LVwG-550622/7/FP
Linz, 03.09.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von W D, x, x, vertreten durch x, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 6. Juli 2015
GZ. N10-302-2014-Zm, wegen Zurückweisung eines Antrags auf naturschutzrechtliche Bewilligung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Zurückweisung des Antrages vom 17. Dezember 2014 auf der Unzuständigkeit der belangten Behörde zu beruhen hat.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid vom 6. Juli 2015 wies die belangte Behörde einen Antrag des Bf auf Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung vom 17. Dezember 2014 zurück. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, dass sie dem Bf mit Schreiben vom 16. April 2015 einen Verbesserungsauftrag erteilt habe, ein Projekt bestehend aus zumindest einem Übersichtslageplan, einem Detailplan, Schnittzeichnungen und weiteren Unterlagen vorzulegen, dem er nicht nachgekommen sei, weshalb die belangte Behörde den Antrag zurückweise.
I.2. Dem Verfahren lag eine Anzeige einer Sachverständigen der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems zugrunde, die im Zuge einer Dienstfahrt die Ablagerung von Erdaushubmaterial auf Grundstücken des Bf festgestellt hatte. Die Sachverständige führte aus: „auf dem betreffenden Grundstück wurde Erdaushubmaterial in einem geschätzten Ausmaß von ca. 2.000 m2 angeschüttet. Die überschüttete Fläche beträgt ca. 3.000 m2, wobei etwa 470 m2 davon als Bauland gewidmet sind“.
Zwischen 11. und 22. Dezember 2014 hatten Bf und Behörde mehrmals Kontakt. Am 22. Dezember brachte der Bf ein ausgefülltes Antragsformular zur Behörde. Hinsichtlich des Flächenausmaßes gab er in diesem „unter 2000 m2“ an. Am 14. April 2015 langte bei der belangten Behörde ein Plan der „p gesmbh“ ein, welcher als „vorentwurf-grobkonzept“ bezeichnet ist und die drei dem Bf gehörenden Grundstücke aus der Vogelperspektive zeigt. Im westlichen Teil der Grundstücke ist ein Gebäudeneubau eingezeichnet. Geländeausformungen sind auf den Plänen nicht erkennbar. Der in der Folge ergangene Verbesserungs-auftrag der Behörde wurde dem Bf am 20. April 2015 eigenhändig zugestellt.
I.3. Die vom nunmehr anwaltlich vertretenen Bf am 3. August 2015 eingebrachte rechtzeitige Beschwerde richtet sich gegen den unter I.1. dargestellten Zurückweisungsbescheid.
Die Beschwerde stellt im Wesentlichen dar, es würden hinsichtlich der Fläche der Geländeveränderung lediglich Schätzungen vorliegen. Eine Messung habe nicht stattgefunden. Der Bf sei sich sicher, dass die Fläche weniger als 2.000 m2 betrage. Diesfalls komme eine Bewilligungspflicht nicht in Betracht. Der Bf habe zudem nur Oberflächenunebenheiten begradigt, er habe keine Aufschüttung vorgenommen.
Eine Bewilligungspflicht liege nicht vor, der Bf habe den Antrag nur gestellt, weil ihm die Behörde dies „vorgeschrieben“ habe. Der Antrag können nun nicht zurückgewiesen werden.
Der Bf beantragte zum Beweis seiner Verantwortung die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachbereich Landschaftsvermessung und Geotechnik und seine Einvernahme und Stellte die Anträge, den bekämpften Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen, hilfsweise den Bescheid aufzuheben und die Causa zur neuerlichen Entscheidungsfällung nach Verfahrensergänzung an die Erstinstanz zurück zu verweisen.
I.4. Am 14. August 2015 führte das Verwaltungsgericht, nach dem es sich bei der zuständigen Abteilung des Amtes der Oö. Landesregierung die Genauigkeit des Systems bestätigen ließ, mittels des Geoinformationssystemes des Landes Oö. (DORIS) eine Flächenberechnung des ggst. relevanten Bereiches auf den Grundstücken des Bf durch.
Der bezughabende Ausdruck wurde sowohl dem Bf, als auch der belangten Behörde und dem U zur Stellungnahme übermittelt, von welcher Möglichkeit lediglich der Bf Gebrauch machte. Dem U, den die belangte Behörde bislang nicht am Verfahren beteiligt hatte, wurden zudem die Beschwerde, der bekämpfte Bescheid sowie die Anzeige Dris. S zugemittelt.
I.5. In seiner Stellungnahme vom 2. September 2015 führte der Bf zusammengefasst aus, sein Standpunkt würde durch das Beweisergebnis des Gerichtes bestätigt. Eine Verwaltungsübertretung nach § 56 Abs 2 Z 1 Oö. NSchG sowie eine nach dem Forstgesetz könne nicht vorliegen.
