LVwG-800107/2/Re/AK

Linz, 07.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde des K E, L, vom 27. November 2014 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landes­hauptstadt Linz vom 23. Oktober 2014, GZ: 0046183/2014, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.           Gemäß § 50 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 und 3 VStG wird
der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straf­er­kennt­nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine
ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. 1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit dem Straferkenntnis vom 23. Oktober 2014, GZ: 0046183/2014, über Herrn K E, L, eine Geldstrafe in der Höhe von 1.453 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 136 Stunden, verhängt, weil er eine Verwaltungsübertretung dahingehend zu verantworten habe, als im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Polizei, PI Bad Leonfelden, am
21. September 2014 um 05.00 Uhr in G, Landesstraße-Freiland Bundesstraße 125, Straßenkilometer 10.600, Richtung/Kreuzung: Gallneukirchen festgestellt wurde, dass vom Beschuldigten mit dem KFZ S F mit dem polizeilichen Kennzeichen x - im Auftrag der Firma M - Güter, und zwar Zeitungen, nach verschiedenen Zielorten transpor­tiert wurden und somit das freie Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ im Sinne des § 1 Abs. 2 GütbefG 1995 auf eigene Rechnung und Gefahr mit der Absicht, einen regelmäßigen wirtschaft­lichen Ertrag zu erzielen, ausgeübt wurde, ohne im Besitz der dafür erforder­lichen Gewerbeberechtigung zu sein. Weiters wurde dem Beschuldigten die Bezahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 145,30 Euro vorge­schrieben.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der im Spruch angeführte Sachver­halt sei im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Polizei, PI Bad Leonfelden, festge­stellt worden und ihm mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom
30. September 2014 zur Last gelegt und das Verwaltungsstrafverfahren einge­leitet worden. Da sich der Beschuldigte zum Tatvorwurf in der eingeräumten Frist nicht gerechtfertigt habe, sei der dargestellte Sachverhalt aufgrund der Akten­lage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen.

 

Weitere Ermittlungs- und Erhebungsergebnisse liegen nicht vor.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte mit Schriftsatz vom
27. November 2014 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Dies mit der Begründung, er sei Werkvertragspartner des Medienunternehmens „M Z- und Z GmbH & Co KG“ und als solcher mit der Haus­zustellung von K Z und K beauftragt. Er erhalte leistungsabhän­giges Entgelt, nämlich pro erfolgreich zugestellte Zeitung. Bei der Auftragsaus­führung setze er das angeführte KFZ mit dem Kennzeichen x ein und sei hierfür keine Gewerbeberechtigung nach dem Güterbeförderungsgesetz erfor­derlich. Dies, da die Tätigkeit als Zustellpartner eines Medienunternehmens von der Ausnahme des § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 erfasst sei. Nach dieser Bestim­mung sei die Gewerbeordnung auf die Herausgabe, das Herstellen und das Ver­breiten periodischer Druckwerke durch das Medienunternehmen des Medienin­habers sowie den Kleinverkauf solcher Druckwerke nicht anzuwenden. Aufgrund verfassungskonformer Interpretation der Ausnahmebestimmung würde diese Ausnahme auch für inhaltsferne Hilfsfunktionen von Presseunternehmen und Hilfstätigkeiten (Vertrieb durch Dritte und nicht das Medienunternehmen selbst) gelten. Die Hauszustellung sei jedenfalls vom Ausnahmetatbestand der „Verbrei­tung“ von Presseerzeugnissen umfasst. Gleichzeitig vorgelegt werden Kopien des zwischen dem Beschwerdeführer und der M Z- und Z GmbH & Co KG, W, abgeschlossenen Werksvertrages betreffend Abonnenten­betreu­ung sowie der von beiden Vertragsteilen unterfertigten Auffor­derung gemäß § 26 Abs. 6 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) und der unterfertigten Erklärung, dass bei der Ausführung der beauftragten Werkleis­tungen keine Ausländer im Sinne des AuslBG beschäftigt werden. Weiters wird auf die Entscheidung des UVS Niederösterreich vom 27. November 2008, GZ: Senat KR-07-0027, sowie des Magistrates der Stadt Wien, GZ: MBA 09-S-13811/13 und MBA 09-S-46838/13, verwiesen.

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem zugrundeliegenden Verfahrensakt dem Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich zur Rechtsmittelentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Beschwerdevor­bringen abgegeben.

 

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich durch Einzel­richter ergibt sich aus den §§ 2 und 3 VwGVG.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Ein­sichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu GZ: 0046183/2014.

 

Im Grunde des § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat von folgendem verfah­rens­relevanten Sachverhalt auszugehen:

 

Der Beschwerdeführer übernimmt laut Werksvertrag mit der M Z- und Z GmbH & Co KG u.a. Zeitungen im Rahmen der Abonnentenbetreuung und übernimmt die Hauszustellung in den vereinbarten Gebieten an den vereinbarten Zustelltagen. Der Beschwerdeführer ist nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung, dies ergibt sich aus dem Verfahrensakt, insbe­sondere den Aussagen des Beschwerdeführers. Ebenfalls aus dem Verfah­rensakt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer ein Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht unter 3.500 kg besitzt. Als konkrete Tätigkeit erfolgt durch den Beschwerdeführer die Zustellung der Produkte grundsätzlich am gleichen Tag (Nachtzustellung Montag bis Samstag bis 06.00 Uhr und Sonn- und Feiertag bis 07.00 Uhr bzw. Tagzustellung bis 11.30 Uhr) an die von den Kunden bzw. vom Auftraggeber jeweils bekanntgegebenen Hinterlegungsplätze (Wohnungstür, Zeitungsrolle, Brief­schlitze oder -kästen).

 

5. In der Sache hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 GewO 1994 gilt dieses Bundesgesetz, soweit nicht die
§§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahmen durch besondere bundesgesetz­liche Vorschriften - auf die Herausgabe, das Herstellen und das Verbreiten perio­discher Druckwerke durch das Medienunternehmen des Medieninhabers sowie den Kleinverkauf solcher Druckwerke nicht anzuwenden.

 

In einem ähnlich gelagerten Fall stellte im Jahr 2008 der Unabhängige Verwal­tungssenat Niederösterreich fest: „Der Begriff des Kleinverkaufes stellt nicht auf den Umfang des Betriebes ab, sondern umfasst unabhängig von der Größe des Unternehmens alle mit dem Verkauf periodischer Druckwerke verbundenen Tätigkeiten. Er grenzt damit nur diese Tätigkeiten gegen den Großhandel, sohin den Vertrieb an Wiederverkäufer, ab. Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z 18 GewO 1994 betrifft aber grundsätzlich auch Personen, die mit dem Heraus­geber nicht ident sind, sondern selbstständig periodische Druckschriften an den Letztverbraucher - wie im vorliegenden Fall - absetzen. Der begriffliche Kern des Ausnahmetatbestandes ‚Kleinverkauf‘ periodischer Druckwerke liegt im Verkauf periodischer Druckschriften, das heißt, im Abschluss und der Abwicklung von Kaufverträgen. Gerade darauf, nämlich auf die Abwicklung von Kaufverträgen, ist die Vorgehensweise des Beschuldigten ausgerichtet und nicht auf eine Transport­tätigkeit. Wie auch in der Berufung ausgeführt, stellt die Ausnahme des Klein­verkaufes periodischer Druckwerke vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung einen Bestandteil der Pressefreiheit in Österreich dar.“

 

Weder in der Anzeige noch im behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahren liegen jegliche Ergebnisse dahingehend vor, dem Beschwerdeführer die Aus­übung des Gewerbes Güterbeförderung ohne Gewerbeberechtigung nachzu­weisen. Auch im gegenständlichen Fall steht nicht der Transport der Zeitungen, sondern deren Verteilung als Vertragserfüllungsinhalt von abgeschlossenen Verkaufs­verträgen in Form von Abonnements im Vordergrund.

Insbesondere auch die dem Strafverfahren zugrundeliegende Anzeige der örtlichen Polizeidienststelle kann verwaltungsstrafrechtlich wirksam den inhalt­lichen Vorwurf des unbefugten Ausübens des Güterbeförderungsgewerbes nicht nachweisen. Dem Tatvorwurf ist insbesondere nicht zu entnehmen, ob der Beschwerdeführer - wie im Werksvertrag normiert - lediglich Zeitungs­zustel­lungen in Realisierung von Abonnentenverträgen als Hauszusteller ausübt oder ob er primär einen Transport der Druckschriften, z.B. vom Medienverlag zu den weiteren Verkaufsstellen, wie Trafiken etc., bewerkstelligt hat.

 

Ergänzend hierzu wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach es sich bei der Zustellung von Zeitungen an Abonnenten um einfache, im unmittelbaren Arbeitslauf zu besorgende Tätigkeiten, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis oder zumindest unter arbeitnehmerähnlichen Bedingungen geleistet werden, handelt (VwGH 2011/09/0065 vom 30.7.2013).

 

Insgesamt war der festgestellte bzw. vorliegende Sachverhalt somit nicht geeignet, das Verwal­tungsstrafverfahren mit Bestrafung des Beschuldigten abzu­schließen, sondern war das Straferkenntnis aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage aufzu­heben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger