LVwG-300630/9/Re/Rd
Linz, 08.10.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Werner Reichenberger über die auf das Strafausmaß beschränkte Beschwerde der Frau G. K., vertreten durch K. Rechtsanwälte OG, P., W., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. Jänner 2015, GZ: 0048863/2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitsruhegesetz,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 46 Stunden herabgesetzt werden.
II. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren wird mit 30 Euro (10% der nunmehr festgesetzten Geldstrafe) bestimmt. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. Jänner 2015, GZ: 0048863/2013, wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 27 Abs. 1 iVm § 22f Abs. 3 ARG iVm Punkt VI C.a) des Kollektivvertrages für Angestellte und Lehrlinge in Handelsbetrieben vom 5.12.2012 eine Geldstrafe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 77 Stunden, verhängt.
Nachstehender Tatvorwurf wurde der Beschwerdeführerin im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt:
„Die Beschuldigte, Frau G. K., geb. am x, whft. In L., F., hat folgende Verwaltungsübertretungen als gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG für die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften in der Filiale x in L. bestellte verantwortliche Beauftragte der M. Warenhandels-AG (x), mit Sitz in W., zu vertreten:
Die M. Warenhandels-Aktiengesellschaft hat – wie aus deren Arbeitszeitaufzeichnungen hervorgeht – nachstehend angeführten im Kassabereich tätigen Arbeitnehmer an mehreren Samstagen hintereinander nach 13:00 Uhr in der Arbeitsstätte bzw. Filiale in L., W. ( M.-Markt) wie folgt beschäftigt:
H. S..:
Am Samstag, 6. Juli 2013: von 8:00 bis 12:00 Uhr und von 13:00 bis 18:30 Uhr
Am Samstag, 13. Juli 2013: von 8:00 bis 12:00 Uhr und von 13:00 bis 18:30 Uhr
Am Samstag, 20. Juli 2013: von 9:30 bis 12:00 Uhr und von 13:00 bis 18:30 Uhr
Am Samstag, 27. Juli 2013: von 9:30 bis 12:00 Uhr und von 13:00 bis 18:30 Uhr
Am Samstag, 3. Aug. 2013: von 9:00 bis 12:00 Uhr und von 13:30 bis 18:30 Uhr
Am Samstag, 10. Aug. 2013: von 9:00 bis 12:00 Uhr und von 13:00 bis 18:00 Uhr
Am Samstag, 31. Aug. 2013: von 9:30 bis 12:00 Uhr und von 13:00 bis 18:30 Uhr
Der genannte Arbeitnehmer wurde somit in einem Zeitraum von neun aufeinanderfolgenden Wochen an 7 Samstagen nach 13:00 Uhr beschäftigt, obwohl bei Beschäftigung an zwei Samstagen nach 13:00 Uhr innerhalb eines Zeitraumes von 4 Wochen die übrigen Samstage dieses Zeitraums arbeitsfrei zu bleiben haben.
Dadurch wurde infolge der Beschäftigung dieses Arbeitnehmers zu den genannten Zeiten das Arbeitsruhegesetz (§ 22f Abs. 3 ARG) in Verbindung mit Pkt. VI.C.a) des Kollektivvertrages für Handelsangestellte vom 5.12.2012 übertreten, wonach bei Beschäftigung an zwei Samstagen innerhalb eines Zeitraumes von 4 Wochen die übrigen Samstage dieses Zeitraumes arbeitsfrei zu bleiben haben; selbst bei Zusammenstoßen von 2 aufeinanderfolgenden Durchrechnungsräumen liegen daher die o.a. Übertretungen vor.“
2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von der Verhängung der Strafe und der Ausspruch einer Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe auf die Mindeststrafe, beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Entscheidung der belangten Behörde aufgrund einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung und durch Verletzung des Rechts auf Parteiengehör mit wesentlichen Verfahrensmängeln behaftet sei. Zur Frage des Verschuldens wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin den Mitarbeitern der Filiale in L., W., mehrmals Anweisungen erteilt habe, insbesondere auf die Bestimmungen des ARG zu achten. Diese Anweisungen seien regelmäßig kontrolliert und Sanktionen (Abmahnungen, Geltendmachung von Haftungen bis hin zu dienstrechtlichen Konsequenzen, sogar Entlassungen) angedroht worden, sodass genau jene Maßnahmen ergriffen worden seien, die von der Behörde nach ihrer eigenen Begründung erwartet werden. Es sei jedenfalls ein ausreichendes Kontrollsystem iSd Judikatur des VwGH installiert worden. Die Beschwerdeführerin habe die ihr vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen auch auf Verschuldensebene nicht zu verantworten, weil sie bei der Einhaltung der gegenständlichen Bestimmungen auf die Mitarbeiter der Betriebsanlage angewiesen gewesen sei, damit diese ihre Anweisungen auch bei Abwesenheit der Beschwerdeführerin befolgen. Es sei jedenfalls ein ausreichendes Kontrollsystem iSd Judikatur des VwGH installiert worden.
Weiters seien die Strafbemessungskriterien des § 19 VStG von der belangten Behörde unrichtig gewertet worden, indem keine Milderungsgründe berücksichtigt worden seien und die verhängte Geldstrafe in keinem Verhältnis zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Beschwerdeführer stehen würde.
Mit Eingabe vom 15. September 2015 wurde die Beschwerde auf das Strafausmaß eingeschränkt und gleichzeitig auf die – zunächst beantragte - bereits anberaumte mündliche Verhandlung verzichtet.
3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde am Verfahren beteiligt und äußerte sich mit Stellungnahme vom 20. April 2015 unter Verweis auf die Äußerung vom 29. Dezember 2014 dahingehend, dass die zur Anzeige gebrachten Übertretungen aufgrund einer Kontrolle der anher übermittelten Arbeitszeitaufzeichnungen festgestellt und in der Anzeige ausreichend konkretisiert worden seien. In der Beschwerde werde nunmehr versucht, die Zuständigkeit für die Einhaltung der Bestimmungen des ARG auf die Arbeitnehmer abzuwälzen. Es werde daher die Bestätigung des Straferkenntnisses beantragt.
Aufgrund der Einschränkung der Beschwerde durch die Beschwerdeführerin wurde einer Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß seitens des Arbeitsinspektorates zugestimmt.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.
Gemäß § 44 Abs. 3 Z2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Im Zuge der Einschränkung der Beschwerde auf das Strafausmaß wurde auch gleichzeitig auf die Durchführung der für 17. September 2015 anberaumten mündlichen Verhandlung seitens des Beschwerdeführers ausdrücklich verzichtet. Weder vom Arbeitsinspektorat Linz noch von der belangten Behörde wurde eine Verhandlung beantragt. Es konnte daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
5.1. Zumal das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gemäß § 9 VwGVG an die von der Beschwerdeführerin angegebenen Beschwerdepunkte gebunden ist und gegenständlich nunmehr ausschließlich die Strafbemessung in Beschwerde gezogen wurde, war auf den Tatvorwurf dem Grunde nach nicht einzugehen.
5.2.1. Gemäß § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, und soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Gemäß § 27 Abs. 1 ARG sind Arbeitgeber, die den §§ 3, 4, 5 Abs. 1 und 2, §§ 6, 6a, 7, 8 und 9 Abs. 1 bis 3 und 5 oder den §§ 10 bis 22b, 22c zweiter Satz, 22f sowie 24 bis 25a zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 2.180 Euro zu bestrafen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist.
5.2.2. Der Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes ist darin begründet, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer durch eine ausreichende Erholungsphase gewährleistet sein soll. Durch die Beschäftigung des Arbeitnehmers an sieben Samstagen nach 13.00 Uhr innerhalb eines Zeitraumes von neun Wochen ist davon auszugehen, dass dieses Rechtsgut (ausreichende Erholungszeiten an Samstagen) intensiv beeinträchtigt war.
5.2.3. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von 500 Euro, bei einem Strafrahmen von 72 Euro bis 2.180 Euro, verhängt. Ein Wiederholungsfall liegt gegenständlich nicht vor. Strafmildernde und straferschwerende Umstände wurden nicht gewertet. Mangels Angaben zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin ist die belangte Behörde von einer Schätzung, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen und hat diese der Strafbemessung zugrunde gelegt. Dieser Schätzung wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten, sodass diese auch vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bei seiner Strafbemessung herangezogen werden konnte.
Die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das nunmehrige Ausmaß begründet sich dahingehend, dass der Milderungsgrund der insgesamt doch langen Dauer des Verfahrens zu werten war, zumal von keiner iSd Art.6 Abs. 1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war.
Zudem kam der Beschwerdeführerin der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute. Ein nach der Aktenlage bereits gegenüber der Beschwerdeführerin erlassener Strafbescheid war zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Übertretung nicht rechtskräftig und daher auch nicht zu berücksichtigen (vgl. VwGH vom 26.6.1989, 88/12/0172 u.a.).
Die nunmehr verhängte Geldstrafe erscheint noch tat- und schuldangemessen und auch geeignet, die Beschwerdeführerin künftighin zur Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes zu bewegen. Aufgrund der Anzahl der Beschäftigungstage war aber von einer weitergehenden Reduzierung der Strafhöhe Abstand zu nehmen.
Einer Anwendung des § 20 VStG konnte seitens des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen, insbesondere ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorlagen.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung und Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Durch die allgemein gehaltenen Ausführungen zum Kontrollsystem konnte gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein geringes Verschulden erkannt werden. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ermahnung liegen gegenständlich nicht vor, schon gar nicht jene zur Einstellung des Verfahrens.
6. Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren war spruchgemäß herabzusetzen (§ 64 Abs. 1 und 2 VStG).
II.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Reichenberger