LVwG-410576/12/MS/MD

Linz, 13.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde des Finanzamtes Linz, B, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. März 2015, GZ: Pol96-303-2014, mit dem ein Verwaltungsstrafverfahren nach dem Glücksspielgesetz gegen die mitbeteiligte Partei, Herrn I R, Z, L, vertreten durch Dr. F M, Rechtsanwalt, D, W, eingestellt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und die mitbeteiligte Partei wegen folgender Tat für schuldig erkannt:

 

„I R, Z, L, hat am 30. April 2014 im von N R betriebenen Lokal ‘S V’ in L, H/W, bei einer von Organen des Finanzamts Linz durchgeführten Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz, bei der im Lokal vier Walzengeräte und drei Hundewettterminals eingeschaltet und betriebsbereit vorgefunden wurden, an denen gegen den Einsatz vermögenswerter Leistungen Gewinne für Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig war, in Aussicht gestellt wurden, als für das Lokal allein verantwortlicher Dienstnehmer des N R und damit als eine Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, nach Beantwortung der ersten vier Fragen auf sämtliche weiteren der an ihn anlässlich der Aufnahme einer Niederschrift um 12.10 Uhr gerichteten Fragen der tOrgane des Finanzamts Linz mit ‘Ich berufe mich auf die Dienstanweisung.’ geantwortet und dadurch gegen seine Pflicht, den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, verstoßen.

 

I R hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl 620/1989 i.d.F. BGBl I 70/2013; § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG, BGBl 620/1989 i.d.F. BGBl I 13/2014.

 

Gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt.”

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Schreiben vom 22. Mai 2014 erstattete die Bf gegen den Mitbeteiligten bei der belangten Behörde Anzeige wegen des Verdachts einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG mit der Begründung, dass bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG durchgeführten Kontrolle am 30. April 2014 im Lokal „S V“, H, L, Betreiber: R N, von der Firma R N keine Person anwesend gewesen sei, welche den Kontrollorganen umfassende Auskünfte über die gegenständlichen Geräte erteilen konnte. Der Mitbeteiligte als anwesender Mitarbeiter der Firma R N habe die Aussage verweigert. Der Mitbeteiligte habe diesbezüglich eine Dienstanweisung der Firma R N vorgelegt. Gemäß § 50 Abs. 4 GSpG hätten Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen. Als Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, seien auch Bedienstete zu verstehen, die für den Bereich der Glücksspiele organisatorisch verantwortlich sind. Trotz Belehrung und Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 50 Abs. 4 GSpG und die Folgen der Nichteinhaltung gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG seien die notwendigen Auskünfte nicht erteilt worden.

 

I.2. In der daraufhin ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. Juni 2014 wurde dem Mitbeteiligten von der belangten Behörde vorgeworfen, dass er es „als Mitarbeiter gemäß § 9 Abs. 1 VStG“ des öffentlichen Lokals S V mit Sitz in L, H, strafrechtlich zu verantworten habe, dass er am 30. April 2014 um ca. 12.10 Uhr im angeführten Lokal im Zuge einer Kontrolle nach dem GSpG den Organen des Finanzamts Linz jegliche Auskünfte verweigert habe, obwohl Amtssachverständigen und Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen seien, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach dem GSpG aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sei. Im Hinblick auf § 19 Abs. 2 VStG ging die belangte Behörde von einem Nettoeinkommen des Mitbeteiligten in Höhe von 2.000 monatlich davon aus, dass der Mitbeteiligte über kein Vermögen verfüge und ihn keine Sorgepflichten treffen würden.

 

I.3. In seiner Rechtfertigung vom 3. Juli 2014 bestritt der Mitbeteiligte, dass er die ihm zu Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen habe bzw. dass er durch sein Verhalten einen Straftatbestand gesetzt habe und stellte den Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens. Jedenfalls werde bis zum Vorliegen entsprechender Ermittlungsergebnisse die Anwendbarkeit des von der Behörde herangezogenen Gesetzes bestritten. Ihm sei die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchaus bekannt, wonach der Verfahrensgrundsatz, dass die Verwaltungsbehörde von Amts wegen vorzugehen habe (§ 39 Abs. 2 AVG), die Partei nicht von der Verpflichtung befreie, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten. Es sei richtig, dass keine Auskünfte erteilt wurden. Dies sei mit Dienstanweisung auch vorgeschrieben worden. Nach mittlerweile gefestigter Meinung des UVS OÖ, unter anderem zu den Zahlen: VwSen-301206/3/WEl/Ba vom 26.03.2013, VwSen-301232/2/WEI/Ba vom 3.4.2013, VwSen-360070/2/MB/WU vom 8.4.2013, stehe fest, dass das Erteilen einer Dienstanweisung im Verwaltungsstrafverfahren zulässig sei, um Schaden durch die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen oder Betriebsgeheimnissen zu verhindern. Abgesehen davon, dass ein „normaler Angestellter" nicht einmal ansatzweise korrekte Auskünfte geben könnte. Darüber hinaus sei schon aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 50 GSpG eine Eingrenzung der Duldungs- und Mitwirkungspflicht zu sehen. Besteht nämlich eine Verdachtslage, welche dem Gesetz nach zur Rechtfertigung der Beschlagnahme notwendig ist, so könne dem Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ folgend eine im Verdacht stehende Person nicht dazu verpflichtet werden, Beweise gegen sich selbst zu liefern. Denn ab diesem Zeitpunkt handle es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.

 

I.4. In einer weiteren Stellungnahme vom 25. Juli 2014 brachte der Mitbeteiligte vor, dass in der Anzeige der Bf vom 22. Mai 2014 die Regelung des § 50 Abs. 4 GSpG zitiert werde. Es stehe jedenfalls fest, dass der Mitbeteiligte keine Auskünfte betreffend der von der Finanzpolizei gestellten Fragen geben habe können, da er auf diese Fragen auch keine Antwort gewusst habe. Das gegenständliche Lokal werde von Herrn N R betrieben und handle es sich beim Mitbeteiligten lediglich um einen Angestellten. Schon allein aus diesem Grund sei § 50 Abs. 4 GSpG hier nicht anzuwenden, da es sich bei einem Angestellten nicht um eine Person handle, die Glücksspieleinrichtungen bereithält. Wie die Finanzpolizei rechtlich den Schluss ziehe, dass Personen die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, auch als Bedienstete zu verstehen seien, die für den Bereich der Glücksspiele organisatorisch verantwortlich sind, lasse sich nicht erklären. Im Übrigen ergebe sich, dass der Tatvorhalt schlichtweg falsch sei. Es sei eine Niederschrift gemäß § 50 Abs. 4 GSpG verbunden mit der Strafdrohung gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG verfasst worden. Schon allein aus diesem Grund stehe fest, dass der Mitbeteiligte offensichtlich auch als Beschuldigter im zu führenden Strafverfahren wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes geführt werde. Hierbei bestehe jedoch das Recht eines jeden Beschuldigten sich selbst nicht belasten zu müssen. Schon allein aus diesem Grund könne eine Übertretung  der  angeführten   Gesetzesbestimmungen   nicht vorliegen. Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass es mittlerweile ständige Judikatur der Landesverwaltungsgerichte sei, dass Dienstanweisungen an Mitarbeiter   ausgegeben   werden   dürfen,   um   Betriebsgeheimnisse zu bewahren. Genau das sei hier der Fall gewesen, wie sich auch aus der übermittelten Dienstanweisung ergebe.

