LVwG-150365/4/RK/WFu
Linz, 11.06.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Roland Kapsammer über die Beschwerde von Frau A R, vertreten durch Mag. G D, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Perg vom 16.07.2014, GZ. Bau-46-03-28/2014, betreffend Einwendungen der Nachbarn,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde hinsichtlich der bestätigten Baubewilligung für die Errichtung einer Doppelgarage auf Grundstück Nr. x, EZ x, KG P, stattgegeben, der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Perg vom 16.07.2014, GZ. Bau-46-03-28/2014, behoben und somit die Baubewilligung versagt.
II. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Perg vom 16.07.2014, GZ. Bau-46-03-28/2014, hinsichtlich der bestätigten Bewilligung der anzeigepflichtigen Änderung des Verwendungszweckes der bestehenden Garage im Bereich des Carports auf Geräteraum u. der bestehenden Garage im Hauptgebäude auf Abstellraum ersatzlos behoben.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt, Verfahrensgang:
1. Der Konsenswerber und nunmehrige Beschwerdegegner beantragte mit Ansuchen vom 19.02.2014, Eingang beim Stadtamt Perg am 17.03.2014, beim Bürgermeister der Stadtgemeinde Perg als Baubehörde I. Instanz die Errichtung einer Doppelgarage, sowie zugleich die „Umwidmung“ der bestehenden Garage im Hauptgebäude auf einen Abstellraum und der zusätzlichen Garage (im Bereich des Carports) auf einen Geräteraum. Die verfahrensgegenständlichen Grundstücke Nr. x und Nr. x, sowie Bfl. .x EZ. x, KG. P stehen im Eigentum von E S, der im Projektgenehmigungsverfahren durch Unterschrift in den Einreichunterlagen seine Zustimmung erteilte.
Am 22.04.2014 wurde die mündliche Bauverhandlung (Kundmachung 04.04.2014) betreffend das geplante Bauvorhaben abgehalten. Die Beschwerdeführerin wendete im Beisein ihrer Rechtsvertretung überwiegend ein, dass gem. § 22 Oö. ROG im Wohngebiet nur Gebäude errichtet werden dürfen, die vorwiegend Wohnzwecken dienen würden, was beim gegenständlichen Gebäude nicht zutreffe.
Gem. § 43 Oö. BauTG 2013 sei die Errichtung von KFZ-Stellplätzen auf dem Grundstück Nr. x, KG P, ohne vorhandenes Wohngebäude, beschränkt. Zugleich würden auch auf Grundstück Nr. x KG. P, gem. § 15 Oö. BauTV 2013 zu viele Stellplätze übrig bleiben. Die „Umwidmung“ einer Dreifachgarage sei in Anbetracht des § 22 Oö. ROG rechtswidrig. Es müsse im Sinne des § 4 Oö. BauTG 2013 auf Grund der Hanglage ein statisches Gutachten erstellt werden. Gem. § 10 Oö. BauTG 2013 müsse bei der Planung und Ausführung die Brandbekämpfung berücksichtigt werden. Des Weiteren dürfe der Abstand zur öffentlichen Straße gem. § 18 Oö. Straßengesetz 1991 nur mit Zustimmung der Straßenverwaltung unterschritten werden. Angemerkt werde zudem, dass der Bauwerber nicht Eigentümer der Grundstücke sei und somit die beiden Grundstücke nicht als Einheit gesehen werden dürfen.
2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erging sodann der Baubewilligungsbescheid vom 04.06.2014, GZ. Bau-46-03-28/2014, durch den Bürgermeister der Stadtgemeinde Perg als Baubehörde I. Instanz samt den vom Bauwerber zu berücksichtigenden Auflagen.
3. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 17.06.2014 (Zustellung am 06.06.2014) und somit rechtzeitig Berufung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erteilung der Baubewilligung rechtswidrig sei, zumal sie nicht dem Gesetz und der Rechtsprechung entspreche.
Im Sinne des § 22 Oö. ROG sei die Errichtung einer Garage als untergeordnetes Nebengebäude in einem Wohngebiet nicht ohne weiteres zulässig. Eine Garage diene nicht dem dauernden Wohnbedarf; im gegenständlichen Fall fehle es an einem Wohngebäude. Es handle sich somit um andere Bauten und Anlagen gem. § 22 Oö. ROG, die einerseits den Bewohnern dienen bzw. andererseits keine Gefahr, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen mit sich bringen dürften. Diesbezüglich sei mit erheblichen Lärm- und Geruchsimmissionen zu rechnen. Entgegen der Ansicht des Bauwerbers müsse im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die bauliche Anlage den gesamten Bewohnern im Umkreis dienen, wie dies beispielsweise bei einem Spielplatz der Fall wäre. Die gegenständliche Doppelgarage diene nur dem Bauwerber und sei daher unzulässig.
Weiters seien die Grundstücke Nr. x und Nr. x nicht als Einheit zu betrachten. Die Behörde übersehe, dass auf Grundstück Nr. x kein Wohngebäude bestehe und so entfalle auch die Errichtung eines Abstellplatzes gem. § 43 Abs. 1 Oö. BauTG 2013. Auf Grundstück Nr. x sei zudem genügend Platz für weitere Garagen bzw. befinde sich die Anzahl an Abstellplätzen weit über dem von der Behörde festgelegten Bedarf. Die „Umwidmung“ entspreche zudem nicht § 42 Oö. BauTG 2013, da ansonsten mehr als 10% der Gesamtfläche des Grundstückes mit Nebengebäuden bebaut seien. Aus den bezeichneten Gründen werde die Aufhebung des Bescheides, sowie die Abweisung des Ansuchens des Bauwerbers, beantragt.
4. Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Perg vom 16.07.2014, GZ. Bau-46-03-28/2014, als Baubehörde II. Instanz, wurde spruchgemäß die Berufung abgewiesen und dazu begründend ausgeführt, dass die durch die Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit nicht bestehe. Es liege die Grundeigentümerzustimmung gem. § 28 Oö. BauO 1994 schriftlich vor. Zudem werde auf die Teilpräklusion gem. § 42 Abs. 1 AVG für die im Berufungsverfahren und somit nicht rechtzeitig erhobenen Einwendungen hingewiesen.
Der Nachbar habe im Bauplatzbewilligungsverfahren keine Parteistellung. Die Errichtung einer Doppelgarage für eine Wohnung im Wohngebiet sei zulässig und entspreche der Widmung Bauland-Wohngebiet. Zusätzlich werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.04.1988, Zl. 85/05/0072 (!), hingewiesen.
Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.05.1993, Zl. 91/05/0186, seien Immissionen aus Heizungsanlagen und Stellplätzen, die in der betreffenden Widmungskategorie zulässig seien, von den Nachbarn zu dulden. Der Nachbar habe zudem kein subjektives Recht hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen.
Bei der geplanten Doppelgarage handle es sich durch eine Traufenhöhe von mehr als 3 Metern um ein Hauptgebäude im Sinne des § 2 Z. 16 Oö. BauTG 2013.
Auf dem Grundstück Nr. x mit einer Größe lt. Grundbuchsauszug von 1046 m2 sei unter Berücksichtigung der vorhandenen Gartenlaube und der bereits vorhandenen Garage eine Fläche von weniger als 100 m2 bebaut. Zur beantragten „Umwidmung“ werde ausgeführt, dass es sich diesbezüglich um eine anzeigepflichtige Baumaßnahme gem. § 25 Abs. 1 Z. 2b Oö. BauO 1994 handle und dem Nachbarn daher keine Parteistellung zukomme.
5. Gegen den Berufungsbescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Begründend wurde im Wesentlichen auf die bereits in der Berufung erhobenen Einwendungen verwiesen.
Die „Umwidmung“ der bestehenden Garagen sei rechtswidrig. Auf Grundstück Nr. x würden ab diesem Zeitpunkt keine KFZ-Abstellplätze mehr vorhanden sein bzw. müssten neue Stellplätze errichtet werden.
Zudem werde auch nicht § 43 Abs. 2 Oö. BauTG 2013 entsprochen, da auf Grundstück Nr. x nur Stellplätze errichtet werden dürften, wenn auf Grundstück Nr. x kein Platz vorhanden wäre, was nicht zutreffe.
Zudem fehle es an einem privatrechtlichen Vertrag zwischen Bauwerber und Grundstückseigentümer zur gesetzlichen Sicherstellung der Stellplätze. Die Beschwerdeführerin habe diesbezüglich Parteistellung, da jene „Umwidmung“ als Vorfrage zu klären sei.
Zusätzlich sei ein Widerspruch zu § 22 Oö. ROG dahin zu sehen, dass die Grundstücke Nr. xx und Nr. x nicht als Einheit anzusehen seien, da diese durch die öffentliche Straße getrennt wären. Die Errichtung einer Garage auf Grundstück Nr. x sei rechtswidrig, da diese nicht dem dauernden Wohnbedürfnis dienen würde bzw. als sonstige Anlage auch nicht den weiteren Bewohnern; es fehle an einem Wohngebäude. Die Anzahl an Stellplätzen entspreche zudem auch bei „Umwidmung“ weit über den von der Behörde festgelegten Bedarf. Zusätzlich bestehe durch die „Umwidmung“ ein Widerspruch zu § 42 Oö. BauTG 2013, da ansonsten mehr als 10% der Gesamtfläche des Grundstückes Nr. x mit Nebengebäuden bebaut wäre und keine Möglichkeit mehr bestehe, auf jenem Grundstück ein Wohnhaus zu errichten. Aus all diesen Gründen sei der angefochtene Bescheid zu beheben bzw. in eventu zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
6. Mit Vorlageschreiben vom 02.09.2014, eingelangt am 11.09.2014, legte der Bürgermeister der Marktgemeinde Mauthausen die Beschwerde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
II. Beweiswürdigung:
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und Einholung aktueller Grundbuchauszüge für die Grundstücke Nr. x und Nr. x EZ x KG. P. Zusätzlich wurden weitere Unterlagen/Pläne im Zusammenhang mit den Grundstücken Nr. x und Nr. x von der Stadtgemeinde Perg eingefordert (Eingang am 20.05.2015). Daraus ergibt sich der unter I. dargestellte Sachverhalt widerspruchsfrei. Von weiteren Ermittlungsschritten – insbesondere der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 24 VwGVG – konnte abgesehen werden, da keine weitere Klärung des Sachverhaltes zu erwarten war (vgl. VwGH vom 15.05.2014, 2012/05/0089). Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.
III. Maßgebliche Rechtslage:
Gem. § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Oö. BauO 1994, des Oö. ROG, des Oö. BauTG 2013, der Oö. BauTV 2013 sowie des AVG lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 25 Oö. BauO 1994
Anzeigepflichtige Bauvorhaben
(1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:
[…]
2b. die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden (Gebäudeteilen) oder sonstigen Bauwerken gemäß § 24 Abs. 1 Z 2, wenn dadurch ein Einfluss auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse zu erwarten ist;
[…]“
„§ 28 Oö. BauO 1994
Baubewilligungsantrag
(…)
(2) Dem Antrag auf Baubewilligung sind anzuschließen:
[…]
2. beim Neu-, Zu- und Umbau sowie beim Abbruch von Gebäuden die Zustimmung des Grundeigentümers oder der Miteigentümer, wenn der Bauwerber nicht Alleineigentümer ist; …“
„§ 31
Einwendungen der Nachbarn
(1) Nachbarn sind
1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;
2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.
Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.
(…)
(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.
(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.
(…)“
„§ 22 Oö. ROG
Widmungen im Bauland
(1) Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt; Büros und Kanzleien sind in Wohngebieten darüber hinaus zulässig, soweit die einzelnen Bauten nicht überwiegend für solche Zwecke benützt werden. Flächen für Wohngebiete können auch als reine Wohngebiete vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen neben Wohngebäuden nur solche in Wohngebieten zulässige Bauten und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken. Weiters können Flächen für förderbare mehrgeschoßige (mindestens drei Geschoße über dem Erdboden) Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise (§ 2 Z 41 Oö. Bautechnikgesetz) vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen nur förderbare mehrgeschossige Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise sowie Bauten und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken.
