LVwG-410592/8/ER/MD

Linz, 20.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des Finanzamts Linz, Bahnhofplatz 7, 4020 Linz, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
9. März 2015, GZ: Pol96-711-2014, mit dem ein Verwaltungsstrafverfahren nach dem Glücksspielgesetz gegen die mitbeteiligte Partei, Herrn B.J., x, x, vertreten durch Dr. F.M., Rechtsanwalt, x, x, eingestellt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und die mitbeteiligte Partei wegen folgender Tat für schuldig erkannt:

 

„B.J., x, x, hat am 5. November 2014 im von der F. GmbH betriebenen Lokal ‘K.’ in T., x, bei einer von Organen des Finanzamts Linz durchgeführten Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz, bei der im Lokal neun Walzengeräte, ein Funwechsler und drei Hundewettterminals eingeschaltet und betriebsbereit vorgefunden wurden, an denen gegen den Einsatz vermögenswerter Leistungen Gewinne für Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis vom Zufall abhängig war, in Aussicht gestellt wurden, als für das Lokal allein verantwortlicher Angestellter der F. GmbH und damit als eine Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, auf sämtliche der an ihn anlässlich der Aufnahme einer Niederschrift um 11.25 Uhr gerichteten Fragen der Organe des Finanzamts Linz mit ‘Ich sage dazu nichts. Ich habe eine Dienstanweisung unterschrieben.’ geantwortet und dadurch gegen seine Pflicht, den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, verstoßen.

 

B.J. hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl 620/1989 i.d.F. BGBl I 70/2013; § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG, BGBl 620/1989 i.d.F. BGBl I 13/2014.

 

Gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt.”

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 erstattete das Finanzamt Linz (im Folgenden: Bf) gegen den Mitbeteiligten bei der belangten Behörde Anzeige wegen des Verdachts einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 5 letzter Fall GSpG mit der Begründung, dass bei einer von der Finanzpolizei am 5. November 2014 um 10.50 Uhr durchgeführten Kontrolle im von der „F. GmbH“ betriebenen Lokal „K.“ in T., x, keine Person anwesend gewesen sei, welche den Kontrollorganen umfassende Auskünfte über die im Lokal vorgefundenen Geräte erteilen konnte. Der einzige anwesende Mitarbeiter der F. GmbH sei der Mitbeteiligte gewesen, welcher die Aussage verweigert habe. Trotz Belehrung und Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen habe er auf keine der in der niederschriftlichen Befragung angeführten Fragen geant­wortet. Der Mitbeteiligte habe sich darauf berufen, eine Dienstanweisung unterschrieben zu haben und habe angegeben, keine Auskünfte erteilen zu dürfen. Der Mitbeteiligte habe dadurch gegen die ihn nach § 50 Abs. 4 GSpG treffende Mitwirkungspflicht verstoßen. Er habe die geforderten Auskünfte im Zusammenhang mit der festgestellten Veranstaltung verbotener Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 4 GSpG nicht erteilt, obwohl er aufgrund seiner Eigenschaft als für die Betreuung der Glücksspielgeräte vom Lokalverantwortlichen Beauftragter (Angestellter) bzw. als durch das Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen zur Auskunft verpflichtete Person dazu verpflichtet gewesen wäre.

 

I.2. In der daraufhin ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom
9. Dezember 2014 wurde dem Mitbeteiligten von der belangten Behörde vorgeworfen, dass er es als „Beauftragter und somit Außenvertretungsbefugter“ des öffentlichen Lokals K. mit Sitz in T., x (Betreiber: F. GmbH mit Sitz in W., x), gemäß § 9 Abs. 2 VStG strafrechtlich zu verantworten habe, dass er bei einer Kontrolle nach dem GSpG am 5. November 2014 um 10.50 Uhr in diesem Lokal den Organen des Finanzamts Linz jegliche Auskünfte verweigert habe, obwohl Amtssachverständigen und Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach dem GSpG aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sei. Er habe dadurch § 9 VStG i.V.m. den §§ 50 Abs. 1 bis 4, 52 Abs. 1 Z 5 GSpG übertreten. Im Hinblick auf
§ 19 Abs. 2 VStG ging die belangte Behörde von einem Nettoeinkommen des Mitbeteiligten i.H.v. 2.000 Euro monatlich sowie davon aus, dass der Mitbeteiligte über kein Vermögen verfüge und ihn keine Sorgepflichten treffen würden.

 

I.3. In seiner Rechtfertigung vom 22. Dezember 2014 bestritt der Mitbeteiligte, dass er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen bzw. dass er durch sein Verhalten einen Straftatbestand gesetzt habe. Davon abgesehen  bestritt er die Anwendbarkeit des von der belangten Behörde herangezogenen Gesetzes und führte aus, dass es richtig sei, dass keine Auskünfte erteilt wurden und dass dies mittels einer Dienstanweisung auch vorgeschrieben worden sei. Nach mittlerweile gefestigter Meinung des UVS Oberösterreich, u.a. zu den Zahlen VwSen-301206/3/WEI/Ba, VwSen-301232/2/WEI/Ba, VwSen-360070/2/MB/WU, stehe fest, dass das Erteilen einer Dienstanweisung im Verwaltungsstrafverfahren zulässig sei, um Schaden durch die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen oder Betriebsgeheimnissen zu verhindern. Abgesehen davon, dass ein „normaler Angestellter“ nicht einmal ansatzweise korrekte Auskünfte geben könne. Darüber hinaus sei schon aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 50 GSpG eine Eingrenzung der Duldungs- und Mit­wirkungspflicht zu sehen. Besteht nämlich eine Verdachtslage, welche dem Gesetz nach zur Rechtfertigung der Beschlagnahme notwendig ist, so könne dem Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ folgend eine im Verdacht stehende Person nicht dazu verpflichtet werden, Beweise gegen sich selbst zu liefern. Ab diesem Zeitpunkt handle es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.

