LVwG-150337/5/VG/EG - 150339/3

Linz, 03.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerden 1. der S S und 2. des 2. J S, beide in T, sowie 3. des MMag. S S, in W, alle vertreten durch Mag. J H und Dr. R M, LL.M., Rechtsanwälte in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Tumeltsham vom 4. Juli 2014, GZ. Bau-1719/2014,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

1. Mit Ansuchen vom 3. Februar 2014 (eingelangt beim Gemeindeamt Tumeltsham am 10. März 2014) beantragte die E I GmbH (in der Folge: Bauwerberin), die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit sechs Wohneinheiten auf dem Grundstück Nr. x, EZ x, KG T. Das verfahrensgegenständliche Baugrundstück ist als Wohngebiet gewidmet. Nach der Baubeschreibung ist u.a. ein Rückhaltebecken mit einem Volumen von 12,5 m³ projektiert.

 

2. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind jeweils zur Hälfte Eigentümer des Grundstückes Nr. x, EZ x, KG T, welches – getrennt durch das öffentliche Gut, Grundstück Nr. x, EZ x, KG T – südlich des gegenständlichen Baugrundstückes liegt. Der Drittbeschwerdeführer ist Alleineigentümer des Grundstückes Nr. x, EZ x, KG T, welches im Osten unmittelbar an das Baugrundstück angrenzt.

 

3.1. In der am 8. April 2014 durchgeführten mündlichen Bauverhandlung hielt der beigezogene bautechnische Amtssachverständige u.a. fest, die Einleitung der Oberflächenwässer erfolge in ein Retentionsbecken und anschließend in den öffentlichen Schmutzwasserkanal. Die anfallenden Oberflächenwässer der Parkplätze würden laut Auskunft der Bauwerberin über Mulden und Hofeinlaufschächte ebenfalls in das Retentionsbecken und in der Folge in den öffentlichen Schmutzwasserkanal eingeleitet werden. Die Bauwerberin habe im Zuge der Bauverhandlung bekanntgegeben, die südseitigen Parkplätze (acht Parkplätze) entgegen der Darstellung im Einreichplan um einen Meter weiter nach Norden zu verschieben. Die öffentliche Straße sei in diesem Bereich 5 m breit und entstehe durch diese Änderung ein 6 m breiter Ausfahrtsbereich für die PKW-Stellplätze. Die PKW-Stellplätze seien entsprechend der OIB-Richtlinie 4 mit einer Breite von je 2,5 m und einer Tiefe von 5 m geplant. Auf eine entsprechende Ausrundung an den Enden der Parkplatzreihen sei hingewiesen worden. Weiters führte der Amtssachverständige u.a. aus, die Nachbarsituation stelle sich im gegenständlichen Fall so dar, dass südlich, östlich und nördlich Einfamilienhäuser in ein-, zwei, und dreigeschoßiger Bauweise vorhanden seien. Weiters verlaufe nördlich des Bauplatzes die stark frequentierte P Landesstraße sowie westlich des Bauplatzes in einem Abstand von ca. 70 m die überregionale Bx. Es seien insgesamt zwölf Stellplätze für PKW vorgesehen. Da es sich bei den Stellplätzen um Pflichtstellplätze für das Wohngebäude in der Widmung Wohngebiet handle, werde keine nähere lärmtechnische Betrachtung vorgenommen.

 