(…)“
„§ 43 Oö. BauTG 2013
Stellplätze für Kraftfahrzeuge
(1) Bei Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden sind auf dem Bauplatz oder dem zu bebauenden Grundstück Stellplätze für Kraftfahrzeuge unter Berücksichtigung der zukünftigen geplanten Verwendung des Gebäudes und der dabei durchschnittlich benötigten Stellplätze in ausreichender Anzahl einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrtsmöglichkeiten unter Bedachtnahme auf § 3 zu errichten.
(2) Soweit auf dem Bauplatz oder dem zu bebauenden Grundstück die erforderlichen Stellplätze nicht errichtet werden können, ist der Verpflichtung nach Abs. 1 entsprochen, wenn eine Abstellmöglichkeit auf Stellplätzen außerhalb des Bauplatzes oder des zu bebauenden Grundstücks, jedoch innerhalb einer angemessenen, 300 m nicht überschreitenden Wegentfernung vorhanden ist und auf Dauer privatrechtlich sichergestellt wird.
(…)“
„AVG 1. Abschnitt: Behörden
Zuständigkeit
§ 6. (1) Die Behörde hat ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.
(…)“
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde im Rahmen des durch § 27 iVm § 9 Abs. 1 Z. 3 und Z. 4 VwGVG normierten Prüfungsumfanges durch seinen gem. § 2 VwGVG zuständigen Einzelrichter erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin unstrittig Nachbar im Sinne des § 31 OÖ BauO 1994 ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Der Nachbar kann nach der oberösterreichischen Rechtslage im Baubewilligungsverfahren daher nur eine Verletzung seiner ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen (vgl. als Beispiel für viele etwa das Erkenntnis des VwGH vom 12.06.2012, Zl. 2009/05/0105, mwN).
Verfahrensgegenständlich sind einerseits eine im Sinne des § 24 Oö. BauO 1994 baubewilligungspflichtige Garage (bebaute Fläche: 64,80 m2) und andererseits zwei anzeigepflichtige Bauvorhaben gem. § 25 Abs. 1 Z. 2b leg. cit.:
Eine „Änderung des Verwendungszweckes“ (vom Projektwerber sowie der Beschwerdeführerin irreführend bezeichnet als „Umwidmung“) der bestehenden Garage im Bereich des Carports auf Geräteraum und eine Änderung des Verwendungszweckes der bestehenden Garage im Hauptgebäude auf Abstellraum.
Vor dem Hintergrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich aus § 8 AVG allein eine Parteistellung im Verwaltungsverfahren nicht ableiten lässt, sondern immer nur aus dieser Bestimmung iVm den materiellen Verwaltungsvorschriften. Wie der VwGH in stRsp zu den materiellen Verwaltungsvorschriften betreffend das Anzeigeverfahren nach der Oö. BauO 1994 ausgesprochen hat, lässt sich daraus eine Parteistellung anderer Personen - als des Anzeigenlegers - im Anzeigeverfahren nicht ableiten (VwGH 09.10.2014, RO 2014/05/0076, mwN; bbl 2015/1/31; ebenso der VfGH in seinem Erkenntnis vom 26.02.1998, B 1485/95, VfSlg. 15093).
Wenn nun die Beschwerdeführerin vorbringt, dass die Änderung des Verwendungszweckes als verfahrensrechtliche Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen sei und in diesem Sinne eine Parteistellung im Anzeigeverfahren nach der Oö. BauO 1994 begründe, so wird dem vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entgegen gehalten, dass nach stRsp des VwGH die den Parteien eingeräumten Verfahrensrechte nicht weiter reichen, als die ihnen eingeräumten materiellen subjektiven Rechte. Die Beschwerdeführerin kann durch allfällige Verfahrensmängel hinsichtlich dieser – ihr nicht zustehenden - subjektiven Rechte nicht in einem Recht verletzt sein, weshalb es sich erübrigt, auf das Beschwerdevorbringen betreffend die Änderung des Verwendungszwecks der Garage im Hauptgebäude auf Abstellraum, sowie der Garage im Bereich des Carports auf Geräteraum, und eine diesbezüglich in eventu zu prüfende Auslegung als Vorfrage, näher einzugehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis VwGH 06.11.2013, 2010/05/0199; 24.02.2015, 2013/05/0054, mwN).
