LVwG-300057/3/Kl/TK
Linz, 11.02.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn Ing. Mag. G Z, vertreten durch Rechtsanwälte H & P, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 4. November 2013, GZ 37614/2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 22. Jänner 2014
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Anschrift der Baustelle “P-Straße, F“ zu lauten hat.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 100 zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 4. November 2013, GZ 37614/2012, wurde über den Berufungswerber (nunmehr Beschwerdeführer; kurz: BF) eine Geldstrafe von € 500, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 11 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs.1 Z. 1 und § 7 Abs.5 Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH mit dem Sitz in L, Folgendes zu vertreten hat:
„ Die GmbH hat als Bauherrin bei der Baustelle “B N F, F, Lagerhalle, P-Straße, L am 24.8.2012 den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan bei eingetretenen Änderungen nicht unverzüglich anpassen lassen, obwohl dies zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer erforderlich gewesen wäre.
Am 24.8.2012 führten Arbeitnehmer der R A Solarmontagen Montagearbeiten (Errichtung einer Solaranlage) auf dem 5° geneigten Dach der Lagerhalle bei einer Absturzhöhe von ca. 13 m durch, ohne dass Schutzeinrichtungen auf dem Dach angebracht waren.
Der Sige-Plan enthielt bezüglich dieser Montagearbeiten keine Angaben.
Entgegen dem ursprünglichen Projekt wurde von der Bauherrin die Errichtung einer Solaranlage auf dem Dach der Lagerhalle vorgesehen. Die GmbH hat den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan nicht anpassen lassen, obwohl die Arbeitnehmer der R A Solarmontagen die Montage der Solaranlage auf dem 5° geneigten Dach bei einer Absturzhöhe von ca. 13 m durchführten. Eine Anpassung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes wäre aufgrund der Absturzgefahr zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer erforderlich gewesen.
Die GmbH hat den Planungs- und Baustellenkoordinator nicht über die Projektänderung informiert.“
2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Baustelle in F und nicht in L befand und daher ein falscher Tatort genannt wurde. Es sei Verfolgungsverjährung eingetreten. Auch sei das Parteiengehör verletzt worden und eine Beweisaufnahme unterlassen worden. In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass es Aufgabe des Bauherrn sei, dass vor Eröffnung der Baustelle ein Sige-Plan durch den Planungskoordinator erstellt werde. Bei Änderungen sei der Sige-Plan unverzüglich anzupassen, wobei diese Anpassung gemäß § 5 Abs. 3 Bau KG vom Baustellenkoordinator zu erfolgen habe. Dem Gesetz lasse sich keine Informationspflicht des Bauherrn gegenüber dem Koordinator in Bezug auf Änderungen des Sige-Planes entnehmen. Vielmehr komme im Gegenteil dem Baustellenkoordinator eine Hinweispflicht zu. Dieser habe den Bauherrn über festgestellte Gefahren und notwendige Änderungen des Sige-Planes zu informieren. Den Bauherrn treffe lediglich die Pflicht, dass die vom Koordinator durchgeführte Änderung des Sige-Planes in der Praxis zur Anwendung kommt. Eine Informationspflicht über Änderungen sei im Gesetz nicht vorgesehen. Die Behörde verkenne daher die Rechtslage. Auch sei die N Bau KG über die Errichtung einer Solaranlage bereits informiert gewesen. Bereits zu Baubeginn des Projekts sei eine Solaranlage angedacht gewesen. Die Errichtung sollte zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, wobei der Zeitpunkt noch völlig offen gewesen sei. Der Dachstuhl sei aber bereits entsprechend dimensioniert worden, um eine Solaranlage statisch tragen zu können. Die Entscheidung hierüber sei erst im August 2012 aufgrund eines Angebotes der Firma M-S vom 30.7.2012 gefallen. Die Vorbestellung sei per E-Mail vom 7.8.2012 an die Firma M-S erteilt worden und sei der Montagebeginn der Anlage mit 20.8.2012 festgelegt und später auf den 27.8.2012 verschoben worden. Die GmbH selbst habe erst durch die Vorbestellung am 7.8.2012 Kenntnis über die geplante Errichtung der Solaranlage erhalten. Die N Bau KG sei anlässlich der Baustellenkoordination im Gespräch mit der Firma B als Installationsunternehmen gewesen und habe diese über die Errichtung der Solaranlage Bescheid gewusst. Die Errichtung der Solaranlage sei daher auch für die N Bau KG bereits erkennbar gewesen.
Schließlich sei § 7 Abs. 5 Bau KG so formuliert, dass erst “bei eingetretenen Änderungen“ eine unverzügliche Anpassung zu erfolgen hat, nicht etwa “bei bevorstehenden Änderungen“. Anpassungen seien somit nach dem Eintritt von Änderungen vorzunehmen. Im gegenständlichen Fall sei der Beginn der Arbeiten am 23.8.2012 und die Beanstandung am 24.8.2012 gewesen, sodass kein Verzug vorliege. Auch scheitere eine subjektive Vorwerfbarkeit eines allenfalls verwirklichten Tatbestandes. Die Bauarbeiten seien eigenmächtig seitens der Firma R früher, nämlich am 23.8.2012, durchgeführt worden. Die GmbH habe keine Kenntnis über diese Vorverlegung gehabt. Allenfalls sei ein vorliegendes Verschulden nur geringfügig und seien die Folgen unbedeutend. Es sei daher gemäß § 21 Abs. 2 VStG vorzugehen. Hilfsweise sei höchstens mit der halben Mindeststrafe vorzugehen. Der Beschuldigte sei unbescholten und der Erfolg sei lediglich durch ein Unterlassen herbeigeführt worden. Es liegen keine Erschwerungsgründe vor.
3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung (Beschwerde) samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat, nunmehr Oö. Landesverwaltungsgericht, vorgelegt.
Gemäß § 3 Abs. 7 Z. 1 und Z.2 VwGbk-ÜG können mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei den unabhängigen Verwaltungsbehörden anhängige Verfahren von den Verwaltungsgerichten weitergeführt werden, wenn die Rechtssache in diesem Zeitpunkt zur Zuständigkeit eines Senates der unabhängigen Verwaltungsbehörde gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Senates oder des Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und alle Mitglieder dieses Senates bzw. der Einzelrichter dem Senat der unabhängigen Verwaltungsbehörde angehört haben bzw. hat; zur Zuständigkeit eines einzelnen Mitglieds der unabhängigen Verwaltungsbehörde gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und es sich um denselben Organwalter handelt.
Sowohl nach der für den Oö. Verwaltungssenat in Geltung gestandenen Geschäftsverteilung als auch nach der nunmehr geltenden Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ist die eingangs genannte Einzelrichterin zur Entscheidung zuständig. Es war daher das Verfahren fortzuführen.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Jänner 2014, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers (kurz: BF) und ein Vertreter des zuständigen Arbeitsinspektorates erschienen sind. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Es wurde DI A H, Arbeitsinspektorat Linz, und F E als Zeuge geladen und einvernommen. Der weiters geladene Zeuge Baumeister Ing. G N hat sich entschuldigt.
4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest:
Der BF war zum Kontrollzeitpunkt am 24. August 2012 handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH mit dem Sitz in L.