 

I.4. In ihrer Stellungnahme vom 4. Februar 2015 brachte die Bf in Erwiderung der Rechtfertigung des Mitbeteiligten vor, dass nach der Rechtsprechung des OGH rechtswidrige Weisungen auch durch an sich weisungsgebundene Dienstnehmer nicht zu befolgen seien. Die „Dienstanweisung“ enthalte keine Anweisungen, sondern vielmehr – mit Ausnahme der Angaben zu Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen – bloß eine Sammlung von Behauptungen oder Feststellungen. Die als unter das Betriebsgeheimnis fallend aufgezählten Daten könnten im Übrigen weder als Beurteilungskriterium für die Begehung von Verwaltungsübertretungen nach dem GSpG qualifiziert werden, noch im Verwaltungsstrafverfahren nach dem GSpG von Bedeutung sein. Diesbezügliche Fragen seien deshalb im Zusammenhang mit einer Kontrolle nach dem GSpG auch nicht gestellt worden. Die der Dienstanweisung angeschlossene, vom jeweiligen Bediensteten unterfertigte „Erklärung“ müsse deshalb schlicht unbeachtlich bleiben, weil mit diesem Schriftstück bloß eine Rechtsmeinung der F. GmbH gegenüber den Kontrollorganen zum Ausdruck gebracht werde, nicht jedoch eine Verpflichtung des Unterfertigten gegenüber der F. GmbH. Ferner würden die Unterfertigten durch die „Dienstanweisung“ auch nicht verpflichtet, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu wahren, sondern werde bloß allgemein die Entlassung bei einem Verstoß gegen die Dienstanweisung in Aussicht gestellt. Schließlich liefere die F. GmbH dem Unterfertigten noch Argumente für die Verweigerung der Auskunft (arg.: „sodass aus dieser Sicht die Aussage rechtlich gedeckt zu verweigern ist“). Die mit der Wendung „aus dieser Sicht“ verbundene Verhaltensregel stelle zweifelsfrei keine Dienstanweisung, sondern vielmehr bloß einen vermeintlich guten Rat dar. In jedem Fall sei darauf hinzuweisen, dass von der Finanzpolizei Fragen grundsätzlich nicht gestellt werden würden, welche Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse betreffen könnten, wie aus den mit anderen Beschuldigten aufgenommenen, der Behörde vorliegenden Niederschriften unschwer ersehen werden könne. Die stets gleich gestellten Fragen seien nur auf die im Zusammenhang mit verbotenen Aus­spielungen beurteilungsrelevanten Sachverhalte gerichtet. Der Mitbeteiligte sei nach der Rechtsprechung des VwGH als Auskunftsperson i.S.d. § 50 Abs. 4 GSpG zu betrachten und habe sich als Angestellter durch eine Aussage auch nicht selbst bezichtigen können.

 

I.5. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. März 2015, GZ: Pol96-711-2014, wurde gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Mitbeteiligten wegen des Verdachts einer Übertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG (Verstoß gegen die Duldungs- und Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG bei einer Kontrolle am 5. November 2014 um 10.50 Uhr im Lokal K. in T., x), abgesehen und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass nach der Rechtsprechung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich schon aufgrund des Wortlauts des § 50 Abs. 4 GSpG eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich werde. Diese Pflichten erstreckten sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liege hingegen der Verdacht auf einen Verstoß gegen das GSpG vor, so ende die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handle es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG. Da also eine Duldungs- und Mitwirkungspflicht schon bei Bestehen eines begründeten Verdachts auf einen Verstoß gegen das GSpG ende und ein solcher bereits im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens vorliege (Verdacht der Übertretung nach dem GSpG), sei mangels Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung und Aufklärung von Delikten keine mit Strafe bedrohte Handlung möglich. Der VwGH gehe von einer Mitwirkungspflicht der Partei selbst in einem Strafverfahren aus, wenn es etwa der Behörde nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung des Beschuldigten festzustellen. Mit den in § 50 Abs. 4 GSpG enthaltenen Duldungs- und Mitwirkungspflichten habe der Gesetzgeber dem Versuch der Glücksspielanbieter begegnen wollen, durch mangelnde Kooperation die Behörden an der Erlangung hinreichender Verdachtsmomente zu hindern und so bereits im Ansatz die Einleitung von Strafverfahren zu vereiteln. Nicht nur, dass den Kontrollorganen Testspiele unentgeltlich ermöglicht werden sollten, es sollten sich die Verpflichteten auch nicht durch mangelnde Vorkehrungen ihrer Mitwirkungspflicht entziehen können. Der Finanzpolizei sei es im Zuge der Kontrolle auch ohne die Mitwirkung bzw. ohne die Aussage des Mitbeteiligten möglich gewesen, den relevanten Sachverhalt festzustellen bzw. sei davon auszugehen, dass die in der Niederschrift festgehaltenen Fragen bei Beant­wortung durch den Mitbeteiligten keine neuen oder anderen Erkenntnisse als die durch die Finanzpolizei ohnehin schon festgestellten geliefert hätten. Aus diesem Grund sei dem Mitbeteiligten keine Mitwirkungspflicht zugekommen.  

 

I.6. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Schriftsatz vom 17. März 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem Antrag, den angefochtenen Einstellungsbescheid zu beheben und eine Bestrafung des Mitbeteiligten auszusprechen. Begründend brachte die Bf vor, dass der Mitbeteiligte weder Tatsachen noch Argumente vorgebracht habe, welche die angelasteten Verletzungen der Mitwirkungspflicht zu widerlegen geeignet wären. Der Mitbeteiligte habe sehr wohl zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können, unter anderem über Eigentümer und Veranstalter, die zumindest bis zum Einlangen des Bescheides der belangten Behörde noch nicht bekannt gewesen seien. Des Weiteren habe man weder eruieren können, seit wann sich die Geräte im Lokal befanden, noch habe man etwas über die Auszahlungs­modalitäten (Gewinnauszahlungen) in Erfahrung bringen können. Zweifelsohne sei der Mitbeteiligte als Person anzusehen, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, weshalb mit der Verweigerung der Aussage unter Verweis auf die Dienstanweisung ein Verstoß gegen § 50 Abs. 4 GSpG vorgelegen habe. Dem Mitbeteiligten seien allgemeine Fragen gestellt worden, welche weder Betriebs- noch Geschäftsgeheimnisse betroffen hätten und er habe sich mit der Beantwortung der Fragen nicht selbst belasten können. Da er nicht als Beschuldigter in einem nachfolgenden Strafverfahren gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG anzusehen sei, gebe es für ihn keine Aussageverweigerungsgründe im Sinne des „nemo tenetur“-Prinzips. Die Begründung der belangten Behörde, wonach sich die Duldungs- und Mitwirkungspflichten nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG beziehen würden und bei einem Verdacht auf einen Verstoß gegen das GSpG die Duldungs- und Mitwirkungspflicht enden würde, könne weder aus dem Gesetzeswortlaut abgeleitet werden, noch werde dies durch die Judikatur des VwGH bestätigt. In § 50 Abs. 4 GSpG beziehe sich der Teilsatz „soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist“ lediglich auf das Betreten von Betriebsstätten, Betriebsräumen und anderen Räum­lichkeiten. Ein Bezug zu den im nächsten Satz des § 50 Abs. 4 GSpG beschriebenen Mitwirkungspflichten könne hier jedenfalls nicht gesehen werden, weshalb die Auskunftsverpflichtung gemäß § 50 Abs. 4 GSpG der Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, jedenfalls bestehen bleibe und auch durch eine eventuelle Dienstanweisung nicht unwirksam gemacht werden könne. Die Feststellung der Behörde, dass „der Grund der Einvernahme ‚der Verdacht der Übertretung gem. § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG 1989 idgF‘ bildete“ sei falsch. Mit dem Beschuldigten sei am Kontrolltag eine Niederschrift „mit einer gemäß § 50 Abs. 4 GSpG zur Auskunft verpflichteten Person“ aufgenommen worden, Gegenstand der Amtshandlung sei der „Verdacht der Übertretung des Glücksspielgesetzes“ gewesen. In der dort angeführten Rechtsbelehrung sei der Hinweis auf § 52
Abs. 1 Z 5 GSpG (Hinweis auf die Folgen einer ungerechtfertigten Aussage­verweigerung) angeführt. Die in der Niederschrift gestellten (allgemeinen) Fragen würden sich auf die Glücksspielgeräte und damit im Zusammenhang stehende Punkte beziehen, jedoch nicht auf Verdachtsmomente den § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG betreffend.

 

 

II.1. Mit Schreiben vom 23. März 2015, eingelangt am 25. März 2015, wurde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

II.2. Mit E-Mail vom 27. April 2015 beantragte der Rechtsvertreter des Mitbeteiligten unter Verweis auf die Judikatur des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich die Bestätigung des angefochtenen Bescheids. Gleichzeitig wurde ein umfangreiches „Vorbringen zur Unionsrechtswidrigkeit“ samt Beweisanträgen erstattet und ein auf dieses Vorbringen bezogenes Urkundenkonvolut vorgelegt.

 

II.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führte am 28. April 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

 

II.4. Es steht folgender entscheidungsrelevanter S a c h v e r h a l t  (ergänzend zu Punkt I.) fest:

 

Am 5. November 2014 führten Organe des Finanzamts Linz (Team: Finanzpolizei) im Lokal „K.“ in T., x, um 10.50 Uhr eine Kontrolle nach § 50 GSpG durch. Zu Beginn der Kontrolle waren im Lokal drei  Gäste anwesend. Die Beamten fanden neun Walzengeräte, einen „Funwechsler“ und drei Hundewettterminals eingeschalten und betriebsbereit vor (Niederschrift vom 5. November 2014).

 

Von den Organen der Finanzpolizei wurden folgende Probespiele durchgeführt:

 

FA-Nr Spiel mögliche Einsätze in Aussicht gestellte Gewinne

2, 9 Ring of Fire XL 0,20 – 4,50 Euro 20 Euro + bis zu 898 SG

3, 5, 7 Ring of Fire XL 0,20 – 5,50 Euro 20 Euro + bis zu 898 SG

4 Ring of Fire XL 0,20 – 5 Euro 20 Euro + bis zu 898 SG

6 Ring of Fire XL 0,20 – 4 Euro 20 Euro + bis zu 898 SG

8 Ring of Fire XL 0,20 – 6 Euro 20 Euro + bis zu 898 SG

10 Hunderennen 0,50 – 10 Euro Höchstquote: 9,80

11 Hunderennen 0,50 – 10 Euro Höchstquote: 8,30

12 Hunderennen 0,50 – 10 Euro Höchstquote: 5,90

 

Der Spielablauf dieser virtuellen Walzenspiele (Geräte FA-Nrn. 2 – 9) stellt sich wie folgt dar:

Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbol­kombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen.

 

Bei den Hunderennen (FA-Nr. 10 – 12) stellt sich der Spielablauf wie folgt dar:

Beim gegenständlichen Gerät konnten "Wetten" auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen aufgezeichneten Hunderennen abgeschlossen werden. Die Kunden konnten lediglich einen Einsatzbetrag und einen oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine "Wette" darauf abschließen. Danach war der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 30 Sekunden dauernde Rennereignis abzuwarten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststand. Die auf diesen Geräten angebotenen Spiele waren "Wetten" auf den Ausgang der Wiedergabe aufgezeichneter (virtueller) Hunderennen. Diese Rennen waren Aufzeichnungen von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen Renn­veranstaltungen. Die Kunden hatten keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Spielergebnisse. Sie konnten nur einen Einsatz wählen und eine Siegwette abschließen und anschließend den Rennausgang abwarten.

 

Der Ausgang dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

Die F. GmbH ist Betreiberin des verfahrensgegenständlichen Lokals und Inhaberin der Geräte.

 

Der Mitbeteiligte war zum Zeitpunkt der Kontrolle am 5. November 2014 Angestellter der F. GmbH, welche das gegenständliche Lokal „K.“ zum Kontrollzeitpunkt betrieben hat (Versicherungsdatenauszug, Dienstanweisung vom 1. August 2014). Außer dem Mitbeteiligten war zum Kontrollzeitpunkt kein weiterer Arbeitnehmer bzw. niemand von der Firma F. GmbH im Lokal anwesend. Der Mitbeteiligte war im Zeitpunkt der Kontrolle für das Lokal allein verantwortlich (ZV C.L.). Während sich die Kontrollorgane im Lokal befanden, telefonierte der Mitbeteiligte, wobei für die Kontrollorgane nicht erkennbar war, mit wem der Mitbeteiligte sprach. Nach diesem Telefonat waren die im Lokal befindlichen Geräte nicht mehr bespielbar (ZV C.L.).

