11.2011 brachte die Bf Vorstellung gegen den Berufungsbescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz ein und begründete dies zusammengefasst wie folgt:
Es würde daher neuerlich beantragt, den angeführten Bescheid im Hinblick auf die unrechtmäßig vorgeschriebene Kommunalsteuer aufzuheben.
I.5. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 14.11.2011 wurde die Vorstellung der Aufsichtsbehörde vorgelegt und von dieser – nach Rücksprache mit den Verfahrensparteien – mit Schreiben vom 01.08.2012 bis zum Abschluss eines beim VwGH anhängigen und in der Sache klärende Aspekte beinhaltenden Verfahrens faktisch ausgesetzt.
I.6. Am 08.01.2014 wurde der gegenständliche Verfahrensakt von der Aufsichtsbehörde zuständigkeitshalber an das Landesverwaltungsgericht übermittelt.
I.7. Um auf der Basis dieses Verfahrensstandes den Eintritt von Verjährungsfolgen zu vermeiden, wurde der aktuelle Verfahrensstand des obzitierten Verfahrens vor dem VwGH recherchiert und festgestellt, dass dieses bereits mit Beschluss vom 20.09.2010 – also schon vor der Vereinbarung des Zuwartens – infolge der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages eingestellt wurde. Es ist daher umgehend in der Sache zu entscheiden.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf dessen Grundlage konnten weitere Ermittlungsschritte unterbleiben, da keine weitere Klärung des in diesem Verfahren gegenständlichen Sachverhaltes zu erwarten war. Es waren diesbezüglich ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.
III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:
III.1. In der Sache:
Gemäß § 5 [Anm.: „Bemessungsgrundlage“] Abs.2 Kommunalsteuergesetz 1993 gehören zur Bemessungsgrundlage nicht:
[…]
b) die im § 67 Abs.3 und 6 des Einkommenssteuergesetzes 1988 genannten Bezüge;
[…]
Nach § 67 [Anm.: „sonstige Bezüge“] Abs.6 sind sonstige Bezüge, die bei oder nach der Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen, ausgenommen den BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen und Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume) nach Maßgabe folgender Bestimmungen mit dem Steuersatz von 6 % zu versteuern;
[…]
III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:
§ 279 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl.Nr.194/1961 idgF bestimmt Folgendes:
Abs.1: Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Abs.2: Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
Abs.3: Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs.1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
IV. Das Landesverwaltungsgericht OÖ. hat erwogen:
IV.1. Im Kern ist die Divergenz der widerstreitenden Rechtsansichten dahingehend zusammenzufassen, dass die Bf die Kommunalsteuerbefreiung allein in der Erfüllung des Begriffes der „sonstigen Bezüge“ iSd EStG sieht, die belangte Behörde hingegen darüber hinaus das Erfordernis der tatsächlichen, die definierten einkommenssteuerrechtlichen Begünstigungen konsumierenden Versteuerung der genannten Bezüge.
Der letztgenannten Sichtweise vermochte sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11.05.2005, 2002/13/0017, allerdings angesichts des Wortlautes der Befreiungsbestimmung nicht anzuschließen. Der Umstand einer tatsächlichen Versteuerung steht der Verwirklichung des Befreiungstatbestandes des § 5 Abs.2 lit.b KommStG 1993 nicht entgegen.
In einem ähnlich gelagerten Fall (vgl. VwGH vom 22.09.2005, 2001/14/0034) sah sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, von dieser Rechtsansicht abzugehen, da § 5 Abs.2 lit.b KommStG 1993 eine Einschränkung auf die in § 67 Abs.6 EStG 1988 genannten Bezüge – nur insoweit sie steuerbegünstigt sind – nicht enthält.
Mit anderen Worten: der Befreiungstatbestand des § 5 Abs.2 lit.b KommStG 1993 erschöpft sich in der Definition eines Bezuges. Der darüber hinausgehenden steuerrechtlichen Beurteilung bzw. Behandlung kommt keine Bedeutung zu.
V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass auf Grund der Qualifikation der verfahrensgegenständlichen Abfertigungszahlung als „sonstiger Bezug“ iSd § 67 Abs.6 EStG 1988 der Befreiungstatbestand des § 5 Abs.2 lit.b KommStG 1993 vorliegt. Die Vorschreibung einer Nachforderung lässt sich auf dieser gesetzlichen Basis nicht begründen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Markus Kitzberger
Hinweis:
Dieses Dokument wurde amtssigniert. Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur und des Ausdrucks finden Sie unter: „https://www.lvwg-ooe.gv.at/Das Gericht/Amtssignatur des OÖ. LVWG“.