Die Behandlung der Causa sei technisch schwierig, zumal sich die Beschwerde darauf richte, seine Eingabe positiv zu bescheiden. Dies unter der Annahme, dass die behördliche Einschätzung der Fläche von über 2.000 m² richtig sei. Der Bf habe eine Sanierung des zuvor nicht bewilligten Zustandes bewirken wollen.
Derartiges sei nun hinfällig, da es keiner Bewilligung bedürfe. Richtigerweise müsse daher über sein Rechtsmittel negativ beschieden werden. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung werde zurückgezogen.
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und durch Vornahme einer Flächenberechnung mittels Geoinformationssystem DORIS. Das Verwaltungsgericht sieht gemäß § 24 Abs 4 VwGVG von einer Verhandlung ab, zumal der Akt erkennen lässt, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:
Der Bf ist Eigentümer der Grundstücke x, x und x Gb x KG L. Das Grundstück x ist als Bauland gewidmet. Die beiden anderen Grundstücke, die laut DKM eine Fläche von insgesamt 2712 m2 aufweisen, sind Grünland.
Der Bf hat auf seinen Grundstücken Aushubmaterial aufgebracht und durch Planierung eine Geländeveränderung vorgenommen. Es ist nicht feststellbar welche maximale Höhenveränderung stattgefunden hat. Auf den Grundstücken x und x beträgt jene Fläche, die von der Geländeveränderung umfasst ist, ca. 1.960 m², jedenfalls aber weniger als 2.000 m².
II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Akt und dem im Internet verfügbaren Kartenmaterial unter www.doris.gv.at. Die genannte Seite verfügt über ein Berechnungswerkzeug, mit welchem der Umfang und die Fläche eines Geländes festgestellt werden kann. Die zuständige Abteilung des Amtes der Oö. Landesregierung (Abteilung Geoinformation und Liegenschaft) teilte dem Gericht auf Nachfrage mit, dass das Werkzeug sehr genau arbeite. Die Berechnung kann einfach durch Setzen von Punkten, die das „tool“ durch Linien verbindet, vorgenommen werden. Das Gericht hat unter Verwendung des Werkzeuges die Fläche berechnet und festgestellt, dass diese jedenfalls kleiner als 2.000 m² ist. Woraus sich die Annahme der Sachverständigen ergeben mag, dass die überschüttete Fläche 3.000 m² beträgt und davon 470 m² als Bauland gewidmet sei, mag sich deshalb für das Gericht nicht erschließen, als die Sachverständige zunächst von angeschüttetem Material im Ausmaß von 2.000 m² spricht. Die Differenz von 530 m² bleibt unerklärlich. Auch im Hinblick darauf, dass die Sachverständige nur ungefähre Angaben („ca.“, „geschätzt“) machte, und darauf, dass das verfügbare Orthofoto eine genaue Abgrenzung zwischen aufgeschüttetem Bereich und natürlichem Bewuchs und das Berechnungsprogramm dadurch eine präzise Flächenberechnung zulässt, war den Ermittlungen des Gerichtes zu Folgen, die sich im Übrigen mit dem Vorbringen des Bf decken.
III. Rechtliche Beurteilung
III.1. Rechtliche Grundlagen:
§ 5 Abs 15 Oö. NSchG lautet:
Bewilligungspflichtige Vorhaben im Grünland
§ 27 VwGVG lautet:
III.2. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
In seinem Erkenntnis vom 13. Oktober 2013, 2009/06/0189, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass "‘Sache‘ des Berufungsverfahrens [...] die Angelegenheit [ist], die Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz war; die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache iSd (gemäß § 24 VStG im Strafverfahren anwendbaren) § 66 Abs. 4 AVG ist also nicht etwa jene, welche in erster Instanz in Verhandlung war, sondern ausschließlich die, die durch den (Spruch des) erstinstanzlichen Bescheid(es) begrenzt ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S 1265 unter E 111f zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde war somit nur die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte Tat.“
Hat die Behörde erster Instanz den Antrag zurückgewiesen, so ist für die Berufungsbehörde Sache iSd § 66 Abs 4 AVG die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Hat die Berufungsbehörde ihrer Entscheidung dabei eine andere Begründung als die Beh erster Instanz zugrunde gelegt, so ist dies im Hinblick auf § 66 Abs 4 AVG nicht zu beanstanden (VwGH v. 30. Oktober 1991, 91/09/0069). Die Berufungsbehörde, nunmehr das Verwaltungsgericht, ist daher lediglich befugt, darüber zu entscheiden, ob die Zurückweisung durch die belangte Behörde rechtmäßig war. Wenn die Berufungsbehörde den Zurückweisungsgrund als nicht gegeben ansieht und in der Folge eine inhaltliche Entscheidung trifft, überschreitet sie die ihr im Berufungsverfahren gesetzten Grenzen und belastet den Bescheid mit Rechtswidrigkeit (vgl. VwGH v. 29. September 2011, 2010/21/0429 uva.).
Das Verwaltungsgericht ist also im vorliegenden Fall nicht berechtigt, inhaltlich zu entscheiden, also etwa eine Bewilligung zuzuerkennen oder den Antrag des Bf in der Sache abzuweisen. Es entscheidet lediglich über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung.
III.3. Zudem hat das Verwaltungsgericht gemäß § 27 VwGVG über die Zuständigkeit der belangten Behörde abzusprechen.
Um ihre eigene Zuständigkeit beurteilen zu können, hätte die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren abzuführen gehabt. Die belangte Behörde ging zunächst davon aus, dass eine geländegestaltende Maßnahme vorlag. Eine solche ist nach § 5 Abs 15 Oö. NSchG dann naturschutzrechtlich relevant, wenn sie sich über eine Fläche von mehr als 2.000 m² erstreckt und an zumindest einer Stelle eine Höhenlagenveränderung von 1m aufweist. Werden diese Grenzen nicht erreicht, ist die belangte Behörde zur Sachentscheidung nicht zuständig.
Um feststellen zu können, ob sie zuständig ist, hat die belangte Behörde also ein Ermittlungsverfahren zu führen, dies im Falle des § 5 Abs 15 Oö. NSchG 2001 und insbesondere dann, wenn das Vorhaben bereits ausgeführt ist und die belangte Behörde eine Rechtswidrigkeit zu erblicken vermeint, etwa dadurch, dass sie einen Sachverständigen entsendet, der in schlüssiger Weise (also ohne ungeeignete Annäherungsbegriffe wie „ca.“, „etwa“ und „geschätzt“) darzustellen haben wird, ob die vom Gesetz vorgesehenen Flächenausmaße oder Höhenveränderungen erreicht worden sind. Gleichermaßen kann ein solches Ermittlungsverfahren durch Einsichtnahme in zur Verfügung stehende Informationssysteme (DORIS) erfolgen.
Hätte die belangte Behörde vorliegend ein entsprechendes Ermittlungsverfahren abgeführt, hätte sie festgestellt, dass sie zur Entscheidung über einen Antrag des Bf gar nicht zuständig war, weil der Bf keine Anschüttung vorgenommen hat, die über eine Fläche von 2.000 m² hinaus gegangen ist. Dies vor Allem vor dem Hintergrund, dass der Bf bereits in seinem Antrag vom Dezember 2014 dargestellt hat, die Maßnahme habe ein Flächenausmaß von unter 2.000 m².
Die belangte Behörde hätte den Antrag des Bf demgemäß von allem Anfang an wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen gehabt. Angesichts des bereits ausgeführten Vorhabens und des Umstandes, dass die Ausmaße sowohl in der Natur als auch im Kartendienst des Landes erkennbar waren, war der Auftrag an den Bf, ein Projekt vorzulegen verzichtbar.
Der Bf ist daher mit seiner Rechtsansicht grundsätzlich im Recht.
III.4. Zumal das Landesverwaltungsgericht Unzuständigkeiten von Amts wegen aufzugreifen hat und auch seine Entscheidungsbefugnis nicht überschreitet, wenn es lediglich die rechtliche Beurteilung hinsichtlich des heranzuziehenden Zurückweisungsgrundes ändert, war spruchgemäß zu entscheiden, also die Beschwerde abzuweisen und auszusprechen, dass die belangte Behörde den Antrag des Bf zwar tatsächlich zurückweisen musste, dies aber deshalb, weil das Vorhaben des Bf, nicht nach § 5 Z 15 Oö. NSchG bewilligungspflichtig war.
Der Bf unterliegt daher in formeller Hinsicht im Verfahren, weil er die Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde beantragt hat, inhaltlich ist seiner Rechtsansicht jedoch zu folgen.
III.5. Was das Vorbringen des Bf zu verwaltungsstrafrechtlichen, forstrechtlichen und abfallrechtlichen Verfahren in seiner Stellungnahme vom 2. September 2015 betrifft, ist er darauf hinzuweisen, dass Sache des gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich der naturschutzrechtliche Bescheid vom 6. Juli 2015 ist (Siehe dazu III.2.).
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Pohl