Das Arbeitsinspektorat Linz hat am 24. August 2012 bei der Baustelle“ B N F, F, P-Straße, F“, Errichtung einer Lagerhalle, eine Kontrolle durchgeführt. Es wurden mehrere Arbeitnehmer der Firma A R Solarmontagen (AR) bei Arbeiten auf dem Dach angetroffen. Die Dachneigung betrug ca. 5° und die Absturzhöhe ca. 13 m. Es waren keine Schutzeinrichtungen, weder technische noch persönliche Schutzeinrichtungen vorhanden. Bauherrin ist die GmbH. Die anwesenden Arbeitnehmer der AR wussten nichts vom BauKG. Seitens der Baufirma war niemand anwesend. Die bauführende Firma war die Firma H (HH), zum Baustellenkoordinator war die Firma Baumeister N Bau KG bestellt. Die Firma HH war mit der Herstellung des Rohbaues samt Holzbau beauftragt, also Herstellung der Beton- sowie auch der Holzarbeiten, inklusive Dachkonstruktion. Die Dacheindeckung wurde gesondert vergeben. Die Herstellung des Dachstuhles wurde von der Firma HH in sub an die Firma K weitergegeben. Diese Arbeiten waren zum Kontrollzeitpunkt bereits abgeschlossen, so dass keine Arbeitnehmer dieser Firmen auf der Baustelle waren. Die Planung und örtliche Bauaufsicht hatte die E AG inne, hinsichtlich der Rohbau- und Holzbauarbeiten hatte die Firma HH die Bauleitung. Baubeginn war im Mai 2012. Im ersten Besprechungsprotokoll der Firma HH vom 16.5.2012 ist unter Punkt 01.25 vermerkt, dass auf das Lagerhallendach zu einem späteren Zeitpunkt eine Solaranlage installiert werden soll, alle notwendigen baulichen Maßnahmen seien planlich darzustellen. Erst im Zuge der Bauphase wurde dann entschieden, dass die Solaranlage errichtet wird und mußte daher für die Dachkonstruktion (Verstärkung der Dachkonstruktion) eine statische Nachberechnung und eine Änderung der Dimensionierung der Dachpfetten erfolgen. Die Verstärkung der Dachkonstruktion durch doppelte Pfetten ist im Juni 2012 vergeben und im Juli 2012 ausgeführt worden und war zum Kontrollzeitpunkt abgeschlossen. Auch waren die sonstigen Dacharbeiten, wie das Aufbringen einer Folie, bereits fertig. Mit der Solarmontage wurde am 23. August 2012 begonnen. Weder der Baustellenkoordinator noch der Bauleiter der Firma HH hatten über die Auftragsvergabe für die Solaranlage und die tatsächliche Montage am 24. August 2012 Kenntnis. Ebenso wenig hatte der Bauleiter E D von der E AG (ÖBA und Planung) Kenntnis von der Beauftragung und Montage der Solaranlage. Auch dieser war überrascht davon, dass die Solarfirma schon tätig war.
Mit Urkunde vom 26.6.2012 wurde von der Bauherrin die N Bau KG zum Planung- und Baustellenkoordinator bestellt und wurde zur Wahrnehmung der Koordinationsaufgaben Herr Baumeister Ing. N G als natürliche Person benannt.
Aus einem E-Mail Verkehr ergibt sich ein Angebot der Firma M S vom 30.7.2012 sowie eine Bestellung vom 7.8.2012 mit Montagebeginn am 20.8.2012, später verschoben auf 27.8.2012.
4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung, insbesondere auf die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos und die Aussagen der einvernommenen Zeugen. Die Zeugen machten eine einheitliche Aussage und verwickelten sich nicht in Widersprüche. Es bestand kein Zweifel an der Wahrheitsgemäßheit der Aussagen und waren diese Angaben daher als erwiesen anzusehen. Auch ergibt sich daraus kein Widerspruch zu den vom BF vorgelegten Schriftstücken bzw. Unterlagen.
Eine weitere Beweisaufnahme im Hinblick auf eine eigenmächtige Vorverlegung des Montagebeginnes war nicht entscheidungsrelevant und daher nicht erforderlich.
5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
5.1 Gemäß § 7 Abs.1 BauKG hat der Bauherr dafür zu sorgen, dass vor Eröffnung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wird für Baustellen, für die eine Vorankündigung gemäß § 6 erforderlich ist und für Baustellen, auf denen Arbeiten zu verrichten sind, die mit besonderen Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer verbunden sind.
Gemäß § 7 Abs.5 BauKG ist der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan bei Fortschritt der Arbeiten oder bei eingetretenen Änderungen unverzüglich anzupassen, falls dies zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer erforderlich ist.…. Wenn Änderungen des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes auf Grund von Entscheidungen oder Anordnungen des Bauherrn oder Projektleiters erfolgen, so ist dies im Plan festzuhalten. Der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan ist in der Vorbereitungs- und in der Ausführungsphase zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 6 BauKG).
Gemäß § 5 Abs. 3 Z. 3 BauKG hat der Baustellenkoordinator den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan und die Unterlage unter Berücksichtigung des Fortschritts der Arbeiten und eingetretener Änderungen anzupassen oder anpassen zu lassen.
Gemäß § 10 Abs.1 Z1 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Bauherr die Verpflichtungen nach § 3, § 4 Abs.1, § 6, § 7 oder § 8 dieses Bundesgesetzes verletzt.
5.2. Im Grunde des festgestellten erwiesenen Sachverhaltes wurden am 24. August 2012 auf der Baustelle in F, B N F, F, Lagerhalle, Arbeitnehmer zu Montagearbeiten für eine Solaranlage auf dem Dach herangezogen, wobei die Absturzhöhe ca. 13,0 m und die Dachneigung ca. 5° betrug. Es waren keine Absturzsicherungen und keine Schutzeinrichtungen vorhanden. Die Arbeitnehmer waren auch nicht angeseilt. Die Arbeitnehmer wussten nichts vom BauKG. Der Sige-Plan enthielt bezüglich dieser Dach-Montagearbeiten keine Angaben. Die Errichtung einer Solaranlage auf dem Dach der Lagerhalle wurde von der Bauherrin entgegen dem ursprünglichen Projekt während der Bauphase später entschieden, bei der Ausführung der Dachkonstruktion durch eine entsprechende Verstärkung berücksichtigt, aber im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer eine Anpassung nicht veranlasst und nicht durchgeführt. Es ist keine Anpassung erfolgt, obwohl diese erforderlich gewesen wäre. Der Planungs- und Baustellenkoordinator war über die Projektsänderung nicht informiert. Es war daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer hat der BF die Tat gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich zu verantworten.
Dem Einwand des BF hinsichtlich einer Informationspflicht der Bauherrin ist die Bestimmung des § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 erster und letzter Satz BauKG entgegenzuhalten, wonach die Bauherrin für die Erstellung des Sigeplanes zu sorgen hat und der Sigeplan bei Fortschritt der Arbeiten oder eingetretenen Änderungen unverzüglich anzupassen ist. Wenngleich auch die tatsächliche Durchführung der Anpassung des Sigeplanes eine Verpflichtung des Baustellenkoordinators nach § 5 Abs. 3 Z.3 BauKG darstellt, so statuiert § 7 Abs. 5 BauKG die Verpflichtung zur unverzüglichen Anpassung bei Fortschritt oder Änderungen und ist diese Verpflichtung aus dem systematischen unmittelbaren Zusammenhang zu Abs. 1 als Pflicht der Bauherrin zu sehen. Dies bedeutet, dass die Bauherrin für die Erstellung des nunmehr angepassten Sigeplanes Sorge zu tragen hat. Entsprechend dieser Auffassung sieht auch § 10 Abs. 1 Z.1 BauKG einen Straftatbestand vor, wenn als Bauherr “die Verpflichtungen nach…. § 7…..verletzt“ werden. Wie §§ 3, 6 und 8 sieht § 10 Abs.1 Z.1 BauKG auch den gesamten § 7 als Pflicht des Bauherrn. Eine Einschränkung auf einen bestimmten Absatz wurde nicht getroffen (e contrario Zitierung des § 4 Abs. 1 in § 10 Abs.1 Z.1). Entsprechend wird beim Baustellenkoordinator die Verletzung der Verpflichtungen nach § 5 unter Strafe gestellt (§10 Abs. 1 Z. 4), nicht jedoch die Verletzung des § 7.
Schließlich ist auch noch hervorzuheben, dass die Entscheidung für die Montage einer Solaranlage bereits im Juni bzw. Juli 2012 erfolgte und hiefür auch die verstärkte Dachkonstruktion zur Ausführung gelangte, so dass hier schon unverzüglich eine Änderung des Sigeplanes hätte herbeigeführt werden können. Selbst unter Zugrundelegung des Umstandes, dass die tatsächliche Montage der Solaranlage am 7.8.2012 vergeben wurde, hätte im Sinn der zitierten Bestimmungen erfordert, dass „unverzüglich“, also unmittelbar nach dem 7.8.2012 eine Anpassung des Sigeplanes erfolgt. Der Einwand des BF, dass der tatsächliche Ausführungsbeginn vorgezogen worden sei, ohne dass er hievon Kenntnis erlangt habe, ist daher nicht von Relevanz, weil ein Zeitraum vom 7.8.2012 bis 23.8.2012 verstrichen ist und daher nicht mehr von einer unverzüglichen Reaktion und Anpassung gesprochen werden kann.
Hinsichtlich des Tatortes ist hingegen nicht Verjährung eingetreten, da bei Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen Tatort grundsätzlich der Ort des Sitzes der Unternehmensleitung ist und dieser Tatort auch im gegenständlichen Tatvorwurf mit L angegeben ist. Hinsichtlich der Konkretisierung der Baustelle war die Umschreibung eindeutig und ausreichend mit “B N F, F, Lagerhalle“ und deutete auch die Postleitzahl 10 auf F hin. Es konnte daher eine Berichtigung im Spruch jederzeit vorgenommen werden. Dies war spruchgemäß vorzunehmen.
5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom BF kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der BF initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.
Ein entsprechendes Vorbringen zu seiner Entlastung hat der BF nicht gemacht. Aus seinen Äußerungen ist vielmehr ersichtlich, dass die Bauherrin die Projektänderungen in Auftrag gegeben hat, ohne sich um eine Verständigung der örtlichen Bauaufsicht, der Bauleitung und der Baustellenkoordination zu kümmern. Es ist daher dem BF eine grobe Sorgfaltsverletzung anzulasten. Dass die ausführende Solarfirma einige Tage vor dem verschobenen Termin mit der Ausführung begonnen hat, kann den BF nicht entschuldigen. Vielmehr hätte er für eine termingemäße Ausführung Sorge tragen müssen. Insbesondere ist ihm aber anzulasten, dass er ab der Auftragserteilung eine so lange Zeit verstreichen hat lassen und nicht unverzüglich reagiert hat. Es kann daher das Vorbringen des BF eine Entlastung nicht bewirken. Es war daher jedenfalls von fahrlässiger Tatbegehung und daher vom Verschulden auszugehen.
5.4. Gründe für die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens liegen nicht vor.
5.5. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses keine Erschwerungsgründe zu Grunde gelegt und mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet. Seine persönlichen Verhältnisse wurden mit keinen Sorgepflichten und einem Nettoeinkommen von monatlich € 2000 geschätzt.
Im Hinblick darauf, dass mehrere Arbeitnehmer in besonders gefährlicher Situation angetroffen wurden, war die verhängte Geldstrafe erforderlich, um eine weitere Tatbegehung durch den BF hintanzuhalten und den BF zu einer gesetzeskonformen Vorgehensweise anzuleiten. Auch war bei der Festsetzung der Geldstrafe zu berücksichtigen, dass das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer in hohem Ausmaß gefährdet waren und daher das geschützte Rechtsgut und der Schutzzweck der Norm erheblich verletzt wurden. Es war daher eine weitere Strafherabsetzung nicht zu rechtfertigen. In Anbetracht des gesetzlichen Strafrahmens ist die verhängte Geldstrafe nicht überhöht. Es kann daher vom Landesverwaltungsgericht nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Es war daher die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.
Außer der Unbescholtenheit des BF liegen keine Milderungsgründe vor, sodass die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht gegeben waren. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist ein Erfolg zur Tatbegehung nicht erforderlich, so dass auch diesbezüglich kein Milderungsgrund vorhanden ist.
Auch ist nicht von einem geringfügigen Verschulden des Bf auszugehen, weshalb auch nicht die Voraussetzungen für eine Verfahrenseinstellung oder Ermahnung vorliegen.
6. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren in der Höhe von € 100, d.s. 20 % der verhängten Geldstrafe, festzusetzen (§ 52 Abs. 1 und 2 VwGVG).
7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt