LVwG-350162/5/KLi/SA
Linz, 23.09.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 29. Mai 2015 bzw. vom 9. Juli 2015 des A S, geb. x, S 39, R, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von F vom 12. Mai 2015, GZ: BHFR-2015-47401/6-KSP wegen bedarfsorientierter Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid des Bezirkshauptmannes von F vom 12. Mai 2015, GZ: BHFR-2015-47401/6-KSP, bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Mai 2015, GZ: BHFR-2015-47401/6-KSP, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13. März 2015 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern leben würde. Er könne gegenüber seinen Eltern Unterhaltsansprüche geltend machen. Diese würden derzeit ein monatliches Nettoeinkommen von 2.835,56 Euro bzw. 1.536,42 Euro, jeweils 14x, beziehen. Bei der Gegenüberstellung des für den Haushalt des Beschwerdeführers maßgeblichen monatlichen Einkommens mit den Mindeststandards der bedarfsorientierten Mindestsicherung, sei eine Überschreitung dieser Mindeststandards festgestellt worden. Der Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung sei daher abzulehnen. Die Überschreitung sei aus den beiliegenden Berechnungsbögen ersichtlich.
In einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 24.4.2015 sei dem Beschwerdeführer dieser Sachverhalt zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt worden. Eine Stellungnahme sei innerhalb der gesetzten Frist nicht eingebracht worden.
I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 29.5.2015
bzw. vom 9.7.2015. Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, dass das Einschreiten des von ihm beauftragten Rechtsanwaltes aufgrund persönlicher Nahebeziehung erfolge und er nicht in der Lage sei, einen daraus entstehenden tariflichen Kostenaufwand zu tragen.
Der Bescheid werde seinem gesamten Umfang nach angefochten. Als Beschwerdegründe würden unrichtige bzw. unvollständige Sachverhalts-feststellungen in Folge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden.
Zutreffend sei, dass der Beschwerdeführer in dem seinen Eltern eigentümlichen Haus wohnhaft sei. Aufgrund der zu berücksichtigenden besonderen Umstände und insbesondere auch aufgrund seines Gesundheitszustandes sei sowohl dieser Umstand als auch eine – insoweit nicht wirklich gegebene – Unterhaltsverpflichtung der Eltern nicht konkret zu berücksichtigen; dies aus nachstehenden Erwägungen:
Er habe nach Absolvierung der Hauptschule das Polytechnikum in F und B L abgelegt und sei grundsätzlich somit auch in der Lage, am freien Arbeitsmarkt tätig zu werden. In Folge seiner stark angegriffenen gesundheitlichen Situation im Sinne einer schizotypen Störung, einhergehend mit ängstlich-abhängigen Persönlichkeitszügen, anhaltend depressiver Störung sei es ihm allerdings aktuell nicht möglich, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass allein schon aus medizinischen und therapeutischen Gründen eine Wohnungnahme bei den Eltern jeder anderen externen Aufenthaltsform der Vorzug zu geben sei, weshalb der Umstand der Haushaltsgemeinschaft mit den Eltern nicht gesondert bei der rechtlichen Beurteilung zu berücksichtigen sei. In Folge der grundsätzlich gegebenen Arbeitsmöglichkeit, die allerdings aus subjektiven Gründen faktisch nicht ausgeübt werden könne, sei auch nicht vom Vorliegen eines Unterhaltsanspruches gegenüber den Eltern auszugehen. Insoweit stelle sich die Berücksichtigung dieser Einkommenssituation als unrichtig, vor allem auch bezogen auf die rechtliche Beurteilung, dar.
Sämtliche übrigen Voraussetzungen zur Gewährung einer bedarfsorientierten Mindestsicherung gemäß den Bestimmungen des Oö. BMSG seien gegeben. Insoweit unterliege er vor allem einer sozialen Notlage, wobei er sich durchaus bemüht habe, diese zu beseitigen. Er habe eine Lehrtätigkeit bei der Gemeinde R aufgenommen, was in weiterer Folge aber nicht mehr aufrecht gehalten werden habe können, dies aufgrund seiner schwer angegriffenen gesundheitlichen Situation. Er beziehe lediglich Pflegegeld der Stufe 1 und sei in Folge fehlender Beitragsmonate ein Antrag auf Gewährung der Invaliditätspension abschlägig behandelt worden. Über sonstiges Einkommen verfüge er nicht. Nach seinem Wissensstand erhalte sein Vater eine erhöhte Kinderbeihilfe im Ausmaß von
180 Euro. Diese Umstände würden jedenfalls einen im Gesetz ausdrücklich angeführten sozialen Notlangetatbestand darstellen, der auch zur Vermeidung besonderer Härten den Zuspruch einer bedarfsorientierten Mindestsicherung rechtfertigen würde.