 

Um 11.25 Uhr begann die Aufnahme einer Niederschrift mit dem Mitbeteiligten durch die Beamten der Finanzpolizei. Nach einer Belehrung des Mitbeteiligten über die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG und die daran anknüpfenden verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen zeigte der Mitbeteiligte den Kontroll­organen eine auf den 1. August 2014 datierte schriftliche „Dienstanweisung“ der F. GmbH, die folgenden Wortlaut aufweist (Hervorhebungen im Original):

 

1.) Die gegenständlichen Wettshops bzw. Wettterminals wurden von der x GmbH aufgestellt und werden von dieser betrieben bzw. bereitgehalten. Auskunftsverpflichtet ist nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nur das zuständige Organ der Firma F. GmbH (Geschäftsführer oder dessen Beauftragter). Im Lokal anwesende Personen – Bedienungs­personal, Putzpersonal, Techniker, etc... sind nicht auskunftsverpflichtet, es wird ihnen somit untersagt, eine Auskunft zu erteilen.

 

2.) Der Betrieb von Wettshops bzw. Wettterminals basiert auf einer Reihe von technischen Vorgängen, welche allesamt Betriebsgeheimnisse sind. Ebenso unter das Betriebsgeheimnis fallen Umsatzzahlen, Anzahl der Spieler, Art der gespielten Spiele, Art und Umfang der eingesetzten Beträge, der gewonnenen oder verlorenen Spiele. Diese Daten dürfen deshalb nicht bekannt gegeben werden, da die Gefahr besteht, dass diese Daten an die Öffentlichkeit und somit auch an die Konkurrenz gelangen. Eine solche Datenveröffentlichung kann insbesondere anlässlich einer HV vor dem jeweiligen Strafbezirksgericht in einem Verfahren wegen § 168 StGB erfolgen, als auch in einem Verwaltungsstrafverfahren oder Beschlag­nahmeverfahren vor dem UVS und Verfahren, in denen diese Verhand­lungen öffentlich sind. Mit Bekanntgabe der oben genannten Daten und Betriebsvorgängen erwächst der Firma F. GmbH ein bedeutender, möglicherweise nicht wieder gut zu machender, Schaden. Es würde daher die Verletzung des hiemit kundgetanen Betriebsgeheimnisses bzw. der Bruch der Verschwiegenheit zur sofortigen Entlassung führen.

 

3.) § 49 Abs. 1 lit b) AVG lautet:

Die Aussage darf von einem Zeugen verweigert werden: über Fragen, die er nicht beantworten könnte, ohne eine ihm obliegende staatlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit, von der er nicht gültig entbunden wurde, zu verletzen oder ein Kunst- Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren.

 

Es dient daher zur Kenntnis, dass die Verletzung der Verschwiegenheits­pflicht bzw. Preisgabe von Betriebsgeheimnissen nicht nur der Firma F. GmbH zu Schaden gerät, sondern auch denjenigen, der das Betriebsgeheimnis preisgibt, zum Schadenersatz verpflichtet. Es entsteht daher dem betroffenen ein noch nicht absehbarer Schaden, sodass aus dieser Sicht die Aussage rechtlich gedeckt zu verweigern ist.

 

Hiermit bestätigt Herr/Frau J. dass er/sie die Dienstanweisung gelesen und verstanden hat. Jeder Verstoß gegen diese Dienstanweisung hat eine fristlose Entlassung zur Folge.

 

Unterhalb dieses Textes befinden sich die Unterschriften von M.M., der zum Kontrollzeitpunkt Geschäftsführer der F. GmbH war (Firmen­buchauszug), sowie des Mitbeteiligten. Darüber hinaus unterfertigten M.M. (für die Dienstgeberin) und der Mitbeteiligte eine auf den 1. August 2014 datierte „Erklärung“ mit folgendem Wortlaut:

 

I.

 

Ich J.B. erkläre, keine Auskunft gemäß § 50 Abs. 4 GSpG zu erteilen. Ich bin im gegenständlichen Betrieb beschäftigt wobei meine Tätigkeit weder auf das Veranstalten oder das Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen gerichtet ist. Ich bin daher nicht auskunftspflichtig.

 

II.

 

Laut der der Behörde gleichzeitig vorgelegten Dienstanweisung bin ich  verpflichtet über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren. Dies ist zulässig, wie der UVS OÖ mit Erkenntnis vom 26.03.2013, GZ.: VwSen-301206/3/WIE/Ba entschieden hat. Ich bin daher zu keiner Aussage verpflichtet und werde auch nicht aussagen.

In der Folge stellten die Kontrollorgane der Finanzpolizei dem Mitbeteiligten die nachstehenden Fragen, auf die der Mitbeteiligte jeweils antwortete: „Ich sage dazu nichts. Ich habe eine Dienstanweisung unterschrieben.“ Im Einzelnen wurden dem Mitbeteiligten folgende Fragen gestellt:

 

Wer ist der Lokalbetreiber? Für wen arbeiten Sie? Wer ist der Geschäftsführer dieses Betriebes? TelNr dieser Personen?

Was ist Ihre genaue Tätigkeit im Betrieb?

Wie lange stehen die Geräte schon in diesem Lokal?

Wer hat die Geräte geliefert, wer hat die Aufstellung vermittelt?

Wer ist der Veranstalter („Aufsteller“, „Betreiber“ der Geräte, also auf wessen Rechnung gehen Gewinn und Verlust durch den Betrieb dieser Geräte)?

Wer ist Eigentümer der Geräte?

Welche Spiele insgesamt (genaue Arten) können auf dem(n) Gerät(en) durch­geführt werden?

Laufen die Spiele selbständig auf dem Gerät ab oder wird der Spielverlauf von einem anderen Ort aus gesteuert (Wenn ja, von wo)?

Wer hat Sie in der Handhabung des Gerätes (Einschalten, Gewinne auszahlen und am Gerät abbuchen, Störungsfälle,...) unterwiesen?

Wie hoch kann der jeweilige Spieleinsatz (von-bis) gewählt werden?

Welche (Höchst-)Gewinne sind möglich, wo werden diese Beträge am Gerät genau dargestellt?

