LVwG-410578/12/MS/MD
Linz, 13.08.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde des Finanzamts Linz, Bahnhofplatz 7, 4020 Linz, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
4. März 2015, GZ: Pol96-302-2014, mit dem ein Verwaltungsstrafverfahren nach dem Glücksspielgesetz gegen die mitbeteiligte Partei, Herrn N. R., x, vertreten durch Dr. F. M., Rechtsanwalt, x, eingestellt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2015
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Schreiben vom 22. Mai 2014 erstattete die Bf gegen den Mitbeteiligten bei der belangten Behörde Anzeige wegen des Verdachts einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG mit der Begründung, dass bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG durchgeführten Kontrolle am 30. April 2014 im vom Mitbeteiligten betriebenen Lokal „S. V.“, x, von der Firma des Mitbeteiligten keine Person anwesend gewesen sei, welche den Kontrollorganen umfassende Auskünfte über die gegenständlichen Geräte erteilen konnte. Der anwesende Mitarbeiter des Mitbeteiligten, Herr I. R., habe die Aussage verweigert. Herr I. R. habe diesbezüglich eine Dienstanweisung des Mitbeteiligten vorgelegt. Trotz Belehrung und Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 50 Abs. 4 GSpG und die Folgen der Nichteinhaltung gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG seien die notwendigen Auskünfte nicht erteilt worden. Der Mitbeteiligte hätte dafür Sorge zu tragen gehabt, dass eine anwesende Person den Kontrollorganen umfassende Auskünfte erteilt. Der Mitbeteiligte habe dadurch gegen die ihm zukommende Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG verstoßen, dass er zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht für die Anwesenheit einer Person gesorgt habe, die gegenüber den Kontrollorganen die Verpflichtungen gemäß § 50 Abs. 4 GSpG wahrzunehmen gehabt hätte. Der Mitbeteiligte habe nicht eine Person bestimmt und zur Anwesenheit verpflichtet, die den Verpflichtungen von Veranstalter und Inhaber gemäß § 50 Abs. 4 GSpG gegenüber den Kontrollorganen nachgekommen wäre.
I.2. In der daraufhin ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom
12. Juni 2014 wurde dem Mitbeteiligten von der belangten Behörde vorgeworfen, dass er es als Betreiber gemäß § 9 Abs. 1 VStG des öffentlichen Lokals „S. V.“ mit Sitz in x, strafrechtlich zu verantworten habe, dass am 30. April 2014 um ca. 12.10 Uhr im genannten Lokal im Zuge einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz den Organen des Finanzamtes Linz jegliche Auskünfte verweigert worden seien, obwohl Amtssachverständigen und Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen seien, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach dem GSpG aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sei. Als übertretene Strafbestimmungen wurden § 9 VStG i.V.m. § 50 Abs. 1 bis 4 i.V.m. § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG angeführt. Im Hinblick auf § 19 Abs. 2 VStG ging die belangte Behörde von einem Nettoeinkommen des Mitbeteiligten in Höhe von 2.000 Euro monatlich sowie davon aus, dass der Mitbeteiligte über kein Vermögen verfüge und ihn keine Sorgepflichten treffen würden.
I.3. In seiner Rechtfertigung vom 3. Juli 2014 bestritt der Mitbeteiligte, dass er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen habe bzw. dass er durch sein Verhalten einen Straftatbestand gesetzt habe und stellte den Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens. Jedenfalls werde bis zum Vorliegen entsprechender Ermittlungsergebnisse die Anwendbarkeit des von der Behörde herangezogenen Gesetzes bestritten. Ihm sei die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchaus bekannt, wonach der Verfahrensgrundsatz, dass die Verwaltungsbehörde von Amts wegen vorzugehen habe (§ 39 Abs. 2 AVG), die Partei nicht von der Verpflichtung befreie, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten (VwGH 2.6.1976 Z 664 ff/74, 686/75 ua). Es sei richtig, dass keine Auskünfte erteilt wurden. Dies sei mit Dienstanweisung auch vorgeschrieben worden. Nach mittlerweile gefestigter Meinung des UVS OÖ, unter anderem zu den Zahlen: VwSen-301206/3/WEI/Ba vom 26.03.2013, VwSen-301232/2/WEI/Ba vom 3.4.2013, VwSen-360070/2/MB/WU vom 8.4.2013, stehe fest, dass das Erteilen einer Dienstanweisung im Verwaltungsstrafverfahren zulässig sei um Schaden durch die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen oder Betriebsgeheimnissen zu verhindern. Abgesehen davon, dass ein „normaler Angestellter“ nicht einmal ansatzweise korrekte Auskünfte geben könnte. Darüber hinaus sei schon aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 50 GSpG eine Eingrenzung der Duldungs- und Mitwirkungspflicht zu sehen. Besteht nämlich eine Verdachtslage welche dem Gesetz nach zur Rechtfertigung der Beschlagnahme notwendig ist, so könne dem Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare" folgend, eine im Verdacht stehende Person nicht dazu verpflichtet werden, Beweise gegen sich selbst zu liefern. Denn ab diesem Zeitpunkt handle es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.
I.4. In einer weiteren Stellungnahme vom 25. Juli 2014 wies der Mitbeteiligte darauf hin, dass betreffend der gleichen Angelegenheit zur Zahl Pol96-303-2014 auch ein Verwaltungsstrafverfahren wegen dem gleichen Tatvorhalt gegen den Angestellten des Mitbeteiligten, nämlich gegen Herrn I. R., geführt werde. Es könne schon allein aufgrund der Konzeption des Gesetzes nicht möglich sein, dass betreffend dergleichen Bestimmung zwei unterschiedliche Verfahren gegen zwei unterschiedliche Personen geführt werden können. Der Mitbeteiligte als Inhaber und somit auch als eventuell zu führender Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren könne sich auf den verfassungsmäßig geführten Grundsatz nemo tenetur se ipsum accusare berufen. Niemand müsse sich selbst einer strafbaren Handlung bezichtigen. Schon allein aus diesem Grund sei das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren unverzüglich einzustellen. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass es mittlerweile ständige Rechtsprechung der Landesverwaltungsgerichte sei, dass Unternehmen Dienstanweisungen ausgeben können, um ihre Betriebsgeheimnisse zu schützen. Genau das sei hier - wie sich aus der übermittelten Beilage ergebe - der Fall. Im Übrigen ergebe sich aus der Anzeige nicht, worin der Vorsatz im Handeln des Mitbeteiligten gelegen haben soll.
