LVwG-600949/6/MZ
Linz, 11.08.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des B W, geb x 1986, vertreten durch RA Dr. F V, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10.6.2015, VerkR96-2191-2015, betreffend Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages und Zurückweisung einer Beschwerde durch Verkündung
zu Recht e r k a n n t :
I. a) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
b) Aus Anlass der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10.6.2015, VerkR96-2191-2015, wurde über den Beschwerdeführer (in Folge: Bf) wie folgt abgesprochen:
„Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13.3.2015, Zl.: siehe oben, wurde gegen Sie wegen Übertretungen nach §§ 5 Abs. 1 iVm 99 Abs. 1b StVO und §§ 4 Abs. 5 iVm 99 Abs. 3 lit. b StVO eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 1320 Euro verhängt. Das Straferkenntnis wurde nach der Strafverhandlung am 13.03.2015 verfasst und auf eine Beschwerde ausdrücklich verzichtet.
Sie haben im Wege Ihrer Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 31.03.2015 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie eine Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13.3.2015 gestellt.
Über diese Eingaben ergeht nunmehr von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in I. Instanz folgender
Spruch
1.) Ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 31.03.2015 wird abgewiesen.
2.) Ihre Beschwerde ist nicht mehr zulässig.“
II. Gegen den in Rede stehenden, am 13.3.2015 zugestellten Bescheid erhob der Bf mit Schriftsatz vom 31.3.2015, zur Post gegeben am gleichen Tage, das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte zugleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein.
Seine Beschwerde begründet der Bf auf das hier Wesentliche verkürzt damit, dass der Rechtsmittelverzicht unwirksam sei. Er beantragt in Folge, das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt sowie die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.8.2015. An der Verhandlung haben die rechtsfreundliche Vertreterin des Bf sowie der Zeuge M N teilgenommen.
c.1) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Im Wege einer Strafverhandlung am 13.3.2015 wurde von Herrn N als Organwalter der Bezirkshauptmannschaft Gmunden mündlich ein Straferkenntnis erlassen und dieses niederschriftlich festgehalten.
Nach Verkündung der Entscheidung gab der Bf, in Kenntnis der entsprechenden Folgen und ohne von Herrn N unter Druck gesetzt worden zu sein, aus freien Stücken einen Rechtsmittelverzicht ab.
c.2) Der angenommene Sachverhalt beruht auf folgenden Überlegungen:
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass der Bf durch eine irreführende bzw unvollständige Rechtsbelehrung des Organwalters Herrn N falsche Vorstellungen über die Folgen und Möglichkeiten einer Beschwerde bekommen hat. Dass der Bf von Seiten der Behörde mehr oder weniger zu einem Verzicht gedrängt wurde, kam ebenfalls nicht hervor.
Der Bf hat im Verfahren zwar betont, von der Behörde nicht über die Tragweite und die Bedeutung eines Rechtsmittelverzichts in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Dies scheint dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich jedoch aufgrund der Aussage des Zeugen N nicht glaubwürdig: Dieser schilderte dem Gericht nämlich überzeugend und nachvollziehbar, wie er üblicherweise – und, mangels gegenteiliger Erinnerung daher wohl auch im konkreten Fall – die Rechtsmittelbelehrung bei Strafverhandlungen gestaltet. Er legte dar, dass er den Beschuldigten erkläre, es gäbe zwei Möglichkeiten, das behördliche Verfahren abzuschließen. Eine Option sei ein sog Kurzstraferkenntnis mit anschließender Abgabe eines Rechtsmittelverzichts, was bedeute, dass die Angelegenheit dann rechtskräftig abgeschlossen sei. Die andere Option sei die Erlassung eines Straferkenntnisses, gegen welches in Folge Rechtsmittel erhoben werden könne. Nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich geht aus dieser Erläuterung klar hervor, welche Folgen die Wahl der ersten Option nach sich zieht. Dass der sich für diese entschieden habende Bf dies auch so wollte, lässt sich auch daraus ableiten, dass er zudem folgende, nicht misszuverstehende Textpassage in der Strafverhandlungsschrift unterzeichnet hat: „Die mir mit Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 09.02.2015 angelasteten Verwaltungsübertretungen gebe ich zu und ersuche gleichzeitig, bei der Strafbemessung mein Geständnis und meine Einsicht sowie den Umstand, dass es sich lediglich um einen sehr geringfügigen Schaden (Leitpflock) handelt, als Milderungsgründe zu werten. Der ganze Vorfall tut mir sehr leid.“
Auch die nur kurze Dauer der Strafverhandlung samt anschließender Verkündung des Kurzstraferkenntnisses sind kein Indiz dafür, dass der Bf die Folgen seines Handelns nicht überblicken konnte, da der Zeuge nachvollziehbar darlegen konnte, dass es in der Angelegenheit bereits mehrere Gespräche mit dem Bf gegeben habe und am 13.3.2015 lediglich noch der Verfahrensabschluss erfolgte.
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
a.1) Die einschlägige Bestimmung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2015/82 (VfGH), lautet:
„Beschwerderecht und Beschwerdefrist
§ 7. (1) …
(2) Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
(3) …
(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt
1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,
2. …“
a.2) Die einschlägige Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG, BGBl 1991/51 (WV) idF BGBl I 2013/161, lautet:
„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.
(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.
(4) …“
a.3) Die einschlägige Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG, BGBl 1991/51 (WV) idF BGBl I 2013/33, lautet:
„§ 24. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 3, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 57, 68 Abs. 2 und 3, 75 und 78 bis 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.“
b) Zu Spruchpunkt I.a)
Gem § 24 VStG iVm § 71 AVG ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zulässig, wenn eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt wurde.
Das dem Verfahren zugrundeliegende Straferkenntnis wurde – wie auch dem Wiedereinsetzungsantrag zu entnehmen ist – am 13.3.2015 durch Verkündung erlassen. Gem § 7 Abs 4 Z 1 VwGVG beginnt damit die vier Wochen dauernde Frist zur Erhebung einer Beschwerde. Die Frist endete somit am 13.4.2015. Da der Bf mit 31.3.2015 Beschwerde erhoben hat, wurde eine Frist nicht versäumt und ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zulässig.
Der Antrag wäre daher von der belangten Behörde als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach kann jedoch eine Abweisung, wenn statt deren eine Zurückweisung hätte erfolgen müssen, nicht in Rechten verletzen, weshalb die Beschwerde in Bezug auf Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.
c) Zu Spruchpunkt I.b)
aa) Eingangs ist anzumerken, dass der Ausspruch in Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides „Ihre Beschwerde ist nicht mehr zulässig.“ nur als Zurückweisung der Beschwerde angesehen werden kann.
Eine solcher Ausspruch dürfte von der Behörde jedoch ausschließlich im Wege des Rechtsinstituts der Beschwerdevorentscheidung erfolgen. Dass im ggst Fall kein Bescheid sondern eine (freilich in der Rechtssatzform des Bescheides ergehende) Beschwerdevorentscheidung vorliegt, kann ausgeschlossen werden, da die Erledigung nicht als solche bezeichnet ist, keinen Bezug auf § 14 VwGVG nimmt, laut Präambel die Erledigung „als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in I. Instanz“ ergangen ist und schließlich die Rechtsmittelbelehrung nicht auf den Vorlageantrag sondern auf die Beschwerde abstellt.
Für eine Zurückweisung der Beschwerde mittels Bescheid fehlt der belangten Behörde jedoch die Zuständigkeit, weshalb dieser gem § 27 VwGVG von Amts wegen zu beheben ist.
bb) Das in vorigem Punkt erlangte Ergebnis bedeutet jedoch nicht, dass die Beschwerdezurückweisung per se mit Rechtswidrigkeit behaftet war.
Gem § 7 Abs 2 VwGVG ist eine Beschwerde nämlich nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Aufgrund des gleichen Wortlauts des § 63 Abs 4 AVG kann die zum Verzicht auf eine Berufung ergangene höchstgerichtliche Rechtsprechung dienlich gemacht werden (siehe dazu Hengstschläger/Leeb, AVG IV [2009] § 71 Rz 74ff).
Beim Berufungsverzicht handelt es sich demnach, wie auch bei der dem Wesen nach vergleichbaren Zurückziehung einer Berufung, um eine von der Partei vorzunehmende Prozesshandlung, die bewirkt, dass eine von der Partei nachträglich dennoch eingebrachte Berufung einer meritorischen Erledigung nicht mehr zugeführt werden darf. Mit dem Einlangen des Verzichts erwächst der (angefochtene) Bescheid somit in formelle Rechtskraft. Ein einmal wirksam ausgesprochener Verzicht ist als Prozesshandlung unwiderruflich und kann daher nicht mehr zurückgenommen werden, weshalb sein Vorliegen besonders streng zu prüfen ist (VwGH 25.10.2006, 2003/21/0037). Eine dennoch eingebrachte Berufung ist (unabhängig davon, ob im Zeitpunkt des Verzichts bzw der Zurücknahme der Berufung die Rechtsmittelfrist noch offen war oder ist) wegen des endgültigen Verlusts der Berufungslegitimation als unzulässig zurückzuweisen (VwSlg 4466 F/1972; VwGH 29.3.1995, 90/10/0041; 13.8.2003, 2001/11/0202).
Vor diesem Hintergrund verlangt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung gemäß dem im Prozessrecht herrschenden Grundsatz der Eindeutigkeit von Parteihandlungen, dass der Berufungsverzicht sowie die Zurückziehung der Berufung ausdrücklich und zweifelsfrei auszusprechen sind (vgl VwGH 11.7.2003, 2000/06/0173). Der Berufungsverzicht sowie die Zurückziehung der Berufung müssen zudem als öffentlich-rechtliche Willenserklärungen frei von Willensmängeln sein, um Rechtswirkungen zu entfalten. Der Verwaltungsgerichtshof zieht zum Teil für die Beurteilung von Willensmängeln die einschlägigen Regelungen des bürgerlichen Rechts über den Irrtum, insb § 871 ABGB, heran (VwGH 21.2.1996, 92/14/0057). Danach kommt eine rechtsverbindliche Willenserklärung der verzichtenden bzw zurückziehenden Partei ua dann nicht zustande, wenn sie in einem wesentlichen Irrtum befangen und dieser „durch den anderen Teil“, dh durch Organwalter der Behörde, „veranlasst war“ „Veranlassen“ umfasst in diesem Zusammenhang jedes für die Entstehung des Irrtums ursächliche Verhalten des anderen, dh des Organwalters, wobei nicht gefordert ist, dass die Irreführung schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) herbeigeführt wurde (VwGH 23.6.1993, 89/12/0200).
Ein Willensmangel liegt aber beispielsweise auch dann vor, wenn die Partei durch eine irreführende bzw unvollständige Rechtsbelehrung falsche Vorstellungen über die Folgen und Möglichkeiten einer Berufung bekommen hat, zB wenn die Behörde prognostiziert, dass die Berufung in keinem Fall Erfolg haben könnte (VwGH 25.10.2006, 2003/21/0037). Voraussetzung für eine(n) gültige(n) Berufungszurückziehung(-verzicht) ist neben der Kenntnis ihrer (seiner) Rechtsfolgen auch, dass die Partei nicht von der Behörde in rechtswidriger Weise (vgl VwGH 12.11.1992, 92/18/0160) durch Druck (VwGH 12.5.2005, 2005/02/0049), durch Zwang oder Drohung zur Abgabe bestimmt wurde (vgl VwGH 17. 12. 2004, 2004/03/0063). Abgesehen davon sind aber ansonsten die Motive für die Erklärung, die Berufung zurückzuziehen (auf sie zu verzichten), unerheblich (VfGH 27.11.2006, B 299/06).
Im Übrigen ist allerdings nur das von der Partei (klar und eindeutig) Erklärte, die Erklärung des Willens, nicht der Wille selbst maßgeblich, dh die Prozesshandlung wirkt, weil sie gesetzt, nicht weil sie gewollt ist (VwGH 30.9.1981, 81/03/0077; VwSlg 12.616 A/1988). Auf die Absichten, Motive und Beweggründe, welche die Partei zum Verzicht bzw zur Zurückziehung veranlasst haben, kommt es nicht an, solange keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Partei dazu von der Behörde durch Druck, Zwang oder Drohung bewogen wurde (VwSlg 12.616 A/1988; VwGH 12.11.1992, 92/18/0160; 17.12.2004, 2004/03/0063).
cc) Da der Bf – wie unter Punkt III.c.2 dargestellt – von der Behörde über die Folgen eines Rechtsmittelverzichts ausreichend in Kenntnis gesetzt und auch nicht in irgendeiner Form zu einem Verzicht gedrängt wurde, ist im Sinne der oben wiedergegebenen Judikatur von einem im Zeitpunkt der Abgabe nicht mit Willensmängeln behafteten Beschwerdeverzicht auszugehen, der nicht zurückgezogen werden kann.
Dem Bf fehlt es daher an der Rechtsmittellegitimation, weshalb die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da es sich bei der Frage, ob konkret der Bf einen von Willensmängeln freien Beschwerdeverzicht abgegeben hat, nicht der Verallgemeinerung fähig ist und die Entscheidung zudem der oben zitierten, nicht uneinheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Zeinhofer
LVwG-600949/6/MZ vom 11.8.2015
Erkenntnis
Normen: § 14 VwGVG; § 27 VwGVG
Rechtssatz:
Die Zurückweisung einer Beschwerde darf von der Behörde ausschließlich im Wege des Rechtsinstituts der Beschwerdevorentscheidung erfolgen. Dass im gegenständlichen Fall nicht bloß ein (normaler) Bescheid, sondern vielmehr eine – in die Rechtssatzform eines Bescheides gekleidete – Beschwerdevorentscheidung vorliegt, kann deshalb ausgeschlossen werden, weil die angefochtene Erledigung nicht als solche bezeichnet ist, keinen Bezug auf § 14 VwGVG nimmt, laut Präambel von einem „Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in I. Instanz“ ergangen ist und schließlich auch die Rechtsmittelbelehrung nicht auf die Möglichkeit der Erhebung eines Vorlageantrages, sondern einer Beschwerde abstellt.
Für eine Zurückweisung der Beschwerde mittels Bescheid fehlt der belangten Behörde jedoch die Zuständigkeit, weshalb dieser vom Verwaltungsgericht gemäß § 27 VwGVG von Amts wegen aufzuheben war.
Beschlagwortung:
Bescheidbeschwerde – Zurückweisung durch Bescheid anstatt durch Beschwerdevorentscheidung; typische Qualifikationsmerkmale für eine Beschwerdevorentscheidung