Welche Bonus- Jackpot-, Mysteri- oder sonstige zusätzlichen Gewinn­möglichkeiten können unter welchen Bedingungen auf diesem Gerät erreicht werden?

Welche Karten (Kundenkarte, Chipkarte,...) und/oder Schlüssel, bzw., Fernbe­dienung zum Betrieb der Geräte wurden Ihnen übergeben?

Welchen Zweck genau dient jeder der übergebenen Gegenstände?

Verfügen Sie über einen Schlüssel zur Geldlade?

Zu welchem Zweck besitzen Sie diesen Schlüssel?

Verfügen Sie über Zugang zur Buchhaltung? Falls nicht, wie überprüfen sie ihre Angestellten bei der Auszahlung? Zeigen Sie die Buchhaltungsdaten auf den Geräten.

Wer schaltet die Spielgeräte nach der Sperrstunde aus und wer schaltet sie wieder ein?

Wer kommt in welchen Abständen in das Lokal, um die Gerätekassen zu leeren und mit Ihnen die ausbezahlten Gewinne abzurechnen?

Wann war diese Person zuletzt im Lokal?

Wann erwarten Sie diese Person zum nächsten mal?

In welchem Verhältnis wird abgerechnet? Es wird Ihnen vorgehalten, dass, bei Glücksspielen üblicherweise die Aufteilung der Erlöse im Verhältnis 50:50 erfolgt.

Wie wurde diese Aufteilung dokumentiert?

Gibt es einen (schriftlichen) Vertrag mit dem Aufsteller? Sie werden aufgefordert diesen Vertrag vorzulegen.

Wie werden die ausbezahlten Gewinne am Gerät abgebucht, bzw., mit dem Aufsteller abgerechnet?

Wie werden die Gewinne ausbezahlt, wenn in der Geldlade noch nicht ausreichend Einnahmen enthalten sind, bzw., wenn besondere Gewinnhöhen (Jackpot,...) erreicht werden, die den Kasseninhalt übersteigen?

Wer wird vom ihnen im Falle einer Störung verständigt? (Name, Anschrift, Telefon, Handy, Spitzname)

Wer führt Wartungs-, Reinigungs- und Servicearbeiten durch?

Wer hat die Einleitung der Datenleitung (ADSL, ISDN, Standleitung, sonstiger Internetanschluss,...) in das Lokal bezahlt, bzw., wer zahlt die laufenden Gebühren dafür?

Wie haben Sie die erhaltenen Gewinne in die Buchhaltung aufgenommen?

Wann wurden die Geräte von mir/dem Betreiber zuletzt geleert? Welcher Betrag wurde dabei entnommen?

Können Sie uns Testspiele ermöglichen?

Wer kann Testspiele ermöglichen?

Ermöglichen Sie uns Einblick in die geführten Aufzeichnungen bzw. in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen?

Ermöglichen Sie uns Einblick in die aufzuliegenden Spielbeschreibungen?

Ermöglichen Sie uns Einblick in die Gerätebuchhaltung?

(Niederschrift vom 5. November 2014)

 

Die Bf stellte anlässlich der verfahrensgegenständlichen Kontrolle gegen den Mitbeteiligten keinen Strafantrag wegen des Verdachts der Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG bzw. wurde der Mitbeteiligte von der Bf zu keiner Zeit als Verdächtiger im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG geführt. Dagegen wurde gegen M.M. als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F. GmbH wegen des Verdachts der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG ein Strafantrag gestellt.

 

II.5. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den im
Akt befindlichen Unterlagen, den GSP26-Formularen aus den die ver­fahrensgegenständlichen Geräte betreffenden Beschlagnahmeakten (LVwG-410490/11/ER/HUE und LVwG/410491/11/ER/HUE) sowie aus den glaub­würdigen und nachvollziehbaren Aussagen des Leiters der verfahrensgegen­ständlichen Amtshandlung, C.L., in der öffentlichen mündlichen Verhandlung (vgl. insbesondere die jeweils in Klammer angeführten Beweismittel). Im Einzelnen ist folgendes auszuführen:

 

Der Aussage des Zeugen C.L. zufolge hat der Mitbeteiligte bei der Kontrolle nicht angegeben, „was er im Lokal macht und wofür er zuständig ist“. Dennoch konnte die Feststellung getroffen werden, dass er zum Zeitpunkt der Kontrolle am 5. November 2014 Angestellter der F. GmbH war: aus dem im Akt befindlichen Versicherungsdatenauszug vom 26. November 2014 ist ersichtlich, dass der Mitbeteiligte von 1. August 2014 bis „laufend“ (also zumindest bis zum 26. November 2014 und daher jedenfalls auch am 5. November 2014) „Angestellter“ der F. GmbH war. Weiters wurde die schriftliche „Dienstanweisung der Firma F. GmbH“ vom 1. August 2014 über dem Wort „Dienstnehmer“ vom Mitbeteiligten unterzeichnet bzw. ist auch der „Erklärung“ vom 1. August 2014 zu entnehmen, dass der Mitbeteiligte „im gegenständlichen Betrieb“ beschäftigt war. Die Feststellung, dass der Mitbeteiligte zum Zeitpunkt der Kontrolle am 5. November 2014 für das Lokal allein verantwortlich war, gründet sich auf die Aussagen des Zeugen C.L., welcher angab, dass der Mitbeteiligte bei Beginn der Kontrolle hinter der Theke saß und angegeben hat, dass er „zurzeit allein im Lokal sei und daher allein verantwortlich“ ist.

 

Die an den Mitbeteiligten gerichteten Fragen bzw. seine darauf gegebenen Antworten wurden der vom Mitbeteiligten auf jeder einzelnen Seite unter­schriebenen Niederschrift vom 5. November 2014 entnommen, welche dem Mitbeteiligten nach den Aussagen des Zeugen C.L. nach Ende der Befragung nochmals zur Durchsicht vorgelegt wurde.

 

Die Feststellungen, dass die Bf gegen den Mitbeteiligten keinen Strafantrag im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG stellte bzw. dass der Mitbeteiligte von der Bf zu keiner Zeit als Verdächtiger in diesem Sinne geführt führte, sowie die Feststellung, dass gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der F. GmbH ein Strafantrag nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG gestellt wurde, stützen sich auf die Angaben der Bf in der Verhandlung vom 28. April 2015.

 

 

III. Gemäß § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 13/2014, ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 GSpG sind für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden.

 

Gemäß Abs. 2 par.cit. können diese Behörden sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssach­verständigen des § 1 Abs. 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.

 

Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind gemäß Abs. 3 par.cit. die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. Die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicher­heitsdienstes hinzuziehen.

 

Gemäß Abs. 4 par.cit. sind die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veran­stalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

[...]

5. wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs. 3 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigever­pflichtung gemäß § 4 Abs. 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach
§ 50 Abs. 4 verstößt;

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1.1. Die vom Rechtsvertreter des Mitbeteiligten mit Eingabe vom 27. April 2015  vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen das österreichische Glücksspielmonopol sind im Hinblick auf die dem Mitbeteiligten im gegen­ständlichen Verfahren angelastete Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 i.V.m. § 50 Abs. 4 GSpG nicht von rechtlicher Relevanz (vgl. VwGH 15.3.2013, 2012/17/0590). Die Verpflichtungen nach § 50 Abs. 4 GSpG setzen keinen gesetzwidrigen Betrieb von Glücksspieleinrichtungen voraus, sondern richten sich unterschiedslos an alle Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten. Sie hätten den Mitbeteiligten daher auch dann getroffen, wenn sich im gegenständlichen Lokal legaler Weise  Glücks­spieleinrichtungen befunden hätten. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob das Glücksspielmonopol im Widerspruch zum Unionsrecht steht, da selbst im Falle einer Unionsrechtswidrigkeit der diesbezüglichen Bestimmungen des GSpG die Regelung des § 50 Abs. 4 GSpG und die daran anknüpfende Strafbestimmung des § 52 Abs. 1 Z 5 letzter Fall GSpG weiterhin anzuwenden wären. Auf eine Auseinandersetzung mit dem auf die Frage der Unionsrechtswidrigkeit bezogenen Vorbringen samt Beweisanträgen bzw. mit den vorgelegten Urkunden konnte daher mangels Relevanz für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens verzichtet werden.

 

IV.1.2. Unter einer „Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält“, kann schon nach dem Wortsinn und dem Gesetzeszweck jemand verstanden werden, der de facto für die Bereithaltung einer „Einrichtung“, mit der Glücksspiele von Dritten gespielt werden können, sorgt. Das „Bereithalten“ setzt keine rechtlich-organisatorische Beziehung zu der Glücksspieleinrichtung in dem Sinn voraus, dass jemand das Spiel organisierte, dass die Verträge mit ihm abgeschlossen würden oder die Spiele auf seine Rechnung erfolgten. Der Gesetzgeber wollte mit der Bestimmung des § 50 Abs. 4 GSpG offensichtlich auch eine Auskunfts­verpflichtung jener Personen schaffen, die zwar mit der Veranstaltung des Spiels nicht im eben genannten Sinne zu tun haben, die aber durch ihr Verhalten die Durchführung des Spiels erst ermöglichen und in vielen Fällen bei Kontrollen die einzigen Personen sind, die den Kontrollorganen Auskünfte erteilen können. Im Falle der Aufstellung eines Glücksspielapparats in einem Lokal trifft somit die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG nicht nur den Betreiber des Apparats, sondern auch den- oder diejenigen, die faktisch für die Verfügbarkeit des Apparats sorgen. Die Abgrenzung, welche Angestellte des Lokalbetreibers damit von der Auskunftspflicht erfasst sind, hat sich nach dem Aufgabenbereich des Angestellten zu richten. Ein Mitarbeiter, der sich als für das Lokal verantwortlich bezeichnet, gehört jedenfalls zum Kreis der auskunftspflichtigen Personen, weil er damit auch im Rahmen seiner Befugnisse für die Umsetzung der betriebsintern bestehenden Anordnungen zuständig ist, ob und welche Apparate für Dritte im Lokal verfügbar sind. Dass einem Angestellten keinerlei Einfluss auf die Entscheidung, welche Apparate bereitgehalten werden, zusteht, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht maßgeblich. Die gesetzliche Verpflichtung nach § 50 Abs. 4 GSpG besteht lediglich darin, umfassend Auskünfte zu erteilen, die Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG knüpft an die Nichterteilung der Auskünfte, nicht etwa an das Bereithalten des Apparats an. Es bestehen insoweit keine Bedenken, auch Personen, die keinen Einfluss auf die Entscheidung betreffend das Aufstellen des Apparats haben, in die Auskunftspflicht und damit in den Straftatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG einzubeziehen (vgl. VwGH 20.6.2012, 2012/17/0114; 15.3.2013, 2012/17/0590; 22.10.2013, 2013/17/0168; 21.8.2014, Ra 2014/17/0004).

 

Der Mitbeteiligte war im Zeitpunkt der gegenständlichen Kontrolle als Angestellter der Betreiberin (F. GmbH) für deren Lokal allein verant­wortlich. Außer ihm war zum Kontrollzeitpunkt auch kein weiterer Angestellter und auch sonst niemand von der Firma F. GmbH im Lokal anwesend. Ihm kam daher faktisch die Macht zu, für die Verfügbarkeit oder Nichtverfügbarkeit der von den Kontrollorganen vorgefundenen Geräte zu sorgen, was sich nicht zuletzt auch darin zeigt, dass nach einem vom Mitbeteiligten während der Kontrolle geführten Telefonat die im Lokal befindlichen Geräte nicht mehr bespielbar waren. Der Mitbeteiligte war im Kontrollzeitpunkt als eine „Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält“ nach § 50 Abs. 4 GSpG verpflichtet, den Organen der öffentlichen Aufsicht (zu denen nach § 50 Abs. 3 GSpG auch die Organe der Abgabenbehörden zählen) umfassend Auskünfte zu erteilen.

 

An den verfahrensgegenständlichen Geräten wurden Spiele angeboten, deren Ausgang vom Zufall abhing und bei denen gegen Einsatz einer vermögenswerten Leistung ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde. Die gegenständlichen Geräte boten daher Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG und sind als Glücksspielein­richtungen zu qualifizieren.

 

IV.1.3. Die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG wird durch das Verbot des Selbstbezichtigungszwangs eingeschränkt, wenn bereits vor der Durch­führung der Befragung ein konkreter Verdacht einer dem Befragten zuzurechnenden Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 GSpG oder einer Straftat nach § 168 StGB besteht (vgl. VwGH 24.2.2014, 2013/17/0834). Der Mitbeteiligte des gegenständlichen Verfahrens ist jedoch als Angestellter der Lokalinhaberin gerade nicht vom Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst und war  daher hinsichtlich dieses Delikts auch nicht als Beschuldigter anzusehen (vgl. VwGH 22.10.2013, 2013/17/0168). Der Mitbeteiligte wurde von der Bf dementsprechend auch nicht als Verdächtiger im Sinne des § 52 Abs. 1
Z 1 GSpG betrachtet. Eine Berufung des Mitbeteiligten auf das Verbot des Selbstbezichtigungszwangs scheidet folglich mangels der dafür erforderlichen konkreten Verdachtslage aus.

 

IV.1.4. Auch die Bestimmung des § 49 Abs. 1 Z 2 AVG, nach der von einem Zeugen die Aussage unter anderem über Fragen, die er nicht beantworten könnte, ohne ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren, verweigert werden darf, vermag die Weigerung des Mitbeteiligten, jedwede an ihn in er Niederschrift gerichteten Fragen zu beantworten, nicht zu rechtfertigen. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung darf die Aussage selbst bei Vorliegen eines anerkannten Entschlagungsgrundes nicht vollständig, sondern nur „über Fragen“ verweigert werden, deren Beantwortung die durch § 49 Abs. 1 Z 1 bis 3 AVG geschützten Interessen verletzen würde (vgl. Hengstschläger/ Leeb, AVG § 49 Rz. 2). Der Mitbeteiligte verweigerte jedoch pauschal die Aussage auch über solche Fragen, bei deren Beantwortung die Verletzung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen (im Sinne von unternehmensbezogenen Tatsachen kommerzieller oder technischer Art, an deren Nichtoffenbarung der Geschäfts- oder Betriebsinhaber ein wirtschaftliches Interesse hat [vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 40 Rz. 24]) von vornherein nicht in Betracht kam (z.B.: „Wer ist der Lokalbetreiber? Für wen arbeiten Sie? Wer ist der Geschäftsführer dieses Betriebes? Was ist Ihre genaue Tätigkeit im Betrieb? Verfügen Sie über einen Schlüssel zur Geldlade? Zu welchem Zweck besitzen Sie diesen Schlüssel? Verfügen Sie über Zugang zur Buchhaltung?“).

 

Davon abgesehen normiert § 50 Abs. 4 GSpG ausdrücklich die Verpflichtungen, „umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren.“ Eine Entschlagung nach § 49 AVG kommt daher in Hinblick auf die darauf bezogenen Fragen (z.B.: „Können Sie uns Testspiele ermöglichen? Wer kann Testspiele ermöglichen? Ermöglichen Sie uns Einblick in die geführten Aufzeichnungen bzw. in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen? Ermöglichen Sie uns Einblick in die aufzuliegenden Spielbeschreibungen?“) aufgrund der spezielleren (und damit dem § 49 Abs. 1 Z 2 AVG vorgehenden) Regelung des § 50 Abs. 4 GSpG selbst dann nicht in Betracht, wenn die Fragen auf die Preisgabe von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen hinauslaufen würden (was hier dahin gestellt bleiben kann).

 

IV.1.5. Den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass dem Mitbeteiligten keine Mitwirkungspflicht zugekommen sei, weil es der Finanzpolizei auch ohne seine Mitwirkung möglich gewesen sei, den relevanten Sachverhalt festzustellen bzw. weil davon auszugehen sei, dass die an ihn gerichteten Fragen im Falle einer Beantwortung keine neuen oder anderen Erkenntnisse als die ohnehin schon festgestellten geliefert hätten, ist folgendes zu entgegnen:

 

Sinn und Zweck einer Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG ist es, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG eingehalten werden (vgl. VwGH 18.12.2013, 2013/17/0293; 21.08.2014, Ra 2014/17/0004). Die Kontrollorgane haben sämtliche zweckdienlichen Schritte zu setzen, die in den nachfolgenden Verfahren (betreffend die Beschlagnahme der Geräte oder im Verwaltungsstrafverfahren) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts ermöglichen (vgl. VwGH 27.02.2013, 2012/17/0509), wobei es den Kontrollorganen überlassen bleiben muss, die zweckmäßigen Schritte zur Durchführung der Kontrollen festzulegen (VwGH 27.2.2013, 2012/17/0509). Im Übrigen bezieht sich die in § 50 Abs. 4 GSpG vorgesehene Wendung „soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist“ nur auf das Betretungsrecht der betreffenden Kontrollorgane, nicht aber auf die im Einzelnen normierten Duldungs- und Mitwirkungspflichten (VwGH 21.8.2014, Ra 2014/17/0004). Schon allein aus diesen Gründen war der Mitbeteiligte verpflichtet, auf Verlangen der Kontrollorgane umfassend Auskünfte zu erteilen. Davon abgesehen kann aber auch keine Rede davon sein, dass die Beamten bei Beginn der Befragung des Mitbeteiligten bereits über sämtliche, für die anschließenden Verfahren wesentlichen, Informationen verfügt hätten, stand zu diesem Zeitpunkt doch lediglich fest, dass sich neun Walzengeräte, ein „Funwechsler“ und drei Hundewettterminals eingeschalten und betriebsbereit im Lokal befanden.

 

Der Mitbeteiligte hat somit durch die Verweigerung der Beantwortung sämtlicher ihm von Organen der Finanzpolizei bei der Kontrolle am 5. November 2014 gestellten Fragen den objektiven Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 5 i.V.m. § 50 Abs. 4 GSpG verwirklicht.

 

IV.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

 

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog „Ungehorsamsdelikt“).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

IV.2.2. Die mitbeteiligte Partei als Beschuldigter hat keinerlei Umstände geltend gemacht, die geeignet wären, einen entsprechenden Entlastungsbeweis zu führen. Ferner ist von einer vorsätzlichen Tatbegehung auszugehen, da der Mitbeteiligte mit seiner Aussageverweigerung unter Verweis auf die Dienst­anweisung einen Sachverhalt verwirklichen wollte, der dem Tatbild des § 52
Abs. 1 Z 5 GSpG entspricht.

