LVwG-450089/2/Gf/Mu
Linz, 16.10.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K !
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde der M-V F, vertreten durch W W O, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Linz vom 2. September 2015, Zl. 0003626/2015-RM-Abg, wegen Festsetzung eines Haftungsbetrages nach dem Kommunalsteuergesetz
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen; unter einem wird festgestellt, dass sich die im Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 12. Dezember 2014, Zl. 0050643/2014, normierte Haftungssumme von 963,35 Euro als zutreffend erweist.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Verfahren vor der Verwaltungsbehörde
1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 12. Dezember 2014, Zl. 0050643/2014, wurden die Beschwerdeführerin und deren Gatte „zur Haftung zur ungeteilten Hand für jene Abgabenverbindlichkeiten“ ihrer GmbH herangezogen, die im Zeitraum von Februar 2014 bis Juni 2014 in einer Höhe von 963,35 Euro entstanden sind, sowie zusätzlich dazu verpflichtet, den Betrag binnen eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides zur Einzahlung zu bringen.
Begründend wurde dazu ausgeführt, dass ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über die verfahrensgegenständliche GmbH mit Beschluss des LG Linz vom 5. August 2014 mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden sei. Daher sei von der Uneinbringlichkeit der Kommunalsteuerschuld bei der GmbH auszugehen. Weil die Rechtsmittelwerberin im fraglichen Zeitraum handelsrechtliche Geschäftsführerin dieser GmbH gewesen sei, hätte sie dafür Sorge zu tragen gehabt, dass die fälligen Abgaben aus deren Mitteln entrichtet werden. Mangels qualifizierter Darlegung der Beschwerdeführerin, weshalb ihr die Erfüllung dieser Pflicht unmöglich gewesen sei, habe nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 10. September 1998, 96/15/0053) eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfen, sodass die Voraussetzungen für eine subsidiären Haftungsheranziehung der Rechtsmittelwerberin vorliegen würden.
In Handhabung des freien Ermessens sei sohin ein Betrag von 963,35 Euro geltend zu machen gewesen.
2. Gegen diesen ihr am 17. Dezember 2014 zugestellten Bescheid hat die Beschwerdeführerin am 8. Jänner 2015 – und damit fristgerecht – Berufung erhoben und beantragt, die Kommunalsteuer mit 0,− Euro festzusetzen.
In der Sache brachte sie vor, dass ihr am Vermögensverfall der verfahrensgegenständlichen, Anfang 2014 gegründeten GmbH keinerlei Verschulden treffe. Denn die Umsätze des Gastronomiebetriebes hätten zunächst durchaus den Erwartungen entsprochen, obwohl die Stammgäste des Lokals infolge eines Personalwechsels erst langsam wieder zurückgekehrt seien. Allerdings habe ihr Geschäftsführer im Monat Jänner die Tageslosungen veruntreut und zudem sei kurz darauf ein Einbruchdiebstahl vorgenommen worden, der einen Gesamtschaden von 12.000 Euro und zudem kostenaufwändige Reparaturarbeiten verursacht habe. Auf Grund eines Rechtstreits mit dem Hauseigentümer habe jener in der Folge den Mietvertrag gekündigt und umgehend die Schlösser ausgetauscht, sodass der Gastronomiebetrieb faktisch stillgestanden sei, weshalb die Rechtsmittelwerberin schließlich einen Konkursantrag habe stellen müssen.
3. Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Linz vom 2. September 2015, Zl. 0003626/2015-RM-Abg, wurde dieser Berufung insoweit stattgegeben, als der Haftungsbetrag auf 602,24 Euro herabgesetzt wurde.
Begründend wurde dazu – über die Argumentation im erstinstanzlichen Bescheid hinausgehend – ausgeführt, dass der Kommunalsteuerrückstand für die Monate Februar bis Juni 2014 laut Dienstgeber-Lohnkonto insgesamt 963,36 Euro (inklusive Säumniszuschlag und Mahngebühren) betragen habe. Da das Insolvenzverfahren erst am 5. August 2014 eröffnet worden sei, habe die Abgabenbehörde davon ausgehen müssen, dass die GmbH bis zu diesem Zeitpunkt andere betriebsspezifische Zahlungen geleistet und dadurch die Kommunalsteuerforderungen benachteiligt worden seien. In Ausübung des der Behörde zukommenden Ermessenes sei jedoch der Haftungsbetrag um ein Drittel zu reduzieren gewesen.
