LVwG-400090/2/ER LVwG-400091/2/ER

Linz, 14.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerden des Mag. N.H., geb. x, x, x, gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, jeweils vom 13. März 2015, GZ: 933/10-1240828, und 933/10-1277904

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird den Beschwerden stattgegeben, die ange­fochtenen Straferkenntnisse behoben und werden die Strafverfahren einge­stellt.

 

II.         Bei diesem Ergebnis hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten der Verwaltungsstrafverfahren noch der Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnissen jeweils vom 13. März 2015, 933/10-1240828 und 933/10-1277904 hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) vorgeworfen, dass er das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x jeweils zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort in L., in einem „Halten und Parken verboten – ausgenommen Ladetätigkeit“ innerhalb einer gebühren­pflichtigen Kurzparkzone ohne Durchführung einer Ladetätigkeit ohne gültigen Parkschein abgestellt habe. Er sei damit in beiden Fällen der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen.

 

Der Bf habe dadurch jeweils Verwaltungsübertretungen nach §§ 2 Abs 1 und 6 Abs 1 lit a des Oö. Parkgebührengesetzes iVm der Parkgebührenverordnung der Stadt L. 1989 begangen, weshalb über ihn jeweils Geldstrafen in Höhe von
40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) gemäß § 6 Abs 1 lit a Oö. Parkge­bührengesetz verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung von Verfahrens­kostenbeiträgen in Höhe von je 10,00 Euro verpflichtet.

 

Begründend führte die belangte Behörde in beiden Fällen aus, dass der Bf seinen PKW innerhalb der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in einer beschilderten Ladezone abgestellt habe, ohne die Parkgebühr zu entrichten und ohne eine Ladetätigkeit durchzuführen. Die flächendeckende Kurzparkzone würde durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen, wie Halte- und Parkverbote nicht „unterbrochen“ bzw dränge eine derartige Halteverbotsverordnung mit einem kleineren, innerhalb einer Kurzparkzone liegenden räumlichen Anwendungs­bereich die Zonenverordnung als lex specialis nicht zurück (VwGH 92/17/0300).

Diese Rechtsprechung des VwGH sei durch die Erkenntnisse 2002/17/0350 und 2003/17/0110 bestätigt worden. Wer halte oder parke, sei, gleichgültig ob gleichzeitig auch eine Übertretung der StVO vorliege, wegen Hinterziehung oder Verkürzung der Abgabe zu bestrafen.  

Die weiteren Ausführungen der Behörde betrafen im Wesentlichen den Begriff der Ladetätigkeit, die Frage des Abgabenerfindungsrechtes der Länder und Fragen der Schuld und der Strafzumessung.

 

I.2. In den dagegen rechtzeitig eingebrachten im Wesentlichen gleichlautenden  Beschwerden vom 13. April 2015 brachte der Bf vor, tatsächlich jeweils eine Ladetätigkeit durchgeführt zu haben. Allerdings wies er darauf hin, dass der Oö. Verwaltungssenat in mehreren Entscheidungen ausgesprochen habe, dass die Verpflichtung zur Bezahlung einer Parkgebühr nicht für jene Verkehrsflächen bestehe, welche von einem Halte- und/oder Parkverbot erfasst seien. 

 

I.3. Mit Schreiben vom 21. April 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landesverwal­tungsgericht zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen. Die belangte Behörde wies in ihrem Vorlageschreiben darauf hin, dass der Bf jeweils aufgefordert worden sei, Beweise hinsichtlich der Ladetätigkeiten vorzulegen, dies aber unterlassen habe, weshalb die belangte Behörde diesbe­züglich von einer Schutzbehauptung ausgegangen sei. Ferner habe sie die Aussagen des einvernommenen Kontrollorgans im Sinne der freien Beweis­würdigung als glaubwürdig gewertet.

 

I.4. Gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Strafe verhängt und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten.

 

Es steht folgender entscheidungsrelevanter  S a c h v e r h a l t  fest:

 

Der Bf hat seinen PKW mit dem Kennzeichen x am 25. Oktober 2013 von 8:20 Uhr bis 8:42 Uhr in L., x vor dem Haus Nr. x und am 14. August 2013 von 8:35 bis 8:56 in L., x vor dem Haus Nr. x jeweils in einem Bereich abgestellt, für welchen ein „Halten und Parken verboten – ausgenommen Ladetätigkeit“ verordnet und entsprechend kund­gemacht war. In diesen Zeiten hat der Bf keine Ladetätigkeiten durchgeführt. Die Abstellorte befinden sich innerhalb der gebührenpflichtigen Kurzparkzone der Stadt L.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen widerspruchsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten. Hinsichtlich der nicht durchgeführten Ladetätigkeit legte der Bf trotz Aufforderungen durch die belangte Behörde keine Beweismittel vor und trat Wahrnehmungen der in den jeweiligen Verwaltungs­strafverfahren durch die belangte Behörde als Zeugen einvernommenen Aufsichtsorgane betreffend die fehlende Ladetätigkeit, an deren Glaubwürdigkeit kein Grund zu zweifeln besteht, nicht entgegen. Auch in seiner Beschwerde behauptete der Bf lediglich die Durchführung von Ladetätigkeiten, verzichtete aber angesichts der zitierten Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenats auf weitere Ausführungen zu den Ladetätigkeiten. Der Annahme der belangten Behörde, dass es sich hinsichtlich der behaupteten Ladetätigkeiten um bloße Schutzbehauptungen handle, ist daher nicht entgegen zu treten.

 

 

III. Gemäß § 25 Abs 1 StVO kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone), wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist. Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.

 

Gemäß § 1 Abs 1 des Oö. Parkgebührengesetzes werden die Gemeinden nach Maßgabe dieses Gesetzes ermächtigt, durch Beschluss des Gemeinderates eine Abgabe (Parkgebühr) für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159, in der jeweils geltenden Fassung – StVO 1960) für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer auszuschreiben.

 

Gemäß § 1 Abs 1 der Parkgebührenverordnung des Gemeinderats der Landes­hauptstadt Linz vom 11. Mai 1989 in der für die Tatzeiträume relevanten Fassung 2009/19 wird für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in als gebührenpflichtig gekennzeichneten Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrs­ordnung 1960) für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer eine Parkgebühr ausgeschrieben.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Wie unter I.4. festgestellt, befinden sich die gegenständlichen Tatorte in einem Bereich innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, in dem in den vorgeworfenen Tatzeiträumen ein „Halteverbot – ausgenommen Ladetätigkeit“ verordnet war.

 

§ 25 Abs 1 StVO ermächtigt die Behörde, für bestimmte Verkehrsflächen durch Verordnung das Parken zeitlich zu beschränken. Bereits aus dieser Formulierung ist abzuleiten, dass sich Kurzparkzonen nur auf solche Verkehrsflächen beziehen können, auf denen das Parken grundsätzlich erlaubt ist. Für Verkehrsflächen, auf denen das Parken zur Gänze verboten – also auch für eine noch so kurze Zeit gar nicht erlaubt - ist, kommt eine zeitliche Beschränkung dieses von Anfang an verbotenen Parkens nicht in Betracht.

 

Bezugnehmend auf § 25 StVO wird die Gemeinde in § 1 Abs 1 des Oö. Park­gebührengesetzes bzw in § 1 Abs 1 der Parkgebührenverordnung der Landes­hauptstadt Linz ermächtigt, eine Parkgebühr für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen für die nach den straßenpolizeilichen Vor­schriften zulässige Parkdauer auszuschreiben. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen ergibt sich, dass die Anordnung einer Parkgebühr nur für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer möglich ist. Wenn aufgrund straßenpolizeilicher Vorschriften das Parken überhaupt nicht zulässig ist (zB wegen eines gesetzlichen oder auch verordneten Halteverbotes), dann darf nach dieser Bestimmung für das Parken in diesem Bereich auch keine Park­gebühr festgesetzt werden.