 

IV.2.3. Eine Tat ist nach § 6 VStG nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. In der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, kann eine unmittelbar drohende Gefahr und ein Notstand im Sinne des § 6 VStG jedoch nicht gesehen werden. Allein die Weisung eines Vorgesetzten bzw. des Dienstgebers stellt für den Täter einer strafbaren Handlung, die er als solche zu erkennen vermag, keinen Schuldaus­schließungsgrund dar (vgl. VwGH 30.3.1993, 92/04/0241; 29.6.2011, 2007/02/0334). Mögliche wirtschaftliche Nachteile des in einem Dienstverhältnis stehenden Täters vermögen selbst im Falle einer von ihm befürchteten Kündigung bei Nichtbefolgung einer Weisung seines Arbeitgebers keine Not­standssituation zu begründen (VwGH 25.11.2004, 2003/03/0297).

 

Der Mitbeteiligte wurde vor Beginn der Befragung über die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG und die daran anknüpfenden verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen belehrt und vermochte schon allein aus diesem Grund zu erkennen, dass er durch die Aussageverweigerung eine Verwaltungsstraftat begeht. Dass eine allfällige Beendigung des Dienstverhältnisses des Mitbeteiligten zur F. GmbH eine wirtschaftliche Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst unmittelbar bedroht sind, zu Folge hätte, wurde vom Mitbeteiligten selbst zu keiner Zeit behauptet bzw. belegt. Die gegenständliche Dienstanweisung bzw. die „Erklärung“ vom 1. August 2014 vermögen das Verschulden des Mitbe­teiligten daher nicht auszuschließen.

 

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die gegenständlichen Übertretungen dem Mitbeteiligten auch dann vorwerfbar wären, wenn er sich auf die ihm durch die Dienstanweisung bzw. die „Erklärung“ vom 1. August 2014 zur Kenntnis gebrachten Rechtsausführungen („Auskunftsverpflichtet ist nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nur das zuständige Organ der Firma F. GmbH“, „[...] sodass aus dieser Sicht die Aussage rechtlich gedeckt zu verweigern ist“, etc.) verlassen hätte. Eine das Verschulden ausschließende Rechtsauskunft liegt nämlich nur dann vor, wenn die Auskunft von der für den betreffenden Verwaltungsbereich zuständigen Behörde erteilt worden ist (vgl. etwa VwGH 14.03.2008, 2004/10/0181).

 

Dem Mitbeteiligten ist die Tat somit auch auf subjektiver Ebene vorwerfbar.

 

IV.3. Gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann der Beschuldigte im Fall des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG unter Hinweis auf die Rechts­widrigkeit seines Verhaltens ermahnt werden, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Von einem geringen Verschulden im Sinne des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück­bleibt; dies kann auch bei vorsätzlichem Handeln der Fall sein, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie z.B. verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, drückende Notlage etc. diesen Schluss rechtfertigen (Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 45 Rz. 3). Die Dienstanweisung, in der dem Mitbeteiligten für den Fall der Auskunftserteilung die Entlassung bzw. Schaden­ersatzpflichten angedroht werden, sowie die in der Dienstanweisung und der „Erklärung“ vom 1. August 2014 enthaltenen unrichtigen Rechtsausführungen stellen zwar keine Schuldausschließungsgründe dar, sie kommen solchen aber zumindest nahe (vgl. § 34 Abs. 1 Z 11 StGB) bzw. waren geeignet, auf den Mitbeteiligten einen nicht unerheblichen Druck dahingehend auszuüben, dass er seinen gesetzlichen Auskunftspflichten nicht nachkommt. Diese durch seinen Arbeitgeber erzeugte Drucksituation erweist sich in Verbindung mit dem Umstand, dass der Mitbeteiligte keine einschlägigen Vorstrafen aufweist, als geeignet, sein Verschulden trotz vorsätzlicher Tatbegehung als gering zu qualifizieren.

 

Was die Intensität der Beeinträchtigung des durch § 50 Abs. 4 GSpG geschützten Rechtsguts durch die konkrete Tat betrifft, ist zugunsten des Mitbeteiligten von der gesetzlich geforderten Geringfügigkeit auszugehen, da es der Bf trotz seiner Aussageverweigerung möglich war, gegen den handelsrechtlichen Geschäfts­führer der Lokalbetreiberin einen Strafantrag nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu stellen. Zweck des § 50 Abs. 4 GSpG ist es schließlich, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG eingehalten werden (vgl. VwGH 18.12.2013, 2013/17/0293; 21.08.2014, Ra 2014/17/0004).

 

In einer Gesamtbetrachtung dieser Umstände kommt das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich daher zur Auffassung, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung im Hinblick auf die besonderen Umstände des Falles (Drucksituation aufgrund der angedrohten Entlassung bzw. der angedrohten Schadenersatzpflichten für den Fall der Missachtung der Dienstanweisung, unrichtige Rechtsauskünfte durch den Dienstgeber) soweit hinter dem delikts­typischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, dass das Absehen von einer Strafe gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG gerechtfertigt ist und lediglich eine Ermahnung auszusprechen ist. Letzteres jedoch mit dem Hinweis, dass dem Mitbeteiligten damit das Vertrauen geschenkt wird, sich künftig in Fällen wie dem gegenständlichen gesetzeskonform zu verhalten.

 

 

V. Im Ergebnis war aufgrund der Erfüllung des objektiven und des subjektiven Tatbestands des § 52 Abs. 1 Z 5 iVm § 50 Abs 4 GSpG durch die mitbeteiligte Partei der Beschwerde des Finanzamts stattzugeben und aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls eine Ermahnung auszusprechen, um die mitbeteiligte Partei von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Die Vorschreibung eines Kostenbeitrags hat im Falle der Erteilung einer Ermahnung zu entfallen (vgl. Reisner in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrens­recht der Verwaltungsgerichte § 52 Rz. 4; Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 64 Rz. 4).

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Qualifikation des Mitbeteiligten als Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält bzw. die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhalts als schuldhafte Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG stützen sich auf die in der Rechtsprechung des VwGH entwickelten Grundsätze (vgl. insbesondere die in Punkt III. zitierte Judikatur).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Elisabeth Reitter