4. Gegen diesen ihr am 4. September 2015 zugestellten Bescheid hat die Rechtsmittelwerberin am 23. September 2015 – und damit rechtzeitig – eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erhoben, in der das Berufungsvorbringen vom 8. Jänner 2015 wiederholt und somit neuerlich beantragt wird, die Kommunalsteuer mit 0,− Euro festzusetzen.
5. Der Bürgermeister der Stadt Linz hat dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 den Bezug habenden Akt vorgelegt.
II.
Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung
durch das Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 0003626/2015-RM-Abg; von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte angesichts des Umstandes, dass der entscheidungswesentliche, oben unter I. dargestellte Sachverhalt zwischen den Verfahrensparteien nicht strittig ist, mit den vorliegenden Beschwerden lediglich Rechtsfragen geltend gemacht werden und ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, abgesehen werden (vgl. auch VwGH vom 5. März 2013, Zl. 2013/05/0131, unter Hinweis auf die jüngste Rechtsprechung des EGMR).
III.
Rechtliche Beurteilung
In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich über die gegenständliche Beschwerde erwogen:
1.1. Gemäß § 1 des Kommunalsteuergesetzes, BGBl 819/1993 i.d.g.F. BGBl I 76/2011 (im Folgenden: KommStG), unterliegen jene Arbeitslöhne, die jeweils den Dienstnehmern einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt wurden, der Kommunalsteuer.
Die Bemessungsgrundlage für diese Abgabe bildet nach § 5 Abs. 1 erster Satz KommStG die Summe dieser Arbeitslöhne, und zwar ungeachtet dessen, ob die Löhne bei deren Empfängern der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegen.
Gemäß § 11 Abs. 1 KommStG entsteht die Steuerschuld mit Ablauf des Kalendermonates, in dem Lohnzahlungen gewährt worden sind. Die Kommunalsteuer ist nach § 11 Abs. 2 KommStG vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und jeweils bis zum 15. Tag des darauffolgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten. Erweist sich diese Selbstberechnung als unrichtig oder wird die selbstberechnete Kommunalsteuer nicht oder nicht vollständig entrichtet, so hat die Gemeinde gemäß § 11 Abs. 3 KommStG einen Kommunalsteuerbescheid zu erlassen.
Nach § 11 Abs. 3 i.V.m. § 12 KommStG verkörpert die bescheidmäßige Einhebung der Kommunalsteuer eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde.
1.2. Nach § 80 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung, BGBl 194/1961 i.d.g.F. BGBl I 118/2015 (im Folgenden: BAO), haben u.a. die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Organe alle jene Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen; insbesondere haben die Vertreter dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG haften u.a. die in § 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.
Nach § 224 Abs. 1 BAO ist eine in einer Abgabenvorschrift geregelte persönliche Haftung im Wege der Erlassung eines Haftungsbescheides geltend zu machen; in einem solchen Bescheid ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
2. Im vorliegenden Fall wird weder das Bestehen der Abgabenforderungen noch in Zweifel gezogen, dass diese von Februar 2014 bis einschließlich Juni 2014 Dienstnehmerforderungen erfüllt – d.h. Lohnzahlungen vorgenommen –, jedoch keine Kommunalsteuer entrichtet und damit gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger des Unternehmens verstoßen hat.
Vielmehr ist zwischen den Parteien des Verfahrens die Frage strittig, ob die Kommunalsteuer hier infolge schuldhafter Verletzung der der Rechtsmittelwerberin auferlegten Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Abgabe aus den Mitteln, die sie verwaltete, entrichtet wird, nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden konnte.
2.1. Als Geschäftsführerin einer GmbH und somit als Gewerbetreibende traf der Beschwerdeführerin nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Pflicht, sich mit den für ihren Unternehmensbereich einschlägigen Abgabenvorschriften vertraut zu machen (vgl. z.B. VwGH vom 22. Oktober 2002, 2001/14/0025); dies gilt, wenn sich diese – wie im gegenständlichen Fall – in steuerrechtlichen Angelegenheiten eines Wirtschaftstreuhänders bedient, umso mehr für ihren Vertreter.