I.5. In ihrer Stellungnahme vom 14. August 2014 brachte die Bf in Erwiderung der Rechtfertigung des Mitbeteiligten vor, dass es beim Verfahren gegen Herrn I. R. um die Tathandlung gehe, dass Herr R. während der Kontrolle den Organen der öffentlichen Aufsicht die geforderten Auskünfte nicht erteilt habe. In diesem Verfahren gehe es um die Tathandlung, dass der Mitbeteiligte zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht für die Anwesenheit einer Person gesorgt habe, die gegenüber den Kontrollorganen die Verpflichtung gemäß § 50 Abs. 4 GSpG wahrzunehmen gehabt hätte. Hinsichtlich des Mitbeteiligten sei festzuhalten, dass gemäß den Bestimmungen des § 50 Abs. 4 GSpG der Inhaber, der Veranstalter, sowie Personen die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, der Behörde nach § 50 Abs. 1 GSpG, dem Amtssachverständigen und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen und unter anderem in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen Einblick zu gewähren hätten, sowie dafür zu sorgen hätten, dass eine anwesende Person den Verpflichtungen gegenüber den Kontrollorganen nachkomme. Aus dieser Textierung sei eindeutig zu entnehmen, dass diese Verpflichtung den Mitbeteiligten betreffe, er dieser aber nicht nachgekommen sei. Der Einwand, dass sich niemand selbst einer strafbaren Handlung bezichtigen müsse, gehe alleine durch die Tatsache, dass der Mitbeteiligte am Tag der Kontrolle nicht im Lokal anwesend gewesen sei und folglich weder einvernommen worden sei, noch eine Rechtsbelehrung durchgeführt werden habe können, ins Leere. Es sei auch nicht ersichtlich in welcher Relevanz diese Aussage zu der vorgeworfenen Tathandlung, nämlich dass der Mitbeteiligte nicht für die Anwesenheit einer Person gesorgt habe, die gegenüber den Kontrollorganen die Verpflichtung gemäß § 50 Abs. 4 GSpG wahrnimmt, steht. Zur Behauptung, dass Unternehmen Dienstanweisungen ausgeben könnten, um ihre Betriebsgeheimnisse zu schützen, sei festzuhalten, dass nicht erkannt werden könne, welche Relevanz diese Aussage aus der Stellungnahme des Mitbeteiligten bzw. dessen Rechtsvertretung in diesem Verfahren hat. Weiters werde ausgeführt, dass der OGH auf eindeutige Weise beantwortet habe, dass rechtswidrige Weisungen, auch durch an sich weisungsgebundene Dienstnehmer, nicht zu befolgen seien. Der Mitbeteiligte habe also, aufgrund der vorstehenden Ausführungen, zweifelsfrei die angelastete Tat nicht bestritten. Schon gar nicht sei der Mitbeteiligte der Tatanlastung auf fachlicher Ebene entgegengetreten. Aufgrund dieser Tatsachen gehe die Bf weiterhin von einer Verletzung der Duldungs- und Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG aus.
I.6. In einer weiteren Stellungnahme vom 23. September 2014 brachte der Mitbeteiligte vor, dass das Glücksspielgesetz in der momentan geltenden Fassung unionsrechtswidrig sei. Diesbezüglich werde auf die Entscheidung des EuGH in der RS „Pfleger C-390712", sowie die direkte Umsetzung und somit die Bestätigung der Unionsrechtswidrigkeit durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter anderem zu LVwG-410286, LVwG-410348 und LVwG-410390 verwiesen. Aufgrund der angeführten Entscheidungen stehe fest, dass bis zur endgültigen Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof von der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes auszugehen sei. Gegenteilige Entscheidungen von anderen Landesverwaltungsgerichten lägen zum heutigen Tag nicht vor.
I.7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. März 2015 wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Mitbeteiligten eingestellt. Der Spruch des Bescheides lautet wie folgt:
„Von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen Herrn R. N., geb. 01.08.1979, wegen des Verdachts einer Übertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 des Glücksspielgesetzes 1989 - GSpG (Verstoß gegen die Duldungs- oder Mitwirkungspflicht gem. § 50 Abs. 4 GSpG bei der Kontrolle am 30.04.2014 in X), wird abgesehen und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
Rechtsgrundlage: § 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, idgF.“
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter anderem in seiner Entscheidung LVwG-410076 festgestellt habe, dass schon auf Grund des Wortlauts des § 50 Abs. 4 GSpG eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich werde. Diese Pflichten erstreckten sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht auf einen Verstoß gegen das GSpG vor, so ende die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handle es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG. Da also eine Duldungs- und Mitwirkungspflicht schon bei Bestehen eines begründeten Verdachts auf einen Verstoß gegen das GSpG ende und ein solcher bereits im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens vorläge (Verdacht der Übertretung nach dem GSpG), sei mangels Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung und Aufklärung von Delikten keine mit Strafe bedrohte Handlung möglich. Des Weiteren könne entsprechend dem rechtsstaatlichen Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare" folgend eine im Verdacht stehende Person nicht dazu verpflichtet werden, Beweise gegen sich selbst zu liefern. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG habe die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Entsprechend dem rechtsstaatlichen Grundsatz, dass eine im Verdacht stehende Person nicht dazu verpflichtet werden könne, Beweise gegen sich selbst zu liefern, habe für den Mitbeteiligten auch keine Mitwirkungspflicht bestanden, deshalb sei auch keine Verwaltungsübertretung begangen worden. Die dem Mitbeteiligten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung - Verstoß gegen die Duldungs- und Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG - bilde im gegenständlichen Fall keine Verwaltungsübertretung, weswegen von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen sei.
I.8. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Schriftsatz vom 10. März 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid zu beheben und eine Bestrafung auszusprechen. Zur Begründung führt die Bf im Wesentlichen aus, dass festzuhalten sei, dass der Mitbeteiligte weder Tatsachen, noch Argumente vorgebracht habe, welche die angelasteten Verletzungen der Mitwirkungspflicht zu widerlegen geeignet sein könnten. In seiner Stellungnahme sei vom Mitbeteiligten nicht bestritten worden, dass keine Auskünfte erteilt wurden und dass dies durch die Dienstanweisung so vorgeschrieben worden sei. Somit bleibe auch unbestritten, dass keine Person am Kontrolltag anwesend gewesen sei, die die Verpflichtungen gemäß § 50
Abs. 4 GSpG gegenüber den Kontrollorganen wahrgenommen hätte. § 50 Abs. 4 GSpG normiere, dass die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt seien, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, hätten der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt. Mit der Verweigerung der Aussage unter Verweis auf die Dienstanweisung durch Herrn R. I. bzw. aufgrund der Tatsache, dass sonst keine weitere Person vor Ort anwesend gewesen sei, welche den Kontrollorganen gegenüber den Verpflichtungen des § 50 Abs. 4 GSpG nachkommen hätte können, habe sohin ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten vorgelegen. Herrn R. I. seien allgemeine Fragen gestellt worden, welche weder Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse betroffen hätten und welche auch durch einen „normalen Angestellten“ beantwortet hätten werden können. Der VwGH (VwGH 2013/17/0834, 24.02.2014) habe zur Frage der Selbstbelastung ausgesprochen: „Der Verwaltungsgerichtshof ist wiederholt von einer Mitwirkungspflicht der Partei selbst in einem Strafverfahren ausgegangen, wenn es etwa der Behörde nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung des Beschuldigten festzustellen (vgl. die bei N. Raschauer in: Raschauer/Wessely, VStG, Rz 5 zu § 25 angeführte hg. Rechtsprechung). Mit den in § 50 Abs. 4 GSpG enthaltenen Duldungs- und Mitwirkungspflichten wollte der Gesetzgeber dem Versuch der Glücksspielanbieter begegnen, durch mangelnde Kooperation die Behörden an der Erlangung hinreichender Verdachtsmomente zu hindern und so bereits im Ansatz die Einleitung von Strafverfahren zu vereiteln. Nicht nur, dass den Kontrollorganen Testspiele unentgeltlich ermöglicht werden sollten, es sollten sich die Verpflichteten auch nicht durch mangelnde Vorkehrungen ihrer Mitwirkungspflicht entziehen können (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1960 BlgNR 24. GP 51 zu § 50 Abs. 4 zweiter Satz GSpG). Ohne diese Pflichten wäre es den Behörden nicht oder nur mit unangemessen hohem Aufwand möglich, Verstöße gegen das Glücksspielgesetz festzustellen und entsprechend zu ahnden.“ Die Begründung der belangten Behörde, wonach sich die Duldungs- und Mitwirkungspflichten nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG beziehen und bei einem Verdacht auf einen Verstoß gegen das GSpG die Duldungs- und Mitwirkungspflicht enden würden, könne weder aus dem Gesetzeswortlaut abgeleitet werden, noch werde dies durch die vorhandene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Thematik der Duldungs- und Mitwirkungspflichten bestätigt. Im § 50 Abs.4 GSpG beziehe sich der Teilsatz „soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist“ lediglich auf das Betreten von Betriebsstätten, Betriebsräumen und anderen Räumlichkeiten (auch wenn dies sonst der Aligemeinheit untersagt ist). Ein Bezug zu den im nächsten Satz des § 50 Abs. 4 GSpG beschriebenen Mitwirkungspflichten könne hier jedenfalls nicht gesehen werden, weshalb die Verpflichtung gemäß § 50 Abs. 4 GSpG auf Anwesenheit einer Person, die gegenüber den Kontrollorganen die Verpflichtungen des § 50 Abs. 4 GSpG wahrzunehmen hat, jedenfalls bestehen bleibe. Dazu habe sich auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 21.08.2014, Zl. Ra 2014/17/0004, ausgesprochen: „Die vom Revisionswerber diesbezüglich ins Treffen geführte Wendung 'soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist (wobei er die Erforderlichkeit verneint, weil die Kontrollorgane selbst einen Versuch hätten unternehmen können, die Betriebsbereitschaft herzustellen) bezieht sich nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift nämlich nur auf das Betretungsrecht der betreffenden Kontrollorgane, nicht aber auf die im Einzelnen normierten Duldungs- und Mitwirkungspflichten.“ Auch wenn eine im Verdacht stehende Person nicht dazu verpflichtet sei, Beweise gegen sich selbst zu liefern, sei im gegenständlichen Fall jedenfalls von einer Verletzung der Mitwirkungsverpflichtung des Mitbeteiligten auszugehen, da - auch aufgrund der durch den Mitbeteiligten mittels Dienstanweisung hervorgerufenen Aussageverweigerung durch den einzigen im Lokal anwesenden Angestellten - keine (auch nicht allgemeine, sohin nicht belastende) Auskünfte den Kontrollorganen beispielsweise zu den Geräten erteilt worden seien und auch keine (andere) Person gemäß der Bestimmung des § 50 Abs. 4 GSpG im Lokal anwesend gewesen sei und diesen Verpflichtungen nachgekommen wäre.
I.9. Mit Schreiben vom 16. März 2015, eingelangt am 18. März 2015, legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt vor. Am 10. Juni 2015 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher der Vertreter des Mitbeteiligten ein schriftliches Vorbringen zur Unionsrechtswidrigkeit des GSpG samt Beweisanträgen erstattete und ein Urkundenkonvolut vorlegte.
II.1. Es wird (ergänzend zu Punkt I.) folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen angenommen:
Am 30. April 2014 führten Organe des Finanzamts Linz (Team: Finanzpolizei) im Lokal „S. V.“ in x, eine Kontrolle nach § 50 GSpG durch. Zu Kontrollbeginn waren keine Gäste anwesend. Die Kontrollorgane fanden vier Walzenspielgeräte und drei Hundewettterminals eingeschalten und betriebsbereit vor.
Von den Organen der Finanzpolizei wurden folgende Probespiele durchgeführt:
FA-Nr Spiel mögliche Einsätze in Aussicht gestellte Gewinne
1 Ring of Fire 0,20 – 5,50 Euro 20 Euro + bis zu 898 SG
2 Lucky Dragon 0,20 – 5,50 Euro 20 Euro + bis zu 248 SG
3 Moko Mania 0,20 – 5,50 Euro 20 Euro + bis zu 498 SG
4 Lucky bar 0,20 – 5 Euro 20 Euro + bis zu 198 SG
5 Hunderennen 0,50 – 15 Euro Höchstquote: 87,80
7 Hunderennen 0,50 – 10 Euro Höchstquote: 42,03
Am Gerät FA-Nr. 6 (Hunderennen) wurden keine Testspiele durchgeführt.
Die Probespiele wurden in der Zeit von 12.00 Uhr bis 13.25 Uhr durchgeführt.
Anlässlich der vorläufigen Beschlagnahme der gegenständlichen Geräte nach
§ 53 Abs. 2 GSpG wurden die Kassenladen der Geräte im Beisein des I. R. geöffnet. Die Schlüssel für die Geräte wurden von I. R. den Kontrollorganen ausgehändigt und zusammen mit den Geräten vorläufig beschlagnahmt. Das für die Durchführung der Probespiele erforderliche Geld wurde den Kontrollorganen von I. R. zur Verfügung gestellt und nach Beendigung der Probespiele wieder aus den Geldladen der Geräte entnommen und I. R. zurückgegeben. I. R. wurde eine Ausfertigung der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme ausgefolgt. In dieser wurde Folgendes festgehalten: „Die Beschlagnahme war vorzunehmen, um sicher zu stellen, dass mit den genannten Gegenständen – nicht fortgesetzt oder wiederholt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.“
Der Spielablauf der virtuellen Walzenspiele (Geräte FA-Nr. 1 – 4) stellt sich wie folgt dar:
Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen.
Bei den Hunderennen (Geräte FA-Nr. 5 – 7) stellt sich der Spielablauf wie folgt dar:
Bei den Geräten konnten „Wetten“ auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen aufgezeichneten Hunderennen abgeschlossen werden. Die Kunden konnten lediglich einen Einsatzbetrag und einen oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine „Wette“ darauf abschließen. Danach war der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 30 Sekunden dauernde Rennereignis abzuwarten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststand. Die auf diesen Geräten angebotenen Spiele waren „Wetten“ auf den Ausgang der Wiedergabe aufgezeichneter (virtueller) Hunderennen. Diese Rennen waren Aufzeichnungen von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen Rennveranstaltungen. Die Kunden hatten keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Spielergebnisse. Sie konnten nur einen Einsatz wählen und eine Siegwette abschließen und anschließend den Rennausgang abwarten. Der Ausgang dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.
Betreiber des Lokals „S. V.“ in x, und damit auch Inhaber der gegenständlichen Geräte war zum Kontrollzeitpunkt der Mitbeteiligte. Dieser wurde während der Kontrolle von den Kontrollorganen im Lokal nicht angetroffen. I. R. war zum Zeitpunkt der Kontrolle am 30. April 2014 Dienstnehmer des Mitbeteiligten. Außer I. R. waren im Zeitpunkt der Kontrolle keine weiteren Dienstnehmer des Mitbeteiligten im Lokal anwesend. I. R. war zu diesem Zeitpunkt für das gegenständliche Lokal allein verantwortlich.
Um 12.10 Uhr begann die Aufnahme einer Niederschrift mit I. R. durch die Beamten der Finanzpolizei. Zu diesem Zeitpunkt waren von den Kontrollorganen bereits Probespiele auf den Geräten FA-Nr. 2 (um 12.06 Uhr) und FA-Nr. 3 (um 12.00 Uhr) durchgeführt worden. Auf Seite 2 der Niederschrift wird als Gegenstand der Amtshandlung „Verdacht der Übertretung nach dem GSpG“ angeführt. Nach einer Belehrung des I. R. über die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG und die daran anknüpfenden verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen beantwortete I. R. zunächst noch die ersten an ihn gerichteten Fragen („Wer ist der Lokalbetreiber? Für wen arbeiten Sie? Wer ist der Geschäftsführer dieses Betriebes? TelNr dieser Personen?), indem er den Namen des Mitbeteiligten angab. In der Folge stellten die Kontrollorgane der Finanzpolizei I. R. die nachstehenden Fragen, auf die I. R. jeweils antwortete: „Ich berufe mich auf die Dienstanweisung.“ Im Einzelnen wurden I. R. folgende Fragen gestellt:
„Wie lange stehen die Geräte schon in diesem Lokal?
Wer hat die Geräte geliefert, wer hat die Aufstellung vermittelt?
Wer ist der Veranstalter (‚Aufsteller‘, ‚Betreiber‘ der Geräte, also auf wessen Rechnung gehen Gewinn und Verlust durch den Betrieb dieser Geräte)?
Wer ist Eigentümer der Geräte?
Welche Spiele insgesamt (genaue Arten) können auf dem (n) Gerät(en) durchgeführt werden?
Laufen die Spiele selbständig auf dem Gerät ab oder wird der Spielverlauf von einem anderen Ort aus gesteuert (Wenn ja/von wo)?
Wer hat sie in der Handhabung des Gerätes (Einschalten, Gewinne auszahlen und am Gerät abbuchen, Störungsfälle,...) unterwiesen?
Wie hoch kann der jeweilige Spieleinsatz (von - bis) gewählt werden?
Welche (Höchst-)Gewinne sind möglich, wo werden diese Beträge am Gerät genau dargestellt?
Welche Bonus- Jackpot-, Mystery- oder sonstige zusätzlichen Gewinnmöglichkeiten können unter welchen Bedingungen auf diesem Gerät erreicht werden?
Was bedeuten die nach jedem erreichten Gewinn angebotene ‚Gamble‘-Möglichkeit (Hoch-Tief, Schwarz-Rot,....., angezeigt durch zwei wechselnd blinkende Tasten), bzw., was bedeutet die mit dem Wort ‚GAMBLE‘ beschriftete Taste (Vorführen und Schritt für Schritt dokumentieren)?
Welche Karten (Kundenkarte, Chipkarte,...) und/oder Schlüssel, bzw., Fernbedienung zum Betrieb der Geräte wurden ihnen übergeben?
Welchem Zweck genau dient jeder der übergebenen Gegenstände?
Verfügen sie über einen Schlüssel zur Geldlade?
Verfügen sie über Zugang zur Buchhaltung? Falls nicht, wie überprüfen sie ihre Angestellten bei der Auszahlung? Zeigen sie die Buchhaltungsdaten auf den Geräten.
Zu welchem Zweck besitzen sie diesen Schlüssel?
Wer schaltet die Spielgeräte nach der Sperrstunde aus und wer schaltet sie wieder ein?
Wer kommt in welchen Abständen in das Lokal, um die Gerätekassen zu leeren und mit ihnen die ausbezahlten Gewinne abzurechnen?
Wann war diese Person zuletzt im Lokal?
Wann erwarten sie diese Person zum nächsten Mal?
In welchem Verhältnis wird abgerechnet? Es wird ihnen vorgehalten, dass, bei Glücksspielen üblicherweise die Aufteilung der Erlöse im Verhältnis 50:50 erfolgt.
Wie wurde diese Aufteilung dokumentiert?
Gibt es einen (schriftlichen) Vertrag mit dem Aufsteller? Sie werden aufgefordert diesen Vertrag vorzulegen.
Wie werden die ausbezahlten Gewinne am Gerät abgebucht, bzw., mit dem Aufsteller abgerechnet?
Wie werden die Gewinne ausbezahlt, wenn in der Geldlade noch nicht ausreichend Einnahmen enthalten sind, bzw., wenn besondere Gewinnhöhen (Jackpot,...) erreicht werden, die den Kasseninhalt übersteigen?