 

Die in der Rechtswissenschaft sowie in der Judikatur kontrovers diskutierte Frage, ob der Landesgesetzgeber wegen des Abgabenfindungsrechtes der Länder eine Ermächtigung zum Vorschreiben einer Parkgebühr auch für Verkehrsflächen erteilen darf, auf welchen das Parken verboten ist (siehe dazu die Entscheidung des VwGH vom 27.04.1995, 92/17/0300 sowie die darin angeführte kritische Literatur), stellt sich im gegenständlichen Fall somit gar nicht.

Der Oö. Landesgesetzgeber hat die Gemeinden nämlich nur dazu ermächtigt, eine Parkgebühr für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer festzusetzen. Für ein nach den straßenpolizeilichen Vorschriften unzu­lässiges Parken besteht keine Ermächtigung zur Einhebung einer Parkgebühr. Die Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz überschreitet diese Verordnungsermächtigung nicht und setzt daher konsequenterweise für das nach den straßenpolizeilichen Vorschriften unzulässige Parken keine Parkgebühr fest.

 

Verweist die belangte Behörde nun auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu 92/17/0300, 2002/17/0350 und 2003/17/0110, ist ihr zu entgegnen, dass sich diese auf Sachverhalte bezieht, die die Wiener Parkometerabgabe und das Steiermärkische Parkgebührengesetz betrafen. Diese Bestimmungen beinhalten – anders als das Oö. Parkgebührengesetz – keine Einschränkung der Ermächtigung auf die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer.

In seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 2000, 97/17/0331, hielt der Verwaltungs­gerichtshof betreffend das Salzburger Parkgebührengesetz, das der Regelung in Wien vergleichbar ist, fest, dass „aus abgabenrechtlicher Sicht eine Gebühren­pflicht für Halte- und Parkverbotszonen innerhalb gebührenpflichtiger Kurz­parkzonen bestehen kann. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass dies generell der Fall ist. Vielmehr ist auf die einzelnen zu Grunde zu legenden Rechtsvorschriften abzustellen.

 

Aufgrund des Umstands, dass nach dem Oö. Parkgebührengesetz (und der L. Parkgebührenverordnung) für ein nach den straßenpolizeilichen Vorschriften unzulässiges Parken keine Ermächtigung zur Einhebung einer Parkgebühr besteht, ist die zitierte Judikatur für oberösterreichische Sachverhalte nicht heranzuziehen.

 

IV.2. Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 erster Fall VStG ist die Einstellung eines Straf­verfahrens zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

Dem Bf wurde in den angefochtenen Straferkenntnissen vorgeworfen, er sei der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen.

Die Landeshauptstadt Linz hat aber nur für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer Abgaben für das Abstellen von mehrspurigen KFZ in Kurzparkzonen festgesetzt.

 

Zumal der Bf sein Fahrzeug jeweils an einem Ort abgestellt hat, an dem das Parken unzulässig war, konnte demgemäß eine Gebührenpflicht für eine zulässige Parkdauer an den verfahrensgegenständlichen Tatorten nicht ent­stehen.

 

 

V. Der Bf hat sein Fahrzeug jeweils vorschriftswidrig in einer Ladezone geparkt. Für diese Fälle schreibt die Parkgebührenverordnung der Landes­hauptstadt Linz keine Parkgebühr vor, weshalb der Bf jene Verwaltungs­übertretungen, welche ihm vorgeworfen wurden, nicht begangen hat. Im Ergebnis war daher den Beschwerden stattzugeben, ferner waren die Verfahren wegen der Übertretungen des Oö. Parkgebührengesetz einzustellen.

 

 

VI. Zulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist im Hinblick auf die belangte Behörde zulässig, da der Rechtsfrage nach Ansicht des Oö. Landeverwaltungsgerichts grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es existiert keinerlei Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zum Oö. Parkgebührengesetz, die die im gegenständlichen Verfahren zu behandelnden Rechtsfrage zum Inhalt hatte. Die Judikatur hinsichtlich vergleich­barer Normen anderer Bundesländer ist auf den gegenständlichen Fall angesichts der im Erkenntnis dargelegten Besonderheiten des Oö. Parkgebührengesetzes nicht anwendbar. 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von
240 Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde bzw der revisionslegitimierten Formalpartei die ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. R e i t t e r