 

I.5. In ihrer Stellungnahme vom 14. August 2014 brachte die Bf in Erwiderung der Rechtfertigung des Mitbeteiligten vor, dass der Mitbeteiligte gegenüber den Kontrollorganen in der niederschriftlichen Befragung nicht angegeben habe nichts über die Geräte zu wissen bzw. die Antworten auf die Fragen nicht zu wissen, sondern habe er auf eine Dienstanweisung verwiesen und verweigert, den Kontrollorganen Auskünfte zu erteilen. Der VwGH habe mit Entscheidung vom 20.06.2012, 2012/17/0114, klargestellt, wer als Auskunftsperson im Sinne des § 50 Abs. 4 GSpG zu betrachten ist: „Unter einer ‚Person, die Glücksspiel­einrichtungen bereit hält‘, kann jedoch schon nach dem Wortsinn und dem Gesetzeszweck jemand verstanden werden, der de facto für die Bereithaltung einer ‚Einrichtung‘, mit der Glücksspiele von Dritten gespielt werden können, sorgt. Das Bereithalten wird vom Gesetzgeber in § 50 Abs. 4 GSpG vom ‚Veranstalten‘ und ‚Anbieten‘ eines Glücksspielapparates unterschieden. Das ‚Bereithalten‘ setzt somit keine rechtlich organisatorische Beziehung zu der Glücksspieleinrichtung in dem Sinne voraus, dass jemand das Spiel organisierte, dass die Verträge mit ihm abgeschlossen würden oder die Spiele auf seine Rechnung erfolgten. Der Gesetzgeber wollte mit der Bestimmung offensichtlich auch eine Auskunftsverpflichtung jener Personen schaffen, die zwar mit der Veranstaltung des Spiels nicht im eben genannten Sinne zu tun haben, die aber durch ihr Verhalten die Durchführung des Spiels erst ermöglichen und in vielen Fällen bei Kontrollen die einzigen Personen sind, die den Kontrollorganen Auskünfte erteilen können. Im Falle der Aufstellung eines Glücksspielapparats in einem Lokal trifft somit die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG nicht nur den Betreiber des Apparats, der in einer großen Zahl der Fälle nicht im Lokal anwesend sein wird, sondern den- oder diejenigen, die faktisch für die Verfügbarkeit des Apparats sorgen.“ Weiters habe der VwGH mit dieser Entscheidung festgestellt: „Die gesetzliche Verpflichtung nach § 50 Abs. 4 GSpG besteht lediglich darin, umfassend Auskünfte zu erteilen, die Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG knüpft an die Nichterteilung der Auskünfte, nicht etwa an das Bereithalten des Apparats an. Es bestehen insoweit keine Bedenken, auch Personen, die keinen Einfluss auf die Entscheidung betreffend das Aufstellen des Apparats haben, in die Auskunftspflicht und damit in den Straftatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG einzubeziehen.“ Ferner habe der VwGH bereits mit Entscheidung vom 25.02.2004, 2002/03/0273, bezüglich der Mitwirkungspflicht der Partei klargestellt: „Dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens korrespondiert nach der hg. Rechtsprechung (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 89/04/0139) eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind, insbesondere, wenn die Behörde zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes der Mitwirkung der Partei bedarf, weil sich die Behörde die für den maßgeblichen Sachverhalt relevanten Daten nicht von Amts wegen verschaffen kann.“ Für die vom Mitbeteiligten bzw. dessen Rechtsvertretung vertretene Meinung, dass beim Mitbeteiligten § 50 Abs. 4 GSpG nicht anzuwenden sei, bleibe somit kein Raum. Entgegen der Meinung des Mitbeteiligten bzw. dessen Rechtsvertretung würden die nach § 50 Abs. 4 GSpG zur Auskunft verpflichteten Personen von der Finanzpolizei nicht als Zeugen bzw. Beschuldigte niederschriftlich befragt, sondern als Auskunftsperson, welches schon aus der jeweils vor Beginn der Befragung erteilten Rechtsbelehrung klar zu ersehen sein müsste. Dass rechtswidrige Weisungen, auch durch an sich weisungsgebundene Dienstnehmer, nicht zu befolgen seien, habe der OGH auf eindeutige Weise beantwortet. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die „Dienstanweisung“ keinerlei Anweisungen enthalte, sondern vielmehr - mit Ausnahme der Angaben zu Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen - bloß eine Sammlung von Behauptungen oder Feststellungen. Die als unter das Betriebsgeheimnis fallend aufgezählten Daten könnten im Übrigen weder als Beurteilungskriterium für die Begehung von Verwaltungsübertretungen nach dem GSpG qualifiziert werden, noch im Verwaltungsstrafverfahren nach dem GSpG von Bedeutung sein. Diesbezügliche Fragen würden deshalb im Zusammenhang mit einer Kontrolle nach dem GSpG auch nicht gestellt. Die der Dienstanweisung angeschlossene, vom jeweiligen Bediensteten unterfertigte „Erklärung“ müsse deshalb schlicht unbeachtlich bleiben, weil mit diesem Schriftstück bloß eine Rechtsmeinung des Einzelunternehmens R N gegenüber den Kontrollorganen zum Ausdruck gebracht werde, nicht jedoch eine Verpflichtung des Unterfertigten gegenüber dem Einzelunternehmen R N. Ferner würden die Unterfertigten durch die „Dienstanweisung“ auch nicht verpflichtet, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu wahren, sondern werde bloß allgemein die Entlassung bei einem Verstoß gegen die Dienstanweisung in Aussicht gestellt. Schließlich liefere das Einzelunternehmen R N dem Unterfertigten noch Argumente für die Verweigerung der Auskunft (arg.: „sodass aus dieser Sicht die Aussage rechtlich gedeckt zu verweigern ist“). Die mit der Wendung „...aus dieser Sicht“ verbundene Verhaltensregel stelle zweifelsfrei keine Dienstanweisung, sondern vielmehr bloß einen vermeintlich guten Rat dar. In jedem Fall sei jedoch darauf hinzuweisen, dass von der Finanzpolizei Fragen grundsätzlich nicht gestellt werden würden, welche Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse betreffen könnten, wie aus den mit anderen Beschuldigten aufgenommenen, der Behörde vorliegenden Niederschriften unschwer eingesehen werden könne. Die - stets gleichgestellten - Fragen seien nur auf die im Zusammenhang mit verbotenen Ausspielungen beurteilungsrelevanten Sachverhalte gerichtet.