Davon ausgehend musste ihr sohin schon im Zeitpunkt der Auszahlung von Löhnen, die nach den im Akt enthaltenen Unterlagen (Kassabuch und Verrechnungskonten) jedenfalls auch im Zeitraum zwischen Februar 2014 und Juni 2014 erfolgte, bekannt sein, dass spätestens am 15. Tag des jeweiligen Folgemonats die für den Vormonat fällige Kommunalsteuer einer Selbstbemessungsabgabe zu entrichten ist.
Indem sie weder die Entrichtung dieser Abgabe vorgenommen und zudem in diesem Zeitraum auch keinerlei Gründe dafür vorgebracht hat, weshalb sie einerseits die Löhne jeweils in voller Höhe ausbezahlt, andererseits aber überhaupt keine Kommunalsteuer abgeführt hat, liegt darin aber jedenfalls ein von ihr zu verantwortender Verstoß gegen die Gleichbehandlungspflicht, der dazu führte, dass die Abgabenbehörde begründet davon ausgehen konnte, dass die fällige Abgabe bei der verfahrensgegenständlichen GmbH nicht ohne Schwierigkeiten einzubringen sein wird (vgl. dazu die bereits im angefochtenen Bescheid angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere VwGH vom 30. Jänner 2014, 2013/16/0299, vom 17. Dezember 2002, 2002/17/0151, und vom 29. April 2010, 2008/15/0085).
Somit lagen hier zweifelsfrei auch die Voraussetzungen für die Begründung einer Haftung der Rechtsmittelwerberin gemäß § 80 Abs. 1 BAO vor (vgl. VwGH vom 28. Februar 2014, 2012/16/0180), sodass sich der angefochtene Bescheid insoweit auch nicht als rechtswidrig erweist.
2.2. Hinsichtlich der Höhe des bescheidmäßig vorgeschriebenen Haftungsbetrages kann weder dem KommStG noch der BAO entnommen werden, dass es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung der Behörde handeln würde; eine solche Handlungsalternative besteht vielmehr nur hinsichtlich der Frage, ob eine derartige subsidiäre Heranziehung des Vertretungsbefugten einer juristischen Person überhaupt vorgenommen werden soll.
Daran, dass sowohl die Erst- als auch die Berufungsbehörde mit dem angefochtenen Bescheid eine Geltendmachung der Haftung der Beschwerdeführerin verfügen wollte, kann objektiv besehen kein Zweifel bestehen. Davon ausgehend hätte aber die Berufungsbehörde – mangels entsprechenden Ermessens – nicht bloß einen Teil, sondern den gesamten Betrag der offenen Kommunalsteuerschuld vorzuschreiben gehabt.
2.3. Weil dem System der BAO ein Verbot der „reformatio in peius“ – also eine Abänderung des angefochtenen Bescheides zu Ungunsten des Einschreiters selbst dann, wenn das Rechtsmittel von diesem erhoben wurde – fremd ist (vgl. z.B. VwGH vom 4. September 1992, 88/13/0242), war dieser Rechtsirrtum im Zuge des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich von Amts wegen entsprechend zu sanieren.
3.1. Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Beschwerde gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen sowie unter einem festzustellen, dass sich die im Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 12. Dezember 2014, Zl. 0050643/2014, normierte Haftungssumme von 963,35 Euro als zutreffend erweist.
3.2. Ungeachtet dessen bleibt es freilich sowohl der belangten Behörde als auch der Beschwerdeführerin unbenommen, gemäß § 235 Abs. 1 BAO eine gänzliche oder bloß teilweise Abschreibung (Löschung, Nachsicht) der verfahrensgegenständlich fällig gewordenen Kommunalsteuer von Amts wegen zu verfügen bzw. nach § 236 Abs. 1 BAO einen dementsprechenden Antrag zu stellen.
IV.
Revision an den Verwaltungsgerichtshof
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal hierzu – wie unter III.2. aufgezeigt – eine höchstgerichtliche Judikatur weder fehlt noch von dieser abgewichen wurde.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.
Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich
Dr. G r o f