LVwG-300385/24/PY/PP
Linz, 24.09.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn T. O., vertreten durch W. Rechtsanwälte GmbH, x, x, gegen das Straferkenntnis der
Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10. Juni 2014, GZ: SV96-20-2014, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2015 und 28. August 2015
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom
10. Juni 2014, GZ: SV96-20-2014, wurden über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a. iVm § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 1 und 2 und § 32a Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) 1975, BGBl. Nr. 218/1975, idgF iVm § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991, BGBl. Nr. 52/1991 idgF acht Geldstrafen iHv je 2.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen iHv insgesamt 336 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv 2.000 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
24 Arbeitsstunden und am 11.11.2013 mit 9 Arbeitsstunden (Übertr. § 6
Abs. 2 AuslBG)
9,5 Arbeitsstunden, vom 8.11.2013 - 13.11.2013 mit insges. 34 Arbeitsstunden und am 19.11.2013 mit 9 Arbeitsstunden (Übertr. § 6 Abs. 2 AuslBG)
TO als Beschäftiger iSd § 3 Abs. 3 leg.cit. zu sehen. Wird ein Ausländer unter den im § 6 Abs. 2 AuslBG genannten Voraussetzungen für einen längeren Zeitraum als eine Woche auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt, so verliert die ursprünglich erteilte Beschäftigungsbewilligung ex lege ihre Gültigkeit. Von der Ausnahme der „echten Leiharbeit“ im Sinn des § 6 Abs. 2 AuslBG kann aufgrund der Überschreitung der Wochenarbeitszeit bei einem jeden der acht Ausländer, respektive der Beschäftigung außerhalb der territorialen Gültigkeit der Beschäftigungsbewilligungen, kein Gebrauch gemacht werden.
T. GmbH der Insolvenzverwalter verantwortlich war.
5.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl.
Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot-Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung Künstler“ oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus", eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt-EU" besitzt.
Nach § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3
Abs. 5 leg.cit,
d) nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder
Nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsberechtigung – Künstler“ oder keine
"Rot-Weiß-Rot - Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein
(§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder "Daueraufenthalt – EU" besitzt; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.
5.2. Der Bf bestreitet, dass er in den angeführten Tatzeiträumen als Beschäftiger der von der Firma H. überlassenen rumänischen Staatsangehörigen die Übertretung der Bestimmungen des AuslBG zu verantworten hat. Ein gegenteiliges Beweisergebnis ist im Verfahren vor dem
Oö. Landesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. VwGH vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).
Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs. 2 lit. a und b AuslBG ist u.a., dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher
(Arbeitsverhältnis) bzw. wirtschaftlicher (arbeitnehmerähnliches Verhältnis) Abhängigkeit des Arbeitenden vom Beschäftiger ausgeübt wird. Dabei ist der Beschäftiger derjenige, der gegenüber dem Arbeitnehmer bzw. dem arbeitnehmerähnlich Beschäftigten Aufträge erteilt, Arbeitsmittel zur Verfügung stellt bzw. eine Dienst- und Fachaufsicht im Sinne einer organisatorischen Eingliederung des Arbeitnehmers in seinen Betrieb ausübt (vgl. VwGH vom 19. Oktober 2005, Zl. 2002/09/0167, mwN).
Ein Werkvertrag liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. VwGH vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).
Dem Bf ist es im Beweisverfahren gelungen glaubwürdig darzulegen, dass die gegenständlichen Arbeiter zu den im Spruch angeführten Zeiten nicht im Auftrag und auf Rechnung der Firma T. tätig waren. Ein gegenteiliges Beweisergebnis, dass zweifelsfrei auf eine Beschäftigung der von der Firma H. überlassenen Arbeiter durch die Firma T. schließen lässt, ist dagegen nicht erkennbar. Vielmehr geht nicht nur aus der Verantwortung des Bf, sondern insbesondere auch aus den Aussagen der im Verfahren einvernommenen Zeugen hervor, dass in diesem Zeitraum bereits die Firma H. – vermittelt durch den Bf – die Fertigstellungsleistungen auf der Baustelle durchführte. Der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses erhobene Tatvorwurf, wonach der Bf die angeführten Arbeiter im Tatzeitraum entgegen den Bestimmungen des AuslBG beschäftigt habe, lässt sich daher nicht weiter aufrechterhalten.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht Anwendung findet, hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Andrea Panny