Wer wird vom ihnen im Falle einer Störung verständigt? (Name, Anschrift, Telefon, Handy, Spitzname)
Wer führt Wartungs-, Reinigungs- und Servicearbeiten durch?
Wer hat die Einleitung der Datenleitung (ADSL, ISDN, Standleitung, sonstiger Internetanschluss,...) in das Lokal bezahlt, bzw., wer zahlt die laufenden Gebühren dafür?
Wie haben sie die erhaltenen Gewinne in die Buchhaltung aufgenommen?
Wann wurden die Geräte von mir/dem Betreiber zuletzt geleert? Welcher Betrag wurde dabei entnommen?“
Die Dienstanweisung, auf die sich I. R. während seiner Befragung berief, datiert auf den 2. Mai 2013, wurde von I. R. bzw. vom Mitbeteiligten als Dienstgeber unterfertigt und hat folgenden Wortlaut:
„1.) Die gegenständlichen Eingabeterminals wurden von der Firma R. N. aufgestellt und werden von dieser betrieben bzw. bereitgehalten. Auskunftsverpflichtet ist nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nur das zuständige Organ der Firma R. N. (Geschäftsführer oder dessen Beauftragter). Im Lokal anwesende Personen – Bedienungspersonal, Putzpersonal, Techniker, etc... sind nicht auskunftsverpflichtet, es wird ihnen somit untersagt, eine Auskunft zu erteilen.
2.) Der Betrieb von Eingabeterminals (Eingabeterminal vor Ort) basiert auf einer Reihe von technischen Vorgängen (Verbindung über das Internet, Datentransfer, etc...), welche allesamt Betriebsgeheimnisse sind. Ebenso unter das Betriebsgeheimnis fallen Umsatzzahlen, Anzahl der Spieler, Art der gespielten Spiele, Art und Umfang der eingesetzten Beträge, der gewonnenen oder verlorenen Spiele. Diese Daten dürfen deshalb nicht bekannt gegeben werden, da die Gefahr besteht, dass diese Daten an die Öffentlichkeit und somit auch an die Konkurrenz gelangen. Eine solche Datenveröffentlichung kann insbesondere anlässlich einer HV vor dem jeweiligen Strafbezirksgericht in einem Verfahren wegen § 168 StGB erfolgen, als auch in einem Verwaltungsstrafverfahren oder Beschlagnahmeverfahren vor dem UVS und Verfahren, in denen diese Verhandlungen öffentlich sind. Mit Bekanntgabe der oben genannten Daten und Betriebsvorgängen erwächst der Firma R. N. ein bedeutender, möglicherweise nicht wieder gut zu machender, Schaden. Es würde daher die Verletzung des hiemit kundgetanen Betriebsgeheimnisses bzw. der Bruch der Verschwiegenheit zur sofortigen Entlassung führen.
3.) § 49 Abs. 1 lit b) AVG lautet:
Die Aussage darf von einem Zeugen verweigert werden: über Fragen, die er nicht beantworten könnte, ohne eine ihm obliegende staatlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit, von der er nicht gültig entbunden wurde, zu verletzen oder ein Kunst- Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren.
Es dient daher zur Kenntnis, dass die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht bzw. Preisgabe von Betriebsgeheimnissen nicht nur der Firma R. N. zu Schaden gerät, sondern auch denjenigen, der das Betriebsgeheimnis preisgibt, zum Schadenersatz verpflichtet. Es entsteht daher dem betroffenen ein noch nicht absehbarer Schaden, sodass aus dieser Sicht die Aussage rechtlich gedeckt zu verweigern ist.
Hiermit bestätigt Herr/Frau R. I. dass er/sie die Dienstanweisung gelesen und verstanden hat. Jeder Verstoß gegen diese Dienstanweisung hat eine fristlose Entlassung zur Folge.“
Darüber hinaus unterfertigten der Mitbeteiligte und I. R. eine „Erklärung zur Dienstanweisung für Herrn/Frau R. I.“ mit folgendem Wortlaut:
„I.
Ich erkläre, keine Auskunft gemäß § 50 Abs. 4 GSpG zu erteilen.
Ich bin im gegenständlichen Betrieb beschäftigt, wobei meine Tätigkeit weder auf das Veranstalten, Anbieten oder das Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen gerichtet ist.
Ich bin daher nicht auskunftsverpflichtet.
II.
Laut der Behörde gleichzeitig vorgelegten Dienstanweisung bin ich verpflichtet über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren.
Dies ist zulässig, wie der UVS OÖ mit Erkenntnis vom 26.03.2013, GZ.: VwSen-301206/3/WEI/Ba entschieden hat.
Ich bin daher zu keiner Aussage verpflichtet und werde auch nicht aussagen.“
II.2. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den im Akt befindlichen Unterlagen, insbesondere der Anzeige der Finanzpolizei, der Niederschrift mit I. R., den GSp26-Formularen, der Fotodokumentation, der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme sowie dem Aktenvermerk vom 30. April 2014, weiters den im Akt LVwG-410576 (Strafverfahren gegen I. R.) einliegenden Unterlagen sowie aus den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussagen des Leiters der verfahrensgegenständlichen Amtshandlung, C. L. und des ebenfalls bei der Kontrolle anwesenden AR J. S.
Die Feststellung, dass das für die Durchführung der Probespiele erforderliche Geld von I. R. zur Verfügung gestellt wurde, ergibt sich aus der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme, in welcher es unter anderem heißt: „Nach Beendigung der Testspiele wurden die jeweils € 15,- (insgesamt € 105,-) aus den Geldladen 1 bis 7 entnommen und Herrn R. I. zurück gegeben.“
Die Feststellung, dass die Schlüssel für die Geräte den Kontrollorganen von I. R. ausgehändigt wurden, ergibt sich daraus, dass die Geräte von den Kontrollorganen geöffnet wurden, die Schlüssel laut der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme und den in diesem Zusammenhang angefertigten Aktenvermerk der Kontrollorgane vom 30. April 2014 beschlagnahmt wurden und dass weder im genannten Aktenvermerk, noch in der Niederschrift oder in der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme von anderen im Lokal anwesenden Mitarbeitern des Mitbeteiligten die Rede ist. Auch in der mündlichen Verhandlung wurden von den Zeugen C. L. und J. S., die für die Finanzpolizei bei der Kontrolle im Lokal anwesend waren, keine anderen Dienstnehmer genannt.
Auf die gleichen Überlegungen bzw. auf den Umstand, dass auch der Mitbeteiligte selbst von den Kontrollorganen nicht angetroffen wurde und es I. R. war, dem eine Ausfertigung der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme ausgefolgt wurde, gründen sich auch die Feststellungen, dass außer I. R. im Zeitpunkt der Kontrolle keine weiteren Dienstnehmer des Mitbeteiligten im Lokal anwesend waren bzw. dass I. R. zu diesem Zeitpunkt für das gegenständliche Lokal allein verantwortlich war.
III. § 50 Glücksspielgesetz (GSpG):
„(1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden.
(2) Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssachverständigen des
§ 1 Abs. 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.
(3) Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. Die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen.
(4) Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.
[...]“
§ 52 Glücksspielgesetz (GSpG):
„(1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,
1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;
[...]
5. wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs. 3 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs. 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach
§ 50 Abs. 4 verstößt;
[...]“
IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
IV.1. Die vom Rechtsvertreter des Mitbeteiligten vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen das österreichische Glücksspielmonopol sind im Hinblick auf die dem Mitbeteiligten im gegenständlichen Verfahren angelastete Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 i.V.m. § 50 Abs. 4 GSpG nicht von rechtlicher Relevanz (vgl. VwGH 15.3.2013, 2012/17/0590). Die Verpflichtungen nach § 50 Abs. 4 GSpG setzen keinen gesetzwidrigen Betrieb von Glücksspieleinrichtungen voraus, sondern richten sich unterschiedslos an alle Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten. Sie hätten den Mitbeteiligten daher auch dann getroffen, wenn sich im gegenständlichen Lokal legaler Weise Glücksspieleinrichtungen befunden hätten. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob das Glücksspielmonopol im Widerspruch zum Unionsrecht steht, da selbst im Falle einer Unionsrechtswidrigkeit der diesbezüglichen Bestimmungen des GSpG die Regelung des § 50 Abs. 4 GSpG und die daran anknüpfende Strafbestimmung des § 52 Abs. 1 Z 5 letzter Fall GSpG weiterhin anzuwenden wären. Auf eine Auseinandersetzung mit dem auf die Frage der Unionsrechtswidrigkeit bezogenen Vorbringen samt Beweisanträgen bzw. mit den vorgelegten Urkunden konnte daher mangels Relevanz für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens verzichtet werden.
IV.2. Der Mitbeteiligte betrieb am Kontrolltag jenes Lokal, in dem die oben unter Punkt II.1. bezeichneten Geräte aufgestellt waren. An diesen Geräten wurden Spiele angeboten, deren Ausgang ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhing und bei denen gegen Einsatz einer vermögenswerten Leistung ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde. Die gegenständlichen Geräte boten daher Glücksspiele i.S.d. § 1 Abs. 1 GSpG und sind als Glücksspieleinrichtungen zu qualifizieren. Der Mitbeteiligte ist als Lokalbetreiber Inhaber der verfahrensgegenständlichen Geräte und hatte in dieser Eigenschaft nach § 50 Abs. 4 GSpG grundsätzlich dafür zu sorgen, dass eine in seinem Lokal anwesende Person den in § 50 Abs. 4 GSpG normierten Auskunftsverpflichtungen gegenüber den Kontrollorganen nachkommt. I. R. war im Zeitpunkt der gegenständlichen Kontrolle der einzige im Lokal anwesende Dienstnehmer des Mitbeteiligten bzw. war zu diesem Zeitpunkt für das Lokal allein verantwortlich. Dennoch hat I. R. nach Beantwortung der ersten vier Fragen auf sämtliche weiteren der an ihn anlässlich der Aufnahme einer Niederschrift um 12.10 Uhr gerichteten Fragen der Organe des Finanzamts Linz mit „Ich berufe mich auf die Dienstanweisung.“ geantwortet und dadurch gegen seine in § 50 Abs. 4 GSpG vorgesehen Pflicht, den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, verstoßen. Es war demzufolge zum Zeitpunkt der gegenständlichen Kontrolle niemand im Lokal anwesend, der den Kontrollorganen „umfassend Auskünfte“ im Sinne des § 50 Abs. 4 GSpG erteilte.
IV.3. Gegenstand dieses Strafverfahrens ist nach der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. Juni 2014 bzw. dem angefochtenen Bescheid der Vorwurf, dass es der Mitbeteiligte als Lokalbetreiber zu verantworten hätte, dass am Kontrolltag den Organen der Bf entgegen § 50 Abs. 4 GSpG jegliche Auskünfte verweigert worden wären. Die Bf selbst machte in ihrer Anzeige vom 22. Mai 2014 geltend, dass der Mitbeteiligte dadurch gegen die ihn zukommende Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG verstoßen habe, dass er zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht für die Anwesenheit einer Person gesorgt habe, die gegenüber den Kontrollorganen die Verpflichtungen gemäß § 50 Abs. 4 GSpG wahrzunehmen gehabt hätte. Er habe nicht eine Person bestimmt und zur Anwesenheit verpflichtet, die den Verpflichtungen von Veranstalter und Inhaber gemäß § 50 Abs. 4 GSpG gegenüber den Kontrollorganen nachgekommen wäre.
Hinsichtlich dieses Tatvorwurfs kommt jedoch eine Bestrafung des Mitbeteiligten nicht in Betracht, da im gegenständlichen Fall für ihn keine Verpflichtung bestand, dafür zu sorgen, dass eine andere Person jene Aussagen tätigen muss, die er selbst aufgrund des Verbots des Selbstbezichtigungszwangs im Falle einer Befragung durch die Kontrollorgane verweigern hätte dürfen:
In der Beschwerde wird zwar mit Recht darauf hingewiesen wird, dass der VwGH ausgesprochen hat, dass sich die Wortfolge „soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist“ in § 50 Abs. 4 GSpG nur auf das Betretungsrecht der Kontrollorgane, nicht aber auf die im Einzelnen normierten Duldungs- und Mitwirkungspflichten bezieht (VwGH 21.08.2014, Ra 2014/17/0004). Die Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG wird jedoch durch das Verbot des Selbstbezichtigungszwangs (vgl. dazu allgemein etwa VfSlg. 15.600) eingeschränkt, wenn bereits vor der Durchführung der Befragung ein konkreter Verdacht einer dem Befragten zuzurechnenden Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 GSpG oder einer Straftat nach § 168 StGB besteht (vgl. VwGH 24.02.2014, 2013/17/0834). Diese Rechtsansicht wird im Übrigen auch in der Beschwerde vertreten (vgl. Seite 4 der Beschwerde: „Auch wenn eine im Verdacht stehende Person nicht dazu verpflichtet ist Beweise gegen sich selbst zu liefern [...]“). Im Verdacht einer Verwaltungsübertretung steht eine Person, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, die die Annahme wahrscheinlich erscheinen lassen, dass diese Person eine Verwaltungsübertretung begangen habe (vgl. dazu Pürgy in N. Raschauer/Wessely, Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz, § 32 Rz. 2). Derartige Anhaltspunkte lagen im gegenständlichen Fall hinsichtlich einer Haftung des Mitbeteiligten nach § 52
Abs. 1 Z 1 GSpG bereits zu Beginn der Einvernahme des I. R. vor: Die beiden zuvor durchgeführten Testspiele an den Geräten FA-Nr. 2 und 3 (jeweils Walzenspiele) ergaben, dass bei den gegenständlichen Geräten Ausspielungen im Sinne des GSpG erfolgten und I. R. beantwortete die ersten an ihn gestellten Fragen dahingehend, dass der Mitbeteiligte Betreiber des kontrollierten Lokals sei. Spätestens ab diesem Zeitpunkt lag ein (sehr) konkreter Verdacht gegen den Mitbeteiligten im Hinblick auf eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG vor. Darüber hinaus wurde in der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme von den Kontrollorganen festgehalten, dass die Beschlagnahme vorzunehmen gewesen sei, um sicher zu stellen, dass mit den Gegenständen nicht fortgesetzt oder wiederholt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.
Wäre daher der Mitbeteiligte selbst während der Kontrolle anwesend gewesen und wären die an I. R. gerichteten Fragen dem Mitbeteiligten gestellt worden, wäre dieser aufgrund der gegen ihn bestehenden Verdachtslage nicht verpflichtet gewesen, sich durch „umfassende Auskünfte“ i.S.d. § 50 Abs. 4 GSpG selbst zu belasten. Er war folgerichtig auch nicht verpflichtet, eine andere Person zu bestimmen, die jene ihn belastenden Aussagen zu tätigen hätte.
Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtsprechung des VwGH, nach der es für die Beurteilung der Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG von wesentlicher Bedeutung zu sein scheint, ob bereits Testspiele durchgeführt wurden und ob der Betroffene auf Grund seiner Stellung im Betrieb als Täter nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG in Betracht kommt: Im Erkenntnis vom 22. Oktober 2013, 2013/17/0168, wurde der Berufung eines Angestellten auf § 33 Abs. 2 VStG und auf das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen, entgegengehalten, dass „er als Angestellter des Lokalinhabers gerade nicht vom Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst ist und daher auch nicht als Beschuldigter anzusehen war.“ Der Mitbeteiligte im gegenständlichen Verfahren kam für die Kontrollorgane dagegen sehr wohl als Täter i.S.d. § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG in Betracht. Ebenso handelte es sich beim Beschuldigten im Erkenntnis vom 20. Juni 2012, Zl. 2012/17/0114, um einen Angestellten und damit um eine Person, die nicht von § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst ist. In den weiteren Entscheidungen, die – soweit ersichtlich – zu
§ 50 Abs. 4 GSpG ergangen sind, ging es vorwiegend um Konstellationen, in denen den Kontrollorganen bereits eine Überprüfung der Geräte nicht ermöglicht bzw. erschwert wurde (vgl. VwGH 27.02.2013, 2012/17/0509; 15.03.2013, 2012/17/0590; 24.02.2014, 2013/17/0834; 20.03.2014, 2013/17/0904; 08.04.2014, Ra 2014/17/0001; 21.08.2014, Ra 2014/17/0004). Im gegenständlichen Verfahren wurde den einschreitenden Beamten dagegen die Durchführung von Testspielen schon vor der Einvernahme ermöglicht.
IV.4. Dem Einwand der Bf, dass von I. R. „keine (auch nicht allgemeine, sohin nicht belastende) Auskünfte den Kontrollorganen beispielsweise zu den Geräten erteilt wurden“, ist Folgendes entgegen zu halten:
Auch wenn sich die Wortfolge „soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist“ nur auf das Betretungsrecht der Kontrollorgane, nicht aber auf die im Einzelnen normierten Duldungs- und Mitwirkungspflichten bezieht (VwGH 21.08.2014, Ra 2014/17/0004), kann die in § 50 Abs. 4 GSpG normierte Pflicht, „umfassend“ Auskünfte zu erteilen, keinesfalls ohne jegliche Beschränkung gelten. Würde man nämlich davon ausgehen, dass die Verpflichtung zur umfassenden Auskunftserteilung jedwede Fragestellung beinhaltet, so müsste der Befragte auch auf Fragen, die in keinerlei Zusammenhang mit Glücksspielen stehen, etwa auch Fragen rein privater Natur (z.B. nach seinen Essgewohnheiten) beantworten, um sich nicht strafbar zu machen. Für eine Begrenzung der Auskunftspflicht sprechen auch teleologische Überlegungen: Sinn und Zweck einer Kontrolle ist es, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG eingehalten werden (vgl. VwGH 18.12.2013, 2013/17/0293; 21.08.2014, Ra 2014/17/0004). Die Kontrollorgane haben sämtliche zweckdienlichen Schritte zu setzen, die in den nachfolgenden Verfahren (betreffend die Beschlagnahme der Geräte oder im Verwaltungsstrafverfahren) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts ermöglichen (vgl. VwGH 27.02.2013, 2012/17/0509). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Verpflichtung, umfassend Auskünfte zu erteilen, daran anknüpft, dass man Veranstalter, Inhaber oder eine Person ist, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, weshalb sich die Auskunftspflicht auch nur auf Umstände beziehen kann, die einen Bezug zu den bereitgehaltenen Glücksspieleinrichtungen aufweisen. Diesen Bezug weisen die weiteren in § 50 Abs. 4 zweiter Satz GSpG normierten Mitwirkungspflichten auch ausdrücklich auf (namentlich die Pflicht, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach dem GSpG aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren). Davon abgesehen dürfen die Organe der öffentlichen Aufsicht (zu denen nach § 50 Abs. 2 GSpG auch die im vorliegenden Fall eingeschrittenen Organe der Abgabenbehörde zählen) nach dem klaren Gesetzeswortlaut aus eigenem Antrieb nur zur „Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen“ des GSpG tätig werden (§ 50 Abs. 3 GSpG). Der Adressat der „umfassenden“ Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG ist aus diesen Gründen nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich daher nicht verpflichtet, etwa Auskünfte über sein Privatleben zu erteilen bzw. „allgemeine“ Fragen, die keinerlei Bezug zu den Glücksspieleinrichtungen aufweisen, zu beantworten.
Von § 50 Abs. 4 GSpG erfasste Fragen sind im gegenständlichen Fall also solche, die sich auf die in dem vom Mitbeteiligten betriebenen Lokal befindlichen illegalen Glücksspielautomaten beziehen. Die Beantwortung solcher Fragen kann für die Feststellung des strafrechtlich relevanten Sachverhalts stets in der einen oder anderen Form von Bedeutung sein (bspw. für die Bestimmung der genaueren Tatumstände oder des Tatzeitraums bzw. von Umständen, die bei der Strafbemessung eine Rolle spielen können) und birgt daher für jemanden, gegen den bereits ein konkreter Verdacht nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG besteht, regelmäßig die Gefahr einer Selbstbelastung. Befände sich der Mitbeteiligte selbst in einer Situation, wie sie im gegenständlichen Fall bei Beginn der Befragung von I. R. vorlag, können Fragen, die an sich der Auskunftspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG unterliegen damit nur solche sein, deren Beantwortung wegen der Gefahr einer Selbstbelastung verweigert werden darf: Dienen die Fragen nämlich der Feststellung eines Sachverhaltes, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG eingehalten werden bzw. dazu in den nachfolgenden Verwaltungsstrafverfahren die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts zu ermöglichen, so besteht für den Mitbeteiligten die Gefahr einer Selbstbelastung. Dieses Auslegungsergebnis wird auch durch eine nähere Betrachtung der dem I. R. konkret gestellten Fragen bestätigt, da sämtliche der Auskunftspflicht unterliegende Fragen für die Beurteilung der Strafbarkeit des Mitbeteiligten von Relevanz gewesen wären. Die Fragen betrafen bspw. die Bestimmung des Tatzeitpunkts bzw. die Dauer der strafbaren Handlung (Wie lange stehen die Geräte schon in diesem Lokal?), die Ermittlung von Belastungszeugen bzw. die Erhebung etwaiger belastender Beweise (Wer hat die Geräte geliefert, wer hat die Aufstellung vermittelt? Wer ist der Veranstalter? Wer ist Eigentümer der Geräte? Wer hat sie in der Handhabung des Gerätes unterwiesen? Wer schaltet die Spielgeräte nach der Sperrstunde aus und wer schaltet sie wieder ein? Wer kommt in welchen Abständen in das Lokal, um die Gerätekassen zu leeren und mit Ihnen die ausbezahlten Gewinne abzurechnen? Wer wird von Ihnen im Falle einer Störung verständigt?), die Beurteilung der Geräte als illegale Glücksspielautomaten (Welche Spiele können auf den Geräten durchgeführt werden? Laufen die Spiele selbständig auf dem Gerät ab oder wird der Spielverlauf von einem anderen Ort aus gesteuert? Wie hoch kann der jeweilige Spieleinsatz gewählt werden? Welche (Höchst-)Gewinne sind möglich?) oder die Tätereigenschaft bzw. die genauen Handlungen des Mitbeteiligten (In welchem Verhältnis wird abgerechnet? Gibt es einen schriftlichen Vertrag mit dem Aufsteller? Wie werden Gewinne ausbezahlt? Wie haben Sie die erhaltenen Gewinne in die Buchhaltung aufgenommen?).
IV.5. Vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhalts käme hingegen eine Strafbarkeit des Mitbeteiligten insofern in Betracht, als der grundsätzlich aussagepflichtige I. R. durch die Dienstanweisung bzw. die „Erklärung“ zur Dienstanweisung, die lange im Voraus (2. Mai 2013) und zu einem Zeitpunkt, in dem noch keine Verdachtslage bestand, auf eine künftige Aussage gerichtet war, zu einer rechtswidrigen Aussageverweigerung angestiftet wurde. Eine Bestrafung wegen dieses Verhaltens kommt aber aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Gegenstand der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. Juni 2014 bzw. des behördlichen Strafverfahrens war nicht der Vorwurf, dass der Mitbeteiligte Herrn I. R. am 2. Mai 2013 rechtswidrig zur Aussageverweigerung angestiftet hätte. Vielmehr wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt, dass er es als Lokalbetreiber zu verantworten hätte, dass am Kontrolltag im Zuge einer Kontrolle nach dem GSpG den Organen der Bf entgegen § 50 Abs. 4 GSpG jegliche Auskünfte verweigert worden wären. Dementsprechend heißt es auch im Spruch des angefochtenen Bescheides, dass von „der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens [...] wegen des Verdachts einer Übertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 des Glücksspielgesetzes 1989 - GSpG (Verstoß gegen die Duldungs- oder Mitwirkungspflicht gem. § 50 Abs. 4 GSpG bei der Kontrolle am 30.04.2014 in 4060 Leonding, Haidfeldstraße 1) [...]“ abgesehen wird. Das Landesverwaltungsgericht ist aber nicht befugt, den Gegenstand des Verfahrens über die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens im Sinne des § 50 VwGVG hinaus auszudehnen (etwa durch eine Ausdehnung des Tatzeitraums, vgl. VwGH 5.11.2014, Ra 2014/09/0018).
Davon abgesehen muss eine Verfolgungshandlung (im gegenständlichen Fall: die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. Juni 2014) den Tatvorwurf in zeitlicher und räumlicher Hinsicht konkretisieren. Dabei ist entscheidend, dass der Beschuldigte dadurch in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und sich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens noch einmal zur Verantwortung gezogen zu werden. Die Verfolgungshandlung muss sich auf alle der späteren Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente beziehen. Die Bestrafung des Verdächtigen darf nur wegen eines Verhaltens erfolgen, auf das sich die Verfolgungshandlung bezogen hat. Durch die Verfolgungshandlung kann daher auch nur bezüglich dieses Verhaltens die Verfolgungsverjährung ausgeschlossen werden. Insofern ist eine spätere Auswechslung des vorgeworfenen Verhaltens unzulässig (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 32 VStG Rz. 17 f.). Im gegenständlichen Fall mangelt es an einer Verfolgungshandlung, in welcher der Vorwurf der Anstiftung zur Aussageverweigerung am 2. Mai 2013 durch Erteilen einer entsprechenden Dienstanweisung in einer diesen Kriterien genügenden Form konkretisiert worden wäre. Nachdem die verfahrensgegenständliche Kontrolle am 30. April 2014 stattfand ist hinsichtlich des Vorwurfs der Anstiftung zur Aussageverweigerung mangels einer Verfolgungshandlung innerhalb der Frist des § 31 Abs. 1 VStG vom Eintritt der Verfolgungsverjährung auszugehen.
V. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. insbesondere zum Verhältnis zwischen der Auskunftspflicht und dem Verbot des Selbstbelastungszwangs die in Punkt III. zitierte Rechtsprechung des VwGH).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Monika Süß