LVwG-300629/7/Re/Rd

Linz, 09.09.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde der Frau B. G., vertreten durch K. S. W. Rechtsanwälte OG, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. Jänner 2015, GZ: 0048863/2013, wegen Verwaltungsübertre­tungen nach dem Arbeitsruhegesetz, den

 

 

 

B E S C H L U S S

 

 

gefasst:

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

III.     Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. Jänner 2015, GZ: 0048863/2013, wurden über die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Fakten 1) bis 3) Geldstrafen von jeweils 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 77 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 27 Abs. 1, § 22f Abs. 3 Arbeitsruhegesetz iVm Pkt. VI.C.a) des Kollektivvertrages für Angestellte und Lehrlinge in Handelsbe­trieben vom 5.12.2012, verhängt.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde der Beschwerdeführerin im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt:

 

„Die Beschuldigte, Frau B. G., geb. am x, whft. in x, x, hat folgende Verwaltungsübertretungen als gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG für die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften hinsichtlich der Feinkostmitarbeiter in der Filiale x bestellte verant­wortliche Beauftragte der M. Warenhandels AG (FN x), mit Sitz in x, zu vertreten:

 

Die M. Warenhandels Aktiengesellschaft hat – wie aus deren Arbeitszeitauf­zeichnungen hervorgeht – nachstehend angeführte im Feinkostbereich tätige Arbeitnehmer an mehreren Samstagen hintereinander nach 13:00 Uhr in der Arbeits­stätte bzw. Filiale in x, x (M. Markt) wie folgt beschäftigt:

 

1)  B. C.

Am Samstag, 6. Juli 2013 von 8:00 bis 11:00 Uhr und von 13:00 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 20. Juli 2013 von 9:30 bis 13:00 Uhr und von 13:45 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 3. Aug. 2013 von 9:30 bis 10:00 Uhr und von 10:45 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 10. Aug. 2013 von 9:30 bis 13:00 Uhr und von 13:45 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 17. Aug. 2013 von 9:30 bis 13:00 Uhr und von 13:45 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 24. Aug. 2013 von 9:30 bis 13:00 Uhr und von 13:45 bis 18:15 Uhr

 

Der oa Arbeitnehmer wurde somit in einem Zeitraum von acht aufeinander folgenden Wochen an 6 Samstagen nach 13:00 Uhr beschäftigt, obwohl bei Beschäftigung an zwei Samstagen nach 13:00 Uhr innerhalb eines Zeitraumes von 4 Wochen die übrigen Samstage dieses Zeitraumes arbeitsfrei zu bleiben haben.

 

2)  T H.:

Am Samstag, 13. Juli 2013 von 10:00 bis 14:00 Uhr und von 15:00 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 20. Juli 2013 von 13:00 bis 15:00 Uhr und von 15:15 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 27. Juli 2013 von 10:00 bis 12:00 Uhr und von 13:30 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 3. Aug. 2013 von 11:00 bis 14:00 Uhr und von 15:00 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 17. Aug. 2013 von 12:00 bis 15:00 Uhr und von 15:30 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 24. Aug. 2013 von 13:00 bis 15:00 Uhr und von 15:15 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 31. Aug. 2013 von 10:00 bis 15:00 Uhr und von 15:30 bis 18:15 Uhr

 

Der oa Arbeitnehmer wurde somit in einem Zeitraum von acht aufeinander folgenden Wochen an 7 Samstagen nach 13:00 Uhr beschäftigt, obwohl bei Beschäftigung an zwei Samstagen nach 13:00 Uhr innerhalb eines Zeitraumes von 4 Wochen die übrigen Samstage dieses Zeitraumes arbeitsfrei zu bleiben haben.

 

3)  R. W..:

Am Samstag, 27. Juli 2013 von 8:00 bis 10:00 Uhr und von 11:30 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 3. Aug. 2013 von 10:00 bis 11:00 Uhr und von 11:30 bis 16:00 Uhr

Am Samstag, 10. Aug. 2013 von 12:00 bis 17:00 Uhr und von 17:30 bis 18:00 Uhr

Am Samstag, 17. Aug. 2013 von 13:00 bis 15:00 Uhr und von 15:30 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 24. Aug. 2013 von 10:00 bis 14:00 Uhr und von 15:15 bis 18:15 Uhr

Am Samstag, 31. Aug. 2013 von 12:00 bis 15:00 Uhr und von 15:30 bis 18:15 Uhr

 

 

Der oa Arbeitnehmer wurde somit in einem Zeitraum von acht aufeinander folgenden Wochen an 6 Samstagen nach 13:00 Uhr beschäftigt, obwohl bei Beschäftigung an zwei Samstagen nach 13:00 Uhr innerhalb eines Zeitraumes von 4 Wochen die übrigen Samstage dieses Zeitraumes arbeitsfrei zu bleiben haben.