 

I.6. In einer weiteren Stellungnahme vom 23. September 2014 brachte der Mitbeteiligte vor, dass das GSpG in der momentan geltenden Fassung unionsrechtswidrig sei. Diesbezüglich werde auf die Entscheidung des EuGH in der Rs Pfleger, C-390/12, sowie die direkte Umsetzung und somit die Bestätigung der Unionsrechtswidrigkeit durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter anderem zu LVwG-410286, LVwG-410348, LVwG-410390, verwiesen. Aufgrund der angeführten Entscheidungen stehe fest, dass bis zur endgültigen Klärung durch den VwGH von der Unionsrechtswidrigkeit des GSpG auszugehen sei. Gegenteilige Entscheidungen von anderen Landesverwaltungsgerichten lägen nicht vor.

 

I.7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. März 2015 wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Mitbeteiligten eingestellt. Der Spruch des Bescheides lautet wie folgt:

 

Von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen Herrn R I. geb. x, wegen des Verdachts einer Übertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 des Glücksspielgesetzes 1989 – GSpG (Verstoß gegen die Duldungs- oder Mitwirkungspflicht gem. § 50 Abs. 4 GSpG bei der Kontrolle am 30.04.2014 in L, H), wird abgesehen und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:   § 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, idgF.“

 

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter anderem in seiner Entscheidung LVwG-410076 festgestellt habe, dass schon auf Grund des Wortlauts des § 50 Abs. 4 GSpG eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich werde. Diese Pflichten erstreckten sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht auf einen Verstoß gegen das GSpG vor, so ende die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handle es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG. Da also eine Duldungs- und Mitwirkungspflicht schon bei Bestehen eines begründeten Verdachts auf einen Verstoß gegen das GSpG ende und ein solcher bereits im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens vorliege (Verdacht der Übertretung nach dem GSpG), sei mangels Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung und Aufklärung von Delikten keine mit Strafe bedrohte Handlung möglich. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG habe die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Wie der Anzeige der Finanzpolizei vom 22. Mai 2014 zu entnehmen sei, habe den Grund der Einvernahme „der Verdacht der Übertretung gem. § 52 Abs. 1 Z 5 gem. GSpG 1989 idgF“ gebildet. Somit habe der Verdacht auf einen Verstoß gegen das GSpG vorgelegen. Damit habe auch die Duldungs- und Mitwirkungspflicht geendet, weswegen auch keine Verwaltungsübertretung vom Mitbeteiligten begangen worden sei. Die dem Mitbeteiligten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung - Verstoß gegen die Duldungs- und Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG - bilde im gegenständlichen Fall keine Verwaltungsübertretung, weswegen von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen sei.

 

I.8. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Schriftsatz vom 10. März 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem Antrag, den bekämpften Bescheid zu beheben und eine Bestrafung auszusprechen. Zur Begründung führte die Bf aus, dass vorweg festzuhalten sei, dass der Mitbeteiligte weder Tatsachen, noch Argumente vorgebracht habe, welche die angelasteten Verletzungen der Mitwirkungspflicht zu widerlegen geeignet sein könnten. Bei einer durch die Finanzpolizei (FPT 40) am 30. April 2014 im Lokal „S V", L, H, durchgeführten Kontrolle sei der Mitbeteiligte seiner Verpflichtung im Sinne des § 50 Abs. 4 GSpG nicht nachgekommen. Der Mitbeteiligte habe die Aussage verweigert und keine der ihm niederschriftlich gestellten Fragen beantwortet. Dies mit dem Verweis auf eine bestehende Dienstanweisung. Mit Anzeige vom 22. Mai 2014 sei deshalb eine Bestrafung des Mitbeteiligten wegen Verletzung der Duldungs- und Mitwirkungspflichten im Sinne des § 50 Abs. 4 i.V.m. § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG, nämlich wegen der Nichterteilung von umfassenden Auskünften, an die belangte Behörde beantragt worden. In seiner Stellungnahme sei von dem rechtsfreundlich vertretenen Mitbeteiligten nicht bestritten worden, dass seinerseits keine Auskünfte erteilt wurden. Begründet wurde dies damit, dass ihm dies durch die Dienstanweisung so vorgeschrieben worden sei. Zweifelsohne sei der Mitbeteiligte als Person anzusehen gewesen, die Glücksspieleinrichtungen bereithält. Mit der Verweigerung der Aussage unter Verweis auf die Dienstanweisung, läge sohin ein Verstoß gegen die Bestimmungen des § 50 Abs. 4 GSpG vor. Dem Mitbeteiligten seien allgemeine Fragen gestellt worden, welche weder Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse betroffen hätten, geschweige denn habe er sich mit der Beantwortung der Fragen selbst belasten können. Da er nicht als Beschuldigter in einem nachfolgenden Strafverfahren gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG anzusehen gewesen sei, habe es für ihn keine Aussageverweigerungsgründe im Sinne des „Nemo tenetur“ Prinzips gegeben. Die Begründung der belangten Behörde, wonach sich die Duldungs- und Mitwirkungspflichten nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG beziehen würden und bei einem Verdacht auf einen Verstoß gegen das GSpG die Duldungs- und Mitwirkungspflicht enden würden, könne weder aus dem Gesetzeswortlaut abgeleitet werden, noch werde dies durch die vorhandene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Thematik der Duldungs- und Mitwirkungspflichten bestätigt. In § 50 Abs. 4 GSpG beziehe sich der Teilsatz „soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist“ lediglich auf das Betreten von Betriebsstätten, Betriebsräumen und anderen Räumlichkeiten (auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist). Ein Bezug zu den im nächsten Satz des § 50 Abs. 4 GSpG beschriebenen Mitwirkungspflichten könne hier jedenfalls nicht gesehen werden, weshalb die Auskunftsverpflichtung gemäß § 50 Abs. 4 GSpG der Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, jedenfalls bestehen bleibe (und auch durch eine eventuelle Dienstanweisung nicht unwirksam gemacht werden könne). Falsch sei die Feststellung der Behörde, dass „der Grund der Einvernahme ‚der Verdacht der Übertretung gem. § 52 Abs. 1 Z 5 gem. GSpG 1989 idgF‘ bildete“. Mit dem Mitbeteiligten sei am Kontrolltag eine Niederschrift „mit einer gemäß § 50 Abs. 4 GSpG zur Auskunft verpflichteten Person“ aufgenommen worden, Gegenstand der Amtshandlung sei der „Verdacht der Übertretung des Glücksspielgesetzes“ gewesen. In der dort angeführten Rechtsbelehrung sei der Hinweis auf § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG (Hinweis auf die Folgen einer ungerechtfertigten Aussageverweigerung) angeführt. Die in der Niederschrift gestellten (allgemeinen) Fragen würden sich auf die Glücksspielgeräte und damit in Zusammenhang stehende Punkte beziehen, jedoch nicht auf Verdachtsmomente den § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG betreffend.

 

I.9. Mit Schreiben vom 16. März 2015, eingelangt am 18. März 2015, wurde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt. Am 10. Juni 2015 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher der Vertreter des Mitbeteiligten ein schriftliches Vorbringen zur Unionsrechtswidrigkeit des GSpG samt Beweisanträgen erstattete und ein Urkundenkonvolut vorlegte.

 

 

II.1. Es wird (ergänzend zu Punkt I.) folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen angenommen:

 

Am 30. April 2014 führten Organe des Finanzamts Linz (Team: Finanzpolizei) im Lokal „S V“ in L, H/W, eine Kontrolle nach § 50 GSpG durch. Zu Kontrollbeginn waren keine Gäste anwesend. Die Kontrollorgane fanden vier Walzenspielgeräte und drei Hundewettterminals eingeschalten und betriebsbereit vor.

 

Von den Organen der Finanzpolizei wurden folgende Probespiele durchgeführt:

 

FA-Nr              Spiel                           mögliche Einsätze      in Aussicht gestellte Gewinne

1                      Ring of Fire                 0,20 – 5,50 Euro         20 Euro + bis zu 898 SG

2                      Lucky Dragon 0,20 – 5,50 Euro         20 Euro + bis zu 248 SG

3                      Moko Mania               0,20 – 5,50 Euro         20 Euro + bis zu 498 SG

4                      Lucky bar                   0,20 – 5 Euro  20 Euro + bis zu 198 SG

5                      Hunderennen  0,50 – 15 Euro            Höchstquote: 87,80

7                      Hunderennen  0,50 – 10 Euro            Höchstquote: 42,03

 

Am Gerät FA-Nr. 6 (Hunderennen) wurden keine Testspiele durchgeführt.

 

Anlässlich der vorläufigen Beschlagnahme der gegenständlichen Geräte nach § 53 Abs. 2 GSpG wurden die Kassenladen der Geräte im Beisein des Mitbeteiligten geöffnet. Die Schlüssel für die Geräte wurden vom Mitbeteiligten den Kontrollorganen ausgehändigt und zusammen mit den Geräten vorläufig beschlagnahmt. Das für die Durchführung der Probespiele erforderliche Geld wurde den Kontrollorganen vom Mitbeteiligten zur Verfügung gestellt und nach Beendigung der Probespiele wieder aus den Geldladen der Geräte entnommen und dem Mitbeteiligten zurückgegeben. Dem Mitbeteiligten wurde eine Ausfertigung der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme ausgefolgt.

 

Der Spielablauf der virtuellen Walzenspiele (Geräte FA-Nr. 1 – 4) stellt sich wie folgt dar:

 

Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen.

 

Bei den Hunderennen (Geräte FA-Nr. 5 – 7) stellt sich der Spielablauf wie folgt dar:

 

Bei den Geräten konnten „Wetten“ auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen aufgezeichneten Hunderennen abgeschlossen werden. Die Kunden konnten lediglich einen Einsatzbetrag und einen oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine „Wette“ darauf abschließen. Danach war der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 30 Sekunden dauernde Rennereignis abzuwarten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststand. Die auf diesen Geräten angebotenen Spiele waren „Wetten“ auf den Ausgang der Wiedergabe aufgezeichneter (virtueller) Hunderennen. Diese Rennen waren Aufzeichnungen von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen Rennveranstaltungen. Die Kunden hatten keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Spielergebnisse. Sie konnten nur einen Einsatz wählen und eine Siegwette abschließen und anschließend den Rennausgang abwarten. Der Ausgang dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

Betreiber des Lokals „S V“ in L, H/W, und damit auch Inhaber der gegenständlichen Geräte war zum Kontrollzeitpunkt Herr N R. Dieser wurde während der Kontrolle von den Kontrollorganen im Lokal nicht angetroffen. Der Mitbeteiligte war zum Zeitpunkt der Kontrolle am 30. April 2014 Dienstnehmer des N R. Außer dem Mitbeteiligten waren im Zeitpunkt der Kontrolle keine weiteren Dienstnehmer des N R im Lokal anwesend. Der Mitbeteiligte war zu diesem Zeitpunkt für das gegenständliche Lokal allein verantwortlich.

 

Um 12.10 Uhr begann die Aufnahme einer Niederschrift mit dem Mitbeteiligten durch die Beamten der Finanzpolizei. Nach einer Belehrung des Mitbeteiligten über die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG und die daran anknüpfenden verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen beantwortete der Mitbeteiligte zunächst noch die ersten an ihn gerichteten Fragen („Wer ist der Lokalbetreiber? Für wen arbeiten Sie? Wer ist der Geschäftsführer dieses Betriebes? TelNr dieser Personen?), indem er den Namen des Lokalbetreibers, N R, angab. In der Folge stellten die Kontrollorgane der Finanzpolizei dem Mitbeteiligten die nachstehenden Fragen, auf die der Mitbeteiligte jeweils antwortete: „Ich berufe mich auf die Dienstanweisung.“ Im Einzelnen wurden dem Mitbeteiligten folgende Fragen gestellt:

 

Wie lange stehen die Geräte schon in diesem Lokal?

Wer hat die Geräte geliefert, wer hat die Aufstellung vermittelt?

Wer ist der Veranstalter (‚Aufsteller‘, ‚Betreiber‘ der Geräte, also auf wessen Rechnung gehen Gewinn und Verlust durch den Betrieb dieser Geräte)?

Wer ist Eigentümer der Geräte?

Welche Spiele insgesamt (genaue Arten) können auf dem (n) Gerät(en) durchgeführt werden?

Laufen die Spiele selbständig auf dem Gerät ab oder wird der Spielverlauf von einem anderen Ort aus gesteuert (Wenn ja/von wo)?

Wer hat sie in der Handhabung des Gerätes (Einschalten, Gewinne auszahlen und am Gerät abbuchen, Störungsfälle,...) unterwiesen?