3.2. Im Zuge der Bauverhandlung erhoben die Erst- bis Drittbeschwerdeführer Einwendungen gegen das geplante Bauvorhaben. Soweit hier relevant, brachten die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer vor, die Nutzung des geplanten Gebäudes durch sechs Parteien sei zwingend mit Lärm-, Staub- und Geruchsimmissionen verbunden, zumal zwölf PKW-Stellplätze für die insgesamt sechs Wohneinheiten vorgesehen seien. Dadurch werde die Lebensqualität zum Nachteil der Beschwerdeführer beeinträchtigt. Die Immissionsbelastung sei durch einen Sachverständigen zu prüfen. Südlich an das Grundstück der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers angrenzend befinde sich ein schmaler Wiesenstreifen und ein Bach. Durch die Errichtung des geplanten Gebäudes würden das Grundwasser und die Oberflächengewässer beeinträchtigt. Eine Versickerungsmöglichkeit auf dem Baugrundstück sei in Zukunft ausgeschlossen. Insbesondere bei starkem Regen seien Einwirkungen auf das Grundstück der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers zu befürchten. In diesem Zusammenhang sei der Umstand hervorzuheben, dass zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers, wo sich der Bach befinde, ein Nord-Südgefälle vorliege. Das Grundstück der beschwerdeführenden Nachbarn liege zwischen dem projektierten Gebäude und dem Bach auf einem Gefälle hin zum Bach. Zudem seien auf dem Baugrundstück Abwasserrohe für die Grundstücke Nrn. x, x und x, die sich östlich des Grundstückes Nr. x befänden, verlegt. In der EZ x des Grundbuchs, in welcher sich das Baugrundstück befinde, sei daher zu
C-LNr. x die Dienstbarkeit der Abwässerungsrohre und des Betretens auf dem Baugrundstück für diese Grundstücke eingetragen. Es handle sich dabei um Drainagerohre. Die projektierte Bauführung würde negative Auswirkungen für die Abwassersituation für das Grundstück der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers bedeuten. Weiters befürchteten die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer, dass ein Ausparken von den südlich gelegenen Parkflächen aufgrund der Stellplatzbreiten und der Breite des öffentlichen Gutes – selbst bei Verrücken dieser Parkplätze um einen Meter Richtung Norden – nicht ohne Befahren ihrer Liegenschaft möglich sei.

 

3.3. Der Drittbeschwerdeführer brachte – soweit hier wesentlich – vor, er sei Eigentümer des Grundstückes Nr. x und habe als solcher ein grundbücherlich sichergestelltes Recht der Dienstbarkeit der Abwässerungsrohre und das Recht des Betretens des Baugrundstückes. Das geplante Bauvorhaben verschlechtere die Abwassersituation zum Nachteil des Drittbeschwerdeführers und es würden die Drainagerohre in Mitleidenschaft gezogen bzw. überhaupt entfernt werden. Dazu fehle im Projekt jegliche Stellungnahme. Mit Sicherheit würde es aber bei Verwirklichung des Bauprojektes nicht mehr möglich sein, sein Recht auf Betreten des Baugrundstückes auszuüben, weshalb der Drittbeschwerdeführer in seinem grundbücherlich sichergestellten Recht gefährdet sei. Zudem entstünde durch die hohe Zahl an benötigten Parkplätzen viel Verkehr mit Lärm und Schmutz, weshalb der Drittbeschwerdeführer in seinem Recht auf Schutz vor Geruchs- und Lärmimmissionen verletzt werde.

 

4. Mit Bescheid vom 12. Mai 2014, erteilte der Bürgermeister der Gemeinde Tumeltsham die beantragte Baubewilligung. Soweit hier von Relevanz wurden nachstehende Auflagen vorgeschrieben:

„1. Bei den geplanten Parkplätzen sind Entwässerungsrinnen oder Mulden so anzuordnen, dass Oberflächenwässer ordnungsgemäß gesammelt und in das Retentionsbecken bzw. in der Folge in den öffentlichen Schmutzwasserkanal. Eine Ableitung von Oberflächenwässern auf das öffentliche Straßengut bzw. Nachbargrundstücke ist unzulässig und durch obige Maßnahmen wirksam zu verhindern.

2. Die südlichen Parkplätze sind um einen Meter nach Norden zu verschieben, sodass bei der Ein- und Ausfahrt zu den Parkplätzen eine Breite von insgesamt 6 m zur Verfügung steht. Weiters sind die Enden der Parkplatzreihen entsprechend den RVS-Richtlinien auszurunden.

[…]

6. Die Dachwässer bzw. Oberflächenwässer sind in entsprechend zu dimensionierenden Sickerschächte (Dimensionierung nach ÖNORM B 2506-1) auf eigenem Grund und und Boden einzuleiten oder, nach Zwischenschaltung eines Rückhaltebeckens im Ausmaß von mindestens 10,7 m³, in den dortigen öffentlichen Kanal einzuleiten (Durchmesser der Drosselöffnung 3,5 cm). Bei der Herstellung von Sickerschächten für die Versickerung von Dachwässern von unbeschichteten metallgedeckten Dächern ist eine entsprechende Vorreinigung herzustellen. Die Ausbildung des Rückhaltebeckens bezüglich der Dach- bzw. Oberflächenwässer (siehe Beilage) hat im Einvernehmen mit der Baubehörde zu erfolgen (= Sichtkontrolle durch die Baubehörde bei offener Künette).

Der Baubewilligungsbescheid umfasst u.a. zwei Typenpläne für Rückhaltebecken als Beilagen.

 

Begründend führte die Baubehörde erster Instanz – soweit hier wesentlich – aus, dass es sich bei den Nachbareinwendungen zum Teil um unbeachtliche privatrechtliche Einwendungen handle (Befahren Nachbargrund, Dienstbarkeit). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich weiters kein subjektives Nachbarrecht im Zusammenhang mit der Errichtung von Stellplätzen. Auch existiere kein Recht im Zusammenhang mit der Beibehaltung eines bestimmten Maßes an Lebensqualität. Betreffend Emissionen aus dem Projekt (hier seien die Stellplätze miteinzubeziehen) habe der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass die mit einer zulässigen Wohnbebauung üblicherweise verbundenen Emissionen vom Nachbarn hinzunehmen seien. Es bestehe kein subjektives Nachbarrecht auf eine unveränderte Grund- und Oberflächenwässersituation. Die Frage der Entsorgung der Oberflächenwässer sei aber beachtlich. Hier werde zwar nur angedeutet, dass diese nicht auf eigenem Grund versickert werden könnten, trotzdem werde man daraus einen entsprechenden Einwand ableiten können. Dieser sei jedoch nicht berechtigt, weil sich aus dem Projekt und dem in diesem vorgesehenen Retentionsbecken eindeutig ergebe, dass die Oberflächenwässer in der Retentionsanlage gesammelt und in der Folge in den Kanal abgeleitet würden. Insbesondere mit Auflagepunkt 1. sei diesem Einwand daher Rechnung getragen worden. Hinsichtlich der hier relevanten Einwendungen des Drittbeschwerdeführers verwies die Baubehörde erster Instanz auf diese Ausführungen.

 

5. Mit Bescheid vom 4. Juli 2014 wies der Gemeinderat der Gemeinde Tumeltsham (in der Folge: belangte Behörde) die dagegen erhobenen Berufungen der Erst- bis Drittbeschwerdeführer als unbegründet ab. Zu den befürchteten Immissionen führte die belangte Behörde aus, der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 13. November 2012, Zl. 2009/05/0153, festgestellt, dass Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, von den Nachbarn hingenommen werden müssten. Es seien daher Stellplätze auch im reinen Wohngebiet trotz der mit ihnen verbundenen Emissionen grundsätzlich als zulässig zu erachten, wenn keine besonderen Umstände vorlägen. Solche besonderen Umstände habe der Verwaltungsgerichtshof etwa bei der Errichtung von 32 Stellplätzen in einer Tiefgarage als gegeben angenommen (vgl. VwGH 30.1.2014, Zl. 2012/05/0177). Im vorliegenden Fall würden aber lediglich zwölf oberirdische und noch dazu auf drei Flächen verteilte Pflichtstellplätze errichtet, sodass – abgesehen davon, dass kein diesbezügliches Vorbringen in der Rechtsmittelschrift erstattet werde – keine besonderen Umstände vorlägen, die ein weiteres Ermittlungsverfahren durch Einholung eines immissionstechnischen Gutachtens erforderlich machen würden. In der Entscheidung vom 30. Jänner 2014, Zl. 2012/05/0045, habe das Höchstgericht ausdrücklich festgehalten, dass dann, wenn nur Pflichtstellplätze errichtet würden und keine besonderen Umstände vorliegen würden, auch kein immissionstechnisches Gutachten einzuholen sei. In dieser zitierten Entscheidung habe der Verwaltungsgerichtshof als Beispiel besonderer Umstände die Errichtung von 100 Kleinwohnungen samt den dazugehörigen Pflichtstellplätzen angeführt. Im vorliegenden Fall gehe es hingegen um lediglich sechs Wohneinheiten.

 

Zum befürchteten Befahren der Nachbarliegenschaft vertrat die belangte Behörde unter Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Dezember 2010, Zl. 2009/05/0277, die Auffassung, dass es sich dabei um eine im Baubewilligungsverfahren unbeachtliche privatrechtliche Einwendung handle. Davon abgesehen, sei dieser Einwendung aber durch Auflagepunkt 2. Rechnung getragen worden.

 

Zur bezweifelten Machbarkeit der Oberflächenentwässerung wurde festgehalten, dass dies im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom bautechnischen Sachverständigen geprüft und als gegeben bestätigt worden sei. Überdies handle es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren. Ob es in der praktischen Umsetzung des Projektes zu Schwierigkeiten kommen könnte, sei daher im Baubewilligungsverfahren nicht zu prüfen.

 

6. Dagegen erhoben die Erst- bis Drittbeschwerdeführer Beschwerden an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

7. Mit Vorlageschreiben vom 20. August 2014 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerden samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

 

 

II.            Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und Einholung aktueller Grundbuchsauszüge zum Baugrundstück sowie zu den Grundstücken der Erst- bis Drittbeschwerdeführer (ON 3 und 4 des verwaltungsgerichtlichen Aktes). Daraus ergibt sich der unter Punkt I. dargelegte Sachverhalt widerspruchsfrei.

 

 

III.           Maßgebliche Rechtslage:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Die hier maßgebliche Bestimmung der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66/1994, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 90/2013, lautet auszugsweise:

„§ 31

Einwendungen der Nachbarn

(1) Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

[…]

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

[…]

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. […]“

 

Die hier relevanten Bestimmungen des Oö. Bautechnikgesetzes 2013 (Oö. BauTG 2013), LGBl. Nr. 35/2013, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 89/2014, lauten auszugsweise:

„§ 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

[…]

22. Schädliche Umwelteinwirkungen: Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im Besonderen für die Benützerinnen und Benützer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen; dazu zählen nicht Geräuscheinwirkungen von Kinderspielplätzen, Kinderbetreuungs­einrichtungen, Schulen für Schulpflichtige oder ähnlichen Anlagen;

[…]

§ 3

Allgemeine Anforderungen

[…]

(3) Überdies müssen Bauwerke und alle ihre Teile so geplant und ausgeführt sein, dass

[…]

2. durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden;

§ 43

Stellplätze für Kraftfahrzeuge

(1) Bei Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden sind auf dem Bauplatz oder dem zu bebauenden Grundstück Stellplätze für Kraftfahrzeuge unter Berücksichtigung der zukünftigen geplanten Verwendung des Gebäudes und der dabei durchschnittlich benötigten Stellplätze in ausreichender Anzahl einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrtsmöglichkeiten unter Bedachtnahme auf § 3 zu errichten.“

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die rechtzeitigen und zulässigen Beschwerden gemäß §§ 27 iVm 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4 VwGVG durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

Die Beschwerdeführer sind als (Mit-)Eigentümer von Grundstücken, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind und die durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können unstrittig Nachbarn im Sinne des § 31 Abs. 1 Oö. BauO 1994. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Der Nachbar kann daher nur eine Verletzung seiner ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen (vgl. VwGH 24.2.2015, Zl. 2013/05/0054, mwN).

 

Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird das Beschwerdevorbringen unter den nachstehenden Themenkreisen behandelt:

 

1.   Immissionen im Zusammenhang mit Stellplätzen:

 

Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer bringen in ihren Beschwerden – im Wesentlichen gleichlautend – zusammengefasst vor, die belangte Behörde führe ins Treffen, dass Immissionen, die sich im Rahmen des üblichen Ausmaßes hielten, von den Nachbarn hingenommen werden müssten, weshalb PKW-Stellplätze trotz der mit ihnen verbunden Immissionen grundsätzlich als zulässig erachtet würden, wenn keine besonderen Umstände vorlägen. Die belangte Behörde zitiere diverse Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und habe es daher als gerechtfertigt erachtet, von der Einholung immissionstechnischer Gutachten abzusehen. Ob es sich um eine zulässige Wohnbebauung handle, im Rahmen derer die üblicherweise verbundenen Immissionen von Nachbarn hinzunehmen seien, könne ohne Einholung eines entsprechenden immissionstechnischen bzw. lärmtechnischen Gutachtens nicht einfach beantwortet werden. Die belangte Behörde nehme Gutachtensergebnisse vorweg, die aber völlig offen seien. Der Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehe diesbezüglich ins Leere, weil gerade bei Fragen des Immissionsschutzes keine Vergleichbarkeit von Sachverhalten gegeben sei, vielmehr sei immer auf jeden Einzelfall gesondert abzustellen und seien solche Einzelfälle gesondert zu beurteilen. Die belangte Behörde hätte sehr wohl das von den Beschwerdeführern beantragte Gutachten zur Frage, ob Art und Ausmaß der zu erwartenden Immissionen und die Wirkung derselben auf den menschlichen Organismus, ausgehend von einem gesunden, normal empfindenden Menschen, eine Erheblichkeitsschwelle überschreite, die das Projekt nicht mehr genehmigungsfähig machten, einholen müssen. Ein solches immissionstechnisches Gutachten zur Klärung von Lärm- bzw. der Staubbelastung wäre in weiterer Folge einem medizinischen Sachverständigen vorzulegen gewesen, damit dieser die Wirkung der Belastungen auf den menschlichen Organismus hätte klären können. Es werde daher neuerlich die Einholung der angesprochenen Gutachten beantragt.

 

Die Beschwerdeführer übersehen, dass sich die belangte Behörde hinsichtlich der hier zentralen Frage, ob in Bezug auf die Zulässigkeit von Immissionen im Zusammenhang mit geplanten Stellplätzen Sachverständigengutachten einzuholen sind, mit der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eingehend auseinandergesetzt hat. Demnach ist die Annahme, dass eine mit dem Wohnhausbau verbundene geringe Anzahl von Stellplätzen auch unter der von § 43 Abs. 1 Oö. BauTG 2013 (vgl. die Vorgängerbestimmung des § 8 Abs. 1 Oö. BauTG idF vor der Novelle LGBl. Nr. 35/2013) geforderten Bedachtnahme auf § 3 leg. cit. eine schädliche Umwelteinwirkung nicht erwarten lässt, dann gerechtfertigt, wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen (vgl. VwGH 30.1.2014, Zl. 2012/05/0045, mwN). Mit anderen Worten müssen Immissionen aus der Benützung der Stellplätze von den Nachbarn auch im reinen Wohngebiet hingenommen werden, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die eine genauere Prüfung, etwa durch Einholung von Gutachten, notwendig machen (vgl. VwGH 13.11.2012, Zl. 2009/05/0153).

 

Dies kann in einem Fall wie dem vorliegenden angenommen werden, in dem für sechs Wohnungen zwölf Stellplätze geschaffen werden sollen, zumal besondere Umstände für eine über das übliche Maß hinausgehende Immissionsbelastung der Nachbarn nach der Aktenlage nicht erkennbar sind. Vielmehr ergibt sich daraus, dass die Umgebung des gegenständlichen Bauvorhabens bereits durch die nördlich des Bauplatzes (bzw. des Grundstückes des Drittbeschwerdeführers) verlaufende stark frequentierte Peterskirchner Landesstraße sowie der westlich des Bauplatzes (bzw. des Grundstückes der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers) in einem Abstand von ca. 70 m verlaufenden überregionalen Bx geprägt ist. Im Übrigen haben selbst die Beschwerdeführer keine besonderen Umstände dargelegt.

 

Die Einwendungen hinsichtlich der Immissionsbelastungen aus den Stellplätzen gehen daher ins Leere.

 

2.   Oberflächenwässer:

 

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer rügen, hinsichtlich der Problematik der Oberflächenentwässerung würden Machbarkeitsstellungnahmen fehlen. Im Bauprojekt fehlten Hinweise darauf, dass die von der Bauwerberin geplante Sammlung der Oberflächenwässer in der Retentionslage technisch einwandfrei möglich sei und keine Oberflächenwässer auf das öffentliche Gut bzw. auf das Grundstück der Beschwerdeführer dringen würden. Zur diesbezüglichen Klärung werde neuerlich die Einholung eines Gutachtens beantragt.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. statt vieler VwGH 15.11.2011, Zl. 2008/05/0146) steht dem Nachbarn nach der Oö. BauO hinsichtlich Anlagen zur Beseitigung von Niederschlagswässern und Abwässern insoweit ein subjektiv-öffentliches Recht zu, als damit Immissionen, das heißt schädliche Einflüsse auf sein Grundstück, in Frage stehen. Sofern Niederschlagswässer bei der Ableitung von einem Grundstück mittels einer baulichen Anlage auf das Nachbargrundstück gelangen können, besteht demgemäß ein Mitspracherecht des Nachbarn. Hingegen besteht – ebenfalls nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 16.9.2003, Zl. 2001/05/0372) – kein subjektiv-öffentliches Recht bezüglich des bloßen Abfließens atmosphärischer Niederschläge (Regen, Schnee).

 

Die Entsorgung der Oberflächenwässer erfolgt im gegenständlichen Fall – wie sich aus den Projektunterlagen und den dazu erteilten oben wiedergegebenen Auflagen ergibt – durch Sammlung in einem projektierten Retentionsbecken und anschließende Ableitung in den öffentlichen Schmutzwasserkanal. Betreffend die erforderliche Dimensionierung und Ausbildung dieser Anlage wurde ebenfalls eine Auflage unter Bezugnahme auf Typenpläne für Retentionsbecken vorgeschrieben. Die belangte Behörde hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der bautechnische Sachverständige die technische Unbedenklichkeit des Projektes und damit auch der geplanten Oberflächenentwässerung im Rahmen der mündlichen Bauverhandlung geprüft und bei Einhaltung der vorgeschlagenen Auflagen als gegeben bestätigt hat. Die Beschwerdeführer sind in Bezug auf die Dimensionierung und Ausgestaltung des Retentionsbeckens dem Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Davon abgesehen wird in der Beschwerde nicht vorgebracht, dass Niederschlagswässer auf das Grundstück der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers mittels einer baulichen Anlage abgeleitet werden sollen. Die Ergebnisse des Baubewilligungsverfahrens bieten auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass durch das bewilligte Bauvorhaben Niederschlagswässer derart auf das – durch ein öffentliches Gut vom Baugrundstück getrennte – Grundstück der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers abgeleitet werden sollen. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sah sich daher nicht dazu veranlasst, zur Thematik der Oberflächenwässer eine Machbarkeitsstellungnahme bzw. ein Sachverständigengutachten einzuholen.

 

 

 

 

3.   Privatrechtliche Einwendungen:

 

3.1. Der Drittbeschwerdeführer wiederholt sein bisheriges Vorbringen, dass er die für sein Grundstück grundbücherlich sichergestellte Dienstbarkeit der Abwässerungsrohre und des Betretens des Baugrundstückes bei Realisierung des Projektes nicht mehr werde ausüben können.

 

Die belangte Behörde hat sich in Bezug auf die privatrechtlich erhobenen Einwendungen bereits zu Recht auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Dezember  2010, Zl. 2009/05/0277, mwN, gestützt. Demnach kann der Nachbar durch die Erteilung der Baubewilligung nur dann in seinen Rechten verletzt sein, wenn die Baubehörde eine von ihr wahrzunehmende Bestimmung missachtet, auf deren Einhaltung dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht zusteht. Privatrechtliche Einwendungen der Nachbarn, die zwingenden, von der Baubehörde anzuwendenden Bestimmungen nicht widersprechen, sind nicht von der Baubehörde im Baubewilligungsverfahren zu erledigen. Privatrechtliche Einwendungen von Nachbarn führen daher nicht dazu, dass die Baubewilligung zu versagen wäre. Ein Vorbringen im Zusammenhang mit der Einschränkung bzw. dem Untergang einer Dienstbarkeit ist als privatrechtliche Einwendung zu werten. Auf das diesbezügliche Vorbringen des Drittbeschwerdeführers war daher nicht weiter einzugehen.

 

3.2. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer bringen vor, einem Projekt sei sehr wohl die Genehmigung zu untersagen, wenn abzusehen sei, dass die Konsequenz der öffentlich rechtlichen Genehmigung des Projektes zwingend in privatrechtliche Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer münde, weil deren Eigentum beschränkt werden würde. Die Beschwerdeführer seien in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt, weil die unmittelbare Wirkung der Stellplatzanordnung das Eigentum der Beschwerdeführer beschränke, zumal deren Liegenschaft befahren werden müsse. Dies deshalb, weil die Anordnung der Stellplätze im südlichen Bereich der zu bebauenden Liegenschaft so gewählt worden sei, dass beim Aus- und Einparken der Fahrzeuge das Grundstück der Beschwerdeführer befahren werden müsse, ansonsten ein Aus- und Einparken gar nicht möglich sei. Diese Beeinträchtigung werde stattfinden, unabhängig davon, ob dem Bauwerber die Auflage erteilt worden sei, die südlichen Parkplätze um einen Meter nach Norden zu verschieben. Zur Klärung der Frage, ob es zu privatrechtlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer komme, werde daher erneut die Einholung eines entsprechenden verkehrstechnischen Gutachtens beantragt.

 

Auch bei diesem Vorbringen handelt es sich – wie bereits die belangte Behörde richtig erkannt hat – im Ergebnis um eine unzulässige privatrechtliche Einwendung, weshalb darauf – wie unter Punkt 3.1. ausgeführt wurde – nicht näher einzugehen war.

V.            Es war daher im Ergebnis spruchgemäß zu entscheiden.

 

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werde. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. VwGH 15.5.2014, Zl. 2012/05/0089 mHa die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR).

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die in dieser Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Judikatur zu Nachbareinwendungen betreffend die Entsorgung von Oberflächenwässern und die Immissionsbelastung durch geplante PKW-Stelllätze sowie zu privatrechtlichen Nachbareinwendungen). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Verena Gubesch

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerden wurde abgelehnt.

VfGH vom 17. September 2015, Zl.: E 1751/2015-6