LVwG-410879/4/WG
Linz, 19.08.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde der M.I., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F.M., x, x, gegen den Bescheid der LPD Oö. vom 6. Juli 2015, GZ. VStV-915300876971/2015, wegen einer Betriebsschließung iSd GSpG,
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der Bescheid vom 6. Juli 2015 behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Sachverhalt:
1.1. Die Bf ist handelsrechtliche Geschäftsführerin der M. G. GmbH, die das Lokal „K.“ im Standort W., x, betreibt. Die LPD Oö. (im Folgenden: belangte Behörde) geht davon aus, dass die Bf Inhaberin des Lokales ist und wies sie mit Schreiben vom 16. Juni 2015 „als Inhaberin des Betriebes“ darauf hin, dass auf Grund der Kontrolle der Finanzpolizei nach dem Glückspielgesetz vom 3. Dezember 2014 der begründete Verdacht bestehe, dass im Rahmen ihrer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften des Glückspielgesetzes veranstaltet bzw. durchgeführt worden wären. Die Bf wurde in diesem Schreiben aufgefordert, die entgegen den Bestimmungen des Glückspielgesetzes veranstalteten bzw. durchgeführten Glückspiele unverzüglich einzustellen, widrigenfalls die Schließung ihres Betriebes drohe.
1.2. Am 1. Juli 2015 führten Organe der Finanzpolizei gegen 10:08 Uhr, im Wirtshaus „K.“ eine Kontrolle durch. Dabei wurden drei Geräte vorgefunden, die von den Beamten bespielt wurden. Die Beamten gingen davon aus, dass es sich um zwei sog. „Walzengeräte“ und einen sog. „Funwechsler“ handelte, die einen Verdacht der Übertretung nach dem GSpG begründen würden. Sie verfügten um 11:26 Uhr die vorläufige Beschlagnahme der Geräte. Um 11:46 Uhr wurde von einem Bediensteten der belangten Behörde in Beisein der Finanzpolizisten und der Tochter der Bf die teilweise Betriebsschließung ausgesprochen. Die Betriebsschließung wurde mündlich angeordnet. Es wurde am 1. Juli 2015 kein schriftlicher Bescheid ausgefertigt. Die Tochter der Bf, I.M., nahm die teilweise Betriebsschließung zur Kenntnis und stellte mit einigen Bekannten die beschlagnahmten Geräte in jenen Raum, der im Anschluss von der Teilschließung betroffen war.
1.3. Mit – an die Bf adressierten und am 6. Juli 2015 zugestellten - Bescheid vom 6. Juli 2015, GZ VStV-915300876971/2015, erließ die belangte Behörde über die am 1. Juli 2015 mündlich verfügte teilweise Schließung des Betriebes Lokal „K.“ folgenden Spruch: „Es wird die am 1. Juli 2015 um 11:45 Uhr, mündlich verfügte teilweise Schließung des Betriebes mit der Bezeichnung „K.“ in W., x, mit Wirkung ab 1. Juli 2015 angeordnet.“ Als Rechtsgrundlage führte die belangte Behörde die Bestimmung des § 56a GSpG an. In der Begründung des Bescheides wird eine Skizze des Lokals wiedergegeben. Der von der teilweisen Betriebsschließung betroffene Raum ist farblich markiert. Festzuhalten ist, dass der Bescheid nicht auch an die M. G. GmbH adressiert wurde.
1.4. Dagegen erhob die Bf mit Eingabe vom 27. Juli 2015 Beschwerde. Darin beantragt sie, das LVwG möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben und das Betriebsschließungsverfahren einstellen; jedenfalls eine mündliche Verhandlung anberaumen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass lt im Akt befindlichen Firmenbuchauszug die M. G. GmbH an der Geschäftsanschrift des Lokals K. im Geschäftszweig „Gastgewerbe“ tätig ist. Im Aktenvermerk der Finanzpolizei vom 1. Juli 2015 wird die M. G. GmbH als Betreiberin bezeichnet. Das LVwG teilt insoweit die Ansicht der Finanzpolizei. Die Bf ist seit 20. September 2013 handelsrechtliche Geschäftsführerin. Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Bf Inhaberin des Lokales ist. Jedenfalls richten sich die Aufforderung vom 16. Juni 2015 wie auch der bekämpfte Bescheid direkt an die Bf. In der Aufforderung vom 16. Juni 2015 wird sie ausdrücklich als „Inhaberin“ bezeichnet (1.1.).
2.2. Der Ablauf der Kontrolle am 1. Juli 2015 ist durch die im Akt der belangten Behörde befindliche „Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme“, den von den Finanzbeamten erstellten „Aktenvermerk vom 1. Juli 2015“ und die mit I.M. aufgenommene Niederschrift vom 1. Juli 2015 dokumentiert. Die vorläufige Schließung und die Verbringung der Geräte in den davon betroffenen Raum werden in der Eingabe der Behörde vom 19. August 2015 beschrieben (1.2.).
2.3. Der Bescheid vom 6. Juli 2015 (1.3.) und die Beschwerde vom 27. Juli 2015 (1.4.) befinden sich im vorgelegten Verfahrensakt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Es steht bereits nach der Aktenlage fest, dass der bekämpfte Bescheid zu beheben ist, weshalb gemäß § 24 VwGVG keine Verhandlung erforderlich war.
3.2. § 56a GSPG lautet unter der Überschrift „Betriebsschließung“:
(1) Besteht der begründete Verdacht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stillegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
(2) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs. 1 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs. 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, dass der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.
(3) Über eine Verfügung nach Abs. 1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.
(4) In einem Bescheid nach Abs. 3 können auch andere nach Abs. 1 zulässige Maßnahmen angeordnet werden.
(5) Ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs. 1 kommt keine aufschiebende Wirkung zu.
(6) Die Bescheide gemäß Abs. 3 treten, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.
(7) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 3 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene glücksspielrechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 3 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die betriebliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs. 3 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.
3.3. Nach Ansicht des LVwG wäre nicht die Bf als handelsrechtliche Geschäftsführerin, sondern die M. G. GmbH als Adressatin der Aufforderung iSd § 56a Abs 1 GSpG und des bekämpften Bescheides zu bezeichnen gewesen. Am 1. Juli 2015 wurde kein schriftlicher Bescheid ausgefertigt. Der Bescheid vom 6. Juli 2015 wurde nicht innerhalb der dreitägigen Frist iSd § 56a Abs 3 GSpG abgefertigt und erlassen. Die am 1. Juli 2015 ausgesprochene Verfügung war am 6. Juli 2015 bereits außer Kraft getreten. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Durch die Behebung kann sich aus dem Bescheid – ungeachtet der nicht endgültig geklärten Frage, wer nun aus rechtlicher Sicht als Adressat zu bezeichnen gewesen wäre – keine Rechtsverletzung mehr ergeben.
4. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des VwGH zur Frage fehlt, ob im ggst Fall die Beschwerde wegen des – nach Ansicht des LVwG – unrichtigen Adressaten zu beheben oder zurückzuweisen ist.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Wolfgang Weigl
Beachte:
Die Revision wurde als unbegründet abgewiesen.
VwGH vom 30. März 2016, Zl.: Ra 2016/09/0002-4