LVwG-850222/13/Bm/AK LVwG-850223/12/Bm/AK

Linz, 06.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier über den Vorlageantrag der Frau G und des Herrn F H, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. x, x, x, gegen die Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 9. September 2014,  GZ: Ge20-35052-3-2014-Goe, betreffend die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen gemäß § 79 GewO 1994 für die Gastgewerbebetriebsanlage der S Bäckerei U KG, T, nach Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. August 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 15 VwGVG wird dem Vorlageantrag insofern Folge gegeben, als die Beschwerde­vorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9. September 2014, GZ: Ge20-35052-3-2014-Goe, behoben wird und Auflagepunkt II./3. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. Juli 2014,
GZ: Ge20-35052-3-2014-Goe, insofern geändert wird, als die Frist mit 29. Februar 2016 festgesetzt wird
.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. Juli 2014,
GZ: Ge20-35052-3-2014-Goe, wurden im Spruchpunkt II. hinsichtlich der gast­ge­werblichen Betriebsanlage der S Bäckerei U KG gemäß § 79 GewO 1994 folgende zusätzliche Auflagen vorgeschrieben:

 

„1. Die Ausblasöffnung der Lüftungsanlage ist auf 3 m über den Dachfirst zu erhöhen.

2. Die Ausblasgeschwindigkeit ist auf 10 m/s zu erhöhen und dies mit einer Messung nachzuweisen.

3. Die Auflagen 1. und 2. sind bis 31. Dezember 2014 nachweislich zu erfüllen und der Behörde anzuzeigen.“

 

Gegen diesen Bescheid hat die S Bäckerei U KG Beschwerde erhoben und darin vorgebracht, die Ausblasöffnung der Lüftungsanlage auf 3 m über Dachfirst könne nicht erhöht werden, da der Abluftstrang in unmittelbarer Nähe zu der Stromzuleitung des Hauses verlaufe und die Verlängerung des Abluft­stranges die blitzschutztechnische Situation wesentlich verändern würde.

 

Aufgrund dieser Beschwerde wurde von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die nunmehr angefochtene Beschwerdevorentscheidung vom 9. September 2014 erlassen und darin Auflagepunkt II./1. wie folgt geändert:

 

„1. Die Höhe der aktuellen Ausblasöffnung ist der Behörde mit folgenden Daten mitzuteilen:

Höhe der Ausblasöffnung in Meter über dem Straßenniveau und die Höhe der Ausblasöffnung über Dachfirst.“

 

2. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung wurde von den Nachbarn G und F H ein Vorlageantrag eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, im erstinstanzlichen Bescheid habe die Erstbehörde in Einklang mit der eingeholten gutachtlichen Stellungnahme vom 21. Jänner 2014 die Erhöhung des Abluftaustrittes auf zumindest 3 m über First des Gebäudes und die Erhö­hung der Mindestaustrittsgeschwindigkeit (10 m/s) vorgeschrieben.

 

In der Beschwerdevorentscheidung werde nunmehr die Auflage der Erhöhung der Ausblasöffnung der Lüftungsanlage abgeändert.

In der Beschwerdevorentscheidung betrachte die Erstbehörde die Auflage der Erhöhung der Ausblasöffnung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht mehr für wirtschaftlich vertretbar und sehe im Ergebnis von dieser Auflage ab. Die Bekanntgabe der Höhe der Ausblasöffnung in Meter über dem Straßenniveau und dem Dachfirst sei keine Auflage und habe auch keine Auswirkungen bei der Hint­anhaltung der Geruchsbelästigung. Es handle sich daher dabei um keine Auflage.

 

Ausgehend von der festgestellten Geruchsbelästigung hätte die Erstbehörde daher zur Hintanhaltung derselben eine andere (wirtschaftlich vertretbare) Auf­lage erteilen müssen. In der gutachtlichen Stellungnahme des Sachverstän­digen sei hier beispielsweise vom Filtereinbau die Rede.

Im Übrigen unterlasse die Behörde eine Ermittlungstätigkeit dahingehend, dass die Erhöhung der Ausblasöffnung der Lüftungsanlage nicht unbedingt in der senk­rechten Verlängerung der bisherigen Ausblasöffnung erfolgen müsse, sondern technisch ohne weiteres und auch ohne besonderen Mehraufwand ent­lang des Daches und dann in die Höhe geleitet werden könne. Denkbar wäre auch eine Erhöhung der Ausblasöffnung, allenfalls in einem geringeren Ausmaß. Die Beschwerdevorentscheidung sei insofern rechtswidrig, als die im Erstbescheid erteilten Auflagen in ihrem Zusammenwirken eine Hintanhaltung der Geruchsbe­lästigung bewirken könnten. Durch die Beschwerdevorentscheidung werde der Auflagenzweck vereitelt, obwohl die Erhöhung der Ausblasöffnung auch unter Berücksichtigung des Einwandes des Betreibers technisch möglich und auch wirt­schaftlich zumutbar sei.

 

3. Die belangte Behörde hat diesen Vorlageantrag dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. August 2015, an der die Antragsteller samt anwaltlicher Vertretung sowie Herr C A als Vertreter der Konsensinhaberin und ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land teilgenommen haben.

Der Verhandlung wurden Amtssachverständige aus den Fachbereichen Luftrein­haltetechnik und Medizin beigezogen.

 

5. Hierüber hat das LVwG erwogen:

 

5.1. Gemäß § 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerde­vorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

 

Nach § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlage­antrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerde­führer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrig­keit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

 

Nach § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hin­reichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen
(§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben.

 

Gemäß § 79a Abs. 1 leg.cit. hat die Behörde ein Verfahren gemäß § 79 Abs. 1 von Amts wegen oder nach Maßgabe des Abs. 2 auf Antrag des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft oder nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag eines Nachbarn einzuleiten.

 

5.2.  Vorweg ist anzuführen, dass infolge eines Vorlageantrages die Beschwerde­vorentscheidung nicht außer Kraft tritt; Beschwerdegegenstand im Bescheid­beschwerdeverfahren vor dem LVwG ist demnach die Beschwerdevorent­scheidung der Behörde.

 

Im gegenständlichen Fall wurde das Verfahren nach § 79 GewO 1994 durch einen Antrag der Nachbarn H, die unzumutbare Geruchsbelästigung vorge­bracht haben, eingeleitet und ein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Im Zuge dieses Verfahrens wurde ein luftreinhaltetechnisches Gutachten eingeholt. In diesem Sachverständigengutachten vom 21. Jänner 2014 wurde unter anderem Folgendes ausgeführt:

 

„... Die Verifizierung von Geruchsbelästigungen gestaltet sich aus technischer Sicht schwierig. Dies kann damit begründet werden, dass zur messtechnischen Erfassung von Emissionen und Immissionen in der Regel aufwändige Erhebungs­schritte erforderlich sind. Daher ist vor Durchführung derartiger Maßnahmen zu prüfen, ob die nach dem Stand der Technik gegebenen Möglichkeiten zur Ver­min­derung der Emissionen ausgeschöpft sind und die Ableitung der Rest­emissionen den Anforderungen technischer Regelwerke (z.B. TA-Luft udgl.) entspricht. ...

... Im konkreten Fall bestehen aus fachlicher Sicht noch Möglichkeiten zur Ver­minderung der Immissionsauswirkungen (entweder bessere Verdünnung der betriebsbedingten Emissionen, z.B. durch die Erhöhung der Austrittsöffnung und Austrittsgeschwindigkeit der Abluft oder/und Verminderung der Emissionen durch technische Maßnahmen zur Emissionsminderung, wie z.B. Abluftnachbehandlung etc.). Diese technischen Maßnahmen sollten vor einer allfälligen weiteren Erhe­bung der Geruchshäufigkeit bzw. -intensität (Emissionsmessung bzw. Immis­sions­erhebung) vorrangig ausgeschöpft werden. ...“

Auf Grundlage dieses Gutachtens wurden der S Bäckerei U KG als Konsensinhaberin von der belangten Behörde im Bescheid vom 10. Juli 2014,
GZ: Ge20-35052-3-2014-Goe, die Auflagen der Erhöhung der Ausblasöffnung der Lüftungsanlage sowie die Erhö­hung der Ausblasgeschwindigkeit vorgeschrieben.

 

Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik sowohl im Gutachten vom 21. Jänner 2014 als auch in der mündlichen Ver­handlung vor dem LVwG entsprechen diese Vorschreibungen dem Stand der Technik für Lüftungsanlagen. Dies ergibt sich aus der techni­schen Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA-Luft 2002.

Demnach hat bei Anlagen, die zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen beitragen, die Ermittlung von Immissionskenngrößen zu unterbleiben, wenn der damit verbundene Aufwand unverhältnismäßig ist. Vielmehr ist bei diesen Anlagen zu prüfen, ob die nach dem Stand der Technik gegebenen Möglichkeiten zur Vermeidung von Umwelteinwirkungen ausgeschöpft sind.

 

Vom Amtssachverständigen wurde nachvollziehbar dargelegt, dass im vorlie­genden Fall die Ermittlung der Geruchsimmissionen ein äußerst komplexes und aufwendiges Verfahren erfordert, weshalb der TA-Luft zufolge vorerst zu prüfen ist, ob sämtliche nach dem Stand der Technik gegebenen Möglichkeiten zur Ver­min­derung der Emissionen ausge­schöpft sind und die Ableitung der Restemis­sionen auch den Anforderungen technischer Regelwerke entspricht.

Im gegenständlichen Fall bedeuten diese dem Stand der Technik entsprechenden Möglichkeiten eben die Erhöhung der Austrittsöffnung und Austrittsgeschwin­digkeit.

 

Soweit von der Konsensinhaberin in der Beschwerde vorgebracht wurde, dass eine solche Erhöhung nicht möglich ist, da die Abluftführung in unmittelbarer Nähe zur Stromzuleitung des Hauses verläuft, ist dem entgegenzuhalten, dass nach den Ausführungen des Amtssachverständigen aus technischer Sicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand die Erhöhung der Abluftführung zur Verminderung der Emissionen auch an der südöstlich gelegenen Dachfirstseite des gegen­ständlichen Hauses vorgenommen werden kann. Dem steht auch die Auflagen­formulierung nicht entgegen. Von der belangten Behörde wurde lediglich vorgeschrieben, die Ausblasöffnung der Lüftungsanlage auf 3 m über Dachfirst zu erhöhen; in welchem Bereich diese Erhöhung vorgenommen wird, um die Auflage einzuhalten, bleibt der Konsensinhaberin über­lassen.

 

Aus den oben angeführten Gründen wurden sohin von der belangten Behörde zu Recht die dem Stand der Technik entsprechenden nachträglichen Auflagen betref­fend die Lüftungsanlage vorgeschrieben und war demgemäß dem Vorlage­antrag der Nachbarn H stattzugeben.

 

 

Zu II.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Michaela Bismaier

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 20. Jänner 2016, Zl.: Ra 2015/04/0103-4