Hinzu komme, dass die familiäre Situation aufgrund seiner Erkrankung und der großen finanziellen und auch psychischen Belastung – für die gesamte Familie – äußert angespannt sei. Damit würden auch beträchtliche Aufwendungen für durchzuführende Therapien einhergehen. So besuche er wöchentlich in Linz einen chinesischen Therapeuten, zumindest einmal, gelegentlich auch zweimal. Der hiefür notwendigerweise aufzuwendende Zeitaufwand für ihn und eine Begleitperson belaufe sich auf sechs Stunden pro Anlassfall und seien Kostenaufwände pro Sitzung im Bereich zwischen 80 Euro und 90 Euro zu tragen.
Er leide an massiven Ängsten, Zwängen und Schlafstörungen sowie Unkonzentriertheit. Diese Umstände seien auch Grund dafür, dass eine integrative Lehre als Bürokaufmann bei der Gemeinde R abgebrochen bzw. nicht mehr fortgesetzt werden habe können. Nach mehrfachen Krankenhausaufenthalten sei keine gesundheitliche Besserung eingetreten. Gerade der Umstand, dass er nicht als Almosenempfänger angesehen werden wolle, sei für ihn von besonderer Wichtigkeit, zumal er sich für diesen Fall eben als Mensch dritter Klasse sehe. Sein Krankheitszustand und die finanzielle Notlage seien auch Grund dafür, dass es familienintern zu großen psychischen Belastungen komme. Aufgrund dieser Situation müssten sich seine Eltern ebenfalls entsprechender ärztlicher Behandlung unterziehen.
Seine finanzielle bzw. berufliche Notlage könne ihm aufgrund seiner Erkrankung nicht zum Vorwurf gemacht werden und begründe die besondere Konstellation (massive Erkrankung und damit einhergehend besondere psychische Belastung des gesamten Familienverbandes und damit einhergehend finanzielle Notlage) einen jedenfalls berücksichtigungswürdigen Einzelfall, der es zur Vermeidung besonderer Härte ermögliche, eine bedarfsorientierte Mindestsicherung auch bei Fehlen der sonstigen Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 2 Oö. BMSG zu gewähren.
In diesem Zusammenhang sei auch auf eine monatliche Kostenaufstellung in Höhe von 685 Euro zu verweisen. Der Zeitaufwand für sämtliche Arztfahrten würde sich durchschnittlich auf zumindest 35-40 Stunden monatlich belaufen. Der Pflegeaufwand persönlicher Natur in Folge Neurodermitis würde sich auf
15 Stunden monatlich belaufen.
Ausgehend davon sei somit vom Vorliegen der Voraussetzungen zur Gewährung einer bedarfsorientierten Mindestsicherung zur Vermeidung besonderer Härten definitiv auszugehen, welcher Umstand nicht berücksichtigt worden sei.
Es hätte daher aus diesen, besonders berücksichtigungswürdigen, einzelfallbezogenen und zur Vermeidung besonderer Härten, maßgeblichen Umstände, dem Antrag stattgegeben werden müssen. In Summe gesehen stelle sich daher der angefochtene Bescheid als rechtswidrig aufgrund von Verfahrensmängeln und auch aus inhaltlicher Natur dar, weshalb beantragt werde, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wolle in Stattgebung der erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die unter einem beantragt werde, den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 12.5.2015 zu BHFR-2015-47401/6-KSP aufheben und dahingehend abändern, dass entsprechend dem Antrag vom 13.3.2015 gemäß den Bestimmungen des Oö. BMSG bzw. der Oö. BMSV eine angemessene Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs gewährt werde; in eventu die Rechtssache zur ergänzenden Beweisaufnahme und neuerlichen Entscheidungsfindung an die Erstbehörde zurückverwiesen werde.
II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:
II.1. Der Beschwerdeführer ist am x geboren und österreichischer Staatsbürger. Er wohnt in dem im Eigentum seiner Eltern, R S und G S, stehenden Einfamilienhaus in R, S 39.
Ihm wird dort ein Zimmer zur Verfügung gestellt, alle sonstigen Einrichtungen werden von sämtlichen Familienmitgliedern gemeinsam verwendet.
II.2. Der Vater des Beschwerdeführers, G S, verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.835,56 Euro; dieses wird
14x jährlich ausbezahlt.
Die Mutter des Beschwerdeführers, R S, verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.536,42 Euro, welches ebenfalls 14x jährlich ausbezahlt wird.
II.3. Der Beschwerdeführer verfügt über kein eigenes Einkommen. Er erhält erhöhte Familienbeihilfe und Pflegegeld der Stufe 1. Er hat infolge fehlender Beitragsmonate keinen Anspruch auf eine Invaliditätspension.
II.4. Der Beschwerdeführer leidet an einer schizotypen Störung in Kombination mit ängstlich-abhängigen Persönlichkeitszügen, Zwangsstörungen, Zwangs-handlungen und Zwangsgedanken. Es besteht eine anhaltende depressive Störung mit rezidivierenden Suizidgedanken. Es besteht eine knapp unterdurchschnittliche Intelligenz mit Teilleistungsstörungen sowie ein Zustand nach dreimaligen generalisierten tonisch klonischen Anfällen, ferner Adipositas und Neurodermitis.
Der Beschwerdeführer steht unter anderem in medizinischer Behandlung
Dris. M M, einem Facharzt für Psychiatrie. Ferner werden Behandlungen Dris. C C im Rahmen der traditionellen chinesischen Medizin in Anspruch genommen.
II.5. Der Beschwerdeführer hat nach Abschluss der Hauptschule und des Polytechnikum zunächst eine integrative Lehre bei der Gemeinde R begonnen. Bei einer integrativen Lehre handelt es sich um eine sogenannte integrative Berufsausbildung unter gleichzeitiger Verlängerung der Lehrzeit aufgrund der Berücksichtigung des Krankheitsbildes des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer hat diese Lehre nicht abgeschlossen.
Der Beschwerdeführer war in weiterer Folge im sogenannten „T“ in F beschäftigt. Es handelt sich hiebei um eine von Pro mente angebotene Tagesstruktur. Ein Verbleib des Beschwerdeführers in dieser Tagesstruktur war aus persönlichen Gründen nicht möglich.
Der Beschwerdeführer war weiters in einer Einrichtung in F, dem sogenannten „W“ tätig. Es handelte sich hiebei ebenfalls um eine Tagesstruktur, insbesondere war die Arbeit mit Holz vorgesehen. Aus Kostengründen wurde diese Einrichtung allerdings aufgelöst, sodass dem Beschwerdeführer auch dort ein Verbleib nicht möglich war.
Ein weiterer Versuch wurde in der sogenannten „l.b“, einer Einrichtung von Pro mente, unternommen. Hiebei handelte es sich um ein Berufsintegrationsprojekt für Jugendliche und junge Erwachsene mit psychosozialen Problemen bzw. psychischen Erkrankungen. Das primäre Ziel besteht darin, die psychische Stabilität zu fördern und die Teilnehmer durch verschiedene Trainingsmaßnahmen in Richtung Arbeitsfähigkeit zu unterstützen. Diese Einrichtung wird in H betrieben.
Aus Kostengründen – die Fahrtkosten nach H und zurück waren höher, als die finanziellen Leistungen in der l.b – wurde diese Tätigkeit wieder aufgegeben. Im Übrigen handelte es sich bei dieser Bezahlung nicht um ein geregeltes Einkommen sondern um ein Taschengeld als Anerkennung für die erbrachte Tätigkeit.
Letztendlich war der Beschwerdeführer auch in der „r.b“ – ebenfalls einer von Pro mente betriebene Einrichtung – untergebracht. Bei der „r.b“ handelte es sich um Übergangswohnhaus für männliche Jugendliche und junge Erwachsene mit einer psychischen Erkrankung und/oder psychosozialer Beeinträchtigung.
In der „r.b“ kam es vor allem zu Schwierigkeiten mit anderen Mitbewohnern, welche unter anderem auch aus sehr desolaten sozialen Verhältnissen stammten. Der Beschwerdeführer wurde dort teilweise gehänselt bzw. konnte er krankheitsbedingt keinen Anschluss an andere Bewohner finden.
II.6. Letztendlich befindet sich der Beschwerdeführer in Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern. Eine Berufsausbildung konnte der Beschwerdeführer bislang nicht abschließen. Auch sonst war es dem Beschwerdeführer bislang nicht möglich, eine Tätigkeit mit selbsterhaltungsfähigem Einkommen zu erzielen. Eine derartige Tätigkeit wurde bislang noch nie ausgeübt.
III. Beweiswürdigung:
III.1. Die persönlichen Daten des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde und wurden insbesondere auch im Antrag vom 13.3.2015 vom Antragsteller selbst ausgeführt. Insbesondere hat der Antragsteller in seinem Antrag selbst angegeben, im Haus seiner Eltern zu wohnen, dort ein Zimmer zur Verfügung zu haben sowie dass alle weiteren Einrichtungen von allen Haushaltsangehörigen gemeinsam verwendet werden. Diese Daten sind unstrittig und bedürfen deshalb keiner weiteren Erörterung.
III.2. Das Einkommen seiner Eltern ergibt sich aus den vorgelegten Lohnunterlagen. Hieraus errechnet sich auch das sogenannte „Jahreszwölftel“ in Höhe von 2.835,50 Euro betreffend den Vater sowie 1.536,42 Euro betreffend die Mutter.
III.3. Die Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich ebenfalls aus dem Akteninhalt. Insbesondere geht daraus hervor, dass der Beschwerdeführer Pflegegeld der Stufe 1 und die erhöhte Familienbeihilfe erhält. Ferner hat der Beschwerdeführer auch dargelegt, infolge fehlender Beitragsmonate keinen Anspruch auf eine Invaliditätspension zu haben. Diese Angaben des Beschwerdeführers können daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden.
III.4. Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers geht einerseits aus den von ihm vorgelegten medizinischen Unterlagen hervor. Darüber hinaus haben in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3.8.2015 die Eltern des Beschwerdeführers seine Krankheitsgeschichte und seinen Leidensweg anschaulich und glaubwürdig geschildert. Die Feststellungen zur Krankheit des Beschwerdeführers konnten ohne Bedenken der Entscheidung zugrunde gelegt werden.
III.5. Die berufliche Entwicklung des Beschwerdeführers wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3.8.2015 umfassend erörtert. Seine Eltern haben glaubwürdig und umfangreich geschildert, dass der Beschwerdeführer nach Abschluss der Hauptschule und des Polytechnikums zunächst eine integrative Lehre bei der Gemeinde R begann, welche leider scheiterte. Ebenfalls schilderten die Eltern sämtliche Unterbringungsversuche im T, W, der l.b und der r.b. Die Darstellung der Eltern ist schlüssig und vollständig und auch glaubwürdig. Diese Darstellungen wurden darüber hinaus auch von den anwesenden Vertretern der belangten Behörde bestätigt.
Es ergibt sich aus den Ergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung auch, dass dem Beschwerdeführer am Scheitern seiner beruflichen Entwicklung kein Verschulden trifft, sondern dass dieses krankheitsbedingt zu begründen ist.
Allerdings ergibt sich auch aus den Zielsetzungen der oben beschriebenen Einrichtungen, dass diese nicht vordergründig dazu dienen, eine Selbsterhaltungsfähigkeit zu begründen bzw. eine Berufsausbildung zu gewähren, sondern dass diese vor allem zum Ziel haben, den betroffenen Personen einen strukturierten Tagesablauf zu bieten. Die Zahlungen, welche diese Personen erhalten, stellen ein Taschengeld bzw. eine Anerkennung für die erbrachten Leistungen dar, führten aber nicht dazu, dass dadurch eine Selbsterhaltungsfähigkeit eintritt. Diese Zielsetzungen wurden von der belangten Behörde im Rahmen der Verhandlung geschildert.
III.6. Die Feststellung, dass eine Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers insofern noch nie eingetreten ist, gründet auf diese Erhebungen.
IV. Rechtslage:
IV.1. § 4 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBL. Nr. 74/2011 idgF, lautet:
(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nichts anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die
1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und
2. a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familienangehörige,
b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,
c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,
d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Daueraufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungs-nachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,
e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,
sind.
(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von Abs.1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit
1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und
2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht decken können.
Nach Abs. 2 leg.cit. umfasst der Lebensunterhalt den Aufwand für die regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse für die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.
IV.2. Die Verordnung der Oö. Landesregierung über die Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung und den Einsatz der eigenen Mittel
(Oö. Mindestsicherungsverordnung – Oö. BMSV) regelt in § 1 die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs. Gemäß § 1 Abs. 1
Oö. BMSV betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs für
3. volljährige Personen, die ihn Haushaltsgemeinschaft leben
a) pro Person 636,30 Euro
[b) … ]
c) ungeachtet der lit. a) und b) pro familienbeihilfebeziehender Person gemäß § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG, wenn diese als Kind Unterhalt bezieht oder beziehen könnte und mit zumindest einem Elternteil im gemeinsamen Haushalt lebt 207,80 Euro.
V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:
Verfahrensgegenständlich sind drei Fragen zu beurteilen, nämlich (1.) die Frage der Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers, (2.) jene des Haushaltseinkommens und (3.) jene eines Härtefalles:
V.1. Zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers:
V.1.1. Das durchgeführte Beweisverfahren in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3.8.2015 hat ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig ist. Eine integrative Lehre bei der Gemeinde R konnte nicht abgeschlossen werden. Die Tätigkeit in den Einrichtungen von
Pro mente (T, l.b, r.b) stellen eine Tagesstruktur dar bzw. wird den dort befindlichen Personen Taschengeld als Anerkennung für ihre Leistung zur Verfügung gestellt bzw. ist Ziel dieser Einrichtungen die Förderung der psychischen Stabilität der Teilnehmer durch verschiedene Trainingsmaßnahmen in Richtung Arbeitsfähigkeit. Diese Einrichtungen haben also zum Ziel, die Arbeitsfähigkeit erst zu gewinnen. Selbsterhaltungsfähigkeit wird durch eine Beteiligung an diesen Projekten vom Beschwerdeführer aber nicht erlangt. Vielmehr scheiterten bedauerlicherweise aufgrund der Erkrankung des Beschwerdeführers die bisherigen Maßnahmen. Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers ist insofern bislang noch nie eingetreten.
V.1.2. Nach § 231 ABGB haben nicht selbsterhaltungsfähige Kinder gegenüber ihren Eltern Anspruch auf angemessenen Unterhalt. Die Dauer der Unterhaltsleistungen ist an kein bestimmtes Alter des Kindes gebunden. Eltern müssen daher bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes Unterhalt leisten. Der Verlust der einmal erlangten Selbsterhaltungsfähigkeit kann in jedem Lebensalter des Kindes eintreten (z.B. durch Erwerbsunfähigkeit in Folge Krankheit oder Langzeitarbeitslosigkeit ohne Arbeitslosengeld), was mangels Verschulden des Kindes nach den Lebensverhältnissen der Eltern zum Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs führt (vgl. Stabentheiner in Rummel, ABGB3 zum vorigen identen § 140, Rz 12). Der Beschwerdeführer ist derzeit nicht selbsterhaltungsfähig. Er ist unterhaltsberechtigt gegenüber seinen mit ihm im gleichen Haushalt lebenden Eltern.
V.1.3. Die Eltern des Beschwerdeführers erzielen ein monatliches Nettoeinkommen von 2.835,56 Euro (14x jährlich) bzw. 1.536,42 (14x jährlich). Der Beschwerdeführer ist unter Zugrundelegung dieses Einkommens unterhaltsberechtigt gegenüber seinen Eltern.
V.2. Zum Haushaltseinkommen:
V.2.1. Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist gemäß § 5 Oö. BMSG, dass eine Person von einer sozialen Notlage betroffen ist. § 6 Abs. 1 Oö. BMSG bringt zum Ausdruck, dass soziale Notlagen jeweils auf der Ebene eines Haushaltes betrachtet werden.
V.2.2. Den Erläuterungen zu den Bestimmungen des § 6 Oö. BMSG
(vgl.AB 434/2011BlgLT XXVIII.gP) ist zu entnehmen, dass Ausgangspunkt und primärer Maßstab für die Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung die soziale Notlage – ein Begriff, der aus § 7 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 übernommen wurde – ist. Durch Abs. 1 wird deutlich gemacht, dass soziale Notlagen jeweils auf der Ebene eines Haushalts betrachtet werden.
V.2.3. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 13 Oö. BMSG hat die
Oö. Landesregierung im Rahmen der Verordnung über die Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung und den Einsatz der eigenen Mittel
(Oö. BMSV) Mindeststandards festgelegt, die unter anderem für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben (§ 1 Abs. 1 Z 3 Oö. BMSV), unterschiedlich hohe Mindeststandards vorsieht. Aus dieser Verordnung ergibt sich, dass für die Eltern des Beschwerdeführers jeweils ein Mindeststandard von 636,30 Euro monatlich zugrunde zu legen ist, für den Beschwerdeführer selbst ein Mindeststandard von monatlich 207,80 Euro.
V.2.4. Unter Zugrundelegung dieser Mindeststandards ergibt sich daraus ein gesamter monatlicher Mindeststandard von 1.480,40 Euro für den Beschwerdeführer und dessen Eltern gemeinsam. Diesem Mindeststandard steht ein monatliches Haushaltseinkommen von 5.100,57 Euro gegenüber. Der in der Oö. BMSV vorgesehene Mindeststandard wird insofern deutlich überschritten.
Selbst dann, wenn man davon ausgehen wollte, dass der Beschwerdeführer doch Selbsterhaltungsfähigkeit erlangt hätte und ein Unterhaltsanspruch gegenüber seinen Eltern nicht bestehen würde, wäre von einem monatlichen Mindeststandard pro Person in Höhe von 636,30 Euro auszugehen. Daraus würde sich ein Mindeststandard für den gesamten Haushalt in Höhe von 1.908,90 Euro errechnen. Auch hier würde sich bei Gegenüberstellung des tatsächlichen Haushaltseinkommens in Höhe von monatlich 5.100,57 Euro wiederum eine deutliche Überschreitung der Mindeststandards ergeben.
V.2.5. Die Qualifikation als Hausgemeinschaft steht im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH.
So hat der VwGH zum Nö MSG ausgesprochen:
Nach dem Willen des Gesetzgebers liegt ein „gemeinsamer Haushalt“ vor, wenn das Zusammenleben von Personen zu einer deutlichen Kostenersparnis gegenüber getrennten Haushalten führt. Ein gemeinsamer Haushalt liegt nicht bereits dann vor, wenn ein Teil der Wohneinheit (unter)vermietet wird. Es kommt vielmehr darauf an, dass zumindest in Teilbereichen eine gemeinsame Wirtschaftsführung besteht. Eine solche gemeinsame Wirtschaftsführung in Teilbereichen ist etwa dann gegebenen, wenn der (Unter-)Mieter auch Einrichtungen, die für die Haushaltsführung notwendig sind, wie etwa Küche, Bezimmer oder Waschmaschine mitbenützt. Weist der (unter)gemietete Bereich einer Wohneinheit also etwa keine eigenen Einrichtungen zum Kochen, zur Körperreinigung und zum Waschen der Wäsche auf, so wird das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft im Sinn des Nö MSG anzunehmen sein, wenn der Hilfesuchende nicht nachweist, diese Bedürfnisse außerhalb der Wohneinheit zu befriedigen (VwGH 23.10.2012, 2012/10/0020).
Nachdem der Beschwerdeführer mit seinen Eltern in einem Haushalt lebt – die allgemeinen Einrichtungen werden von allen Personen gemeinsam benützt – besteht eine Hausgemeinschaft im Sinne dieser Rechtsprechung.
V.2.6. Insofern ergibt sich sowohl bei der von der belangten Behörde (richtigerweise) vorgenommenen Berechnung mit 1.480,40 Euro als auch dann, wenn man den obigen Mindeststandard unterstellt, dass jeweils eine Überschreitung des Mindeststandards durch das sehr hohe Haushaltseinkommen gegeben ist.
Ein Anspruch auf Mindestsicherung würde sich für den Beschwerdeführer also auch dann nicht ergeben, wenn man von Selbsterhaltungsfähigkeit und fehlender Unterhaltsberechtigung ausgehen würde.
V.3. Zum Vorliegen eines Härtefalles:
V.3.1. Wenn nun der Beschwerdeführer ausführt, dass für ihn im verfahrensgegenständlichen Fall ein anderer Maßstab heranzuziehen sei, weil aufgrund seiner persönlichen Umstände ein besonderer Härtefall vorliegt, so ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Oö. BMSG unter Oö. BMSV nicht darauf abgestellt wird, welche persönlichen Umstände des Beschwerdeführers vorliegen. Vielmehr ist lediglich die gemeinsame Haushaltsführung bestimmend. Das Vorliegen getrennter Haushalte wurde aber gerade nicht behauptet, vielmehr wurde zugestanden, dass alle beteiligten Personen in einem gemeinsamen Haushalt leben. Bei einer allfälligen getrennten Wohnsitznahme wären die Umstände des Beschwerdeführers neu zu beurteilen, wobei aber ebenfalls wiederum überprüft werden müsste, inwiefern Selbsterhaltungsfähigkeit vorliegt bzw. ob Unterhaltsansprüche gegenüber den Eltern bestehen.
V.3.2. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landes-verwaltungsgericht Oberösterreich wurde durchaus deutlich, dass sich der Beschwerdeführer in einer sehr belastenden psychischen Situation befindet, welche sich auch auf seine Eltern auswirkt. Dennoch stellt das Oö. BMSG
bzw. die Oö. BMSV auf das Haushaltseinkommen ab. Das Oö. BMSG unterscheidet dabei nicht zwischen voll geschäftsfähigen Personen und dem persönlichen Schicksal des Anspruchswerbers.
V.3.3. Soweit das Vorbringen zum Vorliegen eines Härtefalles auf die Bestimmung des § 4 Abs. 2 Oö BMSG abzielt, ist Nachfolgendes auszuführen:
In den Erläuternden Bemerkungen des Gesetzgebers (AB 434/2011 BlgLT
XXVII. GP) zu § 4 Oö. BMSG wird für den Fall, dass Personen, die in der Aufzählung des § 4 Abs. 1 Z 2 Oö. BMSG nicht erfasst sind, die Möglichkeit der Zuerkennung von Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung angeführt. Zu dieser Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs ist allerdings festzustellen, dass entsprechend den Erläuternden Bemerkungen des Gesetzgebers kein Rechtsanspruch – und damit keine rechtliche Durchsetzbarkeit – für die hilfebedürftige Person gegeben ist. Der Träger der bedarfsorientierten Mindestsicherung hat zu entscheiden, ob bedarfsorientierte Mindestsicherung auf Grundlage des Privatrechts geleistet wird. Die Entscheidung des Trägers der bedarfsorientierten Mindestsicherung hängt jedoch davon ab, ob der Lebensunterhalt anderweitig gesichert werden kann oder ob eine bedarfsorientierte Hilfe zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist (UVS OÖ 19.2.2013, VwSen-560212/2/BMa/MG/Th;
UVS OÖ 3.5.2013, VwSen-560240/7/Kü/TO/Ba).
Ferner kommt in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung das AVG nicht zur Anwendung (Art II Abs. 1 EGVG; vgl. VwGH 22.4.1999, 99/06/0024; 24.10.2006, 2006/06/0060). Daraus ergibt sich, dass derartige Leistungen auch nicht im Wege der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durchsehbar sind.
V.3.4. Dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist sehr wohl bewusst, dass sich der Beschwerdeführer und seine Familie in einer äußerst schwierigen Lage befinden. Jedoch stellt das Oö. BMSG auf die finanziellen Verhältnisse im Haushalt ab.
V.4. Im Ergebnis war daher der Beschwerde keine Folge zu geben, diese abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen (vgl. UVS OÖ 3.10.2013, VwSen-560312/2/Kü/TO/Ba; LVwG OÖ 26.6.2014,
LVwG-350062/2/Gs/PP/SH; LVwG OÖ 26.2.2015, LVwG-350129/3/Gs/BZ).
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Lidauer