LVwG-000100/13/Bi

Linz, 21.09.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn Dr. H K, D, S im Innkreis, vertreten durch x K-G RAe GmbH, T Straße 1, A, vom 15. April 2015 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/I. vom 24. Februar 2015, Pol96-18-2014, wegen Übertretung des OÖ. Hundehaltegesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17. September 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

 

II.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer den Betrag von

14 Euro als Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 6 Abs.1 iVm 15 Abs.1 Z5 und Abs.2 OÖ. HHG 2002 eine Geldstrafe von 70 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt. Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, er habe am 18. März 2014, 14.00 Uhr, im Ortsgebiet St. Martin i.I. Radweg im Bereich des Hauses Disseits x , im Zuge einer Spazierfahrt mit dem Fahrrad den Jagdhund „x“ (Rüde, Rasse Deutsch-Drahthaar, Farbe braun schimmel, Hundemarke Nr. x) seiner Gattin Mag. Dr. U K-Z nicht an der Leine oder mit Maulkorb geführt, obwohl Hunde an öffentlichen Orten im Ortsgebiet an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden müssten.

 

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Am 17. September 2015 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf und der Zeugen K Z (Z) und Ing. A G (G) durchgeführt. Der Vertreter der belangten Behörde war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, er sei mit dem Hund auf Nachsuche gewesen, wobei es keine gesetzlichen Bestimmungen gebe, wie eine solche Nachsuche auszusehen habe. Der Zeuge Z sei erst nach dem eigentlichen Vorfall aus seinem Haus gekommen und habe den Vorfall nicht wahrgenommen. Die Begründung des Straferkenntnisses sei phrasenhaft und die Beweiswürdigung mangelhaft. Die Behauptung der belangten Behörde, im Zuge der Nachsuche werde eine Waffe zum Töten von Tieren mitgeführt, sei unverständlich und falsch, und die Annahme im Hinblick auf den Abtransport eines allfälligen Kadavers sei lebensfremd und nicht begründet.

Er nehme pro Jahr mit seinem Jagdhund auf angeschossenes bzw verunfalltes Schalenrehwild etwa 10 bis 15 Nachsuchen vor, zum Teil angekündigt aber auch überraschend. Da der Hund als Bringselverweiser fungiere, benötige er weder eine Vorbereitungszeit noch eine entsprechende Ausrüstung. Das Mitführen eines Jagdgewehrs sei ebenso wenig notwendig, weil der Hund darauf trainiert sei, noch lebendes Schalenwild abzudrosseln. Dazu wird seine eigene und die zeugenschaftliche Einvernahme des Jagdleiters G beantragt. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Bf gehört, die Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses berücksichtigt und der Zeuge Z unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 288 StGB und G als Auskunftsperson einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bf war am 18. März 2014 gegen 14.00 Uhr mit dem genannten Jagdhund, der weder einen Maulkorb trug noch angeleint war, im Ortsgebiet von
St. Martin i.I. unterwegs, wobei der Hund nach seinen Aussagen im Zuge einer Nachsuche als Bringselverweiser fungierte und den Bahndamm nach verunfalltem Rehwild absuchte, während der Bf mit dem Fahrrad den auf der anderen Straßenseite gelegenen Radweg befuhr.

Beim Haus Diesseits x, dem Haus des Zeugen Z, befand sich ein Gehege mit Hühnern, die auch auf der anschließenden nicht eingezäunten Wiese frei herumliefen. Der Bf verlor beim Haus den sich dahinter bewegenden Hund kurz aus den Augen, hörte unmittelbar darauf Hühner und sah beim Näherkommen, dass der Hund gerade ein Huhn erwischt hatte, worauf er sofort versuchte, den Hund davon abzubringen.

Der Zeuge Z war gerade mit dem Abdecken von Holz beschäftigt, als er von seinem Sohn auf den die Hühner jagenden Hund aufmerksam gemacht in Richtung Wiese lief und den Bf anschrie, er solle seinen Hund, der inzwischen auch ins Gehege eingedrungen war, zurückpfeifen. Schließlich begannen sich der Zeuge Z und der Bf gegenseitig zu beschimpfen.

Im Ergebnis waren der Hahn und eine Legehenne sofort tot, eine weitere musste der Zeuge Z nach eigenen Angaben schlachten; der Bf bezahlte später alle drei Hühner.

 

Der Bf machte in der Verhandlung geltend, er habe Nachricht von einem Unfall mit Wildschaden beim in der Nähe gelegenen Bahnübergang erhalten und an diesem Tag mit dem Hund nach dem verunfallten Reh gesucht. Dabei könne er den Hund weder an der Leine führen noch ihm einen Maulkorb anlegen, zumal dieser darauf trainiert sei, verletztes noch lebendes Wild durch Abdrosseln zu erlösen. Es sei ihm klar, dass das Ortsgebiet Jagdgebiet sei, wobei die Hühner auch auf der uneingefriedeten Wiese herumgelaufen seien, auf die sich die Nachsuche erstrecke. Dass der Hund dabei ab und zu Haustiere wie Hühner, Katzen oder kleine Hunde erwische, passiere eben und sei im Wesentlichen zu tolerieren. Er habe den Schaden ja auch bezahlt.

 

Der Jagdleiter G bestätigte in der Verhandlung als Auskunftsperson, der Bf sei im Genossenschaftsjagdgebiet einer von zwei Jägern, die mit als Bringselverweiser ausgebildeten Jagdhunden Nachsuchen durchführen könnten. Dabei handle es sich um bei Wildunfällen angefahrene und verletzte Tiere, wobei das Töten von verletztem Wild im Wohngebiet mit Waffen ohnehin problematisch sei und die dafür ausgebildeten Jagdhunde den Vorteil hätten, dass sie bloß angeschossenes oder verunfalltes Wild ohne Zeitverlust und unnötiges Leiden durch Abdrosseln erlösten. Müssten die Hunde im Ortsgebiet an der Leine geführt werden oder gar einen Maulkorb tragen, wäre diese Arbeit nicht möglich und die Nachsuche von Rehwild im Ortsgebiet generell in Frage gestellt. Er werde als Jagdleiter meist von der Polizei ersucht, aber auch von Lenkern, deren Fahrzeuge eine Kaskoversicherung hätten, direkt angerufen, und untertags sei es schwierig, einen der beiden berufstätigen Jäger zu erreichen. Die Nachsuche gestalte sich auch insofern schwierig, als die Unfallortangaben oft nicht stimmten und daher ein Hund unabdingbar sei, um die oft auch weitere Umgebung einer Unfallstelle absuchen zu können. Aus seinen Aufzeichnungen gehe hervor, dass um diesen Tag herum tatsächlich ein Reh bei der Nachsuche gefunden worden sei. Am 21. März 2014 habe der Bf ein Reh eingetragen, das an die Tierkörperverwertung gegangen sei.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 15 Abs.1 Z5 HHG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer        gegen die Leinenpflicht oder Maulkorbpflicht gemäß § 6 Abs. 1 oder 2 verstößt.

Gemäß § 6 Abs.1 leg.cit. müssen Hunde an öffentlichen Orten im Ortsgebiet an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden. Unter dem Begriff „Ortsgebiet“ sind gemäß § 1 Abs.2 Z4 leg.cit. die Straßenzüge innerhalb der Hinweiszeichen „Ortstafel“ und „Ortsende“ gemäß § 53 Z17a und 17b StVO und geschlossen bebaute Gebiete mit mindestens fünf Wohnhäusern zu verstehen.

 

Unbestritten ist, dass sich die Wiese beim Haus Diesseits x im Ortsgebiet
St. Martin i.I. befindet und auch nicht eingezäunt war, dh die Nachsuche hatte sich auch auf diese Wiese zu erstrecken, auch wenn dort die Jagd gemäß § 4 Jagdgesetz ruht.

Weder das OÖ. Jagdgesetz noch das Hundehaltegesetz sehen eine Ausnahme von der Leinen- bzw Maulkorbpflicht für Jagdhunde bei der Nachsuche im Ortsgebiet vor. Damit gilt die im OÖ. Hundehaltegesetz normierte Leinen- bzw Maulkorbpflicht auch für die bei der Nachsuche verwendeten Jagdhunde, soweit sie im Ortsgebiet eingesetzt werden – eben um eine unbeabsichtigte Gefährdung oder gar Schädigung von Haustieren zu verhindern.

Auch wenn er ihn nur kurz aus den Augen verloren hatte, hatte der Bf als Lenker eines Fahrrades keine Möglichkeit, unmittelbar auf seinen Jagdhund einzuwirken, um diesen davon abzuhalten, (berechtigterweise) frei laufende Hühner zu jagen und zu töten. Dass ein Jagdhund bei der unmittelbaren Nachsuche nicht an der Leine geführt werden kann, versteht sich von selbst. Aber selbst wenn die Verwendung eines Maulkorbes den Hund am sofortigen Töten von Fallwild hindert, ist damit die Nachsuche im Ortsgebiet nicht grundsätzlich unmöglich. Ein als Bringselverweiser ausgebildeter Jagdhund hat ohnehin Möglichkeiten, das Auffinden verletzten Wildes anzuzeigen, die Tötung muss dann im Ortsgebiet eben etwas zeitversetzt nach Entfernen des Maulkorbes erfolgen.

Eine andere Sichtweise der maßgebenden Bestimmung des OÖ. Hundehalte­gesetzes ist aus all diesen Überlegungen nicht möglich.

 

Im ggst Fall ist zwar naheliegend, aber nicht mit letzter Sicherheit erwiesen, dass sich der Vorfall tatsächlich im Zuge einer Nachsuche ereignet hat. Ob der Bf eine Waffe mitführte und welche Schuhe er trug, ist dabei unerheblich. Der Transport getöteten Fallwildes auf dem Fahrrad ist ebenfalls nicht erforderlich.

Der Bf hat die Nichteinhaltung der ihm zur Last gelegten Bestimmung des OÖ. Hundehaltegesetzes nicht bestritten und in objektiver Hinsicht den ihm vorgeworfenen Tatbestand ohne jeden Zweifel erfüllt; da ihm die Glaubhaft­machung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Die Voraussetzungen des § 45 Abs.1 Z4 VStG lagen nicht vor, weil von geringfügigem Verschulden nicht auszugehen war. Anhaltspunkte für eine Notstandssituation lagen nicht vor, weil die Wiese frei einsehbar und eine   erfolgreiche Nachsuche dort von vornherein auszuschließen war.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 15 Abs.2 OÖ. HHG bis 7000 Euro Geldstrafe, gemäß § 16 Abs.2 VStG bis 2 Wochen Ersatzfrei­heitsstrafe reicht.

Der Bf ist unbescholten, was von der belangten Behörde zutreffend als Milderungsgrund gewertet wurde. Zugrundegelegt wurde unwidersprochen ein Einkommen als Rechtsanwalt und das Fehlen von Sorgepflichten und Vermögen. Der Bf hat die drei toten Hühner finanziell abgegolten.

Das Landesverwaltungsgericht vermag damit nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessens­spielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe berücksichtigt die Kriterien des § 19 VStG. Anhaltspunkte für eine Strafherabsetzung finden sich nicht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.   

 

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Gemäß Abs.2 ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 4. Jänner 2016, Zl.: Ra 2015/02/0240-3