 

Dadurch wurde infolge der Beschäftigung der drei oben angeführten Arbeitnehmer zu den genannten Zeiten jeweils das Arbeitsruhegesetz (§ 22 f Abs. 3 ARG) iVm Pkt. VI.C.a) des Kollektivvertrages für Handelsangestellte vom 5.12.2012 übertreten, wonach bei Beschäftigung an zwei Samstagen innerhalb eines Zeitraumes von 4 Wochen die übrigen Samstage dieses Zeitraumes arbeitsfrei zu bleiben haben; selbst bei Zusammenstoßen von 2 aufeinander folgenden Durchrechnungszeiträumen liegen daher die oa Über­tretungen vor.“

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von der Verhängung der Strafe und der Ausspruch einer Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe auf die Mindeststrafe, beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine mangelnde Tatbildverwirklichung vorliege, zumal die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften bezüglich der Feinkostmit­arbeiterin nicht zur verantwortlichen Beauftragten bestellt gewesen sei. Darüber hinaus sei die Entscheidung der belangten Behörde aufgrund einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung und durch Verletzung des Rechts auf Parteiengehör mit wesentlichen Verfahrensmängeln behaftet. Zur Frage des Verschuldens wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin den Mitarbeitern der Filiale in x, x, mehrmals Anweisungen erteilt habe, insbesondere auf die Bestimmungen des ARG zu achten. Diese Anweisungen seien regelmäßig kontrolliert und Sanktionen (Abmahnungen, Geltendmachung von Haftungen bis hin zu dienstrechtlichen Konsequenzen, sogar Entlassungen) angedroht worden, sodass genau jene Maßnahmen ergriffen worden seien, die von der Behörde nach ihrer eigenen Begründung erwartet werden. Es sei jedenfalls ein ausreichendes Kontrollsystem iSd Judikatur des VwGH installiert worden.

Weiters seien die Strafbemessungskriterien des § 19 VStG von der belangten Behörde unrichtig gewertet worden, indem keine Milderungsgründe berück­sichtigt worden seien und überdies die verhängten Geldstrafen in keinem Verhältnis zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Beschwerde­führerin stehen würden.   

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorge­legt. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde am Verfahren beteiligt und äußerte sich mit Stellungnahme vom 20. April 2015 hinsichtlich der Bestellung zur verant­wortlichen Beauftragten dahingehend, dass beim Arbeitsinspektorat eine Meldung zur verantwortlichen Beauftragten von Frau B. G. ausschließ­lich für den Feinkostbereich des gegenständlichen Standortes vorgelegt wurde, aus welcher auch die Einhaltung der Bestimmungen des ARG im sachlichen Zuständigkeitsbereich ersichtlich sei. Der Stellungnahme wurde eine Ablichtung der Meldung angeschlossen. 

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die Verhandlung, wenn bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt wurde festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Vom Arbeitsinspektorat Linz wurde – wie bereits oben erwähnt – die Bestel­lungsurkunde der Beschwerdeführer zur verantwortlichen Beauftragten vorge­legt. Diese Bestellungsurkunde vom 16.3.2010 enthält unter der Rubrik „Sachlicher Zuständigkeitsbereich“ nachstehende Auflistung:

 

Die Einhaltung

 

ja nein

x der Vorschriften des Arbeitsinspektionsgesetzes hinsichtlich der Feinkostmitarbeiter

x der Vorschriften des Arbeitsinspektionsgesetzes hinsichtlich der Fleischmitarbeiter

x der Vorschriften des Arbeitsinspektionsgesetzes hinsichtlich der sonstigen Mitarbeiter

x der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hinsichtlich der Feinkostmitarbeiter

x der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hinsichtlich der Fleischmitarbeiter

x der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hinsichtlich der sonstigen Mitarbeiter

x der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften (AZG, ARG, MSchG, KJBG) hinsichtlich der Feinkostmitarbeiter

x dieser Vorschriften hinsichtlich der Fleischmitarbeiter

x dieser Vorschriften hinsichtlich der sonstigen Mitarbeiter

x der Vorschriften des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutz­gesetzes, der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, der jeweils gültigen Hygienevorschriften, des Maß- und Eichgesetzes, des Qualitätsklassen­gesetzes, des Preisgesetzes, der Druckgasverpackungsverordnung und des Preisauszeichnungsgesetzes hinsichtlich der Feinkosttheke und der Feinkostküche

x dieser Vorschriften hinsichtlich des Fleischarbeits- und –kühlraumes sowie der Fleischregale

x dieser Vorschriften hinsichtlich der sonstigen Filiale

x der sonstigen Vorschriften hinsichtlich des Zustandes der Feinkosttheke und der Feinkostküche

x der sonstigen Vorschriften hinsichtlich des Zustandes der Fleischarbeits- und Kühlraumes

x der sonstigen Vorschriften hinsichtlich des Zustandes der sonstigen Filiale (einschließlich der Vorschriften in Bezug auf Verkehrswege, Fluchtwege, Notausgänge, Ausgänge und dgl).

x der sonstigen die Filiale betreffenden Arbeitnehmerschutzvorschriften

x der sonstigen den Betrieb der Filiale betreffenden Vorschriften

x der sonstigen die Filiale betreffenden Vorschriften„

 

Aus dieser Auflistung geht somit eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführerin als verantwortlichen Beauftragten hinsichtlich der Einhaltung der arbeitszeit­rechtlichen Vorschriften keine Agenden übertragen wurden, somit auch nicht hinsichtlich den Bestimmungen des ARG.   

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verant­wortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

5.2. Wie bereits unter Punkt 4.1. der gegenständlichen Entscheidung festgestellt wurde, umfasst die Bestellungsurkunde der Beschwerdeführerin zur verant­wortlichen Beauftragten ausdrücklich nicht die Verantwortlichkeit für die  Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften (AZG, ARG, MSchG, KJBG). Daraus ergibt sich wiederum, dass die Beschwerdeführerin nicht im Sinne des § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG für den Bereich der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften für die Feinkostmitarbeiter als verantwortliche Beauftragte bestellt worden ist. Damit kann sie hinsichtlich der ihr im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht als verwaltungsstrafrechtlich haftende Person zur Verantwortung gezogen werden.

 

Sohin war der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG zur Einstellung zu bringen.

 

In Anbetracht dieser Feststellungen war ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen mangels Entscheidungsrelevanz nicht mehr geboten.

 

6. Weil die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG.

 

 

II. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger