LVwG-750061/36/Gf/Mu

Linz, 07.09.2015

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

Geschäftszeichen:                                                                                                                                                                                                                                                 Datum:

LVwG-750061/36/Gf/Mu                                                            Linz, 7. September 2015

 

 

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des B Z, vertreten durch die RAe Dr. P L und Dr. M S, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 26. September 2013, Zl. Sich40-42720-2013, mit dem ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen wurde,

 

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

 

 

I. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

 

 

 

I.

 

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 26. September 2013, Zl. Sich40-42720-2013, wurde der vom Rechtsmittelwerber am 16. Mai 2013 gestellte, auf § 47 Abs. 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (im Folgenden: NAG) gestützte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgewiesen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 31. Mai 2008 widerrechtlich in das Bundesgebiet eingereist sei. In der Folge seien sein Asylantrag mit Bescheid des Bundesasylamtes Linz vom 1. September 2008, Zl. 0804753, und seine dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 5. November 2008, Zl. B7-401623-1/2008/2E, jeweils abgewiesen und seine Ausweisung in die Republik Kosovo verfügt worden; die Abschiebung dorthin sei am 28. November 2008 erfolgt.

 

Im November 2011 sei der Rechtsmittelwerber neuerlich illegal in das Bundesgebiet eingereist, am 25. November 2011 allerdings wieder freiwillig in seinen Heimatstaat zurückgekehrt.

 

In der Folge habe er am 16. Mai 2013 in Skopje bei der österreichischen Botschaft einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels – der von der belangten Behörde als quotenpflichtiger Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ i.S.d. § 46 Abs. 1 Z. 2 NAG qualifiziert wurde – gestellt und dabei seine Gattin als Bezugsperson (bzw. als „Zusammenführende“) angegeben. Im Rahmen des daraufhin durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei allerdings von der belangten Behörde festgestellt worden, dass deren verfügbares Monatseinkommen lediglich 1.218,72 Euro betrage. Da dieses um 37,17 Euro unter dem Richtsatz für Ehepaare (§ 239 ASVG: 1.255,89 Euro) liege, sei seine Gattin sohin offenbar nicht dazu in der Lage, sowohl für ihren eigenen als auch für den Unterhalt des Beschwerdeführers aufzukommen, sodass im Ergebnis die begründete Gefahr bestehe, dass der künftige Aufenthalt des Rechtsmittelwerbers in Österreich zu einer finanziellen Belastung für eine Gebietskörperschaft führen könnte, wodurch in weiterer Folge auch das wirtschaftliche Wohl des Staates gefährdet erscheine. Dazu komme noch, dass der Beschwerdeführer durch sein bisheriges Verhalten (zweimalige illegale Einreise; Anzeige wegen § 129 StGB) dokumentiert habe, dass er nicht gewillt sei, die hiesigen fremden- und ordnungsrechtlichen Bestimmungen, die einem eminenten öffentlichen Interesse dienten, zu akzeptieren. Da der Rechtsmittelwerber andererseits mit den Sitten und Gebräuchen seines Heimatstaates vertraut sei, er dort seine Schul- und Berufsausbildung absolviert und sich zeitlebens nahezu ständig im Kosovo aufgehalten habe, sodass anzunehmen sei, dass er dort auch über entsprechende familiäre Bindungen verfüge und sozial gut integriert sei, während dem gegenüber aus der Ehe mit seiner Gattin keine Kinder entstanden seien und er auch keinen Vertrag über ein Arbeitsverhältnis in Österreich vorlegen könne, sei sein Antrag sohin – insbesondere auch im Hinblick darauf, dass entweder seine Gattin ihn jederzeit im Kosovo bzw. auch umgekehrt er (mit einem entsprechenden Visum) seine Gattin in Österreich besuchen könne – abzuweisen gewesen.

 

2. Gegen diesen ihm am 2. Oktober 2013 zugestellten Bescheid hat der Rechtsmittelwerber am 16. Oktober 2013 – und damit rechtzeitig – Berufung erhoben.

 

Darin wurde eingewendet, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sogar wiederholte illegale Einreisen nicht zwingend zu einem Fehlen der Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG führen müssten; Gleiches gelte im Übrigen auch bezüglich einer von der belangten Behörde ins Treffen geführten Anzeige wegen des angeblichen Verdachtes einer Übertretung des § 129 StGB (Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen). Davon abgesehen sei auch ein monatliches Zusatzeinkommen der Gattin des Rechtsmittelwerbers in Höhe von 75,00 Euro nicht berücksichtigt worden, sodass insgesamt durchaus eine Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben sei bzw. keine Gefahr einer finanziellen Belastung des Staates bestehe.

 

Daher wurde beantragt, dem Beschwerdeführer die begehrte Niederlassungsbewilligung zu erteilen.

 

3. Mit Schriftsatz vom 20. Jänner 2014, Zl. 323649/2, hat das Bundesministerium für Inneres diese Berufung im Hinblick auf die mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl I 50/2012 seit dem 1. Jänner 2014 geänderte Rechtslage dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

4. Mit hg. Beschluss vom 7. Februar 2014, LVwG-750061/2/Gf/Rt, wurde der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VWGVG aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.

 

Begründend wurde dazu zunächst ausgeführt, dass das vom Beschwerdeführer am 10. Juni 2013 persönlich der Österreichischen Botschaft in der Republik Kosovo übermittelte Anbringen aus einem mit „Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ‚Rot-Weiß-Rot – Karte plus‘“ überschriebenen „Formular-Nr. 08 § 8 Abs. 1 Z 2 NAG“ bestehe. Bei diesem Formular dürfte es sich jedoch nicht um ein solches gehandelt haben, das auf einer Verordnung gemäß § 19 Abs. 3 zweiter Satz NAG basiert; denn es sei nicht ersichtlich, dass sich in einer der derzeit geltenden (bzw. zum Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde in Geltung gestanden habenden), auf Grund des NAG ergangenen Verordnungen eines Bundesministers bzw. einer Bundesministerin für Inneres hierfür einer entsprechende Rechtsgrundlage finden würde. Daher sei davon auszugehen, dass dem Antragsformular „Nr. 08 § 8 Abs. 1 Z. 2 NAG“ keine Rechtsverbindlichkeit in dem Sinne zukomme, dass Einschreiter für ihre Anträge zwingend solche Formulare zu verwenden (gehabt) hätten. Dieser Umstand sei hier deshalb von maßgeblicher Bedeutung, weil in inhaltlicher Hinsicht aus dem gegenständlichen Vorbringen des Rechtsmittelwerbers vom 16. Mai 2013 nicht abgeleitet werden könne, dass er – wie dies die belangte Behörde aber ohne nähere Auseinandersetzung angenommen hat – dezidiert einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ stellen wollte; objektiv besehen lasse sich nämlich diesem – ohnehin bloß sehr kursorisch ausgefüllten – Formular vielmehr nur entnehmen, dass er einen Aufenthalt bei seiner in Österreich wohnhaften Ehegattin anstrebt. Für einen in diesem Sinne legalen Aufenthalt stelle das NAG jedoch nicht nur eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, sondern auch noch diverse andere Formen einer Bewilligungserteilung zur Verfügung. Davon ausgehend hätte die belangte Behörde den vorliegenden Antrag nicht – wie im angefochtenen Bescheid – autonom und ohne nähere Begründung als einen solchen gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 NAG qualifizieren dürfen; dies insbesondere erst recht dann nicht, wenn sie letztlich zum Ergebnis kommt, dass der Rechtsmittelwerber die Voraussetzungen für eine derartige Bewilligungserteilung ohnehin nicht erfülle. Vor dem Hintergrund der gegenwärtig – insbesondere für einen Fremden – zudem zu konstatierenden weitgehenden Undurchschaubarkeit des Fremden-, des Asyl- und des Niederlassungs- und Aufenthaltsrechts wäre sohin vielmehr im Wege eines Mängelbehebungsauftrages zu klären gewesen, welche konkrete Form eines Aufenthaltstitels i.S.d. § 46 NAG der Beschwerdeführer tatsächlich anstrebt, wobei ihm in diesem Zusammenhang insbesondere auch jene Alternative aufgezeigt hätte werden müssen, deren Anforderungen er noch am ehesten erfüllen könnte – dies ganz abgesehen davon, dass dem angefochtenen Bescheid ohnehin nicht zweifelsfrei entnommen werden könne, ob die in § 46 Abs. 1 Z. 2  NAG normierten Tatbestandsvoraussetzungen (z.B. Vorhandensein eines Quotenplatzes; fremdenrechtlicher Status der Gattin des Rechtsmittelwerbers) von der Behörde überhaupt einer entsprechenden Subsumtionsprüfung unterzogen wurden.

 

Dazu komme, dass die einfachgesetzliche Verfahrensnorm des § 28 Abs. 2 VwGVG, wonach ein Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden habe, wenn entweder der für eine solche Sachentscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder dessen Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, während ansonsten nur dann meritorisch zu entscheiden ist, wenn die Behörde dem bei der Vorlage der Beschwerde nicht widersprochen hat, jeweils vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund zu betrachten sei, dass infolge der mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl I 50/2012 vorgenommenen Umwandlung der früheren, bloß Behördenqualität aufweisenden Unabhängigen Verwaltungssenate in nunmehrige Gerichte i.S.d. B-VG auch das gemäß § 17 VwGVG i.V.m. § 39 Abs. 2 AVG für das Verfahren der Verwaltungsgerichte – jetzt nur mehr subsidiär – maßgebliche Amtswegigkeitsprinzip systembedingt insoweit eine Einschränkung erfahren habe, als sich bei kohärent-systemkonformer Sichtweise ergebe, dass die grundlegende rechtspolitische Entscheidungskompetenz prinzipiell weitest möglich bei der Verwaltungsbehörde verbleiben solle, während die Verwaltungsgerichte funktionsbedingt in erster Linie auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt seien. Um daher einerseits der belangten Behörde – der hier im Übrigen auch keine Möglichkeit zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG zugekommen sei – diese Befugnis zur rechtspolitischen Gestaltung offenzuhalten, andererseits aber auch angesichts der zuvor beanstandeten Unzulänglichkeiten des behördlichen Ermittlungsverfahrens sei daher im gegenständlichen Fall gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG mit einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides und einer Zurückverweisung der Angelegenheit vorzugehen gewesen, wobei die belangte Behörde in dem Fall, dass sie die Rechtsauffassung vertritt, dass jede Form der Familienzusammenführung i.S.d. § 47 NAG dann schon von vornherein ausgeschlossen ist, wenn der Antragsteller eine der Voraussetzungen des § 11 NAG nicht erfüllt (sodass sich jegliche weitere Prüfung der sonstigen, in § 47 NAG jeweils normierten Tatbestandsvoraussetzungen schon deshalb erübrigt), sowohl diese Rechtsansicht als auch eine in deren Gefolge allenfalls vorzunehmende Interessenabwägung i.S.d. Art. 8 EMRK entsprechend objektiv nachvollziehbar zu begründen hätte.

 

5. Gegen diesen Beschluss hat der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck gemäß Art. 130 Abs. 6 Z. 2 B-VG eine Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden: VwGH) erhoben.

 

6. Mit Erkenntnis vom 30. September 2014, Ro 2014/22/0021, hat der VwGH dieser Revision stattgegeben und den hg. Beschluss vom 7. Februar 2014, LVwG-750061/2/Gf/Rt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

Begründend führte der VwGH dazu aus, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers zwar ebenfalls eine kosovarische Staatsbürgerin, jedoch auf Grund eines Titels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt  sei. Aus dem Antrag des Rechtsmittelwerbers vom 16. Mai 2013 ergebe sich eindeutig, dass dieser den Nachzug zu seiner Gattin im Wege der Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 46 NAG gestellt und dies insbesondere auch in seiner Revisionsbeantwortung nicht bestritten habe. Vor diesem Hintergrund sei aber sowohl unbeachtlich, dass auch andere Formen einer Bewilligungserteilung zur Verfügung stünden, als auch, ob dem vom Beschwerdeführer verwendeten Formular ein verpflichtender Charakter zukomme und sich daran eine entsprechende Manuduktionspflicht der Behörde knüpfe.

 

Davon ausgehend, dass der Rechtsmittelwerber zweifelsfrei den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ i.S.d. § 46 NAG angestrebt und die belangte Behörde das (Nicht-)Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ohnehin festgestellt und geprüft habe, liege aber fallbezogen kein ungeklärter Sachverhalt vor, sodass das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu Unrecht angenommen habe, zu einer Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG berechtigt gewesen zu sein.

 

7. In seinem in der Folge gemäß § 63 Abs. 1 VwGG erlassenen Erkenntnis vom 14. November 2014, LVwG-750061/14/Gf/Rt, hat das LVwG der verfahrensgegenständlichen Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG dahin stattgegeben, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben und die belangte Behörde dazu verpflichtet wurde, dem Rechtsmittelwerber gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 NAG i.V.m. § 8 Abs. 1 Z. 2 NAG einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ auszustellen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass einem Familienangehörigen eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. b NAG in der zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung BGBl I 50/2012 im Sinne einer Rechtsentscheidung ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus” zu erteilen war, wenn der Familienangehörige die Voraussetzungen des Ersten Teiles des NAG (d.s. die §§ 1 bis 40 NAG) erfüllte, ein Quotenplatz vorhanden war und der Zusammenführende selbst einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus” – ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 NAG – innehatte. Davon ausgehend durfte einem Fremden nach § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG jedoch nur dann ein Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn sein Aufenthalt einerseits öffentlichen Interessen nicht widerstritt – was gemäß § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG insbesondere dann zutraf, wenn dadurch die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht gefährdet war – sowie andererseits dann, wenn sein Aufenthalt i.S.d. § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führte; Letzteres war nach § 11 Abs. 5 NAG dann gegeben, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hatte, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichten und ihrer Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes entsprachen.

 

Hinsichtlich der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei der Bundesministerin für Inneres anhängig gewesenen Berufungsverfahren lege die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 26 NAG fest, dass diese vom zuständigen Landesverwaltungsgericht nach dem NAG „in der Fassung vor der Novelle BGBl.Nr. I 87/2012“, damit also nach dem NAG in der Fassung BGBl I 50/2012 – in welcher dieses Gesetz auch von der belangten Behörde anzuwenden war –, „zu Ende zu führen“ sind. Insgesamt ergebe sich somit, dass für die vorliegende Entscheidung das NAG in der Fassung BGBl I 50/2012 – und nicht die geltende Fassung BGBl I 40/2014, aber auch noch nicht die mit BGBl I 87/2012 (sog. „BFA-Novelle“) vorgenommene umfassende Neustrukturierung des Fremdenwesens – maßgeblich ist; dies gelte analog auch hinsichtlich der im NAG (in der Fassung BGBl I 50/2012) explizit oder implizit enthaltenen Verweisungen auf das Fremdenpolizeigesetz (sohin: BGBl I 100/2005 i.d.F. BGBl I 50/2012, im Folgenden: FPG; vgl. auch § 125 Abs. 23 FPG) und auf das Asylgesetz (also: BGBl 100/2005 i.d.F. BGBl I 50/2012, im Folgenden: AsylG).

 

Im gegenständlichen Fall bestehe das vom Beschwerdeführer am 16. Mai 2013 persönlich der Österreichischen Botschaft in der Republik Kosovo übermittelte Anbringen aus einem mit „Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ‚Rot-Weiß-Rot – Karte plus‘“ überschriebenen „Formular 08 § 8 Abs. 1 Z. 2 NAG“. Daraus ergebe sich nach der im Erkenntnis vom 30. September 2014, Ro 2014/22/0021, zum Ausdruck gebrachten Auffassung des VwGH „eindeutig“, dass der Rechtsmittelwerber die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ i.S. einer Rechtsentscheidung gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. b NAG beantragt hat, weshalb zum einen unbeachtlich ist, ob bzw. dass auch andere Formen einer Bewilligungserteilung zur Verfügung stehen, und zum anderen, ob dem vom Beschwerdeführer verwendeten Formular ein verpflichtender Charakter zukommt und sich daran eine entsprechende Manuduktionspflicht der Behörde knüpft.

 

Da seine Ehegattin eine kosovarische Staatsbürgerin sowie auf Grund ihres eigenständigen Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ dauernd in Österreich wohnhaft ist, sei dem Rechtsmittelwerber im Sinne eines subjektiven Rechtsanspruches gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. b NAG dann die beantragte „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn er einerseits die Voraussetzungen des Ersten Teiles des NAG erfüllt und andererseits ein Quotenplatz vorhanden ist.

 

Fallbezogen treffe Ersteres zum einen gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG i.V.m. § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG insbesondere dann zu, wenn der Aufenthalt des Beschwerdeführers (i.S. einer Prognoseentscheidung) die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht gefährden wird.

 

Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang zunächst ins Treffen führt, dass der Beschwerdeführer zwei Mal illegal in das Bundesgebiet eingereist ist, sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die erste Einreise mit der Stellung eines Asylantrages verbunden war – sodass diese, weil ihm insoweit nach allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts ein subjektives Recht zukam, schon von vornherein keinen eigenständigen Unwert aufgewiesen habe – und die zweite Einreise zum einen nicht einem Aufenthaltsverbot zuwider sowie erst mehr als ein Jahr nach seiner Eheschließung erfolgt sei und er zum anderen das Bundesgebiet unmittelbar nach seiner Aufgreifung umgehend und freiwillig wieder verlassen habe. Vor diesem Hintergrund erweise sich der Vorhalt der Behörde, dass das Verhalten des Beschwerdeführers „ganz deutlich eine Ignoranz ..... gegen die österreichische Rechtsordnung, insbesondere im Bereich des Fremdenwesens“ zeige, als eine bloße Mutmaßung, die durch entsprechende Fakten aktenmäßig nicht belegt sei.

 

Gleiches gelte hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid angeführten Anzeigen wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, nämlich vom 11. November 2011 wegen Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen (§ 129 StGB), die im behördlichen Akt nicht enthalten sei: Da diese von der zuständigen Staatsanwaltschaft offenbar nicht weiter verfolgt worden sei, könne sie dem Rechtsmittelwerber im fremdenrechtlichen Verfahren jedenfalls nicht in negativer Weise angelastet werden.

 

Da auch sonstige in diese Richtung deutende Gesichtspunkte nicht vorlägen, könne daher insgesamt besehen nicht davon ausgegangen werden, dass der künftige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet i.S.d. § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG i.V.m. § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden wird, zumal ihm ja stets bewusst sein müsse, dass ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ bloß zeitlich befristet gelte (vgl. § 20 NAG) und eine nachfolgende Verlängerung von dessen Gültigkeitsdauer gehindert wäre, sobald er die Anforderungen des § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG nicht mehr erfülle.

 

An diesem Resultat vermöge auch die polemische Diktion der Begründung des angefochtenen Bescheides (vgl. insbesondere S. 6: „Ihr persönlich gesetztes Verhalten zeigt somit, dass Sie nicht gewillt sind, die entsprechenden Einreisebestimmung(en) nach Österreich zu akzeptieren. Ihr Verhalten zeigt auch, dass es Ihnen egal ist, ob Sie illegal und rechtmäßig nach Österreich einreisen. Sie führen jedenfalls Ihr Vorhaben immer aus.“ oder S. 7: „Es kann nicht sein, dass Fremde, die nach Österreich zuziehen wollen, und über keine ausreichende finanzielle Mittel verfügen, der Staat für den Unterhalt des zuzugswilligen Fremden aufzukommen hat. Diesen Umstand trifft alleine den Fremden bzw. seiner Bezugsperson“) – für die objektiv besehen keinerlei Anlass bestehe, zumal sich seit der Erlassung der von der belangten Behörde zitierten früheren Erkenntnisse des VwGH die öffentliche Meinung und damit die rechtspolitische Sichtweise in Bezug auf das Migrationswesen maßgeblich gewandelt habe – nichts zu ändern.

 

Weiters erfülle ein Fremder zum anderen die Voraussetzungen des Ersten Teiles des NAG dann, wenn sein Aufenthalt i.S.d. § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt, was gemäß § 11 Abs. 5 NAG dann gegeben sei, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und ihrer Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG, BGBl 189/1955 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl II 434/2013 (im Folgenden: ASVG), entsprechen. Zum Entscheidungszeitpunkt betrage der für den vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Richtsatz (für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung, wenn diese mit ihrem Ehegatten in einem gemeinsamen Haushalt leben) 1.286,03 Euro.

 

In diesem Zusammenhang habe die belangte Behörde festgestellt, dass seine Gattin für ihn unterhaltspflichtig wäre, sobald sich der Rechtsmittelwerber in Österreich aufhält. Ausgehend von deren durchschnittlichem monatlichen Nettoverdienst in Höhe von 1.411,08 Euro (in den Monaten Februar bis April 2013; dass sich seither eine maßgebliche Erhöhung ergeben hätte, wurde vom Beschwerdeführer weder vorgebracht noch nachgewiesen) verbleibe nach Abzug der (um den Betrag der vollen freien Station i.S.d. § 292 Abs. 3 ASVG verminderten) Mietkosten in Höhe von 82,36 Euro und von monatlichen Kreditrückzahlungen in Höhe von 110 Euro hierfür ein Betrag von 1.218,72 Euro. Der durchschnittliche monatliche Nettoverdienst der Ehegattin liege damit – wenngleich bloß knapp, so doch – um 67,31 Euro unter dem maßgeblichen Richtsatz von 1.286,03 Euro.

 

Dies bedeute jedoch noch nicht, dass ein künftiger Aufenthalt des Rechtsmittelwerbers in Österreich zwingend auch zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen müsse. Denn im vorliegenden Fall sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer am 12. März 2013 eine Prüfung über Deutschkenntnisse auf Niveau A 1 „sehr gut bestanden“ habe und im Falle der Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-weiß-Rot – Karte plus“ grundsätzlich nicht den Beschränkungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl 218/1975 i.d.g.F. BGBl I 72/2013, unterliege (vgl. § 2 Abs. 3 AuslBG). Es sei sohin davon auszugehen, dass ihm mit seiner 12-jährigen Schulausbildung sowie auf Grund seiner bisherigen Beschäftigung als Bauhilfs- und ‑erdarbeiter auch künftig das Eingehen eines adäquaten Dienstverhältnisses und damit die Erzielung eines Einkommens, das den Fehlbetrag von monatlich 67,31 Euro deutlich übersteigt, ohne größere Schwierigkeiten möglich sein wird. Dies berücksichtigend (vgl. in diesem Sinne z.B. VwGH vom 12. Oktober 2010, 2007/21/0091; s.a. VwGH vom 7. Mai 2014, 2013/22/0352) sei im Ergebnis zu konstatieren, dass der Beschwerdeführer nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falles die Voraussetzungen des Ersten Teiles des NAG auch insoweit erfüllt, als sein Aufenthalt i.S.d. § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen wird, weil er gemäß § 11 Abs. 5 NAG über feste und regelmäßige eigene Einkünfte verfügen wird, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen werden.

 

Selbst wenn dies aber nicht zutreffen würde, wäre dem Rechtsmittelwerber der beantragte Aufenthaltstitel dann gemäß § 11 Abs. 3 NAG deshalb zu erteilen, weil die danach zu treffende Ermessensentscheidung eine Interessenabwägung bedinge, die hier zu seinen Gunsten ausfallen müsste. Stelle man nämlich einerseits der ihm angelasteten Missachtung von fremdenpolizeilichen Vorschriften und der geringfügigen Unterschreitung des ASVG-Richtsatzes auf der anderen Seite gegenüber, dass sich seine Ehefrau bereits seit mehr als 7 Jahren in Österreich aufhält, so ergebe sich daraus, dass es diesen beiden Personen nicht zumutbar wäre, zum Zweck der Gestaltung eines normalen gemeinsamen Familienlebens – von dem bei bloß sporadischen wechselseitigen Besuchen keine Rede sein könnte – ihren Wohnsitz in den Heimatstaat des Beschwerdeführers (Kosovo), zu dem die Gattin mittlerweile keinerlei Beziehung mehr hat, zu verlegen.

 

Da die hier auf § 46 Abs. 1 NAG gestützte Antragstellung des Beschwerdeführers allerdings gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 NAG der Quotenpflicht unterliege, dürfe ihm der begehrte Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ ungeachtet der Erfüllung der (sonstigen) Anforderungen des Ersten Teiles des NAG jedoch letztlich nur dann erteilt werden, wenn nach dem vom Landeshauptmann gemäß § 12 Abs. 2 NAG zu führenden Register zum Zeitpunkt der Antragstellung noch ein Quotenplatz zum Zweck der Familienzusammenführung frei war bzw. ist. Davon ausgehend bedeute dies für den vorliegenden Fall, dass nach den vom VwGH in dessen Erkenntnis vom 26. Februar 2013, 2011/22/0120, festgelegten Grundsätzen zu prüfen sei, ob am 16. Mai 2013 – d.i. der Tag der Einbringung des Antrages durch den Beschwerdeführer – i.S.d. § 3 Abs. 4 Z. 1 der Niederlassungsverordnung 2013, BGBl II 448/2012 (im Folgenden: NLV), noch ein entsprechender Quotenplatz frei, d.h. noch nicht sämtliche der damals 630 möglichen Aufenthaltstitel für Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen zum Zweck der Familienzusammenführung vergeben waren.

 

In diesem Zusammenhang habe die Oö. Landesregierung dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 12. November 2014, Zl. IKD(Pol)-161403/5-2014-P/Ha, mitgeteilt, dass der am 16. Mai 2013 gestellte Antrag des Beschwerdeführers „im Quotenregister 2013 auf Platz 302 von insgesamt 630 Plätzen gereiht“ sei und „somit dieser Quotenplatz zur Verfügung“ stehe. Daher sei auch diese in § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. b NAG geforderte Voraussetzung erfüllt, weshalb der gegenständlichen Beschwerde aus allen diesen Gründen i.S.d. § 28 Abs. 2 VwGVG dahin stattzugeben gewesen sei, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben und die belangte Behörde dazu verpflichtet werde, dem Rechtsmittelwerber gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. b NAG i.V.m. § 8 Abs. 1 Z. 2 NAG einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ auszustellen.

 

8. Gegen dieses Erkenntnis hat der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck neuerlich eine Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

Begründend wurde dazu vorgebracht, dass das LVwG nach Auffassung der Revisionswerberin den beantragten Aufenthaltstitel selbst zu erteilen gehabt hätte, wobei zudem auch dessen Geltungsdauer festzulegen gewesen wäre; da eine diesbezügliche Judikatur des VwGH noch nicht vorliege, handle es sich insoweit um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

 

Außerdem würden die Feststellungen des LVwG, dass die illegale Einreise in das Bundesgebiet und der Mangel an ausreichenden finanziellen Mitteln für den Aufenthalt des Fremden keine groben Verstöße gegen die öffentliche Ordnung darstellten, von der ständigen Judikatur des VwGH abweichen. Denn in diesem Zusammenhang hätte berücksichtigt werden müssen, dass der Beschwerdeführer selbst (sogar zwei Mal) und auch dessen Gattin jeweils illegal in das Bundesgebiet eingereist seien und sich hier widerrechtlich aufhielten. Darüber hinaus habe der Rechtsmittelwerber bis dato weder einen gültigen Arbeitsvertrag noch eine Einstellungszusage vorgelegt. Weiters hätte das LVwG auf Grund der zu dessen Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sachlage zu entscheiden gehabt, wobei eine aktuelle Beurteilung der Unterhaltssituation ergeben hätte, dass diese die Anforderungen des § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG nicht mehr erfüllt habe.

 

Darüber hinaus hätte das LVwG entsprechende (von der belangten Behörde selbst freilich unterlassene) Feststellungen dahin zu treffen gehabt, ob die Zusammenführende dazu in der Lage sei, unabhängig vom Beschwerdeführer im Bundesgebiet leben zu können, sowie, dass die Ehe zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sei, als sich die Gattin des Rechtsmittelwerbers illegal in Österreich aufgehalten habe; weiters wäre zu ermitteln gewesen, weshalb es für den Beschwerdeführer unmöglich sei, in dessen Heimatstaat zu leben und er nicht dazu bereit sei, einen eigenständigen Beitrag zum gemeinsamen Unterhalt zu leisten.

 

Ganz abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich – weil die Voraussetzungen für ein Absehen hiervon nach Auffassung des Amtsrevisionswerbers nicht vorgelegen seien – eine öffentliche Verhandlung durchzuführen gehabt hätte, würden sich schließlich auch die vom LVwG in der Erkenntnisbegründung angeführten Entscheidungen des VwGH nicht dazu eignen, dessen Rechtsansicht zu tragen.

 

9. Mit Erkenntnis vom 28. Mai 2015, Ra 2015/22/0020, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine zwischenzeitlich ergangene Entscheidung vom 26. Februar 2015, Zl. Ra 2014/22/0116, dieser Amtsrevision stattgegeben und das hg. Erkenntnis vom 14. November 2014, LVwG-750061/14/Gf/Rt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich seiner Verpflichtung, in der Sache selbst zu entscheiden – ungeachtet dessen, dass im Falle einer positiven Erledigung eines Antrages auf Titelerteilung dieser gemäß § 1 der Durchführungsverordnung zum NAG von der Verwaltungsbehörde als Karte auszustellen ist (vgl. VwGH vom 16. Dezember 2014, 2012/22/0206) –, nicht nachgekommen sei. Denn eine derartige Entscheidung bedinge in dem Fall, dass das Verwaltungsgericht, wenn es dem Antrag stattgeben will, den beantragten Aufenthaltstitel selbst in konstitutiver Weise erteilt, d.h., dass die Rechtssache durch ein Erkenntnis, mit dem der beantragte Aufenthaltstitel erteilt wird, zu erledigen ist (vgl. VwGH vom 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0116).

 

Darüber hinaus müsse bei der Erteilung eines Aufenthaltstitels – wie sich aus dem Erkenntnis des VwGH vom 19. November 2014, Ra 2014/22/0010, ergebe – auch dessen Gültigkeitsdauer festgelegt werden.

 

Somit sei das angefochtene Erkenntnis bereits aus diesen Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben gewesen.

 

10. An die vom Verwaltungsgerichtshof im gegenständlichen Fall in dessen Erkenntnissen vom 30. September 2014, Ro 2014/22/0021, und vom 28. Mai 2015, Ra 2015/22/0020, zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht ist das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im fortzusetzenden Verfahren gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden.

 

 

 

II.

 

 

1. Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG i.V.m. Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennen über wegen Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde (sofern nicht ein Fall des Art. 132 Abs. 6 B-VG – nämlich eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde – vorliegt, was jedoch gegenständlich nicht zutrifft) die Verwaltungsgerichte der Länder.

 

Da hier die Bestimmungen des Art. 131 Abs. 2 bis 4 B-VG über von diesem Grundsatz abweichende Anordnungen nicht zum Tragen kommen (vgl. auch § 81 Abs. 26 NAG), ist somit nach der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG die funktionelle und örtliche Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich gegeben.  

 

2. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vorgelegten Akt zu Zl. Sich40-42720-2013 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 29. Juli 2015, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreterin RAA Mag. S S einerseits sowie OAR K D als Vertreter der belangten Behörde andererseits und als Zeugin V S (Ehegattin des Rechtsmittelwerbers) erschienen sind.

 

2.1. Im Zuge dieser öffentlichen Verhandlung wurde ergänzend zu der bereits oben unter I. dargestellten, von den Verfahrensparteien unbestritten gebliebenen Faktenlage folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

2.1.1. Der Beschwerdeführer hält sich de facto zuletzt seit Jänner 2015 auf Grund eines (zwischenzeitlich nunmehr bereits am 3. Juni 2015 abgelaufenen) Visums sowie einer bis zum 24. November 2015 gültigen Aufenthaltskarte „Rot-Weiß-Rot-Plus“ durchgehend in Österreich auf. Er lebt gemeinsam mit seiner Gattin, mit der er seit dem 22. Dezember 2010 verheiratet ist, in einer von dieser gemieteten Wohnung, für die Zinszahlungen in Höhe von ca. 350 Euro pro Monat anfallen.

 

Seit dem 2. März 2015 ist der Rechtsmittelwerber bei einer in P ansässigen GmbH als Bauarbeiter beschäftigt, wobei er hierfür

 

im März 2015 1.505,60 Euro,

im April 2015 1.456,20 Euro,

im Mai 2015 1.535,80 Euro und

im Juni 2015 1.543,70 Euro

 

verdient hat. Darüber hinaus hat er in diesem Zeitraum in der Volkshochschule A die Deutschprüfung auf dem Niveau A 2 erfolgreich absolviert.

 

Die Gattin des Beschwerdeführers arbeitet in einer Imbissstube in V, wobei sie aus dieser Tätigkeit zuletzt

 

im Jänner 2015 1.193,49 Euro,

im Februar 2015 1.570,03 Euro,

im März 2015 1.190,32 Euro,

im April 2015 1.190,32 Euro,

im Mai 2015 1.222,89 Euro und

im Juni 2015 2.442.46 Euro

 

als Einkommen bezogen hat.

 

Die Wohnungsmiete sowie monatliche Kreditrückzahlungen in einer Höhe von 140 Euro werden jeweils von seiner Ehefrau beglichen, für alle sonstigen Aufwendungen (Essen, Kleidung etc.) kommt der Rechtsmittelwerber auf. Unterhaltverpflichtungen gegenüber Kindern (das Ehepaar ist kinderlos) oder sonstigen Verwandten bestehen nicht.

 

2.1.2. Diese ergänzenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den glaubwürdigen und in sich widerspruchsfreien Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Gattin, die im Übrigen auch vom Vertreter der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen wurden.

 

2.2. Im Zuge der öffentlichen Verhandlung wurde seitens des Rechtsmittelwerbers erklärt, bis zum 31. August 2015 den Nachweis über die abgelegte Deutschprüfung sowie die Zusage für einen Arbeitsvertrag im zeitlichen Nahebereich seiner Antragstellung am 16. Mai 2013 vorlegen sowie überlegen zu wollen, die gegenständliche Beschwerde angesichts der geänderten gemeinsamen Einkommenssituation der Ehegatten zurückzuziehen und auf Grund der nunmehrigen Sachlage einen neuen Antrag auf Ausstellung einer „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ zu stellen.

 

Eine solche Erklärung ist jedoch weder bis zum Ablauf dieser Frist noch bis dato beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich eingelangt.

 

 

 

III.

 

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:

 

 

1. Zu den maßgeblichen Rechtsgrundlagen:

 

 

1.1. Gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. b NAG in der zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung BGBl I 50/2012 (siehe dazu unten, III.1.2.) war (im Sinne einer Rechtsentscheidung) einem Familienangehörigen eines Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus” zu erteilen, wenn dieser die Voraussetzungen des Ersten Teiles (des NAG, d.s. die §§ 1 bis 40 NAG) erfüllte, ein Quotenplatz vorhanden war und der Zusammenführende selbst einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus” – ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 NAG (was im vorliegenden Fall jeweils nicht zutrifft) – innehatte.

 

Nach § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG durfte einem Fremden nur dann ein Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn sein Aufenthalt einerseits öffentlichen Interessen nicht widerstritt – was gemäß § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG insbesondere dann zutraf, wenn dadurch die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht gefährdet war – sowie andererseits dann, wenn sein Aufenthalt i.S.d. § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führte; Letzteres war nach § 11 Abs. 5 NAG dann gegeben, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hatte, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen einer Gebietskörperschaft ermöglichten und ihrer Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes entsprachen.

 

1.2. Hinsichtlich der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei der Bundesministerin für Inneres anhängig gewesenen Berufungsverfahren legt die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 26 NAG fest, dass diese vom zuständigen Landesverwaltungsgericht nach dem NAG „in der Fassung vor der Novelle BGBl.Nr. I 87/2012“, damit also nach dem NAG in der Fassung BGBl I 50/2012 – in welcher dieses Gesetz auch von der belangten Behörde anzuwenden war –, „zu Ende zu führen“ sind.

 

Insgesamt ergibt sich daraus, dass für die vorliegende Entscheidung das NAG in der Fassung BGBl I 50/2012 – und sohin nicht die geltende Fassung BGBl I 70/2015, aber auch noch nicht die mit BGBl I 87/2012 (sog. „BFA-Novelle“) ab dem 1. Jänner 2014 (vgl. § 82 Abs. 17 NAG i.d.F. BGBl I 87/2012) vorgenommene umfassende Neustrukturierung des Fremdenwesens sowie die im Weiteren erfolgten Änderungen des NAG – maßgeblich ist bzw. sind; dies gilt analog auch hinsichtlich der im NAG (in der Fassung BGBl I 50/2012) explizit oder implizit enthaltenen Verweisungen auf das Fremdenpolizeigesetz (sohin: BGBl I 100/2005 i.d.F. BGBl I 50/2012, im Folgenden: FPG; vgl. auch § 125 Abs. 23 FPG) und auf das Asylgesetz (also: BGBl I 100/2005 i.d.F. BGBl I 50/2012, im Folgenden: AsylG).

 

1.3. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG ist das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im gegenständlichen Fall an die vom Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 30. September 2014, Ro 2014/22/0021, und vom 28. Mai 2015, Ra 2015/22/0020, zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht gebunden.

 

1.3.1. In seinem Erkenntnis vom 30. September 2014, Ro 2014/22/0021, hat der VwGH festgehalten, dass sich aus dem verfahrenseinleitenden Antrag des Beschwerdeführers eindeutig ergebe, dass dieser den Nachzug zu seiner Gattin im Wege der Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 46 NAG gestellt habe. Davon ausgehend, dass die belangte Behörde das (Nicht-)Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen festgestellt und geprüft habe, liege fallbezogen kein ungeklärter Sachverhalt vor, sodass das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu Unrecht angenommen habe, zu einer Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG berechtigt gewesen zu sein.

 

1.3.2. Im Erkenntnis vom 28. Mai 2015, Ra 2015/22/0020, hat der VwGH ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich seiner Verpflichtung, in der Sache selbst zu entscheiden – ungeachtet dessen, dass bei einer positiven Erledigung eines Antrages auf Titelerteilung durch die Verwaltungsbehörde dieser gemäß § 1 der DVO zum NAG als Karte auszustellen ist (vgl. VwGH vom 16. Dezember 2014, 2012/22/0206) –, deshalb nicht nachgekommen sei, weil das Verwaltungsgericht dann, wenn es einem solchen Antrag stattgeben will, den beantragten Aufenthaltstitel selbst in konstitutiver Weise zu erteilen hat, d.h., dass die Rechtssache durch ein Erkenntnis, mit dem der beantragte Aufenthaltstitel erteilt wird, zu erledigen ist (vgl. VwGH vom 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0116). Darüber hinaus müsse bei der Erteilung eines Aufenthaltstitels auch dessen Gültigkeitsdauer festgelegt werden (vgl. VwGH vom 19. November 2014, Ra 2014/22/0010).

 

1.3.3. Vor dem Hintergrund, dass einerseits die meritorische Erledigungskompetenz des Verwaltungsgerichtes durch die „Sache“ des Behördenverfahrens sowie nach § 27 VwGVG durch die vom Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 Z. 3 VwGVG geltend gemachten Rechtswidrigkeitsgründe und dessen Begehren i.S.d. § 9 Abs. 1 Z. 4 VwGVG begrenzt ist (vgl. VwGH vom 26. März 2015, Ra 2014/07/0077) und der VwGH andererseits in ständiger Rechtsprechung betont, dass das Revisionsverfahren i.S.d. §§ 25a VwGG den Bestimmungen der §§ 502 ff ZPO nachgebildet ist (vgl. z.B. VwGH vom 29. Jänner 2015, Ra 2015/16/0002, und vom 26. Februar 2015, Ra 2015/07/0028), sodass ein solches Verfahren den Zweck der Kontrolle einer Verwaltungsgerichts-Entscheidung insbesondere hinsichtlich der Lösung der Rechtsfrage verfolgt, es im Verfahren vor dem VwGH also nicht um Sachverhalts- und/oder Tatfragen, sondern um Rechtsfragen, und zwar um solche geht, denen hinsichtlich der Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. insbesondere auch VfGH vom 9. Oktober 2014, G 95/2013), kann insgesamt besehen davon ausgegangen werden, dass die im gegenständlichen Fall von der belangten Behörde erhobenen Amtsrevisionen vom VwGH mit dessen Erkenntnissen vom 30. September 2014, Ro 2014/22/0021, und vom 28. Mai 2015, Ra 2015/22/0020, – soweit es eben grundsätzliche Rechtsfragen i.S.d. Art. 133 Abs. 4 B‑VG betrifft – auch umfassend erledigt wurden. Dafür spricht insbesondere schon die Textierung des § 41 VwGG, wonach der VwGH – ausgenommen die Fälle, dass eine Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt – das angefochtene Erkenntnis „im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4) bzw. der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2) zu überprüfen ..... hat“. Daraus folgt, dass der VwGH – insbesondere im Interesse der „Vermeidung von Kassationskaskaden“ (vgl. die E zur RV zur B-VG-Novelle BGBl I 51/2012, 1618 BlgNR, 24. GP, 14) – stets sämtliche Revisionspunkte erledigen, d.h. jene, hinsichtlich der keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, (zumindest implizit) zurückweisen muss.

 

Fallbezogen bedeutet dies – verkürzt dargestellt –, dass der VwGH zunächst im Erkenntnis vom 30. September 2014, Ro 2014/22/0021, deshalb, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt ohnehin feststeht, ausgesprochen hat, dass vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich anstelle einer Aufhebung und Zurückverweisung eine Sachentscheidung zu treffen ist; sodann wurde im Erkenntnis vom 28. Mai 2015, Ra 2015/22/0020, festgestellt, dass das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im Falle einer Stattgabe den beantragten Aufenthaltstitel selbst in konstitutiver Weise zu erteilen und dabei auch dessen Gültigkeitsdauer festzulegen hat. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich ihres weiteren Sachvorbringens, wurde die Anfechtungserklärung (vgl. § 28 Abs. 2 VwGG) der belangten Behörde vom VwGH in den genannten Erkenntnissen hingegen nicht aufgegriffen, sodass sich daraus insgesamt ergibt, dass es sich insoweit offensichtlich nicht um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. Art. 133 Abs. 4 B‑VG handelt.

 

2. Vor dem Hintergrund dieser Beschränkungen der meritorischen Entscheidungsbefugnis ausgehend ergibt sich in Bezug auf die gegenständliche Beschwerde nunmehr Folgendes:

 

2.1. Indem der Gesetzgeber im Wege der mit der Novelle BGBl I 68/2013 eingefügten Übergangsvorschrift des § 81 Abs. 26 NAG festgelegt hat, dass die mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei der Bundesministerin für Inneres anhängig gewesenen Berufungsverfahren von den Verwaltungsgerichten nach dem NAG „in der Fassung vor der Novelle BGBl.Nr. I 87/2012“, damit also nach dem NAG in der Fassung BGBl I 50/2012, „zu Ende zu führen“ sind, wurde das von der Judikatur des VwGH im Zusammenhang mit § 66 Abs. 4 AVG entwickelte, nunmehr analog auch das verwaltungsgerichtliche Verfahren generell prägende Prinzip, dass die Rechtsmittelinstanz im Zuge einer von ihr vorzunehmenden meritorischen Verfahrenserledigung grundsätzlich jeweils die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage anzuwenden hat (vgl. die umfangreichen Nachweise bei J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. Teilband [2007], RN 80 und 83), prima vista lediglich dahin modifiziert, dass dieses Prinzip hier – nur – in Bezug auf Modifikationen der Rechtslage (ausnahmsweise) nicht gelten soll: Denn anstelle der gültigen Fassung soll eben gemäß § 81 Abs. 26 NAG vielmehr dieses Gesetz auf jenem Stand, den dieses am 31. Dezember 2013 bzw. in der bis dahin letzten Modifikation durch BGBl I 50/2012 aufgewiesen hat, heranzuziehen sein.

 

E contrario folgt daraus aber, dass mit einer derartigen Festlegung im Übrigen, d.h., soweit es die Sachverhaltsebene betrifft, die generelle Maßgeblichkeit des allgemeinen Prinzips jedoch nicht tangiert werden sollte. Das hieße, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung die zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Faktenlage zu Grunde zu legen hätte (wobei sich Gegenteiliges insbesondere auch den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen lässt; vgl. die E zur RV, 2144 BlgNR, 24. GP, S. 30).

 

Allerdings gilt es in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass das allgemeine verfahrensrechtliche Prinzip der Heranziehung der zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage aus verfassungs-, nämlich kompetenzrechtlichen Gründen (vgl. Art. 11 Abs. 2 B-VG) schon a priori nur dann und insoweit gilt, als zuverlässig ausgeschlossen werden kann, dass sich aus dem Materiengesetz nicht Abweichendes ergibt, wobei zudem zu bedenken ist, dass solche Spezialregelungen nicht zwangsläufig stets ausdrücklich angeordnet werden müssen, sondern sich auch implizit ergeben können. Gerade Letzteres resultiert hier aber im vorliegenden Zusammenhang aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 20 NAG die Erteilung von Aufenthaltstiteln an eine Befristung gekoppelt hat: Systemlogisch besehen kann eine solche Befristung nämlich nur dann als sinnvoll erscheinen, wenn jene Voraussetzungen, die jeweils die inhaltliche Basis für die gesetzlich bloß befristet gewährte Berechtigung bilden, während der (gesamten) Laufzeit dieses begrenzten Intervalls – und nicht (bloß) zu einem außerhalb desselben gelegenen Zeitpunkt – erfüllt sind; dies zeigt sich im Übrigen auch an der daran anknüpfenden Festlegung, dass Aufenthaltstitel gemäß § 28 Abs. 5 NAG vor Fristablauf entzogen werden können, sobald eine Voraussetzung für deren Erteilung weggefallen ist. 

 

Im Ergebnis ist daher vor diesem rechtlichen Hintergrund im Folgenden zu untersuchen, ob dem Beschwerdeführer der am 16. Mai 2013 beantragte Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ unter Heranziehung der am 31. Dezember 2013 maßgeblichen Fassung des NAG einerseits sowie der zum Zeitpunkt der Erlassung der behördlichen Entscheidung gegebenen Sachlage andererseits zu erteilen war, und bejahendenfalls, in welcher Dauer.

 

2.2. Im vorliegenden Fall besteht das vom Beschwerdeführer am 16. Mai 2013 persönlich der Österreichischen Botschaft in der Republik Kosovo übermittelte Anbringen aus einem mit „Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ‚Rot-Weiß-Rot – Karte plus‘“ überschriebenen „Formular 08 § 8 Abs. 1 Z. 2 NAG“.

 

Daraus ergibt sich nach der in seinem Erkenntnis vom 30. September 2014, Ro 2014/22/0021, zum Ausdruck gebrachten Auffassung des VwGH eindeutig, dass der Rechtsmittelwerber die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ i.S. einer Rechtsentscheidung gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. b NAG gestellt hat, weshalb zum einen unbeachtlich war, ob bzw. dass auch andere Formen einer Bewilligungserteilung zur Verfügung standen, und zum anderen, ob dem vom Beschwerdeführer verwendeten Formular ein verpflichtender Charakter zukam und sich daran eine entsprechende Manuduktionspflicht der Behörde knüpfte.

 

Da seine Ehegattin eine kosovarische Staatsbürgerin sowie auf Grund ihres eigenständigen Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ dauernd in Österreich wohnhaft ist, war dem Rechtsmittelwerber im Sinne eines subjektiven Rechtsanspruches gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. b NAG dann die beantragte „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn er einerseits die Voraussetzungen des Ersten Teiles des NAG erfüllte und andererseits ein Quotenplatz vorhanden war.

 

2.3. Fallbezogen traf Ersteres zum einen gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG i.V.m. § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG insbesondere dann zu, wenn der Aufenthalt des Beschwerdeführers (i.S. einer Prognoseentscheidung) die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht gefährdete.

 

2.3.1. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang zunächst ins Treffen führt, dass der Rechtsmittelwerber zwei Mal illegal in das Bundesgebiet eingereist ist, so muss allerdings diesbezüglich darauf hingewiesen werden, dass die erste Einreise mit der Stellung eines Asylantrages verbunden war – sodass sie, weil ihm insoweit nach allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts ein subjektives Recht zukam, schon von vornherein keinen eigenständigen Unwert aufgewiesen hat – und die zweite Einreise zum einen nicht einem Aufenthaltsverbot zuwider sowie erst mehr als ein Jahr nach seiner Eheschließung erfolgte und er zum anderen das Bundesgebiet nach seiner Aufgreifung umgehend und freiwillig wieder verlassen hat.

 

Vor diesem Hintergrund erweist sich aber der Vorhalt der Behörde, dass das Verhalten des Rechtsmittelwerbers „ganz deutlich eine Ignoranz ..... gegen die österreichische Rechtsordnung, insbesondere im Bereich des Fremdenwesens“ zeige, als eine bloße Mutmaßung, die durch entsprechende Fakten aktenmäßig nicht belegt ist.

 

2.3.2. Gleiches gilt hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid angeführten Anzeigen wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, nämlich vom 11. November 2011 wegen Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen (§ 129 StGB), die als solche weder im behördlichen Akt enthalten ist noch im Zuge der öffentlichen Verhandlung vorgelegt wurde: Da diese Anlastung von der zuständigen Staatsanwaltschaft offenbar nicht weiter verfolgt wurde, kann sie dem Beschwerdeführer im fremdenrechtlichen Verfahren jedenfalls nicht in negativer Weise angelastet werden.

 

2.3.3. Da auch sonstige in diese Richtung deutende Gesichtspunkte nicht vorliegen – im Gegenteil: der Rechtsmittelwerber hat sich bisher offenkundig wohl verhalten –, konnte daher insgesamt besehen nicht davon ausgegangen werden, dass der künftige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet i.S.d. § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG i.V.m. § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden wird, zumal diesem ja stets bewusst sein musste, dass ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ bloß zeitlich befristet gilt (vgl. § 20 NAG) und eine nachfolgende Verlängerung von dessen Gültigkeitsdauer gehindert wäre, sobald er den Anforderungen des § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG nicht mehr entspricht.

 

2.4. Weiters erfüllte ein Fremder zum anderen die Voraussetzungen des Ersten Teiles des NAG dann, wenn sein Aufenthalt i.S.d. § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führte, was gemäß § 11 Abs. 5 NAG gegeben war, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hatte, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichten und ihrer Höhe nach den Richtsätzen des § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG, BGBl 189/1955 in der damals maßgeblichen Fassung BGBl I 187/2013 (im Folgenden: ASVG), entsprachen.

 

2.4.1. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt beträgt der für den vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Richtsatz (für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung, wenn diese mit ihrem Ehegatten in einem gemeinsamen Haushalt leben) 1.307,89 Euro (vgl. § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG i.d.g.F. BGBl I 118/2015).

 

Weiters hat sich in diesem Zusammenhang in der öffentlichen Verhandlung ergeben, dass der Beschwerdeführer nunmehr über eine feste Anstellung mit einem monatlichen Nettoverdienst von durchschnittlich 1.510,33 Euro verfügt.

 

Schon daraus folgt, dass diese Einkünfte den Richtsatz des § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG für in einem gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatten deutlich übersteigen – dies ganz abgesehen davon, dass derzeit auch seine Ehegattin ein durchschnittliches Monatseinkommen von 1.258,50 Euro (bzw. nach Abzug der Mietkosten und Kreditraten: in Höhe von 768,50 Euro) in den gemeinsamen Haushalt einbringt.

 

Im Ergebnis resultiert daher, dass der Aufenthalt des Rechtsmittelwerbers nach derzeitiger Sachlage i.S.d. § 11 Abs. 2 Z. 4 i.V.m. § 11 Abs. 5 NAG nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen würde (vgl. im Übrigen beispielsweise auch VwGH vom 12. Oktober 2010, Zl. 2007/21/0091, und vom 7. Mai 2014, Zl. 2013/22/0352).

 

2.4.2. Nach der zum 31. Dezember 2013 maßgeblichen Fassung betrug der Richtsatz gemäß § 292 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG demgegenüber zwar nur 1.255,89 Euro. Allerdings verfügte der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt noch nicht über ein regelmäßiges eigenständiges Einkommen, sodass seine Ehegattin damals ihm gegenüber unterhaltspflichtig war.

 

Wenngleich deren durchschnittlicher monatlicher Nettoverdienst nach Abzug von Mietkosten und Kredittilgungsraten knapp unterhalb des monatlichen Richtsatzes lag (siehe oben, Pkt. I.7.), hätte dies jedoch noch nicht zwingend bedeutet, dass der künftige Aufenthalt des Rechtsmittelwerbers deshalb zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft geführt hätte. Denn im Falle der Erteilung eines Aufenthaltstitels wäre es ihm nämlich wohl unschwer möglich gewesen, eine Arbeitsstelle zu finden, deren Einkünfte eine deutliche Überschreitung des Richtsatzes gewährleistet hätten.

 

2.4.3. Und selbst wenn dies aber nicht zugetroffen hätte, wäre dem Beschwerdeführer der beantragte Aufenthaltstitel dann gemäß § 11 Abs. 3 NAG deshalb zu erteilen gewesen, weil die danach zu treffende Ermessensentscheidung eine Interessenabwägung bedingte, die hier zu seinen Gunsten hätte ausfallen müssen:

 

Stellt man nämlich einerseits der ihm angelasteten Missachtung von fremdenpolizeilichen Vorschriften und der geringfügigen Unterschreitung des ASVG-Richtsatzes auf der anderen Seite gegenüber, dass sich seine Ehefrau bereits seit mehr als 7 Jahren in Österreich aufhält, so ergibt sich daraus, dass es diesen beiden Personen nicht zumutbar gewesen wäre, zum Zweck der Gestaltung eines normalen gemeinsamen Familienlebens i.S.d. Art. 8 EMRK – von dem bei bloß sporadischen wechselseitigen Besuchen keine Rede sein könnte – ihren Wohnsitz in den Heimatstaat des Beschwerdeführers (Kosovo), zu dem die Gattin mittlerweile keinerlei Beziehung mehr hat, zu verlegen.

 

2.4. Da die hier auf § 46 Abs. 1 NAG gestützte Antragstellung des Beschwerdeführers allerdings gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 NAG der Quotenpflicht unterlag, durfte ihm der begehrte Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ ungeachtet der Erfüllung der (sonstigen) Anforderungen des Ersten Teiles des NAG jedoch letztlich nur dann erteilt werden, wenn nach dem vom Landeshauptmann gemäß § 12 Abs. 2 NAG zu führenden Register zum Zeitpunkt der Antragstellung noch ein Quotenplatz zum Zweck der Familienzusammenführung frei war.

 

2.4.1. Davon ausgehend bedeutet dies für den vorliegenden Fall, dass nach den vom VwGH in dessen Erkenntnis vom 26. Februar 2013, 2011/22/0120, festgelegten Grundsätzen zu prüfen war, ob am 16. Mai 2013 – d.i. der Tag der Einbringung des Antrages durch den Beschwerdeführer – i.S.d. § 3 Abs. 4 Z. 1 der Niederlassungsverordnung 2013, BGBl II 448/2012, noch ein entsprechender Quotenplatz frei, d.h. noch nicht sämtliche der damals 630 möglichen Aufenthaltstitel für Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen zum Zweck der Familienzusammenführung vergeben waren.

 

2.4.2. In diesem Zusammenhang hat die Oö. Landesregierung mit Schreiben vom 12. November 2014, Zl. IKD(Pol)-161403/5-2014-P/Ha, mitgeteilt, dass der am 16. Mai 2013 gestellte Antrag des Beschwerdeführers „im Quotenregister 2013 auf Platz 302 von insgesamt 630 Plätzen gereiht“ ist und „somit dieser Quotenplatz zur Verfügung“ steht.

 

Sohin war auch diese in § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. b NAG geforderte Voraussetzung erfüllt.

 

2.5. Im Ergebnis hätte daher die belangte Behörde aus allen diesen Gründen den Antrag des Beschwerdeführers nicht abweisen dürfen, sondern diesem einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ auszustellen gehabt.

 

2.6. Gemäß § 20 Abs. 1 NAG waren die befristeten Aufenthaltstitel allerdings generell nur für die Dauer von zwölf Monaten auszustellen.

 

Im Besonderen legte § 20 Abs. 1a NAG (u.a.) bezüglich der vom Rechtsmittelwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z. 2 NAG beantragten „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ fest, dass eine solche für die Dauer von drei Jahren auszustellen war, wenn der Fremde das Modul 1 der Integrationsvereinbarung i.S.d. § 14a NAG erfüllt hatte und in den letzten zwei Jahren durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, es sei denn, dass eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt worden war oder das Reisedokument nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer aufgewiesen hatte.

 

2.6.1. Diesbezüglich ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass zwar der Reisepass des Beschwerdeführers noch bis zum 4. Dezember 2018 gültig ist (dass die Gültigkeitsdauer des Visums bereits am 3. Juni 2015 abgelaufen ist, erweist sich hingegen mit Blick auf die Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z. 3 NAG insoweit unbeachtlich; ebenso kommt auch der Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z. 5 NAG gegenständlich nicht zum Tragen) und er auch das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a Abs. 4 NAG erfüllt hat.

 

2.6.2. Allerdings war er zweifelsfrei in den letzten zwei Jahren vor seiner Antragstellung (16. Mai 2013) nicht durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen (§ 20 Abs. 1a Z. 2 NAG), sodass ihm seitens der belangten Behörde die „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ lediglich für eine Gültigkeitsdauer von 12 Monaten auszustellen gewesen wäre.

 

Wenn vor diesem Hintergrund in § 20 Abs. 2 erster Satz NAG der Beginn der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels an das Ausstellungsdatum geknüpft war, sagt dies allerdings noch nichts über jenen Zeitpunkt aus, zu dem die Behörde konkret zur Ausstellung der „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ verpflichtet gewesen wäre. Mangels materiengesetzlicher Spezialvorschrift kommt daher insoweit die allgemeine Regelung des § 73 Abs. 1 AVG zum Tragen, wonach über Parteienanträge spätestens sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden ist.

 

Da hier der maßgebliche Antrag des Beschwerdeführers vom 16. Mai 2013 faktisch (erst) am 6. Juni 2013 bei der belangten Behörde eingegangen ist, wäre ihm die Karte spätestens am 6. Dezember 2013 auszustellen, zugleich jedoch deren Gültigkeitsdauer gemäß § 20 Abs. 2 erster Satz NAG i.V.m. § 32 Abs. 2 erster Satz AVG mit dem Ablauf des 6. Dezember 2014 zu befristen gewesen.

 

Ein weiter reichendes subjektiv-öffentliches Recht kam dem Rechtsmittelwerber im Ergebnis im Behördenverfahren nicht zu.

 

Davon ausgehend konnte diese Befugnis – als (zusätzliche) mittelbare Konsequenz der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 26 NAG – auch nicht allein dadurch ausgedehnt werden, dass gegen den Bescheid, mit dem die Gewährleistung dieses Rechtes in gesetzwidriger Weise versagt wurde, eine Beschwerde erhoben wird: Denn durch ein Rechtsmittel kann allgemein nur erreicht werden, dass dem Normadressaten jenes subjektiv-öffentliche Recht, das ihm von Gesetzes wegen an sich zukommt (sog. „bestehende Rechtsposition“) und mit dem angefochtenen Bescheid vorenthalten wurde, zuerkannt wird, nicht jedoch auch ein darüber hinausreichender Anspruch.

 

2.7. Zusammengefasst: Weil die am 16. Mai 2013 erfolgte Antragstellung auf Grund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles lediglich eine auf den Zeitraum von einem Jahr befristete Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ i.S.d. § 20 Abs. 1 i.V.m. Abs. 1a NAG begründete und diese Berechtigung zufolge der aus § 81 Abs. 26 NAG spätestens mit Ablauf des 6. Dezember 2014 geendet hätte, ergibt sich somit, dass dem Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Entscheidung ein subjektiv-öffentlicher Rechtsanspruch auf Gewährung eines derartigen Aufenthaltstitels nicht mehr zukommt.

 

 

3. Ergebnis   

 

 

Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

 

Dem steht allerdings eine auf zwischenzeitlich geänderte entscheidungswesentliche Sachverhaltsaspekte gegründete Einbringung eines neuerlichen Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ nicht entgegen.  

 

 

 

IV.

 

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens mit Blick auf die unter Pkt. III. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage zu beurteilen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Ver-waltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

Rechtssatz:

 

LVwG-750061/36/Gf/Mu vom 7. September 2015

 

B-VG Art11 Abs2

B-VG Art133 Abs4

NAG §20

NAG §81 Z26

VwGG §25a

AVG §66 Abs4

 

* Vor dem Hintergrund, dass einerseits die meritorische Erledigungskompetenz des Verwaltungsgerichtes durch die „Sache“ des Behördenverfahrens sowie nach § 27 VwGVG durch die vom Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 Z. 3 VwGVG geltend gemachten Rechtswidrigkeitsgründe und dessen Begehren iSd § 9 Abs. 1 Z. 4 VwGVG begrenzt ist (vgl. VwGH vom 26.3.2015, Ra 2014/07/0077) und der VwGH andererseits in ständiger Rechtsprechung betont, dass das Revisionsverfahren iSd §§ 25a VwGG den Bestimmungen der §§ 502 ff ZPO nachgebildet ist (vgl. z.B. VwGH vom 29.1.2015, Ra 2015/16/0002, und vom 26.2.2015, Ra 2015/07/0028), sodass ein solches Verfahren den Zweck der Kontrolle einer Verwaltungsgerichts-Entscheidung insbesondere hinsichtlich der Lösung der Rechtsfrage verfolgt, es im Verfahren vor dem VwGH also nicht um Sachverhalts- und/oder Tatfragen, sondern um Rechtsfragen, und zwar um solche geht, denen hinsichtlich der Wahrung der Rechtseinheit, Rechts-sicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. insbesondere auch VfGH vom 9.10.2014, G 95/2013), kann insgesamt besehen davon ausgegangen werden, dass die im gegenständlichen Fall von der belangten Behörde erhobenen Amtsrevisionen vom VwGH mit dessen Erkenntnissen vom 30.9.2014, Ro 2014/22/0021, und vom 28.5.2015, Ra 2015/22/0020, – soweit es eben grundsätzliche Rechtsfragen iSd Art. 133 Abs. 4 B VG betrifft – auch umfassend erledigt wurden. Dafür spricht insbesondere schon die Textierung des § 41 VwGG, wonach der VwGH – ausgenommen die Fälle, dass eine Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt – das angefochtene Erkenntnis „im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4) bzw. der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2) zu überprüfen ..... hat“. Daraus folgt, dass der VwGH – insbesondere im Interesse der „Vermeidung von Kassationskaskaden“ (vgl. die E zur RV zur B-VG-Novelle BGBl I 51/2012, 1618 BlgNR, 24. GP, 14) – stets sämtliche Revisionspunkte erledigen, d.h. jene, hinsichtlich der keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, (zumindest implizit) zurückweisen muss.

 

*  Indem der Gesetzgeber im Wege der mit der Novelle BGBl I 68/2013 eingefügten Übergangsvorschrift des § 81 Abs. 26 NAG festgelegt hat, dass die mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim BMI anhängig gewesenen Berufungsverfahren von den Verwaltungsgerichten nach dem NAG „in der Fassung vor der Novelle BGBl.Nr. I 87/2012 zu Ende zu führen“ sind, wurde das von der Judikatur des VwGH im Zusammenhang mit § 66 Abs. 4 AVG entwickelte, nunmehr analog auch das verwaltungsgerichtliche Verfahren generell prägende Prinzip, dass die Rechtsmittelinstanz im Zuge einer von ihr vorzunehmenden meritorischen Verfahrenserledigung grundsätzlich jeweils die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage anzuwenden hat, prima vista lediglich dahin modifiziert, dass dieses Prinzip hier – nur – in Bezug auf Modifikationen der Rechtslage (ausnahmsweise) nicht gelten soll: Denn anstelle der gültigen Fassung soll eben gemäß § 81 Abs. 26 NAG vielmehr dieses Gesetz auf jenem Stand, den dieses am 31. Dezember 2013 bzw. in der bis dahin letzten Modifikation durch BGBl I 50/2012 aufgewiesen hat, heranzuziehen sein. E contrario folgt daraus aber, dass mit einer derartigen Festlegung im Übrigen, d.h., soweit es die Sachverhaltsebene betrifft, die generelle Maßgeblichkeit des allgemeinen Prinzips jedoch nicht tangiert werden sollte. Das hieße, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung die zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Faktenlage zu Grunde zu legen hätte (wobei sich Gegenteiliges insbesondere auch den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen lässt; vgl. die E zur RV, 2144 BlgNR, 24. GP, S. 30). Allerdings gilt es in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass das allgemeine verfahrensrechtliche Prinzip der Heranziehung der zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage aus verfassungs-, nämlich kompetenzrechtlichen Gründen (vgl. Art. 11 Abs. 2 B-VG) schon a priori nur dann und insoweit gilt, als zuverlässig ausgeschlossen werden kann, dass sich aus dem Materiengesetz nicht Abweichendes ergibt, wobei zudem zu bedenken ist, dass solche Spezialregelungen nicht zwangsläufig stets ausdrücklich angeordnet werden müssen, sondern sich auch implizit ergeben können. Gerade Letzteres resultiert hier aber im vorliegenden Zusammenhang aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 20 NAG die Erteilung von Aufenthaltstiteln an eine Befristung gekoppelt hat: Systemlogisch besehen kann eine solche Befristung nämlich nur dann als sinnvoll erscheinen, wenn jene Voraussetzungen, die jeweils die inhaltliche Basis für die gesetzlich bloß befristet gewährte Berechtigung bilden, während der (gesamten) Laufzeit dieses begrenzten Intervalls – und nicht (bloß) zu einem außerhalb desselben gelegenen Zeitpunkt – erfüllt sind; dies zeigt sich im Übrigen auch an der daran anknüpfenden Festlegung, dass Aufenthaltstitel gemäß § 28 Abs. 5 NAG vor Fristablauf entzogen werden können, sobald eine Voraussetzung für deren Erteilung weggefallen ist. Im Ergebnis ist daher vor diesem rechtlichen Hintergrund im Folgenden zu untersuchen, ob dem Bf. der am 16. Mai 2013 beantragte Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ unter Heranziehung der am 31. Dezember 2013 maßgeblichen Fassung des NAG einerseits sowie der zum Zeitpunkt der Erlassung der behördlichen Entscheidung gegebenen Sachlage andererseits zu erteilen war, und bejahendenfalls, in welcher Dauer.

 

* Da der Bf. zweifelsfrei in den letzten zwei Jahren vor seiner Antragstellung nicht durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen (§ 20 Abs. 1a Z. 2 NAG), wäre ihm seitens der belangten Behörde die „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ lediglich für eine Gültigkeitsdauer von 12 Monaten auszustellen gewesen. Wenn vor diesem Hintergrund der maßgebliche Antrag des Beschwerdeführers faktisch (erst) am 6. Juni 2013 bei der belangten Behörde eingegangen ist, wäre ihm die Karte spätestens am 6. Dezember 2013 auszustellen, zugleich jedoch deren Gültigkeitsdauer gemäß § 20 Abs. 2 erster Satz NAG mit dem Ablauf des 6. Dezember 2014 zu befristen gewesen. Ein weiter reichendes subjektiv-öffentliches Recht kam dem Rechtsmittelwerber im Ergebnis im Behördenverfahren nicht zu. Davon ausgehend konnte diese Befugnis – als (zusätzliche) mittelbare Konsequenz der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 26 NAG – auch nicht allein dadurch ausgedehnt werden, dass gegen den Bescheid, mit dem die Gewährleistung dieses Rechtes in gesetzwidriger Weise versagt wurde, eine Beschwerde erhoben wird: Denn durch ein Rechtsmittel kann allgemein nur erreicht werden, dass dem Normadressaten jenes subjektiv-öffentliche Recht, das ihm von Gesetzes wegen an sich zukommt (sog. „bestehende Rechtsposition“) und mit dem angefochtenen Bescheid vorenthalten wurde, zuerkannt wird, nicht jedoch auch ein darüber hinausreichender Anspruch.

 

Schlagworte:

 

Amtsrevision – Erledigungsumfang durch VwGH; Aufenthaltstitel; Übergangsbestimmung – anzuwendende Rechtslage, Befristung der subjektiven Berechtigung; bestehende Rechtsposition – keine Ausdehnung durch Beschwerdeerhebung