LVwG-300564/2/Bm/SH
Linz, 04.08.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn A.K., vertreten durch A.GMBH R. T., x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1. Dezember 2014, Ge96-89-2014/HW, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 3 VStG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I. und II.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
1. Dezember 2014, Ge96-89-2014/HW, wurden über den Beschwerdeführer (in
der Folge: Bf) wegen vier Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 iVm § 118 Abs. 3 ASchG iVm § 62 Abs. 4 Bauarbeiterschutzverordnung iVm § 7 VStG Geldstrafen in der Höhe von je 875 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 3 Tagen, verhängt.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf durch seine anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde eingebracht und darin im Wesentlichen dargelegt, die belangte Behörde führe auf Seite 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wie folgt aus (Schreibfehler im Original):
3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) zur Entscheidungsfindung vorgelegt.
4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG.
5. Hierüber hat das LVwG erwogen:
5.1. Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.
Nach § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.
Gemäß § 62 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung darf ein Gerüst, das den Anforderungen an Gerüste nicht voll entspricht, nicht benützt werden.
Nach § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.
5.2. Im folgenden Fall wird dem Bf nicht die unmittelbare Begehung der im Straferkenntnis angeführten Verwaltungsübertretungen vorgeworfen, sondern vielmehr vorgehalten, ein anderes Unternehmen vorsätzlich veranlasst zu haben, die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen begangen zu haben.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert strafbare Veranlassung (§ 7 VStG) eine bewusste Einwirkung auf den Täter, die ihn zu seinem Verhalten veranlasst oder in seinem Verhalten bestärkt hat. Eine Anstiftung iSd § 7 VStG kann insbesondere durch Bitten, Befehlen, Anheimstellen, Überreden, Auffordern, Bedrängen, Bestechen, Beschenken, Loben, Versprechen, Drohung oder Ausübung sonstigen Druckes, Täuschung u.ä. erfolgen. Eine „unschuldige“ Frage, scheinbares Abraten, ein „Wetten, dass“ u.ä. kann genügen. Unter Umständen können auch andere, zum Teil sehr subtile Formen der Einflussnahme auf einen anderen die Annahme von Bestimmungstäterschaft nahelegen, entweder der Appell an die „Loyalität“ oder die bewusste Aktivierung des Vorausgehorsams, des weiteren gezielten Stichelns und andere Strategien“, um einen anderen, unter Umständen erst nach längerer Beeinflussung, allmählich „herumzukriegen“; dabei kommt es entscheidend auf die psychologische Gesamtsituation an. Auch eine verschlüsselte Aufforderung genügt. Der bedingte Vorsatz muss sich dem Wortlaut des § 7 VStG nach auf die Tätereigenschaft des unmittelbar Handelnden beziehen (siehe VwGH 19.12.2014, Ro2014/02/0087 und die darin zitierte Vorjudikatur).
Die im Verwaltungsstrafverfahren an den Spruch gestellten Anforderungen regelt § 44a VStG, nach dem der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten hat:
- die als erwiesen angenommene Tat;
- die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
- die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
- den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
- im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.
Nach der Rechtsprechung ist im Fall einer Anstiftung den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG entsprechend im Spruch auch der unmittelbare Täter, also der Angestiftete, anzuführen.
Die belangte Behörde begründet den Tatbestand der Anstiftung gemäß § 7 VStG im angefochtenen Straferkenntnis damit, dass die K. Gerüstebau GmbH das Gerüst mit Mängeln errichtet und das Gerüst anderen Unternehmen im mangelhaften Zustand zur Verfügung gestellt hat.
Dies erfüllt jedoch nicht den Tatbestand der Anstiftung iSd § 7 VStG.
Wie oben ausgeführt, erfordert nämlich strafbare Anstiftung eine bewusste Einwirkung auf den Täter, die ihn zu seinem Verhalten veranlasst oder in seinem Verhalten bestärkt hat.
Eine solche Handlung durch den Bf ist aus der Aktenlage und der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht erkennbar; die Überlassung eines (möglicherweise) mit Mängeln behafteten Gerüstes kann nicht als bewusste Einwirkung auf den Täter betrachtet werden, zumal sich ein Fassadenunternehmer selbst vom mängelfreien Zustand zu überzeugen hat.
Da somit der Strafvorwurf der vorsätzlichen Veranlassung der genannten Verwaltungsübertretungen nicht haltbar ist, war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
6. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.
Zu III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Michaela Bismaier