In diesem Zusammenhang wird vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zusätzlich ausgeführt: werden – wie im Beschwerdefall – in einem Bauansuchen bewilligungspflichtige und bauanzeigepflichtige Bauvorhaben dargestellt, so hat der Spruch des Baubewilligungsbescheides ausdrücklich die bewilligten bewilligungspflichtigen Bauvorhaben zu bezeichnen, damit klargestellt ist, welche Bauvorhaben von der Bewilligung umfasst sind (VwGH 26.02.2009, 2008/05/0260). Hinsichtlich der anzeigepflichtigen Verwendungszweckänderung ist nach den Verfahrensbestimmungen des § 25a Oö. BauO 1994 vorzugehen, da der Tatbestand des § 25 Abs. 1a leg. cit. für die Änderung des Verwendungszweckes eine explizite Ausnahme normiert und sich für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich etwa eine Änderung iSd § 24 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. aus dem vorgelegten Verwaltungsakt gerade nicht ergibt.
Wenn nun, wie in casu der Bürgermeister als Baubehörde I. Instanz, mit Bescheid über eine Änderung des Verwendungszweckes iSd § 25 Abs. 2 Z. 2b Oö. BauO 1994 abspricht, so begründet diese Vorgehensweise eine sogenannte funktionelle Unzuständigkeit.
Für anzeigepflichtige Bauvorhaben gem. § 25 Oö. BauO 1994 gilt das Anzeigeverfahren nach § 25a leg. cit. Dem Bürgermeister obliegt nicht die Kompetenz, eine bescheidmäßige Bewilligung im Sinne einer Baubewilligung für ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben zu erteilen, sondern lediglich die Vorgehensweise nach den Bestimmungen des § 25a Oö. BauO 1994.
Gemäß § 27 VwGVG ist der Fall der Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde von der Beschränkung des Prüfungsumfangs auf die Beschwerdegründe und das Beschwerdebegehren (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) bzw. auf die Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3 VwGVG) ausgenommen, dh vom Verwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen.
Insgesamt (unter Einbeziehung des innergemeindlichen Instanzenzugs) betrachtet sind daher Bescheide einer dafür sachlich (funktionell) oder örtlich unzuständigen Behörde von der Rechtsmittelinstanz (zweite Gemeindeinstanz bzw. Verwaltungsgericht), unabhängig davon, ob der Rechtsmittelwerber dies im Verfahren eingewendet oder im Rechtsmittel releviert hat, wegen Unzuständigkeit ersatzlos aufzuheben (vgl. zu alledem Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 6 Rz 19; „negative Sachentscheidung“).
Im Übrigen bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die Errichtung einer Garage auf dem Grundstück Nr. x, welche nicht einem dauernden Wohnbedarf diene, im Sinne des § 22 Abs. 1 Oö. ROG rechtswidrig sei.
Der Nachbar hat nicht in jedem Fall ein subjektives Recht auf Einhaltung der Widmungskategorie, wohl aber dann, wenn die Widmungskategorie einen Immissionsschutz für Nachbarn gewährt (vgl. Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht I7 S. 276); dies kann bei einem in casu vorliegenden Wohngebiet nicht zweifelhaft sein; übliche Immissionen im Sinne von Abgasen und Lärmbelastungen müssen jedoch als nicht unüblich hingenommen werden (vgl. Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht I7 S. 277 mwN).
In Bezug auf das Bauansuchen ist festzuhalten, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren stets um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, bei dem die Zulässigkeit des Bauverfahrens auf Grund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist; Gegenstand des Verfahrens ist das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt (vgl VwGH vom 16.11.2010, 2009/05/0086 zur Oö. BauO 1994 mwN). Etwaige Absichten des Bauwerbers oder künftige Entwicklungen und Möglichkeiten sind ebenso irrelevant wie ein von den Plänen allenfalls abweichender Zustand in der Natur. Ein solcher Zustand ist nicht Gegenstand der Baubewilligung, sondern gegebenenfalls als Schwarzbau zu beseitigen [Moritz, VwGH-Rechtsprechung zum Baurecht 2010, ÖJZ 2011, 710 (713f)].