Wie hoch kann der jeweilige Spieleinsatz (von - bis) gewählt werden?

Welche (Höchst-)Gewinne sind möglich, wo werden diese Beträge am Gerät genau dargestellt?

Welche Bonus- Jackpot-, Mystery- oder sonstige zusätzlichen Gewinnmöglichkeiten können unter welchen Bedingungen auf diesem Gerät erreicht werden?

Was bedeutet die nach jedem erreichten Gewinn angebotene ‚Gamble‘-Möglichkeit (Hoch-Tief, Schwarz-Rot,....., angezeigt durch zwei wechselnd blinkende Tasten), bzw., was bedeutet die mit dem Wort ‚GAMBLE‘ beschriftete Taste (Vorführen und Schritt für Schritt dokumentieren)?

Welche Karten (Kundenkarte, Chipkarte,...) und/oder Schlüssel, bzw., Fernbedienung zum Betrieb der Geräte wurden ihnen übergeben?

Welchem Zweck genau dient jeder der übergebenen Gegenstände?

Verfügen sie über einen Schlüssel zur Geldlade?

Verfügen sie über Zugang zur Buchhaltung? Falls nicht, wie überprüfen sie ihre Angestellten bei der Auszahlung? Zeigen sie die Buchhaltungsdaten auf den Geräten.

Zu welchem Zweck besitzen sie diesen Schlüssel?

Wer schaltet die Spielgeräte nach der Sperrstunde aus und wer schaltet sie wieder ein?

Wer kommt in welchen Abständen in das Lokal, um die Gerätekassen zu leeren und mit ihnen die ausbezahlten Gewinne abzurechnen?

Wann war diese Person zuletzt im Lokal?

Wann erwarten sie diese Person zum nächsten Mal?

In welchem Verhältnis wird abgerechnet? Es wird ihnen vorgehalten, dass, bei Glücksspielen üblicherweise die Aufteilung der Erlöse im Verhältnis 50:50 erfolgt.

Wie wurde diese Aufteilung dokumentiert?

Gibt es einen (schriftlichen) Vertrag mit dem Aufsteller? Sie werden aufgefordert diesen Vertrag vorzulegen.

Wie werden die ausbezahlten Gewinne am Gerät abgebucht, bzw., mit dem Aufsteller abgerechnet?

Wie werden die Gewinne ausbezahlt, wenn in der Geldlade noch nicht ausreichend Einnahmen enthalten sind, bzw., wenn besondere Gewinnhöhen (Jackpot,...) erreicht werden, die den Kasseninhalt übersteigen?

Wer wird vom ihnen im Falle einer Störung verständigt? (Name, Anschrift, Telefon, Handy, Spitzname)

Wer führt Wartungs-, Reinigungs- und Servicearbeiten durch?

Wer hat die Einleitung der Datenleitung (ADSL, ISDN, Standleitung, sonstiger Internetanschluss,...) in das Lokal bezahlt, bzw., wer zahlt die laufenden Gebühren dafür?

Wie haben sie die erhaltenen Gewinne in die Buchhaltung aufgenommen?

Wann wurden die Geräte von mir/dem Betreiber zuletzt geleert? Welcher Betrag wurde dabei entnommen?

 

Die Dienstanweisung, auf die sich der Mitbeteiligte während seiner Befragung berief, datiert auf den 2. Mai 2013, wurde vom Mitbeteiligten bzw. von N R als Dienstgeber unterfertigt und hat folgenden Wortlaut:

 

1.)      Die gegenständlichen Eingabeterminals wurden von der Firma R N aufgestellt und werden von dieser betrieben bzw. bereitgehalten. Auskunftsverpflichtet ist nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nur das zuständige Organ der Firma R N (Geschäftsführer oder dessen Beauftragter). Im Lokal anwesende Personen – Bedienungspersonal, Putzpersonal, Techniker, etc... sind nicht auskunftsverpflichtet, es wird ihnen somit untersagt, eine Auskunft zu erteilen.

 

2.)        Der Betrieb von Eingabeterminals (Eingabeterminal vor Ort) basiert auf einer Reihe von technischen Vorgängen (Verbindung über das Internet, Datentransfer, etc...), welche allesamt Betriebsgeheimnisse sind. Ebenso unter das Betriebsgeheimnis fallen Umsatzzahlen, Anzahl der Spieler, Art der gespielten Spiele, Art und Umfang der eingesetzten Beträge, der gewonnenen oder verlorenen Spiele. Diese Daten dürfen deshalb nicht bekannt gegeben werden, da die Gefahr besteht, dass diese Daten an die Öffentlichkeit und somit auch an die Konkurrenz gelangen. Eine solche Datenveröffentlichung kann insbesondere anlässlich einer HV vor dem jeweiligen Strafbezirksgericht in einem Verfahren wegen § 168 StGB erfolgen, als auch in einem Verwaltungsstrafverfahren oder Beschlagnahmeverfahren vor dem UVS und Verfahren, in denen diese Verhandlungen öffentlich sind. Mit Bekanntgabe der oben genannten Daten und Betriebsvorgängen erwächst der Firma R N ein bedeutender, möglicherweise nicht wieder gut zu machender, Schaden. Es würde daher die Verletzung des hiemit kundgetanen Betriebsgeheimnisses bzw. der Bruch der Verschwiegenheit zur sofortigen Entlassung führen.

 

3.)        § 49 Abs. 1 lit b) AVG lautet:

Die Aussage darf von einem Zeugen verweigert werden: über Fragen, die er nicht beantworten könnte, ohne eine ihm obliegende staatlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit, von der er nicht gültig entbunden wurde, zu verletzen oder ein Kunst- Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren.

 

Es dient daher zur Kenntnis, dass die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht bzw. Preisgabe von Betriebsgeheimnissen nicht nur der Firma R N zu Schaden gerät, sondern auch denjenigen, der das Betriebsgeheimnis preisgibt, zum Schadenersatz verpflichtet. Es entsteht daher dem betroffenen ein noch nicht absehbarer Schaden, sodass aus dieser Sicht die Aussage rechtlich gedeckt zu verweigern ist.

 

Hiermit bestätigt Herr/Frau R I dass er/sie die Dienstanweisung gelesen und verstanden hat. Jeder Verstoß gegen diese Dienstanweisung hat eine fristlose Entlassung zur Folge.

 

Darüber hinaus unterfertigten der Mitbeteiligte und N R eine „Erklärung zur Dienstanweisung für Herrn/Frau R I“ mit folgendem Wortlaut:

 

I.

 

Ich erkläre, keine Auskunft gemäß § 50 Abs. 4 GSpG zu erteilen.

 

Ich bin im gegenständlichen Betrieb beschäftigt, wobei meine Tätigkeit weder auf das Veranstalten, Anbieten oder das Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen gerichtet ist.

 

Ich bin daher nicht auskunftsverpflichtet.

 

II.

 

Laut der Behörde gleichzeitig vorgelegten Dienstanweisung bin ich verpflichtet über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren.

 

Dies ist zulässig, wie der UVS OÖ mit Erkenntnis vom 26.03.2013, GZ.: VwSen-301206/3/WEI/Ba entschieden hat.

 

Ich bin daher zu keiner Aussage verpflichtet und werde auch nicht aussagen.

 

Der Mitbeteiligte ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

 

II.2. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den im Akt befindlichen Unterlagen, insbesondere der Anzeige der Finanzpolizei, der Niederschrift mit dem Mitbeteiligten, den GSp26-Formularen, der Fotodokumentation, der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme sowie dem Aktenvermerk vom 30. April 2014, sowie aus den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussagen des Leiters der verfahrensgegenständlichen Amtshandlung, C L und des ebenfalls bei der Kontrolle anwesenden AR J S.

 

Die Feststellung, dass das für die Durchführung der Probespiele erforderliche Geld vom Mitbeteiligten zur Verfügung gestellt wurde, ergibt sich aus der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme, in welcher es unter anderem heißt: „Nach Beendigung der Testspiele wurden die jeweils € 15,- (insgesamt € 105,-) aus den Geldladen 1 bis 7 entnommen und Herrn R I zurück gegeben.

 

Die Feststellung, dass die Schlüssel für die Geräte den Kontrollorganen vom Mitbeteiligten ausgehändigt wurden, ergibt sich daraus, dass die Geräte von den Kontrollorganen geöffnet wurden, die Schlüssel laut der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme und den in diesem Zusammenhang angefertigten Aktenvermerk der Kontrollorgane vom 30. April 2014 beschlagnahmt wurden und dass weder im genannten Aktenvermerk, noch in der Niederschrift oder in der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme von anderen im Lokal anwesenden Mitarbeitern des Lokalbetreibers die Rede ist. Auch in der mündlichen Verhandlung wurden von den Zeugen C L und J S, die für die Finanzpolizei bei der Kontrolle im Lokal anwesend waren, keine anderen Dienstnehmer genannt.

 

Auf die gleichen Überlegungen bzw. auf den Umstand, dass auch der Lokalbetreiber selbst von den Kontrollorganen nicht angetroffen wurde und es der Mitbeteiligte war, dem eine Ausfertigung der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme ausgefolgt wurde, gründen sich auch die Feststellungen, dass außer dem Mitbeteiligten im Zeitpunkt der Kontrolle keine weiteren Dienstnehmer des N R im Lokal anwesend waren bzw. dass der Mitbeteiligte zu diesem Zeitpunkt für das gegenständliche Lokal allein verantwortlich war.

 

 

III. § 50 Glücksspielgesetz (GSpG):

„(1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden.

(2) Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssachverständigen des § 1 Abs. 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.

(3) Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. Die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen.

(4) Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.

[...]“

 

§ 52 Glücksspielgesetz (GSpG):

„(1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

[...]

5. wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs. 3 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs. 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 verstößt;

[...]“

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Die vom Rechtsvertreter des Mitbeteiligten vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen das österreichische Glücksspielmonopol sind im Hinblick auf die dem Mitbeteiligten im gegenständlichen Verfahren angelastete Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 i.V.m. § 50 Abs. 4 GSpG nicht von rechtlicher Relevanz (vgl. VwGH 15.3.2013, 2012/17/0590). Die Verpflichtungen nach § 50 Abs. 4 GSpG setzen keinen gesetzwidrigen Betrieb von Glücksspieleinrichtungen voraus, sondern richten sich unterschiedslos an alle Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten. Sie hätten den Mitbeteiligten daher auch dann getroffen, wenn sich im gegenständlichen Lokal legaler Weise Glücksspieleinrichtungen befunden hätten. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob das Glücksspielmonopol im Widerspruch zum Unionsrecht steht, da selbst im Falle einer Unionsrechtswidrigkeit der diesbezüglichen Bestimmungen des GSpG die Regelung des § 50 Abs. 4 GSpG und die daran anknüpfende Strafbestimmung des § 52 Abs. 1 Z 5 letzter Fall GSpG weiterhin anzuwenden wären. Auf eine Auseinandersetzung mit dem auf die Frage der Unionsrechtswidrigkeit bezogenen Vorbringen samt Beweisanträgen bzw. mit den vorgelegten Urkunden konnte daher mangels Relevanz für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens verzichtet werden.

 

IV.2. Unter einer „Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält“, kann schon nach dem Wortsinn und dem Gesetzeszweck jemand verstanden werden, der de facto für die Bereithaltung einer „Einrichtung“, mit der Glücksspiele von Dritten gespielt werden können, sorgt. Das „Bereithalten“ setzt keine rechtlich-organisatorische Beziehung zu der Glücksspieleinrichtung in dem Sinn voraus, dass jemand das Spiel organisierte, dass die Verträge mit ihm abgeschlossen würden oder die Spiele auf seine Rechnung erfolgten. Der Gesetzgeber wollte mit der Bestimmung des § 50 Abs. 4 GSpG offensichtlich auch eine Auskunftsverpflichtung jener Personen schaffen, die zwar mit der Veranstaltung des Spiels nicht im eben genannten Sinne zu tun haben, die aber durch ihr Verhalten die Durchführung des Spiels erst ermöglichen und in vielen Fällen bei Kontrollen die einzigen Personen sind, die den Kontrollorganen Auskünfte erteilen können. Im Falle der Aufstellung eines Glücksspielapparats in einem Lokal trifft somit die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG nicht nur den Betreiber des Apparats, sondern auch den- oder diejenigen, die faktisch für die Verfügbarkeit des Apparats sorgen. Die Abgrenzung, welche Angestellte des Lokalbetreibers damit von der Auskunftspflicht erfasst sind, hat sich nach dem Aufgabenbereich des Angestellten zu richten. Ein Mitarbeiter, der sich als für das Lokal verantwortlich bezeichnet, gehört jedenfalls zum Kreis der auskunftspflichtigen Personen, weil er damit auch im Rahmen seiner Befugnisse für die Umsetzung der betriebsintern bestehenden Anordnungen zuständig ist, ob und welche Apparate für Dritte im Lokal verfügbar sind. Dass einem Angestellten keinerlei Einfluss auf die Entscheidung, welche Apparate bereitgehalten werden, zusteht, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht maßgeblich. Die gesetzliche Verpflichtung nach § 50 Abs. 4 GSpG besteht lediglich darin, umfassend Auskünfte zu erteilen, die Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG knüpft an die Nichterteilung der Auskünfte, nicht etwa an das Bereithalten des Apparats an. Es bestehen insoweit keine Bedenken, auch Personen, die keinen Einfluss auf die Entscheidung betreffend das Aufstellen des Apparats haben, in die Auskunftspflicht und damit in den Straftatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG einzubeziehen (vgl. VwGH 20.6.2012, 2012/17/0114; 15.3.2013, 2012/17/0590; 22.10.2013, 2013/17/0168; 21.8.2014, Ra 2014/17/0004).

 

Vorweg ist festzuhalten, dass an den verfahrensgegenständlichen Geräten Spiele angeboten wurden, deren Ausgang ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhing und bei denen gegen Einsatz einer vermögenswerten Leistung ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde. Die gegenständlichen Geräte boten daher Glücksspiele i.S.d. § 1 Abs. 1 GSpG und sind als Glücksspieleinrichtungen zu qualifizieren.

 

Der Mitbeteiligte war im Zeitpunkt der gegenständlichen Kontrolle der einzige im Lokal anwesende Dienstnehmer des Lokalbetreibers bzw. war zu diesem Zeitpunkt für das gegenständliche Lokal allein verantwortlich. Der Lokalbetreiber, N R, wurde von den Kontrollorganen im Lokal nicht angetroffen. Schon allein aus diesen Gründen kam dem Mitbeteiligten faktisch die Macht zu, für die Verfügbarkeit oder Nichtverfügbarkeit der von den Kontrollorganen vorgefundenen Geräte zu sorgen. Diese Annahme wird auch dadurch bestätigt, dass die Kassenladen der Geräte in seinem Beisein geöffnet wurden, dass von ihm die Schlüssel für die Geräte den Kontrollorganen ausgehändigt wurden, dass von ihm das für die Durchführung der Probespiele erforderliche Geld den Kontrollorganen zur Verfügung gestellt wurde bzw. ihm das Geld nach Beendigung der Probespiele zurückgegeben wurde und dass ihm schließlich auch eine Ausfertigung der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme ausgefolgt wurde. Der Mitbeteiligte war daher im Kontrollzeitpunkt als eine „Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält“ nach § 50 Abs. 4 GSpG verpflichtet, den Organen der öffentlichen Aufsicht (zu denen nach § 50 Abs. 3 GSpG auch die Organe der Abgabenbehörden zählen) umfassend Auskünfte zu erteilen.

 

IV.3. Die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG wird durch das Verbot des Selbstbezichtigungszwangs eingeschränkt, wenn bereits vor der Durchführung der Befragung ein konkreter Verdacht einer dem Befragten zuzurechnenden Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 GSpG oder einer Straftat nach § 168 StGB besteht (vgl. VwGH 24.2.2014, 2013/17/0834). Der Mitbeteiligte des gegenständlichen Verfahrens ist jedoch als Dienstnehmer des Lokalbetreibers gerade nicht vom Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst und war  daher hinsichtlich dieses Delikts auch nicht als Beschuldigter anzusehen (vgl. VwGH 22.10.2013, 2013/17/0168). Eine Berufung des Mitbeteiligten auf das Verbot des Selbstbezichtigungszwangs scheidet folglich mangels der dafür erforderlichen konkreten Verdachtslage aus.

 

IV.4. Auch die Bestimmung des § 49 Abs. 1 Z 2 AVG, nach der von einem Zeugen die Aussage unter anderem über Fragen, die er nicht beantworten könnte, ohne ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren, verweigert werden darf, vermag die Weigerung des Mitbeteiligten, jedwede an ihn in der Niederschrift gerichteten Fragen (mit Ausnahme der ersten vier Fragen) zu beantworten, nicht zu rechtfertigen. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung darf die Aussage selbst bei Vorliegen eines anerkannten Entschlagungsgrundes nicht vollständig, sondern nur „über Fragen“ verweigert werden, deren Beantwortung die durch § 49 Abs. 1 Z 1 bis 3 AVG geschützten Interessen verletzen würde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 49 Rz. 2). Der Mitbeteiligte verweigerte jedoch pauschal die Aussage auch über solche Fragen, bei deren Beantwortung die Verletzung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen (im Sinne von unternehmensbezogenen Tatsachen kommerzieller oder technischer Art, an deren Nichtoffenbarung der Geschäfts- oder Betriebsinhaber ein wirtschaftliches Interesse hat [vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 40 Rz. 24]) von vornherein nicht in Betracht kam (z.B.: „Wer hat Sie in der Handhabung des Gerätes unterwiesen?“ „Verfügen Sie über Zugang zur Buchhaltung?“ „Wer schaltet die Spielgeräte nach der Sperrstunde aus und wer schaltet sie wieder ein?“ „Wann wurden die Geräte von mir/dem Betreiber zuletzt geleert?“).

 

Davon abgesehen normiert § 50 Abs. 4 GSpG ausdrücklich die Verpflichtungen, „umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewährenbzw. besteht der Sinn und Zweck einer Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG darin, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG eingehalten werden (vgl. VwGH 18.12.2013, 2013/17/0293; 21.08.2014, Ra 2014/17/0004). Die Kontrollorgane haben sämtliche zweckdienlichen Schritte zu setzen, die in den nachfolgenden Verfahren (betreffend die Beschlagnahme der Geräte oder im Verwaltungsstrafverfahren) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts ermöglichen (vgl. VwGH 27.02.2013, 2012/17/0509), wobei es den Kontrollorganen überlassen bleiben muss, die zweckmäßigen Schritte zur Durchführung der Kontrollen festzulegen (VwGH 27.2.2013, 2012/17/0509). Eine Entschlagung nach § 49 AVG kommt daher in Hinblick auf die darauf bezogenen Fragen (z.B.: „Welche Spiele insgesamt [genaue Arten] können auf dem[n] Gerät[en] durchgeführt werden?“ „Laufen die Spiele selbständig auf dem Gerät ab oder wird der Spielverlauf von einem anderen Ort aus gesteuert?“ „Wie hoch kann der jeweilige Spieleinsatz [von-bis] gewählt werden?“) aufgrund der spezielleren (und damit dem § 49 Abs. 1 Z 2 AVG vorgehenden) Regelung des § 50 Abs. 4 GSpG selbst dann nicht in Betracht, wenn die Fragen auf die Preisgabe von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen hinauslaufen würden (was hier dahin gestellt bleiben kann).

 

IV.5. Der Mitbeteiligte hat somit durch die Verweigerung der Beantwortung der ihm von Organen der Finanzpolizei bei der Kontrolle am 30. April 2014 gestellten Fragen den objektiven Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 5 i.V.m. § 50 Abs. 4 GSpG verwirklicht.

 

IV.6. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog. „Ungehorsamsdelikt“). Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 m.w.N.).

 

IV.7. Der Mitbeteiligte als Beschuldigter hat keinerlei Umstände geltend gemacht, die geeignet wären, einen entsprechenden Entlastungsbeweis zu führen. Ferner ist von einer vorsätzlichen Tatbegehung auszugehen, da der Mitbeteiligte mit seiner Aussageverweigerung unter Verweis auf die Dienstanweisung einen Sachverhalt verwirklichen wollte, der dem Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG entspricht.

 

IV.8. Eine Tat ist nach § 6 VStG nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. In der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, kann eine unmittelbar drohende Gefahr und ein Notstand im Sinne des § 6 VStG jedoch nicht gesehen werden. Allein die Weisung eines Vorgesetzten bzw. des Dienstgebers stellt für den Täter einer strafbaren Handlung, die er als solche zu erkennen vermag, keinen Schuldausschließungsgrund dar (vgl. VwGH 30.3.1993, 92/04/0241; 29.6.2011, 2007/02/0334). Mögliche wirtschaftliche Nachteile des in einem Dienstverhältnis stehenden Täters vermögen selbst im Falle einer von ihm befürchteten Kündigung bei Nichtbefolgung einer Weisung seines Arbeitgebers keine Notstandssituation zu begründen (VwGH 25.11.2004, 2003/03/0297).

 

Der Mitbeteiligte wurde vor Beginn der Befragung über die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG und die daran anknüpfenden verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen belehrt und vermochte schon allein aus diesem Grund zu erkennen, dass er durch die Aussageverweigerung eine Verwaltungsstraftat begeht. Dass eine allfällige Beendigung des Dienstverhältnisses des Mitbeteiligten zu N R eine wirtschaftliche Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst unmittelbar bedroht sind, zu Folge hätte, wurde vom Mitbeteiligten selbst zu keiner Zeit behauptet bzw. belegt. Die gegenständliche Dienstanweisung bzw. die „Erklärung zur Dienstanweisung“ vermögen das Verschulden des Mitbeteiligten daher nicht auszuschließen.

 

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die gegenständlichen Übertretungen dem Mitbeteiligten auch dann vorwerfbar wären, wenn er sich auf die ihm durch die Dienstanweisung bzw. die „Erklärung zur Dienstanweisung“ zur Kenntnis gebrachten Rechtsausführungen („Auskunftsverpflichtet ist nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nur das zuständige Organ der Firma R N“, „[...]sodass aus dieser Sicht die Aussage rechtlich gedeckt zu verweigern ist“, etc.) verlassen hätte. Eine das Verschulden ausschließende Rechtsauskunft liegt nämlich nur dann vor, wenn die Auskunft von der für den betreffenden Verwaltungsbereich zuständigen Behörde erteilt worden ist (vgl. etwa VwGH 14.03.2008, 2004/10/0181).

 

Dem Mitbeteiligten ist die Tat somit auch auf subjektiver Ebene vorwerfbar.

 

IV.9. Gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann der Beschuldigte im Fall des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ermahnt werden, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Von einem geringen Verschulden im Sinne des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt; dies kann auch bei vorsätzlichem Handeln der Fall sein, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie z.B. verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, drückende Notlage etc. diesen Schluss rechtfertigen (Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 45 Rz. 3). Die Dienstanweisung, in der dem Mitbeteiligten für den Fall der Auskunftserteilung die Entlassung bzw. Schadenersatzpflichten angedroht werden, sowie die in der Dienstanweisung und der „Erklärung zur Dienstanweisung“ enthaltenen unrichtigen Rechtsausführungen stellen zwar keine Schuldausschließungsgründe dar, sie kommen solchen aber zumindest nahe (vgl. § 34 Abs. 1 Z 11 StGB) bzw. waren geeignet, auf den Mitbeteiligten einen nicht unerheblichen Druck dahingehend auszuüben, dass er seinen gesetzlichen Auskunftspflichten nicht nachkommt. Diese durch seinen Dienstgeber erzeugte Drucksituation erweist sich in Verbindung mit dem Umstand, dass der Mitbeteiligte keine Verwaltungsvorstrafen aufweist, als geeignet, sein Verschulden trotz vorsätzlicher Tatbegehung als gering zu qualifizieren.

 

Was die Intensität der Beeinträchtigung des durch § 50 Abs. 4 GSpG geschützten Rechtsguts durch die konkrete Tat betrifft, ist zugunsten des Mitbeteiligten von der gesetzlich geforderten Geringfügigkeit auszugehen, da – wie die unter Punkt II.2. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen belegen – es der Bf trotz der Aussageverweigerung des Mitbeteiligten möglich war, Probespiele durchzuführen und dabei für allfällige Straf- bzw. Beschlagnahmeverfahren wesentliche Feststellungen (zu den Spielabläufen, den möglichen Einsätzen und Gewinnen, etc.) zu treffen. Zweck des § 50 Abs. 4 GSpG ist es schließlich, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG eingehalten werden (vgl. VwGH 18.12.2013, 2013/17/0293; 21.08.2014, Ra 2014/17/0004).

 

In einer Gesamtbetrachtung dieser Umstände kommt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich daher zur Auffassung, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung im Hinblick auf die besonderen Umstände des Falles (Drucksituation aufgrund der angedrohten Entlassung bzw. der angedrohten Schadenersatzpflichten für den Fall der Missachtung der Dienstanweisung, unrichtige Rechtsauskünfte durch den Dienstgeber) soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, dass das Absehen von einer Strafe gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG gerechtfertigt ist und lediglich eine Ermahnung auszusprechen ist. Letzteres jedoch mit dem Hinweis, dass dem Mitbeteiligten damit das Vertrauen geschenkt wird, sich künftig in Fällen wie dem gegenständlichen gesetzeskonform zu verhalten.

 

 

V. Im Ergebnis war aufgrund der Erfüllung des objektiven und des subjektiven Tatbestands des § 52 Abs. 1 Z 5 i.V.m. § 50 Abs. 4 GSpG durch den Mitbeteiligten der Beschwerde des Finanzamts stattzugeben und aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls eine Ermahnung auszusprechen. Die Vorschreibung eines Kostenbeitrags hat im Falle der Erteilung einer Ermahnung zu entfallen (vgl. Reisner in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 52 Rz. 4; Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 64 Rz. 4).

 

 

VI. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Qualifikation des Mitbeteiligten als Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält bzw. die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhalts als schuldhafte Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG stützen sich auf die in der Rechtsprechung des VwGH entwickelten Grundsätze (vgl. insbesondere die in Punkt III. zitierte Judikatur).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß