LVwG-600935/8/Br

Linz, 22.07.2015

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. H. Bleier über die Beschwerde des D B, geb. x.1986, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 15.6.2015, GZ: VerkR96-2190-2015,  nach der am 22.07.2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

 

I.   Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben; der Schuldspruch wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG  - im Zweifel - eingestellt.

 

 

II.   Gemäß § 52 Abs.9 VwGVG entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschwerdeführer wegen der Übertretungen nach  §  7 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a  StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 26  Stunden  verhängt.

Es wurde ihm sinngemäß zur Last gelegt, er habe als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen, x am 13.04.2015, 12:40 Uhr, in Andorf auf der L 1127 - Kallinger Straße, zwischen Strkm 1,000 und 1,600, dieses nicht so weit rechts gelenkt, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne eigener Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da er wiederholt die Fahrbahnmitte (Leitlinie) ohne ersichtlichen Grund überfahren habe.

 

 

 

I.1. Die Behörde führte begründend aus:

„Der strafbare Tatbestand ist durch die dienstliche Wahrnehmung eines Organs der Polizeiinspektion Andorf als erwiesen anzusehen.

 

Zur Rechtslage:

§ 7 Abs.1 StVO 1960:

Der Lenker eines Fahrzeuges hat, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Gleise von Schienenfahrzeugen, die an beiden Rändern der Fahrbahn liegen, dürfen jedoch nicht in der Längsrichtung befahren werden, wenn der übrige Teil der Fahrbahn genügend Platz bietet.

 

§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Zur Sachlage:

Laut Anzeige der Polizeiinspektion Andorf vom 14.04.2015 haben Sie am 13.04.2015 um 12:40 Uhr den auf Sie zugelassenen PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x im Gemeindegebiet Andorf auf der L 1127 Kallinger Straße aus Richtung Andorf kommend in Fahrtrichtung Diersbach gelenkt. Im Ortschaftsbereich von Winertsham haben Sie zwischen Strkm 1,000 und 1,600 die Leitlinie ohne zwingenden Grund mehrmals überfahren. Dies konnte aufgrund einer unmittelbaren Nachfahrt mit dem Zivilstreifenwagen durch einen Polizeibeamten wahrgenommen werden. Im Zuge der Kontrolle gaben Sie gegenüber dem Polizeibeamten an, keine Fahrfehler gemacht zu haben.

 

Gegen Sie wurde mit 16.04.2015 eine Strafverfügung wegen Übertretung § 7 Abs.1 StVO 1960 erlassen, worin eine Geldstrafe in Höhe von 80,00 Euro, 26 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verhängt wurde.

Dagegen erhoben Sie mit Niederschrift vom 23.04.2015 mündlich Einspruch. Begründend führten Sie wie folgt aus:

"Die mir zur Last gelegte Tat ist absolut nicht richtig. Ich habe lediglich maximal 1 x die Leitlinie unabsichtlich überragt - das kann jedem Lenker passieren - bin aber keinesfalls mehrmals über die Leitlinie gefahren. Der Polizist hatte ursprünglich auch noch angegeben, dass ich während der Fahrt ohne Freisprecheinrichtung telefoniert habe, was auch nicht gestimmt hat. Ich beziehe 530,- Euro Arbeitslosengeld, habe kein Vermögen und keine Sorgepflichten. Ich glaube, dass mich die Polizisten der Polizeiinspektion Andorf nur schikanieren wollen - einmal wollten Sie eine Anzeige von mir nicht entgegen nehmen. Ich ersuche die Angelegenheit zu prüfen und das Verfahren gegen mich einzustellen."

Mit Niederschrift vom 28.04.2015 wurde der Anzeigeleger, Gl F T von der Polizeiinspektion Andorf, als Zeuge einvernommen und gab dieser unter Wahrheitspflicht wie folgt bekannt:

"Ich beziehe mich auf die gelegte Anzeige vom 14.04.2015 zu VStV/915100186723/001/2015 und erhebe diese zu meiner heutigen Zeugenaussage. Diese Anzeige halte ich vollinhaltlich aufrecht. Zu den Einspruchsangaben des B gebe ich an, dass ich zunächst im Begegnungsverkehr im Ortsgebiet Andorf wahrgenommen habe, dass B vermutlich mit einem Handy in der Hand telefoniert hat. Dies war auch der Grund meiner Nachfahrt. Allerdings habe ich bei der Anhaltung kein aktiv geführtes Gespräch bzw. Telefonat mehr beobachten können, wodurch auch die diesbezügliche Beanstandung unterlassen wurde. Dies auch, nachdem ich ihn darüber gefragt habe und er dies in Abrede gestellt hat. Weiters möchte ich festhalten, dass meine durchgeführte Kontrolle bzw. Anhaltung keinesfalls schikanös war. Vielmehr habe ich eben B das mehrfache Überfahren der Fahrbahnmitte zur Last gelegt, dies sachlich und in der gebotenen Form. Diesbezüglich habe ich auch B die Bezahlung einer Organstraf Verfügung angeboten, was er deutlich abgelehnt hat. Deshalb wurde von mir auch Anzeige an die Behörde erstattet. Auf weitere Diskussionen mit B habe ich mich nicht eingelassen. Auf Fragen der Behörde, ob die genaue Kilometrierung bekannt ist, an welchen B jeweils die Fahrbahnmitte überfahren hat, kann ich angeben, dass mir dies nicht mehr bekannt ist. Jedenfalls hat er zwischen Strkm 1,000 und 1,600 der L 1127 die Fahrbahnmitte mehrmals überfahren. Dies eben ohne ersichtlichen Grund. Anmerken möchte ich noch, dass ein Beifahrer bei B dabei war."

 

Diese Niederschrift sowie die gelegte Anzeige wurden Ihnen mit Schreiben vom 28.04.2015 zur Kenntnis gebracht (Parteiengehör). Dazu wurde Ihnen die Möglichkeit einer Äußerung innerhalb 2-wöchiger Frist eingeräumt.

Am 22.05.2015 wurde Sie bei der Behörde vorstellig und gaben an, bei Ihren bisherigen Äußerungen verbleiben zu wollen. Die Aussage des Polizeibeamten sei unrichtig.

 

Erwägungen:

Die Anzeige der Polizeiinspektion Andorf vom 14.04.2015 ist schlüssig und nachvollziehbar. Zudem werden die darin enthaltenen Angaben durch den im Ermittlungsverfahren einvernommenen Zeugen bzw. Polizeibeamten bekräftigt.

 

Wenn Sie zur Aussage des Polizeibeamten lapidar vorbringen, dass diese unrichtig sei, so kann dem behördlicherseits nichts abgewonnen werden. Der gemachten Aussage des Polizeibeamten wird vielmehr eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung stützt sich darauf, dass diese Aussage unter Wahrheitspflicht gemacht wurde (siehe die §§ 49 und 50 AVG 1991 i.V.m. § 24 VStG 1991) und auf den überzeugenden persönlichen Eindruck, den dieser Zeuge bei der Einvernahme gemacht hat. Weiters ist einem Organ der öffentlichen Straßenaufsicht - wie Gl T - aufgrund seiner Ausbildung, beruflichen Tätigkeit und jahrelangen Erfahrung durchaus zumutbar und zuzubilligen, sich über Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs ein richtiges Urteil zu bilden und richtige Wahrnehmungen und Feststellungen zu machen. Hinzu kommt, dass das mehrmalige Überfahren der Fahrbahnmitte aus nächster Nähe im Nachfahren festgestellt wurde. Zudem wäre es unerfindlich, welche Umstände den Anzeigeleger dazu veranlasst haben sollten, zum Nachteil Ihrerseits falsche Angaben zu machen und Sie fälschlich einer Verwaltungsübertretung zu bezichtigen, zumal er im Fall einer bewusst unrichtigen Anzeigenerstattung mit massiven disziplinaren und strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätte. Auch die substanzlose Behauptung Ihrerseits, "die Polizisten der Polizeiinspektion Andorf wollen Sie nur schikanieren", kann die Glaubwürdigkeit der Aussage des Anzeigelegers nicht schmälern.

Anders als der Zeuge können Sie sich im Verfahren in jede Richtung verteidigen. Dies darf zwar nicht schlechthin gegen Sie gewertet werden, jedoch ist es Ihnen nicht gelungen, die Beweiskraft der Zeugenaussage des Polizeibeamten zu entkräften bzw. Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser aufzuzeigen.

 

Die Aussage des Polizeibeamten sowie die gelegte Anzeige können daher dem Verfahren bedenkenlos zugrunde gelegt werden. Daraus ergibt sich auf der entscheidungswesentlichen Sachverhalt.

Demnach haben Sie jedenfalls am 13.04.2015 um 12:40 Uhr den den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x im Gemeindegebiet Andorf auf der L 1127 Kallinger Straße aus Richtung Andorf kommend in Fahrtrichtung Diersbach gelenkt und zwischen Strkm 1,000 und 1,600 mehrmals die Fahrbahnmitte ohne zwingenden Grund überfahren. Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Übertretung des § 7 Abs. 1 StVO 1960 u. a. dann gegeben, wenn die Fahrbahnmitte erreicht oder überschritten wird (vgl. E vom 27.05.1983, 81/02/0223).

 

Für die Behörde steht daher nach Durchführung des ordentlichen Ermittlungsverfahrens in freier Beweiswürdigung zweifelsfrei fest, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht haben.

 

Zum Verschulden ist zu bemerken, dass gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Umstände, welche Ihr Verschulden an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ausschließen würden, sind von Ihnen im Verfahren nicht wirksam vorgebracht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben. Gegenständlich ist jedenfalls von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

Zur Strafbemessung:

Im Verwaltungsvorstrafenregister der BH Schärding sind gegen Sie bereits zahlreiche Vorstrafen evident. Verwaltungsstrafrechtlich gelten Sie daher nicht mehr als unbescholten. Allerdings sind diese Vorstrafen auch nicht einschlägiger Natur. Es sind daher weder mildernde noch erschwerende Gründe zu werten.

 

Die Bestimmung des § 7 StVO 1960 verfolgt in erster Linie den Zweck, den Gegenverkehr zu schützen, sie dient aber auch ganz allgemein zur Abwehr aller möglichen Risiken des Straßenverkehrs; insbesondere wird dadurch auch der nachfolgende Verkehr geschützt. Der Schutz des nachfolgenden Verkehrs erstreckt sich vor allem darauf, Unfälle beim Überholen zu verhindern, die bei Verletzung des Rechtsfahrgebotes entstehen können (OGH vom 30.01.1997, 2 Ob 2426/96w, ZVR 1998/45). Der Unrechtshalt derartiger Übertretung ist daher als hoch zu qualifizieren.

 

Auch unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Verhältnisse (monatliches Nettoeinkommen von 530,- Euro, keine Sorgepflichten, kein Vermögen) ist die verhängte Geldstrafe unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafrahmen nicht als überhöht zu betrachten, sondern tat- und schuldangemessen. Die verhängte Geldstrafe bewegt sich im untersten Bereich des Strafrahmens und beträgt lediglich ca. 8 % der möglichen Höchststrafe (726 Euro).

 

Die vorgeschriebenen Kosten sind in der zitierten Gesetzesstelle begründet.“

 

 

 

 

II. Mit der fristgerecht durch den Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde bestreitet dieser ein mehrmaliges Überfahren der Straßenmitte und verweist im Grunde auf seine Verantwortung im Behördenverfahren. Darin behauptet er im Grunde eine Aufsässigkeit gegenüber seiner Person seitens Polizeibeamter der Polizeiinspektion Andorf und bringt offenbar damit eine unbegründete Anschuldigung zum Ausdruck.

 

II.1 Die Behörde hat den Verfahrensakt mit Vorlageschreiben vom 30.06.2015 dem Oö. Landesverwaltungsgericht mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde zur Entscheidung vorgelegt. Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde seitens der Behörde verzichtet.

 

 

III. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war jedoch gemäß § 44 Abs.1 VwGVG durchzuführen. Beweis erhoben wurde durch die Anhörung des Beschwerdeführers als Beschuldigten. Der Meldungsleger konnte wegen Urlaubes zur öffentlichen mündlichen Verhandlung als Zeuge nicht erscheinen. Er übermittelte am 14.7.2015 eine Stellungnahme in der er auf seine Aussage vor der Behörde verwies. Auch die Behörde nahm entschuldigt an der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht teil.

 

 

IV. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

 

Der Beschwerdeführer war zur angeführten Zeit mit seinem Pkw auf dem in der Anzeige bezeichneten Straßenzug unterwegs. Die Fahrgeschwindigkeit beschrieb der Beschwerdeführer mit zwischen 80 und 100 km/h. Über die gesamte Nachfahrstrecke war sich der Beschwerdeführer des ihm in normalem Abstand über mehrere Kilometer folgende Polzeifahrzeug bewusst. Laut Meldungsleger ist der Beschwerdeführer ihm im Begegnungsverkehr im Ortsgebiet von Andorf aufgefallen, als dieser ohne Freisprecheinrichtung telefoniert haben soll. Dies wird als Grund für die Nachfahrt angebeben. Letztlich konnte der Meldungsleger aber eine Aktivität am Handy offenbar nicht mehr nachweisen. Die letztlich vom Meldungsleger zur Anzeige gebrachten Feststellungen beschränken sich auf einen kleinen Teil der gesamten Nachfahrdistanz.

Diese Darstellung wird im Rahmen der Beweiswürdigung als aufgesetzt und nicht praxisnah erachtet. Wenn für den Meldungsleger ein vermutliches Handytelefonat im Gegenverkehr den Anlass für eine über mehrere Kilometer währende Nachfahrt darstellt, bekräftigt dies hier die Darstellung des Beschwerdeführers, dass seitens des Meldungslegers – aus welchen Gründen auch immer – ein verstärktes Augenmerk auf ihn gelegt wird. Warum sollte er just vor diesem Hintergrund mehrfach die Fahrbahnmitte grundlos überfahren haben. Dies vermochte der Beschwerdeführer im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung auch durchaus glaubwürdig darzustellen.

Er machte dabei auf das Gericht einen sehr offenen, wenngleich in seinem Wesen, insbesondere in seiner sprachlichen Ausdrucksform etwas herb und direkt wirkenden, aber durchaus stimmigen Eindruck. In dieser Ausdrucksart vermittelte der Beschwerdeführer ein hohes Ausmaß an Glaubwürdigkeit. Mit dieser seiner als unkonventionell zu bezeichnenden Art der Mitteilung mag er allenfalls auch provokant wirken, was hier gleichsam – wie der Beschwerdeführer selbst als hintergründiges Motiv dieser Anzeige vermutete – verstärkt die Aufmerksamkeit der Organe der öffentlichen Aufsicht auf ihn lenken mag.

Dass der Beschwerdeführer bei einer auf einer Freilandstraße und einer Wegstrecke von mehreren Kilometern bei einer verkehrsüblichen Fahrgeschwindigkeit just  innerhalb von 600 m mehrfach die Straßenmitte und dies angesichts der Kenntnis der Nachfahrt der Polizei mehrere signifikante Regelverstößte gesetzt haben soll, scheint andererseits auch nicht wirklich lebensnah. Dies würde letztlich im Ergebnis auch bedeuten, dass diese Fahrfehler innerhalb von 20 bis 25 Sekunden geschehen hätten müssen. Diese gradezu als  Provokation des nachfahrenden Exekutivorgans zu sehende Fahrweise wird dem Beschwerdeführer nicht zugesonnen. Wenn dieser einräumte, dass ihm dies wohl einmal unterlaufen sei, unterstützt ihn dies in seiner oben schon beschriebenen Offenheit seine Glaubwürdigkeit einmal mehr.

 

 

V. Rechtlich hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

§ 7

Allgemeine Fahrordnung

(1) Der Lenker eines Fahrzeuges hat, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Gleise von Schienenfahrzeugen, die an beiden Rändern der Fahrbahn liegen, dürfen jedoch nicht in der Längsrichtung befahren werden, wenn der übrige Teil der Fahrbahn genügend Platz bietet.

(2) Wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholtwerden und bei Gegenverkehr, hat der Lenker eines Fahrzeuges am rechten Fahrbahnrand zu fahren; er darf hierbei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen.

            ….

Das Rechtsfahrgebot des § 7 Abs.1 dient dem Schutze vor allen möglichen Gefahren des Straßenverkehrs ‑ OGH 8.6.1978, ZVR 1979/38 -, insb der Sicherung des Gegenverkehrs und des Folgeverkehrs ‑ OGH 13. 11. 1975, ZVR 1976/285 - aber auch der Verhinderung jedweder Gefahr vom linken Fahrbahnteil her ‑ OGH 21. 10. 1975, ZVR 1976/166.

Der Schutzzweck des § 7 Abs.1 ist ua auch darin gelegen, von links kommenden Fußgängern ungefährdet die Annäherung an die Fahrbahnmitte zu ermöglichen, um die Fahrbahn dann weiter überqueren zu können ‑ OLG Wien 30. 4. 1986, ZVR 1987/63.

Der Lenker eines Fahrzeuges hat auch dann so weit rechts wie möglich zu fahren, wenn er durch ein gegenteiliges Verhalten niemanden behindern oder belästigen würde ‑ VwGH 25. 5. 1970, ZVR 1971/251.

Das Rechtsfahrgebot soll auch den nachfolgenden Verkehr schützen. Dieser Schutz erstreckt sich vor allem darauf, Auffahrunfälle zu verhindern, die aus der Verletzung des Rechtsfahrgebots entstehen könnten ‑ OGH 9. 12. 1993, ZVR 1995/56. 

Die Tatumschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs 1 erfordert einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Lenker gefahren ist, und andererseits die konkrete Angabe, wie weit ihm dies zumutbar und möglich war ‑ VwGH 22. 11. 1985, ZfVB 1986/3/1350; 14. 12. 1988, ZfVB 1990/2/766; 19. 12. 1990, ZfVB 1992/2/518; 15. 12. 1993, 92/03/0249.

 

Mit der hier nicht näher präzisierten Anzeigedarstellung eines „mehrfachen Überfahrens der Leitlinie“ auf einer lt. Beschwerdeführer neun bis zehn Kilometer langen Wegstrecke, vermag daher letztlich auch keine einem Schuldspruch hinreichend tragfähige Tatanlastung erblickt werden.

Der § 7 Abs.1 StVO normiert wohl das generelle Rechtsfahrgebot, wobei den Straßenbenützern die Einhaltung eines Sicherheitsabstandes zum rechten Fahrbahnrand zugebilligt wird. Durch diese Gebotsnorm wird festgelegt, dass der Sicherheitsabstand auch im Hinblick auf das Ausmaß einer Gefährdung des Fahrzeuglenkers zu bemessen ist, wobei Art und Umfang dieser Gefährdung je nach Fahrzeugtyp sehr unterschiedlich sein kann.

Wenn der Beschwerdeführer selbst einräumte einmal über die Fahrbahnmitte gelangt zu sein und vermeint, dies könne jedem Fahrzeuglenker einmal passieren, so ist dies lebensnah und isoliert betrachtet auch noch nicht strafwürdig.

 

Im Lichte der wenig aussagekräftigen Feststellungen während einer kilometerweiten Nachfahrt und die durchaus authentisch und plausiblen Darstellungen des Beschwerdeführers anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist der Schuldspruch sachlich nicht aufrecht zu erhalten.  Die Darstellung des  Meldungslegers lässt auch in keiner wie immer gearteten Form erkennen, dass mit dem Fahrverhalten des Beschwerdeführers irgendeine nachteilige Auswirkung verbunden gewesen wäre. Das als verletzt erachtete Rechtsfahrgebot gelangt in der Anzeige im Grunde nur als auf den Selbstzweck reduziert zum Ausdruck.

Selbst mit Blick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes  zu § 45 Abs.2 AVG über die freie Beweiswürdigung konnte aus den Angaben des Meldungslegers – mehrfaches grundloses Überfahren der Leitlinie -  nicht gefolgt werden, weil ein faires Verfahren an einen (Schuld-)Beweis einen strengeren Maßstab anzulegen hat, als bloß eine aus der Lebensnähe gezogene Schlussfolgerung zu stellen (dazu insb. Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, S 98, Fn 372).

Der Verfassungsgerichtshof geht etwa im Bereich der sogenannten Ungehorsams- und/oder Unterlassungsdelikte ebenfalls davon aus, dass § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Alleine Zweifel am Tatbeweis haben auch im Verwaltungsstrafverfahren dem Grundsatz folgend „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten) zur Verfahrenseinstellung zu führen.

Nach § 45 Abs.1 VStG die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Z1 die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

 

 

 

 

VI. Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. B l e i e r