LVwG-800140/5/Bm

Linz, 16.09.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier über die Beschwerde der Frau S S, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 27. April 2015,
GZ: Ge-377/15, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. August 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 30 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass nach der Wortfolge „Fußpflege inkl. Lackieren der Zehennägel“ eingefügt wird: „gegen Entgelt (35 Euro)“ sowie die zitierte verletzte Rechtsvorschrift zu lauten hat: „§ 366 Abs. 1 Z 1 iVm § 94 Z 23 Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idgF“.   

 

II.       Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz bleibt unverändert

          bestehen.

          Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keine Kosten  

          zum Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

III.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I und II:

 

1.    Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 27. April 2015, GZ: Ge-377/15, wurde über die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 iVm § 94 Z 23 Gewerbe-ordnung 1994 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„Sie haben es als Gewerbeinhaberin der Firma S S verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass am 27.2.2015 in der Zeit zwischen 13.30 und 14.30 Uhr in der Betriebsstätte oa. Firma in x, x, von einer Mitarbeiterin oa. Firma an einer Kundin eine „Fußpflege inkl. Lackieren der Zehennägel“ durchgeführt wurde, ohne dass oa. Firma im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung („Fußpflege“) gewesen wäre.

Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Abs. 1 i.V.m. § 94 Ziff. 23 Gewerbeordnung 1994, BGBl. 194/94 i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von EURO               falls diese uneinbringlich ist,     Freiheitsstrafe von      gemäß

                                               Ersatzfreiheitsstrafe von

 

€ 70,--                          12 Stunden                              ---                   § 366 (1)Einleitung leg.cit.

 

Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung von Vorhaft, Verfallsausspruch):

---

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

 

EUR                 7,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.

        ---,--  als Ersatz der Barauslagen für ---

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

 

EUR 77,-- Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu setzen (§ 54 d VStG).“

 

2.    Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bf innerhalb offener Frist Beschwerde eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, Teil der Ausbildung sei die kosmetische Fußpflege gewesen. Im Unternehmen seien keine Dienstleistungen angeboten worden, die nicht gemacht werden dürften. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Bf zwar Fingernägel schneiden, feilen und lackieren dürfe, aber keine Zehennägel. Es gäbe bei der „Fußpflege“ genaue Definitionen, wofür man bestimmte zusätzliche Ausbildungen benötige, um diese Dienstleistungen durchführen zu dürfen. Eigentlich sollte man von der Wirtschaftskammer erwarten, dass sich diese schützend für ihre Betriebe und Unternehmen einsetze. Anscheinend gelte dies jedoch nicht für Kleinunternehmer, denn hier werde von der Landesinnung eine Person zu einem „Fußpflegetermin“ geschickt, damit man das Unternehmen anzeigen könne. Die Bf habe bei der Wirtschaftskammer um Übermittlung von Unterlagen gebeten, aus denen ersichtlich sei, wie weit der Berechtigungsumfang von der gegebenen Gewerbeberechtigung reiche. Eine solche Auskunft sei die Wirtschaftskammer bis dato schuldig geblieben.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

4.    Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt, Einholung von Gewerberegisterauszüge betreffend die Bf und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. August 2015, an der die Bf teilgenommen hat und gehört wurde.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Bf verfügt über die Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gewerbes „Modellieren von Fingernägel (Nagelstudio)“ im Standort x, x. Die Bf beschäftigt im Nagelstudio zwei Mitarbeiterinnen. Am 27. Februar 2015 wurde in der Zeit zwischen 13.30 Uhr und 14.30 Uhr von einer Mitarbeiterin der Bf an einer Kundin eine Fußpflege inklusive Lackieren der Zehennägel und Hornhautentfernung durchgeführt. Für diese Leistungen wurde ein Betrag von 35 Euro in Rechnung gestellt.

 

Das hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich aus dem vorliegenden Gewerberegisterauszug, der im Akt einliegenden Anzeige sowie dem Vorbringen der Bf in der mündlichen Verhandlung.

 

5.   Hierüber hat das LVwG erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hierbei macht es keinen Unterschied ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstiger wirtschaftlicher Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

 

5.2. Für den Umfang der Gewerbeberechtigung ist der Wortlaut des angemeldeten Gewerbes maßgebend. Gegenständlich lautet die Gewerbeberechtigung der Bf „Modellieren von Fingernägeln (Nagelstudio)“. Dieser Wortlaut stellt eindeutig auf Fingernagelkosmetik ab, Fußkosmetik ist davon jedenfalls nicht umfasst.       

Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass zum angeführten Tatzeitpunkt im Studio der Bf durch eine Mitarbeiterin eine Fußpflege vorgenommen wurde, obwohl hierfür die Gewerbeberechtigung nicht vorliegt.

Die Bf erfüllt somit den objektiven Tatbestand der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn einer Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern von der Bf kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Eine solche Entlastung ist der Bf nicht gelungen.

Die Bf bringt in der Verhandlung vor, bei der Anmeldung des Gewerbes „Modellieren von Fingernägel (Nagelstudio)“ sei sie – auch auf Grund von Auskünften der Wirtschaftskammer – davon ausgegangen, dass dieses angemeldete Gewerbe auch die Fußkosmetik umfasse. Hiezu ist festzuhalten, dass bei der gegenständlichen Kundin eine Fußkosmetik samt Hornhautentfernung vorgenommen wurde, und damit jedenfalls eine Tätigkeit erfolgt ist, die dem Gewerbe „Fußpflege“ vorbehalten ist.

 

Die Bf hat die Tat auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

5.4. Zur Strafhöhe ist auszuführen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis über die Bf eine Geldstrafe von 70 Euro verhängt. Bei der Strafbemessung wurden die von der Bf angegebenen persönlichen Verhältnisse, nämlich ein monatliches Netto-einkommen von 1.000 Euro und Sorgepflichten für 2 Kinder berücksichtigt. Als strafmildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet, erschwerende Umstände wurden nicht gesehen. Wenn auch zu berücksichtigen ist, dass durch die Tat die durch die gesetzliche Vorschrift geschützten Interessen an einer geordneten Gewerbeausübung und einem geordneten Wettbewerb verletzt wurden, sieht sich das LVwG dennoch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände veranlasst, die verhängte Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß herabzusetzen.

 

Der von der belangten Behörde festgesetzte Verfahrenskostenbeitrag bleibt unverändert, da gemäß § 64 Abs. 2 VStG der Verfahrenskostenbeitrag mit mindestens 10 Euro zu bemessen ist.

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Michaela Bismaier