LVwG-650452/3/MS/Bb

Linz, 25.09.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde des C. A., geb. x, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S. R., G, S, vom 31. Juli 2015 gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 23. Juli 2015, GZ FE-172/2015, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Klassen AM und B mangels Verkehrszuverlässigkeit und weitere führerscheinrechtliche Anordnungen,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf zehn Monate, gerechnet ab 23. Juli 2015 bis einschließlich 23. Mai 2016, herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

I. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels (im Folgenden: belangte Behörde) vom 23. Juli 2015, GZ FE-172/2015, wurde C. A. (dem Beschwerdeführer – im Folgenden: Bf) die Lenkberechtigung der Klassen AM und B gemäß §§ 24 Abs. 1 Z 1 iVm 25 Abs. 3 und 26 Abs. 1, 2 und 5 FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) im Ausmaß der Dauer von 14 Monaten, gerechnet ab 23. Juli 2015 bis einschließlich 23. September 2015, entzogen, und für denselben Zeitraum gemäß § 30 Abs. 1 FSG eine ausländische Lenkberechtigung aberkannt und dem Bf das Lenken von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet untersagt bzw. vom ausländischen Führerschein zum Nachweis der Lenkberechtigung Gebrauch zu machen.

Weiters wurde der Bf verpflichtet, vor Ablauf der Entziehungsdauer eine verkehrspsychologische Stellungnahme sowie ein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen, gemäß  § 24 Abs. 3 FSG eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren und festgestellt, dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Maßnahmen endet. Darüber hinaus wurde er gemäß § 29 FSG aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern, sofern dieser nicht bereits abgenommen wurde.

Einer allfälligen Beschwerde wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. 

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf am 7. Februar 2015 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Blutalkoholkonzentration von 1,7 ‰) auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr gelenkt und einen Verkehrsunfall mit schwerem Personenschaden verschuldet habe. Aufgrund dieser erwiesenen bestimmten Tatsache, ihrer Wertung und der von ihm im Straßenverkehr gezeigten Sinnesart verfüge er nicht mehr über die zur Lenkung von Kraftfahrzeugen erforderliche Verkehrszuverlässigkeit und lasse sich auch eine negative Prognose für das künftige Verhalten im Straßenverkehr ableiten. Um den Bf von der Begehung vergleichbarer Handlungen abzuhalten und zum Schutz der Allgemeinheit sei daher die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

 

Gegen diesen Bescheid, mündlich verkündet am 23. Juli 2015, erhob der Bf durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter mit Schreiben vom 31. Juli 2015, rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, mit welchem die Herabsetzung der Entziehung der Lenkberechtigung der Klassen AM und B auf die Dauer von drei Monaten beantragt wird.  

 

Zur näheren Begründung trägt der Bf im Wesentlichen vor, dass da beim Verkehrsunfall sein Freund (schwer) verletzt worden sei, das Landesgericht Salzburg ein Strafverfahren gegen ihn geführt habe und er nach § 88 Abs. 1 und 4 2. Fall (§ 81 Abs. 1 Z 2 StGB) rechtskräftig verurteilt worden sei. Besonders gefährliche Verhältnisse habe das Strafgericht nicht angenommen, weshalb es auch der Entziehungsbehörde verwehrt sei, diese anzunehmen. Es sei zwar Nachtzeit und dunkel gewesen, die Fahrbahn sei aus Beton bestanden und trocken gewesen und es habe kein Niederschlag geherrscht. Die von der belangten Behörde zugrunde gelegten widrigen Straßenverhältnisse seien tatsächlich nicht vorhanden gewesen. Überdies hätten die Unfallfolgen im gegebenen Zusammenhang bei der Wertung außer Bedacht zu bleiben. Des Weiteren habe die Behörde vermutet, er sei zu schnell gewesen. Von einer Geschwindigkeitsüberschreitung gehe das Strafgericht aber nicht aus. Vielmehr sei es zum Unfall gekommen, weil er während der Fahrt am Radio manipuliert habe.

 

Überdies bringt er vor, dass ein Sonderfall der Entziehung gemäß § 26 FSG – wie von der belangten Behörde angenommen – nicht vorläge. Diese Bestimmung setze nämlich eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 bzw. 1a bzw. 1b StVO voraus. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 99 Abs. 1 lit. c StVO und die Verwirklichung eines gerichtlich strafbaren (und geahndeten) Tatbestandes liege eine derartige Verwaltungsübertretung nicht vor. Demnach sein von einer Mindestentziehungsdauer von drei Monaten auszugehen, welche nach der Rechtsprechung nur dann überschritten werden dürfe, wenn der Betreffende im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt für einen die Mindestentziehungsdauer überschreitenden Zeitraum verkehrsunzuverlässig ist.

 

Er rügt ferner, dass die Entziehungsdauer ab 23. Juli 2015 gerechnet worden sei und vermeint, dass § 29 Abs. 4 FSG auf den gegenständlichen Fall analog anzuwenden sei, da er seit 7. Februar 2015 kein Kraftfahrzeug lenken durfte.

 

 

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 6. August 2015, GZ FE-172/2015, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm  Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iV m § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

Gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels gesonderten Antrages des anwaltlich vertretenen Bf (VwGH 28. April 2004, 2003/03/0017) und der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage hinreichend geklärt vorliegt und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, unterbleiben. Dass dem Entfall der Verhandlung Art. 6 EMRK oder Art. 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt werden.

 

 

Folgender entscheidungswesentlicher  S A C H V E R H A L T  steht fest:

 

Der am x geborene Bf lenkte am 7. Februar 2015 um 04.20 Uhr den Pkw, Mazda 6, mit dem behördlichen Kennzeichen x, in der Gemeinde H auf der Westautobahn (A 1) von Salzburg kommend in Richtung Wien. Am Beifahrersitz saß zu diesem Zeitpunkt M. G., ein Freund des Bf.

 

Auf Höhe Strkm 285,300 verschuldete der Bf einen Verkehrsunfall, indem er mit dem Pkw rechts von der Fahrbahn abkam, dieser die rechte Leitschiene streifte und infolge Gegenlenkens nach links schleuderte und schließlich über die Mittelleitwand auf die Gegenfahrbahn katapultiert wurde und am Dach zu liegen kam. Dabei erlitten der Bf und dessen Beifahrer Verletzungen und am Fahrzeug entstand Totalschaden. Der Aktenlage nach wurde der Beifahrer des Bf schwer verletzt.

 

Nachdem beim Bf an Ort und Stelle der Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung gegeben war, aufgrund seiner Verletzungen die Durchführung eines Alkomattests durch die einschreitenden Exekutivbeamten der Autobahnpolizeiinspektion Anif jedoch nicht möglich war, ordnete der zuständige Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Salzburg über Rücksprache um 07.20 Uhr die Sicherstellung einer Blutprobe des Unfalllenkers an.

 

Die Untersuchung des Blutes durch die Gerichtsmedizin Salzburg-Linz ergab schließlich einen Blutalkoholgehalt des Bf zum Unfallszeitpunkt von mindestens 1,70 . Laut Gutachten vom 9. März 2015 befand sich der Bf nicht nur unter der berauschenden Wirkung von Ethylalkohol, sondern darüber hinaus auch unter der Wirkung der Droge Cannabis.

 

Das Landesgericht Salzburg hat den Bf im Zusammenhang mit dem genannten Vorfall mit rechtskräftigem Urteil vom 13. Mai 2015, GZ 62 HV 43/15g, wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4 2. Fall (§ 81 Abs. 1 Z 2) StGB schuldig gesprochen und über ihn eine bedingte Freiheitsstrafe von fünf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren verhängt.

 

Zum Vorleben des Bf:

Dem Bf musste bereits im Jahr 2014 die Lenkberechtigung für die Dauer eines Monats (von 21. April bis 21. Mai 2014) aufgrund des Lenkens eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss entzogen werden.  

 

Dieser dargestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Inhalt des behördlichen Verfahrensaktes und ist in dieser Form durch den Bf unbestritten. Der Bf hat weder das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit dem gutachtlich festgestellten Blutalkoholgehalt von 1,70 bestritten noch das Verschulden eines Verkehrsunfalles in Abrede gestellt.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 FSG bildet die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. [...]

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 FSG gilt eine Person dann als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihres Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder durch einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO begangen hat. Es stellt ferner eine bestimmte Tatsache im Sinne des    § 7 Abs. 3 Z 2 FSG dar, wenn jemand beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auch einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht hat und diese Tat daher aufgrund des § 99 Abs. 6 lit. c StVO nicht als Verwaltungsübertretung zu ahnden ist.

 

Gemäß § 99 Abs. 6 lit. c StVO liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat nach diesem Bundesgesetz oder nach den §§ 37 und 37a FSG den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht.

 

Gemäß des ersten Teilsatzes des § 7 Abs. 4 FSG zufolge sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 FSG hat der Antragsteller der Behörde vor der Erteilung einer Lenkberechtigung ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

§ 24 Abs. 3 FSG lautet:

„Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1.    wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.    wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von  zwei Jahren oder

3.    wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.“ [...]

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung der Lenkberechtigung auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei der Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 29 Abs. 3 erster Satz FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz FSG hat die Behörde dem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs. 4), der einen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen. Der eingezogene Führerschein ist der Ausstellungsbehörde zusammen mit einer Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln. [...]

 

 

IV. Der Bf wurde mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 13. Mai 2015,    GZ 62 HV 43/15g wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 3 (§ 81 Abs. 1 Z 2) StGB rechtskräftig verurteilt.

 

In Anbetracht dieser rechtskräftigen Bestrafung ist damit bindend festgestellt (vgl. z. B. VwGH 20. Februar 2001, 98/11/0317), dass der Bf die ihm angelastete Straftat in der im Spruch des Urteiles umschriebenen Weise begangen hat, sodass davon auszugehen ist, dass er am 7. Februar 2015 den Pkw, Kennzeichen x, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Blutalkoholgehalt von 1,70 ‰ auf Straßen mit öffentlichem Verkehr lenkte und schließlich einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verschuldete. Dieses Verhalten des Bf indiziert das Vorliegen einer die Verkehrszuverlässigkeit ausschließenden bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 2 FSG (VwGH 6. April 2006, 2005/11/0214).

 

Im Anlassfall beträgt die Entziehungsdauer gemäß § 25 Abs. 3 FSG mindestens drei Monate. Sofern der Bf meint, die belangte Behörde hätte mit dieser Mindestentziehungsdauer das Auslangen finden müssen, kann ihm nicht beigepflichtet werden. 

 

Die in § 25 Abs. 3 FSG festgesetzte Mindestentziehungsdauer von drei Monaten steht der Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer jedenfalls dann nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die aufgrund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen.

 

In diesem Sinne ist im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs. 4 FSG nachteilig zu berücksichtigen, dass der Bf anlässlich der konkreten Fahrt auch einen Verkehrsunfall verursachte, bei welchem sein Beifahrer schwer verletzt wurde. Aus dem Verkehrsunfall ergibt sich deutlich die besondere Gefährlichkeit von Fahrten in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Die Alkoholisierung des Bf kam nicht im Rahmen einer "bloßen" Verkehrskontrolle zutage, sondern hatte er durch den verursachten Verkehrsunfall eine konkrete Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs dargestellt. Es darf auch nicht übersehen werden, dass der Bf in seinem Zustand einen Pkw bei Dunkelheit auf einer Autobahn lenkte, wobei aufgrund der dort eingehaltenen hohen Geschwindigkeiten im Fall eines Verkehrsunfalles mit besonders schwerwiegenden Folgen zu rechnen ist.

 

Das zusätzliche Verschulden eines Verkehrs­unfalles rechtfertigt jedenfalls eine längere als die in § 25 Abs. 3 FSG vorgesehene Mindestentziehungsdauer, wobei es jedoch auf die Folgen des Unfalles nicht ankommt. Die Unfallfolgen haben bei der Wertung und damit auch bei der Bemessung der Entziehungsdauer außer Betracht zu bleiben (vgl. etwa VwGH 22. Oktober 1991, 91/11/0033; 20. Jänner 1998, 97/11/0217 uva.).

 

Als weiteres Kriterium wirkt sich negativ aus, das gegenständlich kein Fall der Erstmaligkeit einer Alkofahrt vorliegt und der Bf bereits vor dem aktuellen Vorfall einschlägig in Erscheinung getreten ist. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass ihm erst im April 2014 die Lenkberechtigung aufgrund des Lenkens eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss für die Dauer eines Monats (von 21. April bis 21. Mai 2014) entzogen wurde. Der Bf hat somit innerhalb des Zeitraumes von rund zehn Monaten zweimal ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand gelenkt. Dies ist in hohem Maße verwerflich, wobei sich der rasche Rückfall des Bf (zweites Alkoholdelikt in nur zehn Monaten!) massiv zu seinem Nachteil auswirkt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zählen Alkoholdelikte zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften (VwGH 27. Februar 2004, 2002/11/0036 uvm.). Die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte fällt im Rahmen der Bemessung der Entziehungszeit besonders ins Gewicht (z. B. ua. VwGH 23. April 2002, 2000/11/0182).

 

Seit dem Vorfall im Februar 2015 ist der Bf offensichtlich nicht weiter nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich zumindest seither wohl verhalten, wobei  allerdings hervorzuheben ist, dass einem Wohlverhalten des Bf aufgrund der anhängigen Straf- und Entziehungsverfahren in diesem Zeitraum grundsätzlich nur geringe Bedeutung beigemessen werden kann.

 

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände gelangt das Landesverwaltungsgericht im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs. 4 FSG zur Auffassung, dass es im konkreten Fall einer Entziehungsdauer von zehn Monaten bedarf, bis der Bf seine Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt. Dem Beschwerdebegehren auf Herabsetzung der Entziehungsdauer konnte damit in diesem Sinne Erfolg beschieden werden. Nach dieser nunmehr festgesetzten Entziehungsdauer kann erwartet werden, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Bf wiederhergestellt ist. Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit beträgt insgesamt (gerechnet ab der Straftat) circa 15 Monate. Diese Dauer erscheint im Hinblick auf die Schwere der Tathandlung, insbesondere deren besonderer Verwerflichkeit und Gefährlichkeit im konkreten Fall durchaus angemessen und gerechtfertigt. Eine Unterschreitung dieser nunmehr festgesetzten Entzugsdauer bzw. die Verhängung der Mindestentziehungsdauer aufgrund des verschuldeten Verkehrsunfalles und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bereits um sein zweites Alkoholdelikt bzw. die zweite Entziehung der Lenkberechtigung innerhalb nur weniger Monate handelt, was mit sehr hoher Verwerflichkeit behaftet ist, nicht möglich.

 

Zur der von der belangten Behörde festgesetzten Entziehungsdauer von 14 Monaten, welche einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Bf von rund 19 Monaten entsprechen würde, darf angemerkt werden, dass der Verwaltungsgerichtshof diese in ähnlich gelagerten Fällen als zu lang erachtet hat. Es resultiert daher die spruchgemäße Entscheidung.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um eine Schutzmaßnahme im (primären) Interesse anderer Personen vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern (VwGH 22. Oktober 2002, 2001/11/0108, 8. Juli 1983, 82/11/0014). Persönliche und berufliche Interessen am Besitz der Lenkberechtigung haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses außer Betracht zu bleiben (VwGH 24. August 1999, 99/11/0166).

 

Hinsichtlich des Ausspruches über die Aberkennung des Rechts von einer allenfalls bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, wird angemerkt und die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass im Rahmen der 14. Novelle zum FSG, BGBl. I Nr. 61/2011 (Inkrafttretedatum: 19. Jänner 2013) dem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs. 4), der einen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, nunmehr gemäß § 30 Abs. 2 FSG die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen ist.

 

Die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens nach § 8 FSG wurde nicht ausdrücklich in Beschwerde gezogen, sodass sich ein weiteres Eingehen hierauf erübrigt (siehe VwGH 20. April 2004, 2004/11/0018). Anzumerken ist jedoch, dass die Anordnung dieser Maßnahmen bei der festgestellten Alkoholbeeinträchtigung des Bf gemäß § 24 Abs. 3 FSG gesetzlich zwingende Folgen sind. Ergänzend sei noch bemerkt, dass diese Anordnungen auch in den Anwendungsfällen des § 99 Abs. 6 lit. c StVO gelten, wenn, so wie hier der Fall einer Alkoholbeeinträchtigung in Verbindung mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges in die Zuständigkeit des Strafgerichtes fällt.

 

Dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnungen endet, ergibt sich aus der Bestimmung des § 24 Abs. 3 sechster Satz FSG.

 

Die Entziehungsdauer war – entgegen dem Beschwerdevorbringen - ab Verkündung des Bescheides (23. Juli 2015) zu berechnen, weil zur Tatzeit am 7. Februar 2015 keine vorläufige Abnahme des Führerscheins im Sinne des § 29 Abs. 4 FSG erfolgte.

Die Verpflichtung zur unverzüglichen Ablieferung des Führerscheines ist daher zu Recht erfolgt, wobei diese in § 29 Abs. 3 FSG fundiert ist.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist in § 13 Abs. 2 VwGVG begründet. Angesichts der Verkehrsunzuverlässigkeit des Bf ist es geboten, diesen mit sofortiger Wirkung von der Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker von führerscheinpflichtigen Fahrzeugen auszuschließen (z. B. VwGH 20. Februar 1990, 89/11/0252).

 

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des       Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag. Dr.  Monika  S ü ß