Die verfahrensgegenständliche baubewilligungspflichtige Garage muss gem. § 30 Abs. 6 Oö. BauO 1994 den Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans entsprechen. Das Bauvorhaben soll auf dem als Wohngebiet gewidmeten Grundstück Nr. x, KG P, situiert werden. Gem. § 22 Abs. 1 Oö. ROG sind als Wohngebiete solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen. Bei einer Garage handelt es sich unabhängig von der Beurteilung als Hauptgebäude iSd § 2 Z. 16 Oö. BauTG 2013, um kein dem dauernden Wohnbedarf dienendes Wohngebäude. Der Gesetzeswortlaut des § 22 Abs. 1 Oö. ROG sieht jedoch die Möglichkeit vor, andere Bauten und sonstige Anlagen zu errichten, wenn diese den wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienen und ihre Benützung keine Gefahr oder erhebliche Nachteile bzw. Belästigungen mit sich bringt. Im gegenständlichen Fall dient die zu errichtende Garage – wie auch die Beschwerde ausführt – unzweifelhaft den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Bauwerbers und nicht den Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner des Wohngebietes (vgl. im thematischen Zusammenhang: VwGH 18.11.2014, 2012/05/0186 mwN; bbl 2015/2).
Der vom Bauwerber begründeten Ansicht, dass ein Zusammenhang mit dem auf Grundstück Nr. x bestehenden Wohngebäude resultiere, wird vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht gefolgt. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass, obwohl beide Grundstücke im Grundbuch die idente Einlagezahl (185) vorweisen, zwischen den Grundstücken eine öffentliche Straße verläuft und jeweils eigene Grundstücksnummern vorhanden sind. Nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofes (zB VwGH vom 25.3.1997, 94/05/0077; 29.1.2008, 2006/05/0282; 20.1.2015, 2012/05/0058) kommt es bei der Beurteilung eines Bauvorhabens nicht auf die Absichten des Bauwerbers an, sondern allein auf die Darstellung in den Plänen.
Im Baubewilligungsverfahren ist vor der Abweisung des Baubewilligungsantrages das Parteiengehör zu wahren und wenn eine Behebung des Mangels durch Änderung des Bauvorhabens möglich ist, dem Bauwerber unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit dazu zu geben. Die Baubehörde ist jedoch nur dann verpflichtet, den Bauwerber zur Projektänderung aufzufordern, wenn durch die Änderung nicht das Wesen des Projektes verändert wird (vgl. VwGH 27.05.2008, 2006/05/0003); die Abweisung eines Baubewilligungsantrages für eine auf dem Grundstück Nr. x allein errichtende Garage setzt nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich mangels Widmungskonformität nicht die Aufforderung zur Projektsänderung voraus. Im Ergebnis ist eine Übereinstimmung mit der bestehenden Widmungskategorie Wohngebiet auf dem Grundstück Nr. 94 nicht gegeben.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sieht sich zu folgender Anmerkung veranlasst: im fortgesetzten Verfahren wird die Gemeinde in Hinblick auf die etwaige Änderung des Verwendungszweckes der bereits vorhandenen Garagen dessen Einhaltung zu prüfen haben, insbesondere in Hinblick auf die bestehende Grundstückswidmung und die Bedingungen des Bescheides vom 4. Mai 1972, Zahl Bau 374/1972, „I.) Bautechnisches Gutachten, 1.) […] Punkte 1-16 der Garagenbedingungen Anlage B“, und somit widrigenfalls mittels baupolizeilichen Maßnahmen vorzugehen haben.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Roland Kapsammer
Beachte:
Das angefochtene Erkenntnis wurde im Umfang seines Spruchpunktes I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
VwGH vom 16. Februar 2017, Zl.: Ra 2015/05/0060-7