LVwG-300668/7/KLi

Linz, 17.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 17. März 2015 des B S,
geb. x, B GmbH, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom
23. Februar 2015, GZ: SV96-92-2014, wegen Übertretung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfah­ren vor der belangten Behörde noch zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 23. Februar 2015,
GZ: SV96-92-2014, wurde dem Beschwerdeführer eine Übertretung des AÜG – wie folgt – vorgeworfen:

 

„Sie haben es als der gem. § 9 Abs. 1 VStG nach außen zur Vertretung Berufene der Firma B GmbH gem. § 16 iVm. 22 Abs. 1 Z. 1 lit. c Arbeits­kräfteüberlassungsgesetz (AÜG) zu verantworten, dass die oben genannte Firma als Beschäftiger an einer unzulässigen grenzüber­schreitenden Überlassung (§ 16 AÜG) beteiligt ist.

 

Organe der Finanzpolizei Grieskirchen Wels haben am 14.08.2014 um 07.50 Uhr auf der Baustelle D P und M K, x (GstNr. x),
x, eine Kontrolle auf Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG, § 89 Abs. 3 EStG, AVRAG und Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) durchgeführt, wobei nachfolgende Beschäftigte betreten wurden:

 

1.  Name: J K

Geburtsdatum: x

Wohnanschrift: x

Staatsbürgerschaft: Bosnien und Herzegowina

Ausgeübte Tätigkeit: Aufmauern von Ziegeln

Dauer/Ausmaß der Beschäftigung: seit 09.07.2014, Vollzelt

Entlohnung: EUR 1.200.-/Monat netto

 

2.  Name: N S
Geburtsdatum: x
Wohnanschrift: x

Staatsbürgerschaft Serbien

Ausgeübte Tätigkeit; Errichtung des Rohbaues

Dauer/Ausmaß der Beschäftigung: seit 09.07.2014, Vollzeit

Entlohnung: EUR 1.300.-/Monat brutto

 

3.  Name: O A
Geburtsdatum: x

Wohnanschrift: x

Staatsbürgerschaft Bosnien und Herzegowina

Ausgeübte Tätigkeit: Errichtung des Rohbaues

Dauer/Ausmaß der Beschäftigung: seit 09.07.2014, Vollzeit

Entlohnung: EUR 1.300.-/Monat netto

 

4.  Name: S J
Geburtsdatum: x
Wohnanschrift: x

Staatsbürgerschaft Bosnien und Herzegowina

Ausgeübte Tätigkeit: Errichtung des Rohbaues

Dauer/Ausmaß der Beschäftigung: seit 09.07.2014, Vollzeit

Entlohnung: EUR 1.300.-/Monat netto

 

5.  Name: S A
Geburtsdatum: x
Wohnanschrift: x

Staatsbürgerschaft Bosnien und Herzegowina

Ausgeübte Tätigkeit: Errichtung des Rohbaues

Dauer/Ausmaß der Beschäftigung: seit 09.07.2014, Vollzeit

Entlohnung: EUR 1.300.-/Monat netto

 

6.  Name: S M
Geburtsdatum: x
Wohnanschrift: x

Staatsbürgerschaft Bosnien und Herzegowina

Ausgeübte Tätigkeit: Aufmauern von Ziegeln

Dauer/Ausmaß der Beschäftigung: seit 09.07.2014, Vollzeit

Entlohnung: EUR 1.300.-/Monat netto“

 

 

Über den Beschwerdeführer wurde deshalb gemäß § 16 i.V.m. § 22 Abs. 1 Z 1 lit. c AÜG eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt; ferner wurde er verpflichtet einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100 Euro zu leisten.

 

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 17. März 2015, mit welcher das Straferkenntnis der belangten Behörde sowohl dem Grunde als auch der Strafhöhe nach angefochten wird. Zusätzlich verweist der Beschwerdeführer auch auf ein bereits vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geführtes Verfahren [Anm: GZ: LVwG-300586-2015] in dieser Angelegenheit, in welchem ihm Verstöße gegen das AuslBG vorgeworfen werden.

 

Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, dass das angefochtene Straferkenntnis unrichtig sei. Die Firma B V mit Sitz in Slowenien sei von ihm bzw. seinem Unternehmen zur Durchführung von Bauarbeiten beauftragt worden. Auftraggeber sei die Firma B GmbH. Ein Werkvertrag sei abgeschlossen worden. Der Beschwerdeführer habe keine Dienstnehmer beschäftigt, ohne eine EU-Entsende­bestätigung zu haben. Darüber hinaus habe weder das Unternehmen B V noch das Unternehmen des Beschwerdeführers eine Stellungnahme des Arbeitsmarktservice (negativ/positiv) erhalten.

 

Die Steuerberaterin des Unternehmens B V, L S, habe sämtliche Formalitäten geregelt. Es bestehe ein unterschriebener Werkvertrag zwischen dem Unternehmen B GmbH des Beschwerdeführers und dem Unternehmen B V Außerdem habe der Beschwerdeführer mit dem Unternehmen B V bzw. dieses Unternehmen mit den im Straferkenntnis genannten Dienstnehmern bereits eine Baustelle in V betreut; es sei ein inhaltsgleicher Werkvertrag zwischen den beiden Unternehmen abgeschlossen worden. Vom Arbeitsmarktservice in V sei eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt worden. Nachdem das Arbeitsmarktservice in V den Werkvertrag als gegeben erachtet habe, sei die Entsendebestätigung ausgestellt worden.

 

Darüber hinaus hätten die genannten Dienstnehmer auf der nunmehr genannten Baustelle eigenständig gearbeitet und seien nicht den Weisungen des Beschwerdeführers oder dessen Vorarbeiter unterlegen. Die Dienstnehmer seien mit eigenen Fahrzeugen und eigenem Werkzeug der Firma B V zu dieser Baustelle gekommen. Sie hätten dort ohne Weisungen des Beschwerde­führers gearbeitet. Insofern habe der Beschwerdeführer die genannten Dienst­nehmer nicht beschäftigt.

 

Es werde daher beantragt, der Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer des Unternehmens B GmbH mit Sitz in x. Der Beschwerdeführer ist darüber hinaus alleiniger Gesellschafter dieses Unternehmens. Das Unternehmen ist in der Baubranche tätig. Es beschäftigt sich unter anderem mit der Errichtung von Einfamilienhäusern.

 

 

II.2. Der Beschwerdeführer hat einen Vertrag mit der B V abgeschlossen. Dieses Unternehmen hat seinen Sitz in Slowenien, Geschäftsführer dieses Unternehmens ist B V. Auch dieses Unternehmen ist in der Baubranche tätig, insbesondere mit der Errichtung von Einfamilienhäusern, wobei vor allem die Errichtung der Mauerwerke und Decken davon umfasst ist.

 

Die im Straferkenntnis genannten Dienstnehmer J K, O A,  S J, S A, S M und N S sind Dienstnehmer dieses slowenischen Unternehmens.

 

II.3. Zwischen der B GmbH und der B V wurde ein mit 4. Juli 2014 datierter und als Werkvertrag bezeichneter Vertrag abgeschlos­sen. Dieser betraf die Baustelle D P und M K in E. Mit diesem Vertrag wurde die B V von der B GmbH mit der Herstellung der Bodenplatte für das Haus und die Garage sowie des Mauerwerkes für das Erdgeschoß, das Obergeschoß und die Garage, der Innen­stiege vom Erdgeschoß in das Obergeschoß, der Decke über dem Erd­geschoß, dem Obergeschoß und der Garage, des Kamins sowie mit Dachdecker- und Spenglerarbeiten beauftragt. Im Vertrag wurden die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien geregelt, insbesondere Bestimmungen über die Rechnungs­legung und einen Haftrücklass, ferner Gewährleistungs- und Haftungsbestim­mungen. Außerdem wurde festgehalten, dass das beschäftigte Personal aus­schließlich der Weisungsbefugnis der B V unterliegt. Ferner wurde bestimmt, dass nur solches Personal zur Verfügung gestellt werde, für welches alle arbeits- und sozialrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

 

II.4. Zur Vorgeschichte ist noch festzustellen, dass ein wortgleicher Werkvertrag zwischen den beiden Unternehmen bereits am 10. Juni 2014 für eine Baustelle in V abgeschlossen wurde, wobei dieselben Werkleistungen zu erbringen waren, wie im nunmehrigen Werkvertrag. Vom Arbeitsmarktservice B wurden mit Bescheiden vom 14. Juni 2014 für die Dienstnehmer der B V - S J, O A, J K, S N, S A und S M - EU-Entsendebestätigungen gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG ausgestellt. Diese EU-Entsendebestätigungen wurden sowohl der B GmbH als auch der B V zugestellt.

 

II.5. Dem entgegen wurden vom Arbeitsmarktservice W mit Bescheiden vom 6. August 2014 für die Arbeitnehmer J K, S J, N S, O A, S A und S M die Anträge vom 17. Juli 2014 auf Bestätigung der EU-Entsendungen abgelehnt und die Entsendungen untersagt.

 

Diese Bescheide wurden dem Beschwerdeführer nicht zugestellt. Die Versendung der Bescheide erfolgte nicht nachweislich bzw. ohne Rückscheine, nur mit einem Fensterkuvert. Ein Abfertigungsvermerk ist nicht vorhanden.

 

Dem Unternehmen B V wurden diese Bescheide im Wege über die Österreichische Botschaft zugestellt. Die Zustellung erfolgte erst am
2. September 2014.

 

II.6. Das slowenische Unternehmen B V wurde von der B GmbH mit Werkvertrag vom 4. Juli 2014 auf der Baustelle D P und M K mit der Herstellung der Bodenplatte für das Haus und die Garage, des Mauerwerkes für das Erdgeschoß, das Obergeschoß und die Garage, der Innenstiege vom Erdgeschoß in das Obergeschoß, der Decke über dem Erd­geschoß, dem Obergeschoß und der Garage, des Kamins sowie mit Dachdecker- und Spenglerarbeiten beauftragt. Auftragssumme waren 42.000 Euro. Diese Arbeiten sollten im Juli/August 2014 durchgeführt werden.

 

Die Arbeiter der B V gelangten mit eigenen Fahrzeugen bzw. Firmenfahrzeugen der B V zu dieser Baustelle; Fahrzeuge des Beschwerdeführers bzw. die Fahrzeuge dessen Unternehmens wurden hierfür nicht eingesetzt. Die Arbeiter der B V verwendeten außerdem eigenes Werkzeug, auch hier wurde Werkzeug des Beschwerdeführers nicht zur Verfügung gestellt. Teilweise verfügt das Unternehmen des Beschwerdeführers auch gar nicht über das von den Arbeitern benötigte Werkzeug.

 

Die Arbeiter der B V unterstanden auch keinen Weisungen der B GmbH bzw. des Beschwerdeführers. Auch der Vorarbeiter des Beschwerdeführers, der Zeuge S C, hatte keine Weisungsbefugnisse über die Arbeiter der B V Der Zeuge befand sich im Zuge der Bau­stellentätigkeiten auch nicht auf dieser Baustelle, sondern war im Unternehmen des Beschwerdeführers mit anderen Aufgaben betraut.

 

Der Zeuge Ing. S P führte die Bauaufsicht über das gegenständ­liche Bauvorhaben. Er kontrollierte zwar die Tätigkeiten der B V bzw. deren Arbeitnehmer, erteilte aber keine Weisungen hinsichtlich der Arbeits­ausführung. Der Zeuge wusste nicht, mit welchem Werkzeug die Arbeiter der B V arbeiteten und in wessen Eigentum dieses Werkzeug stand.

 

Die Arbeiter der B V waren gut eingeschult und konnten mit den ihnen überlassenen Werkzeugen umgehen bzw. entsprechend dem vorliegenden Plan des Bauvorhabens den erteilten Auftrag ausführen.

 

 

Haftungsrechtlich bzw. gewährleistungsrechtlich musste die B V gegenüber der B GmbH haften. Gegenüber dem Bauherrn haftete die B V nicht. Gegenüber dem Bauherrn war die B GmbH haftungs- und gewährleistungsrechtlich verantwortlich.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. In gegenständlicher Angelegenheit war bereits zur GZ: LVwG-300586-2015 ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Verletzung des AuslBG anhängig. In diesem Verfahren wurde im Rahmen von zwei mündlichen Verhandlungen am 9. März 2015 und am 20. April 2015 ein umfangreiches Beweisverfahren durchgeführt.

 

Sowohl der Beschwerdeführer als auch sein Mitarbeiter S C als Zeuge wurden vernommen, ferner auch Ing. S P, der die Bauaufsicht über das gegenständliche Bauvorhaben führte. Zu den Zustellvorgängen des AMS im Hinblick auf die Entsendebewilligung bzw. die Untersagung wurde Mag. K W vom AMS eingehend befragt.

 

Nachdem die von der Finanzpolizei beantragte Zeugen K J, J S, S N, A O und A S sowie die vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen B V und L S trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen waren bzw. sich allesamt schriftlich entschuldigt hatten, verzichteten alle Parteien auf deren neuerliche Ladung bzw. Vernehmung.

 

In dem vorangegangenen Verfahren wurden umfassende Verhandlungsprotokolle erstellt, welche im hier gegenständlichen Verfahren der belangten Behörde übermittelt wurden. Die belangte Behörde erklärte sich mit Stellungnahme vom 13. Mai 2015 mit der Verwertung der erhobenen Beweise einverstanden, gab bekannt, keine weiteren Beweisanträge zu stellen und verzichtete auf eine mündliche Verhandlung.

 

Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab.

 

III.2. Die Feststellungen zum Unternehmen des Beschwerdeführers, der B GmbH, ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie dem darin befindlichen Firmenbuchauszug. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer selbst in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. März 2015 seinen Unternehmensge­genstand geschildert. Diese Beweisergebnisse konnten daher den Sachverhalts­feststellungen zugrunde gelegt werden.

 

III.3. Die Feststellungen zum Unternehmen der B V gehen eben­falls aus dem Akteninhalt hervor. Darüber hinaus hat auch der Beschwerdeführer den Unternehmensgegenstand seines Vertragspartners in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. März 2015 geschildert. Die diesbezüglichen Beweisergebnisse stimmen überein und sind insofern schlüssig, sodass sie der Entscheidung zugrunde gelegt werden können.

 

III.4. Der zwischen den beiden Unternehmen abgeschlossene Werkvertrag vom 4. Juli 2014 für das Bauvorhaben in E befindet sich im Akt der belangten Behörde. Es wurde in diesem Sinn auch vom Beschwerdeführer in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. März 2015 geschildert. Auch hier haben sich keine Widersprüche ergeben.

 

Der Inhalt des Werkvertrages ist insofern unstrittig. Der Werkvertrag selbst konnte jedenfalls auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse in der oben geschilderten Form festgestellt werden. Fraglich ist die rechtliche Würdigung, auf welche unter Punkt V. einzugehen sein wird.

 

III.5. Die Vorgeschichte zu den Entsendebewilligungen in V (Arbeits­marktservice B) hat sich in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. März 2015 ergeben. Der Beschwerdeführer hat diese auch in seiner Beschwerde geschildert. Der Beschwerdeführer hat insbesondere angegeben, dass diese EU-Entsendebestätigungen auf einem wortgleichen Werkvertrag zwischen den beiden Unternehmen B GmbH und B V gründen.

 

Anhand der Vorgeschichte sind daher die Angaben des Beschwerdeführers, er habe auch für die Baustelle in E mit einer entsprechenden EU-Ent­sendebestätigung gerechnet bzw. auf das Vorliegen der Voraussetzungen vertraut hat, glaubwürdig.

 

III.6. Das Vorliegen der negativen Bescheide des Arbeitsmarktservice in O ist unstrittig.

 

Der Beschwerdeführer hat in seinen Vernehmungen in den öffentlichen münd­lichen Verhandlungen am 9. März 2015 und am 20. April 2015 allerdings angegeben, diese Bescheide nicht erhalten zu haben. Die Aussagen des Beschwerdeführers sind glaubwürdig.

 

Sie stehen insbesondere im Einklang mit der Vernehmung des Zeugen Mag. K W vom Arbeitsmarktservice O. Dieser gab selber an, dass die Zustellung ohne Rückschein erfolgt ist. Auch ein Abferti­gungsvermerk findet sich in den Akten des Arbeitsmarktservice nicht. Vielmehr wurden die Bescheide lediglich mit einem Fensterkuvert versendet. Insofern sind die Angaben des Beschwerdeführers glaubwürdig, dass er die Versagung der Entsendebewilligungen nicht erhalten hat. Dass er auf eine positive Erledigung wohl aber vertraut hat, ergibt sich daraus, dass dies in V entsprechend so geschehen ist.

 

Der Zeuge Mag. K W hat beim Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich einen sehr positiven und glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Dessen Aus­sage war unumwunden, schlüssig und nachvollziehbar.

 

Insofern konnte daher vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer die negativen Bescheide (Versagung der Entsendebewilligung) nicht und die B V erst am
2. September 2014 erhalten hat.

 

III.7. Die Feststellungen zu der Baustelle in E ergeben sich einer­seits aufgrund des zwischen der B GmbH und der B V abgeschlossenen Vertrages vom 4. Juli 2014. Insbesondere gehen die zu erbringenden Leistungen aus diesem Vertrag hervor.

 

Im Vertrag sind auch die Zahlungsbestimmungen, Haftungs- und Gewährleis­tungsregeln sowie die Einhaltung der arbeitsrechtlichen bzw. sozialversicherungs­rechtlichen Bestimmungen im Hinblick auf das Personal geregelt.

 

Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus in seiner Aussage angegeben, dass die Arbeiter der B V mit deren eigenen Fahrzeugen zur Baustelle gelangten und auch eigenes Werkzeug einsetzten. In diesem Zusammenhang hat der Beschwerdeführer auch ausgesagt, dass sein Unternehmen teilweise über derartiges Werkzeug entweder nicht verfügt oder dieses selbst benötigt und deshalb nicht zur Verfügung stellt. Wenngleich der Zeuge Ing. S P in seiner Vernehmung vor der Finanzpolizei angegeben hat, die Arbeiter hätten mit Werkzeug des Beschwerdeführers gearbeitet, hat sich diese Aussage in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. März 2015 relativiert. Der Zeuge hat dort angegeben, dass er für derartige Belange gar nicht eingesetzt war und nicht primär die Arbeiter der B V beaufsichtigte bzw. diesen Weisungen erteilte, sondern die Bauaufsicht übernommen hatte. Ihm war deshalb gar nicht bekannt, mit welchem Werkzeug die Arbeiter tatsächlich arbeiteten und ob dieses vom Beschwerdeführer oder von der B V stammte.

 

Die Angaben des Beschwerdeführers, dass dieser sein firmeneigenes Werkzeug selbst für andere Baustellen benötigte und deshalb nicht zur Verfügung stellen konnte bzw. teilweise mit seinem Unternehmen andere Arbeiten durchführt, sodass er das entsprechende Werkzeug für die Rohbauerrichtung gar nicht zur Verfügung stellen konnte, sind insofern plausibel. Darüber hinaus hat sich im Verfahren auch ergeben, dass die slowenischen Arbeiter eigene Schaltafeln und eigene Untersteher für die Rohbauerrichtung mitbrachten. In einer Gesamtschau ergibt sich aus der Aussage des Beschwerdeführers insofern ein schlüssiges und nachvollziehbares Bild.

 

In dieses Bild fügt sich auch die Aussage des Zeugen S C, des Vorar­beiters des Beschwerdeführers, ein. Nach den Erhebungsergebnissen der Finanz­polizei sollen die beschäftigten Arbeiter dessen Weisungen unterstanden sein. Tatsächlich hat sich dazu in der Verhandlung am 9. März 2015 anderes ergeben. Der Vorarbeiter war für die Baustelle in E in keiner Weise verant­wortlich, er überwachte sie nicht. Der Vorarbeiter ist im Unternehmen des Beschwerdeführers mit anderen Kleinbaustellen beauftragt. In Zusammenhang mit der gegenständlichen Baustelle ist der Vorarbeiter nur deshalb geraten, weil er anlässlich der dort stattfindenden Kontrolle der Finanzpolizei vom Beschwerde­führer beauftragt worden war, die entsprechenden Arbeitsunterlagen zu dieser Baustelle zu bringen. Weiters war der Vorarbeiter in das Arbeitsgeschehen auf dieser Baustelle gar nicht involviert.

 

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer in den öffentlichen mündlichen Ver­handlungen am 9. März 2015 und am 20. April 2015 auch den Eindruck hinter­lassen, sich mit den geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen vertraut gemacht zu haben. Insbesondere gab der Beschwerdeführer an, dass er bei Vor­liegen der Voraussetzungen einer Entsendebewilligung doch dazu berechtigt sei, mit den Arbeiten zu beginnen, auch wenn die Entsendebewilligung selbst noch nicht ausgestellt sei. Die entsprechenden Anträge seien von L S (der Steuerberaterin der B V) gestellt worden. Nachdem die EU-Entsendebewilligungen in V positiv erteilt worden seien, habe er auch darauf vertraut, dass dies in Oberösterreich ebenso sein werde. Nachdem er davon ausgegangen sei, dass die Voraussetzungen vorliegen würden, sei das Bauvorhaben begonnen worden.

 

Auch im Hinblick auf haftungs- und gewährleistungsrechtliche Fragen konnte der Beschwerdeführer Antworten geben, die auf einen Werkvertrag (Subunterneh­mer) schließen lassen. So schilderte der Beschwerdeführer, dass das Unter­nehmen B V ihm gegenüber haft- und gewährleistungspflichtig sei, sollten Mängel oder Schäden auftreten. Gegenüber dem Bauherrn bestand nach den Angaben des Beschwerdeführers eine derartige Haftung nicht. Vielmehr bestand das Haftungs- und Gewährleistungsverhältnis zum Bauherrn gegenüber dem Unternehmen des Beschwerdeführers. Diese Aussagen konnte der Beschwerdeführer auch ohne Umschweife angeben.

 

Zu beachten ist außerdem noch, dass der Beschwerdeführer im Zuge des gesamten Verfahrens nicht anwaltlich vertreten war, sondern sich selbst verantwortet hat.

 

III.8. Vom Beschwerdeführer wurde die Vernehmung der Zeugen B V und L S beantragt, welche vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch entsprechend geladen wurden. Beide Zeugen haben sich für diese Verhandlung allerdings damit entschuldigt, dass es ihnen aus beruflichen Gründen nicht möglich sei, von Slowenien nach Österreich zu reisen. Die Zeugin L S hat darüber hinaus eine umfangreiche Stellungnahme mit entsprechenden behördlichen Schriftstücken, vor allem den EU-Entsendebestätigungen und den Meldeformularen, vorgelegt. Diese wurden in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. April 2015 verlesen und zum Akt genommen und konnten ebenfalls für die Sachverhaltsfeststellungen als unbedenklich herangezogen werden.

 

Die Finanzpolizei hat die Vernehmung der im Straferkenntnis genannten Dienstnehmer der B V beantragt. Auch diese Zeugen wurden vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entsprechend geladen. Sämtliche Zeugen haben diese Ladungen auch erhalten und daraufhin ebenfalls mit Entschuldigungsschreiben dahingehend reagiert, dass es ihnen beruflich und auch aus finanziellen Gründen nicht möglich sei, zu einer Verhandlung nach Österreich zu reisen. Der Zeuge O hat angeboten, allfällige Fragen schrift­lich zu beantworten.

 

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärten sämtliche Parteien, auf die Vernehmung all dieser Zeugen zu verzichten. Weitere Beweisanträge waren insofern nicht offen. Weitere Erhebungen waren ebenfalls aufgrund der geklärten Sachlage nicht erforderlich.

 

 

IV. Rechtslage:

 

§ 16 Abs. 3 AÜG sieht vor, dass die Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich nur zulässig ist, wenn ausnahmsweise eine Bewilligung gemäß Abs. 4 erteilt wurde. § 16 Abs. 4 AÜG sieht vor, dass die Bewilligung der Überlassung von Arbeitskräften aus dem Ausland nach Österreich auf Antrag des Beschäftigers erteilt werden kann, wenn 1. die Beschäftigung besonders qualifizierter Fachkräfte aus arbeitsmarktlichen und volkswirtschaftlichen Gründen unumgänglich notwendig ist, 2. die Arbeitskräfte ausschließlich im Wege der Überlassung aus dem Ausland verfügbar sind und 3. deren Beschäftigung keine Gefährdung der Lohn- und Arbeitsbedingung inländischer Arbeitsnehmer bewirkt.

 

§ 22 Abs. 1 Z 1 lit. c AÜG bestimmt, dass sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung begeht und von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro bis zu 10.000 Euro, zu bestrafen ist, wer als Überlasser oder Beschäftiger an einer unzulässigen grenzüberschreitenden Überlassung (§ 16) beteiligt ist.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierzu erwogen:

 

V.1. Zur Anwendbarkeit des AÜG:

 

V.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AÜG ist die Überlassung von Arbeitskräften die Zur­verfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte. Gemäß § 3 Abs. 2 AÜG ist Überlasser, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte ver­traglich verpflichtet; Beschäftiger ist gemäß § 3 Abs. 3 AÜG, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt. Gemäß § 3 Abs. 4 AÜG sind Arbeitskräfte Arbeitnehmer und arbeitnehmer­ähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 AÜG ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Gemäß § 4 Abs. 2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber 1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder 2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder 3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder 4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

 

V.1.2. Aufschluss über die Auslegung des § 4 AÜG bieten zunächst die Gesetzes­materialien. Entsprechend der Regierungsvorlage, 450 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP soll diese Bestimmung eine Orientierungshilfe zur Verhinderung von Umgehungen bieten.

 

Grundsätzlich sollen jene Fälle, in denen ein Werkunternehmer ausschließlich zur Herstellung eines Werkes, für dessen ordnungsgemäßes Zustandekommen er die Verantwortung trägt, Hilfspersonen (Erfüllungsgehilfen) in den Betrieb des Werk­bestellers sendet, nicht vom Regelungsbereich des Gesetzesentwurfes erfasst sein.

 

Der Abschluss von Werkverträgen soll, soweit er nicht missbräuchlich zur Um­gehung der Ziele der vorgesehenen Regelung erfolgt, keinesfalls erschwert oder verhindert werden. Die im Rahmen von Werkverträgen übliche Verwendung von Erfüllungsgehilfen stellt grundsätzlich keine Überlassung von Arbeitskräften dar. So wird etwa die Gestaltung von Werbe- und Infoständen oder von Auslagen in der Regel nicht als Überlassung zu werten sein, sondern als „echter“ Werkvertrag. Allen Versuchen, durch den Abschluss eines Werkvertrages die für die Überlassung von Arbeitskräften geltenden gesetzlichen Schranken zu um­gehen, soll jedoch vorgebeugt werden.

 

In diesem Sinne soll mit dieser Bestimmung sichergestellt werden, dass durch die Erweckung eines Anscheines, der nicht auf das Vorliegen einer Arbeitskräfte­überlassung schließen lässt, noch keineswegs die Nichtanwendbarkeit der ent­sprechenden Gesetzesbestimmungen erreicht werden kann.

 

Wegen der niemals gänzlich auszuschließenden Umgehungsversuche soll die wirtschaftliche Funktion der in Frage stehenden Vertragsverhältnisse eingehend geprüft werden und für die Zuordnung zum Tatbestand der Arbeitskräfteüber­lassung entscheidend sein.

 

Der allgemeine Grundsatz des Abs. 1 lehnt sich an die entsprechenden steuer­rechtlichen Bestimmungen (z.B. § 21 Bundesabgabenordnung) an.

 

Abs. 2 befasst sich speziell mit dem Werkvertrag, der erfahrungsgemäß am häufigsten zur Umgehung der bei der Arbeitskräfteüberlassung zu beachtenden Regeln Verwendung findet. Sofern ein für den Werkvertrag typisches Merkmal nicht vorhanden ist (Z 1, 2 und 4) oder ein für den Werkvertrag völlig untypisches Merkmal (Z 3) gegeben ist, wird das Vorliegen des Tatbestandes der Arbeitskräfteüberlassung angenommen. Auch wenn für die Klassifizierung als Werkvertrag an sich bereits die Kombination einzelner für den Werkvertrag typischer Sachverhaltselemente ausreichend sein mag, muss zur Abgrenzung von der Arbeitskräfteüberlassung die Erfüllung sämtlicher im Regelfall zutreffenden Merkmale (einschließlich des Fehlens bestimmter, auf eine Arbeits­kräfteüberlassung hin­weisenden Sachverhaltselemente) verlangt werden, um der Erfahrung Rechnung zu tragen, dass häufig die Überlassung von Arbeitskräften den eigentlichen Zweck des Werkvertrages bildet.

 

Z 1 des Abs. 2 stellt darauf ab, dass von den Erfüllungsgehilfen des Werkunter­nehmers ein völlig eigenständiges Werk erbracht wird oder diese an der Herstellung eines Werkes mitwirken, dass sich von allen im Bestellerbetrieb ge­wöhnlich erbrachten Leistungen deutlich abhebt. Eine Einbindung in die üblichen Arbeitsgänge des Bestellerbetriebes unter dem Deckmantel der Erfüllung eines Werkvertrages soll ausgeschlossen werden. Die Rückführbarkeit des Arbeitser­gebnisses auf den Werkunternehmer als dessen Leistung verlangt vor allem die ihm hinsichtlich der Werkentstehung zukommende Dispositionsgewalt.

 

Zur Erreichung dieses Zieles tragen auch die Z 2 und 3 bei. Aber nicht jede Be­nutzung von Geräten soll die Einstufung als Überlassung zur Folge haben, sondern nur jene, die bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falles das Vorliegen des Tatbestandes der Überlassung von Arbeitskräften erhärtet.

 

Eine ergänzende Verwendung von Material oder Werkzeug des Werkbestellers, die in der Praxis aus Zweckmäßigkeitsgründen oft unvermeidlich ist, wird zuge­standen. Dasselbe gilt für Weisungen des Werkbestellers, mit denen im Regelfall zu rechnen ist, z.B. die Zuweisung von Räumlichkeiten, die Einschärfung be­sonderer Rücksichtnahme auf bestehende Einrichtungen, die Warnung vor Gefah­renquellen, schließlich auch vertraglich vereinbarte Spezifikationen, wie etwa die Mitteilung von Wünschen hinsichtlich der farblichen Gestaltung, die Auswahl unter mehreren möglichen Varianten (etwa welche Fliesen, Tapeten, Furniere Verwendung finden sollen) usw. Die zur Erstellung des Werkes erforderlichen fachlichen, organisatorischen oder zeitlichen Dispositionen müssen jedoch beim Werkunternehmer verbleiben.

 

Durch das in Z 4 genannte Erfordernis der Haftung des Werkunternehmers für den Erfolg der Werkleistung soll klargestellt werden, dass der Werkunternehmer die Gefahr für das von ihm beigestellte Material und für das Werk bis zur Über­nahme trägt.

 

V.1.3. Auch der Verwaltungsgerichtshof hatte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit der Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des AÜG stattfindet, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, auseinanderzusetzen.

 

In seinem Erkenntnis vom 19.5.2014, Ro 2014/09/0026, führte der VwGH dazu Nachfolgendes aus:

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vergleiche die Erkenntnisse vom
21. März 1995, Zl. 94/09/0097, und vom 18. November 1998, Zl. 96/09/0281) ist für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des AÜG stattfindet, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig. Das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werk­vertrages sprechender Sachverhaltselemente ist in diesem Sinn nicht ausreichend, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenlage Gegen­teiliges ergibt (vergleiche das Erkenntnis vom 16. September 1998, Zl. 97/09/0150). Bei Erfüllung auch nur eines der im § 4 Abs. 2 Z 1 – 4 AÜG genannten Tatbestandsmerkmale liegt jedenfalls dem wirtschaftlichen Gehalt nach Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des § 3 Abs. 1 AÜG durch den Werk­unternehmer als Überlasser im Sinn des § 3 Abs. 2 AÜG (der insofern die überlassenen Arbeitskräfte mittelbar zur Arbeitsleistung an den Beschäftiger verpflichtet) an den Werkbesteller als Beschäftiger im Sinn des § 3 Abs. 3 AÜG vor. Es kann Arbeitskräfteüberlassung im Sinn von § 4 Abs. 2 AÜG insbesondere auch vorliegen, wenn keine organisatorische Eingliederung der Arbeitskräfte in den Betrieb des Werkbestellers besteht, stellt doch dieses Tatbestandsmerkmal (im Sinn der Z 3 leg.cit.) nur eines von vier möglichen Merkmalen der Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte dar (vergleiche hiezu die Erkenntnisse vom 17. Juli 1997, Zl. 95/09/0218, vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0191, und vom 22. Oktober 1996, Zl. 94/08/0178). Selbst im Fall zivilrechtlich als Werkvertrag einzustufender Vereinbarungen (und einer ihnen entsprechenden Vertragsabwicklung) zwischen Unternehmer und „Subunternehmer“ liegt danach eine Arbeitskräfteüberlassung vor, wenn eine der Ziffern des § 4
Abs. 2a AÜG anwendbar ist. Einer Gesamtbeurteilung des Sachverhaltes im Sinne des § 4 Abs. 1 AÜG bedarf es nur dann, wenn durch den Tatbestand keine der vier Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG (in Verbindung mit dem Einleitungssatz dieser Bestimmung) zur Gänze erfüllt ist (vergleiche das Erkenntnis vom 10. März 1998, Zl. 95/08/0345, sowie zum Ganzen das Erkenntnis vom 3. Oktober 2013, Zl. 2013/09/0042).

 

V.1.4. Schon zuvor hatte sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22.10.1996, 94/08/0178, mit der Rechtsauffassung, es gebe nur die Alternative zwischen zivilrechtlich gültigem Werkvertrag und (bei zivilrechtlich ungültigem Werkvertrag) Arbeitskräfteüberlassung, auseinanderzusetzen. Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu ausgeführt:

 

Die von der K. KG im Verwaltungsverfahren vertretene und in der Gegenschrift aufrecht erhaltene Auffassung, es gebe im Falle der Erbringung von Arbeitsleistungen im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung eines Werkvertrages zwischen dem Werkunternehmer und dem Werkbesteller durch Er­füllungsgehilfen des Werkunternehmers nur die Alternative zwischen zivilrechtlich gültigem Werk­vertrag und (bei zivilrechtlich ungültigem Werkvertrag) Arbeitskräfteüberlassung, entspricht weder dem Wortlaut dieser Bestimmungen noch dem aus ihnen ableitbarem Regelungszweck noch schließ­lich (zumindest im Ergebnis) den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum AÜG (450 BlgNR XVII GP):

Zunächst dient der Beurteilungsmaßstab des § 4 AÜG nach dem insofern eindeutigen Wortlaut nicht einer solchen Abgrenzung, sondern stellt – im Gegenteil – klar, dass selbst für den Fall des Vorliegens eines gültigen Werkvertrages zwischen Entsender und Beschäftiger dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach Arbeitnehmerüberlassung vorliegen kann, und zwar dann, wenn es den Vertragspartnern nach der atypischen Gestaltung des Vertragsinhaltes erkennbar gerade auf die Zur­verfügungstellung von dessen Arbeitskräften ankommt. Wann dies (jedenfalls) der Fall ist, legt § 4 Abs. 2 AÜG typisierend (nach der Art unwiderleglicher Vermutungen) fest. Bei Erfüllung eines dieser Tatbestandsmerkmale (und zwar jedes einzelnen: arg. “oder“) liegt jedenfalls dem wirtschaft­lichen Gehalt nach Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des § 3 Abs. 1 AÜG durch den Werkunter­nehmer als Überlasser im Sinn des § 3 Abs. 2 AÜG (der insofern die überlassenen Arbeitskräfte mittelbar zur Arbeitsleistung an den Beschäftiger verpflichtet) an den Werkbesteller als Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 AÜG vor. Ist in den im zweiten Halbsatz des § 4 Abs. 2 AÜG genannten Fällen keines der Tatbestandsmerkmale der vier Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG erfüllt, sind aber dennoch einige der in diesen vier Ziffern genannten oder ihnen gleichwertige Tatbestandsmomente gegeben, so schließt dies (arg. „insbesondere“) nicht das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung aus; sie hängt dann aber – entsprechend dem § 4 Abs. 1 AÜG – von einer jeweils im Einzelfall vorzunehmenden Beurteilung ab, ob dem wirtschaftlichen Gehalt nach dennoch die Überlassung von Arbeitskräften im Vordergrund steht.

Auch die schon genannten Erläuterungen der Regierungsvorlage (diesfalls auf Seite 17) stützen letzt­lich nicht die Auffassung der K. KG:

Die Erläuterungen sprechen zwar eingangs davon, dass § 4 „eine Orientierungshilfe zur Ver­hinderung von Umgehungen bieten“ und den Abschluss von Werkverträgen, die „missbräuchlich zur Umgehung der Ziele der vorgesehenen Regelung“ abgeschlossen werden, erschweren oder verhindern soll, und führen dann zu Abs. 2 aus, dass sich diese Bestimmung „speziell mit dem Werkvertrag (befasst), der erfahrungsgemäß am häufigsten zur Umgehung der bei der Arbeitskräfteüberlassung zu beachtenden Regeln Verwendung findet“. Im Anschluss daran heißt es aber:

„Sofern ein für den Werkvertrag typisches Merkmal nicht vorhanden ist (Z 1, 2 und 4) oder ein für den Werkvertrag völlig untypisches Merkmal (Z 3) gegeben ist, wird das Vorliegen des Tatbestandes der Arbeitskräfteüberlassung angenommen. Auch wenn für die Klassifizierung als Werkvertrag an sich bereits die Kombination einzelner, für den Werkvertrag typischer Sachverhaltselemente ausrei­chend sein mag, muss zur Abgrenzung von der Arbeitskräfteüberlassung die Erfüllung sämtlicher im Regelfall zutreffender Merkmale (einschließlich des Fehlens bestimmter, auf eine Arbeitskräfteüber­lassung hinweisenden Sachverhaltselemente) verlangt werden, um der Erfahrung Rechnung zu tragen, dass häufig die Überlassung von Arbeitskräften den eigentlichen Zweck des Werkvertrages bildet.

Das bedeutet, dass auch die Erläuterungen eindeutig davon ausgehen, dass schon dann, wenn auch nur eines der Tatbestandsmerkmale der Z 1 bis 4 des § 4 Abs. 2 AÜG gegeben ist, Arbeitskräfteüber­lassung anzunehmen ist. Ob die Ausführungen im Übrigen so zu verstehen sind, dass nach ihnen auch eine Arbeitskräfteüberlassung aufgrund eines zivilrechtlich gültigen Werkvertrages möglich erscheint, und ob diese Auffassung aus zivilrechtlicher Sicht zutreffend ist, kann ebenso wie die Dar­legung zum Zweck des AÜG auf sich beruhen, weil es darauf, wie ausgeführt, nach dem Gesetzestext nicht ankommt.

Im § 4 Abs. 2 AÜG findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass, wie die belangte Behörde meint, die Z 2 dieser Bestimmung eine Ausnahme davon bilde, dass Arbeitskräfteüberlassung grundsätzlich schon vorliege, wenn nur eines der „unter Punkt 1 bis 4 des § 4 Abs. 2 angeführten Merkmale erfüllt“ sei. Die belangte Behörde stützt sich diesbezüglich auch zu Unrecht auf die zitierten Autoren, die ihrerseits lediglich die genannten Erläuterungen (Seite 17) zitieren, in denen es diesbezüglich heißt:

„Aber nicht jede Benutzung von Geräten soll die Einstufung als Überlassung zur Folge haben, sondern nur jene, die bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falles das Vorliegen des Tatbestandes der Überlassung von Arbeitskräften erhärtet. Eine ergänzende Verwendung von Material oder Werkzeug des Werkbestellers, die in der Praxis aus Zweckmäßigkeitsgründen oft unvermeidlich ist, wird zugestanden.“

Dem ist beizupflichten. Denn nach § 4 Abs. 2 Z 2 AÜG genügt weder eine „Be­nutzung von Geräten“ allein noch eine bloße „ergänzende Verwendung von Material oder Werkzeug des Werkbestellers“; erforderlich ist vielmehr für die An­nahme der Arbeitskräfteüberlassung unter der im zweiten Halbsatz des § 4 Abs. 2 genannten Voraussetzung, dass „die Arbeit nicht vorwiegend mit Material UND Werkzeug des Werkunternehmers“ geleistet wird. Ob die bloße „Benutzung von Geräten“ oder die „ergänzende Verwendung von Material oder Werkzeug des Werkbestellers“ „die Einstufung als Überlassung zur Folge haben“, hängt in der Tat – unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs. 1 AÜG – von der „Würdigung aller Umstände des gegebenen Falles“ ab. Sind hingegen die Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs. 2 Z 2 AÜG gegeben, so ist eine Arbeitskräfteüberlassung ohne eine solche Würdigung unwiderleglich anzunehmen. Dagegen bestehen auch keine sachlichen Bedenken, weil in dem Fall, in denen Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers für dessen betriebseigene Aufgaben, wenn auch in Erfüllung eines Werkvertrages, zwischen dem Werkbesteller und dem Werkunternehmer, „nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten“ (wobei es hinsichtlich des Überwiegens nicht auf nummerische Kategorien, sondern auf die Bedeutung des Materials bzw. Werkzeugs für das zu erbringende Werk ankommt), in aller Regel dem wirtschaftlichen Gehalt nach die Überlassung der Arbeitskräfte im Vordergrund stehen wird. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die insoweit zurückhaltenderen Auffassungen von Geppert (Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, 59), Grillberger (Neuerungen durch das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, WBl. 1988, 314) und Kerschner (Rohrverlegung in „Subauftrag“, DRdA 1989, 136) nicht. Den genannten Autoren ist allerdings zuzugeben, dass – ungeachtet der Verknüpfung der vier Tatbestände des § 4 Abs. 2 AÜG „oder“ – in der Praxis jene Fälle selten werden, in denen nicht ohnehin zwei oder drei dieser Merkmale vorliegen. Das von Grillberger genannte Beispiel der Renovierung eines Betriebsgebäudes aufgrund eines Werkvertrages kann schon nicht als eine Arbeitsleistung „im Betrieb“ (das heißt in Verfolgung der betriebstypischen Erwerbszwecke) des Werkbestellers im Sinne des Einleitungssatzes des § 4 Abs. 2 AÜG – angesehen werden und widerspricht daher nicht der nach dem Gesetzeswortlaut in Übereinstimmung mit den Materialien zwingend gebotenen Auslegung.

Obwohl die belangte Behörde demgemäß in ihren allgemeinen rechtlichen Ausführungen § 4 Abs. 2 Z 2 AÜG zu Unrecht als Ausnahme vom genannten allgemeinen Grundsatz ansieht, ist dennoch der angefochtene Bescheid nicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weil die belangte Behörde bei der konkreten rechtlichen Bewertung nur von der Tatsache ausgeht, dass die K. KG das Material zur Verfügung gestellt habe. Dadurch ist aber nach den obigen Darlegungen noch nicht das Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 2 Z 2 AÜG erfüllt.

Ob die belangte Behörde aber im Übrigen, wie offensichtlich die Beschwerdeführerin meint, von einer unrichtigen Interpretation des § 4 Abs. 1 oder Abs. 2 Z 1 und 3 AÜG (Z 4 scheidet im Beschwerdefall unstrittig aus) ausgegangen ist, kann mangels ausreichender Sachverhaltsfeststellungen nicht abschließend beurteilt werden:

Für die Tatbestandsmäßigkeit des § 4 Abs. 2 Z 1 AÜG reicht es jedenfalls – ent­gegen der diesbezüglich von der Beschwerdeführerin in ihrer Verfahrensrüge vertretenen Auffassung – nicht aus, „dass der Produktionsbereich der (K.KG) und der (R.GmbH) deckungsgleich sind“; es kommt vielmehr darauf an, ob das konkrete Werk dem Werkunternehmer oder dem Werkbesteller zuzurechnen ist. Das Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 2 Z 3 AÜG ist – ausgehend von den Fest­stellungen der belangten Behörde, die ungarischen Arbeitnehmer seien hinsicht­lich Arbeitszeit und Arbeitslauf nur den Weisungen und der Aufsicht der O. unterworfen gewesen; schon wegen des fehlenden Tatbestandsmomentes, dass die Arbeitskräfte der Dienstaufsicht des Werkbestellers unterstehen müssen, nicht gegeben. Zur Beurteilung der Frage aber, ob zumindest im Sinn des § 4 Abs. 1 AÜG dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach eine Arbeitskräfte­überlassung vorlag, reichen die getroffenen Feststellungen nicht aus. Keine inhaltliche Rechtswidrigkeit (die die Beschwerdeführerin auch nicht mehr als solche reklamiert) begründet schließlich die Darlegungen der belangten Behörde zum Ansuchen der K.KG um die Beschäftigungsbewilligungen für die ungarischen Arbeitskräfte (vergleiche dazu u.a. das Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/09/0275; vergleiche dazu ferner die Entscheidungen des VwGH vom 18.3.1998, 96/09/0131, vom 17.7.1997, 95/09/0218, vom 3.10.2013, 2013/09/0042).

 

V.1.5. Aus der vorzitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich insofern für den vorliegend zu beurteilenden Fall ableiten, dass auch gegen­ständlich die Abgrenzung zwischen einem (echten) Werkvertrag und einer Arbeitskräfteüberlassung zu beurteilen ist.

 

 

V.2. Zur Abgrenzung zwischen Arbeitskräfteüberlassung und Werkvertrag:

 

V.2.1. Um die Frage des Vorliegens eines Werkvertrages beantworten zu können, kann auf die Rechtsprechung zum AuslBG zurückgegriffen werden:

 

Typische Merkmale wirtschaftlicher Abhängigkeit (Unselbstständigkeit) sind:

1.    die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers;

2.    eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;

3.    die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung;

4.    Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, „stille“ Autorität);

5.    die Berichterstattungspflicht;

6.    die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers;

7.    das Ausüben der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;

8.    die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);

9.    die Entgeltlichkeit und

10. die Frage, wem die Arbeitsleistung zu Gute kommt.

(VwGH 18.10.2000, 99/09/0011)

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbstständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art „beweglichem System“, indem das unterschiedliche Gewicht beim einzelnen Tatbestandsmerkmal zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzel­nen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales des durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (VwGH 22.02.2006, 2002/09/0187).

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen.

 

Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (§ 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diese (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (VwGH 23.05.2002, 2000/09/0190; VwGH 24.01.2014, 2013/09/0174).

 

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein „gewährleistungstauglicher“ Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei nicht Herstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten „Ziels“ auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (VwGH 05.06.2002, 2001/08/0107; 24.01.2006, 2004/08/0101; 25.04.2007, 2005/08/0082; 23.05.2007, 2005/08/0003; 3.10.2013, 2012/09/0150; jüngst VwGH 24.01.2014, 2013/09/0174)

 

 

V.2.2. Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass zwischen dem Unternehmen des Beschwerdeführers und dem slowenischen Unternehmen ein als „Werkvertrag“ bezeichneter Vertrag abgeschlossen wurde. Fraglich ist, ob dieser Vertrag auch in rechtlicher Hinsicht bzw. im Hinblick auf das AÜG als Werkvertrag zu qualifizieren ist.

 

Im Verfahren hat sich ergeben, dass das slowenische Unternehmen mit konkre­ten Arbeiten (Errichtung des Erdgeschoßes, des Obergeschoßes, der Decken, der Garage, der Innenstiegen und des Kamins) beauftragt war. Diese zu errichtenden  Werke wurden im Vertrag auch entsprechend konkretisiert und beschrieben. Das von der slowenischen Firma zu errichtende Werk lässt sich daher von anderen im Zuge der Errichtung eines Einfamilienhauses zu tätigenden Arbeiten abgrenzen.

 

Wenngleich die hierfür erforderlichen Materialien vom Beschwerdeführer zur Ver­fügung gestellt wurden, lässt dies noch nicht darauf schließen, dass ein Sub­unternehmerverhältnis zwischen den beiden Firmen nicht bestehen würde. Tat­sächlich hat sich im Verfahren nämlich ergeben, dass zwar das Material vom Beschwerdeführer beigeschafft wurde, die Bearbeitung desselben aber von den Arbeitern der B V ohne Anweisungen des Beschwerdeführers oder dessen Vorarbeiter durchgeführt wurde.

 

Insbesondere hat sich ergeben, dass der Vorarbeiter nur eine untergeordnete Rolle im gegenständlichen Verfahren spielte, als er die arbeitsrechtlichen Unterlagen zur Kontrolle der Finanzpolizei brachte. Auch der Zeuge Ing. S P erteilte keine Weisungen an das Personal. Er führte die Bauaufsicht.

 

Darüber hinaus verwendeten die eingesetzten Arbeiter ausschließlich firmeneige­nes Werkzeug, welches sie auch mit firmeneigenen Fahrzeugen zur Baustelle brachten. Für die beauftragten Arbeiten verfügte das Unternehmen des Beschwerdeführers teilweise nicht über das passende Werkzeug, sodass dieses gar nicht zur Verfügung gestellt werden konnte; teilweise benötigte der Beschwerdeführer sein eigenes Werkzeug selbst. Insofern war es erforderlich, dass die Arbeiter eigenes, also für den Beschwerdeführer firmenfremdes, Werk­zeug einsetzen konnten. Die Arbeiter setzten auch eigene Hilfsmaterialien, wie z.B. Schaltafeln oder Untersteher, ein.

 

Im Vertrag selbst wurden ferner haftungsrechtliche Bestimmungen bzw. die Gewährleistung und ein Haftrücklass entsprechend geregelt. Auch wurde im Ver­trag festgehalten, dass das eingesetzte Personal nur den Weisungen der B V unterstellt ist. Dies ergibt sich auch aus den Aussagen des Beschwerdeführers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. März 2015, wo er die in der Beweiswürdigung dargestellten Haftungs- und Gewährleistungsregeln sowie die Voraussetzungen für eine Entsendebewilligung nachvollziehbar schildern konnte.

 

Wenn in diesem Vertrag darauf hingewiesen wird, dass davon ausgegangen werde, dass das zur Verfügung gestellte Personal die arbeits- und sozialver­sicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfülle, lässt sich daraus nicht zwingend ableiten, dass eine Arbeitskräfteüberlassung oder eine Beschäftigung dieser Arbeiter durch den Beschwerdeführer vorliegt. Diese Bestimmung kann in Zusammenschau mit den übrigen Vertragsbestimmungen dahingehend ausgelegt werden, dass von der B V lediglich Personal, welches über arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Voraussetzungen verfügt, eingesetzt wird.

 

In einer Gesamtschau und Abwägung aller Merkmale ergibt sich insofern, dass zwischen dem Unternehmen des Beschwerdeführers und dem slowenischen Unternehmen ein Werkvertrag abgeschlossen wurde bzw. ein Subunternehmer­verhältnis bestand.

 

 

V.3. Zur Zustellung der Entsendebewilligungen gem. § 18 Abs. 12 AuslBG:

 

Eine zusätzliche Besonderheit im vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass dem Beschwerdeführer aus Anlass eines Antrages vor dem AMS in V eine Entsendebewilligung erteilt wurde, in Oberösterreich aber nicht bzw. dass ihm die negative Entscheidung in Oberösterreich nicht zugestellt wurde:

 

V.3.1. § 18 Abs. 12 AuslBG sieht vor, dass bei Vorliegen der Vor­aussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung mit einer Beschäftigung begonnen werden darf. Diesbezüglich besteht im vorliegenden Fall eine Besonderheit dahingehend, dass der Beschwerdeführer und das slowenische Unternehmen bereits in der Vergangenheit zusammengearbeitet haben bzw. eine Beauftragung des slowenischen Unternehmens durch den Beschwerdeführer erfolgt ist.

 

Für ein Bauvorhaben in V wurde ein inhaltsgleicher Werkvertrag mit inhaltsgleichen Werkleistungen abgeschlossen. Für diesen Fall wurden von der Steuerberaterin beim Arbeitsmarktservice B Entsendebestätigungen gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG beantragt, welche auch erteilt wurden.

 

Insofern hat der Beschwerdeführer angegeben, darauf vertraut zu haben, dass entsprechende EU-Entsendebestätigungen auch vom Arbeitsmarktservice W erteilt worden wären. Der Beschwerdeführer ging glaubwürdiger Weise davon aus, dass die Voraussetzungen für EU-Entsendebewilligungen gegeben gewesen wären und daher die Ausführung des Bauvorhabens begonnen werden hätte können.

 

 

V.3.2. Darüber hinaus haben sich im Rahmen des Beweisverfahrens Zustellmängel dahingehend ergeben, dass dem Beschwerdeführer nicht, wie in
§ 18 Abs. 12 AuslBG vorgesehen, binnen zwei Wochen eine Entscheidung des Arbeitsmarktservice zugestellt wurde.

 

Vielmehr lässt sich eine Zustellung dieser Bescheide an den Beschwerdeführer nicht feststellen. Die Zustellung an den ausländischen Entsender erfolgte erst zirka zwei Monate später. Die Zustellvorgänge haben weder der Beschwerdeführer noch der ausländische Entsender zu verantworten, sodass der Beschwerdeführer die Unkenntnis des Inhaltes dieser Bescheide nicht zu verantworten hat.

 

V.3.3. Selbst dann, wenn man vom Inhalt dieser Bescheide des Arbeitsmarktservice W ausgeht, stellt sich die Frage, ob es dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemacht werden kann, wenn er darauf vertraute, dass die EU-Entsendebestäti­gungen, so wie zuvor schon in V, ausgestellt werden würden und nicht, dass eine Versagung erteilt werden würde.

 

Der Beschuldigte ist zwar als Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet gewesen, sich mit den Bestimmungen über die Ausländerbeschäftigung bzw. Arbeitskräfteüberlassung vertraut zu machen, doch darf diese Forderung einem Nichtjuristen gegenüber nicht überspannt werden (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 5 VStG E 19, VwGH 18.2.1993, 92/09/0321, 1.7.1993, 93/09/0101).

 

Dem Beschwerdeführer ist zuzubilligen, dass er auf die gleichlautende Erteilung einer Entsendebewilligung in beiden Bundesländern vertraute. Der Beschwerdeführer musste nicht damit rechnen, in Oberösterreich eine der Entscheidung in V gegenteilige Entscheidung zu erhalten.

 

Somit durfte der Beschwerdeführer daher – ausgehend davon, dass eine Entsendung im Sinn des § 18 AuslBG vorliegt – mit der Beschäftigung beginnen.

 

 

V.4. Im Ergebnis war daher der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI:1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurtei­len. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

VI.2. Der rechtlichen Beurteilung liegen außerdem Sachverhaltsermittlungen zugrunde, welche auf einer umfangreichen Beweiswürdigung basieren. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gelangte zu dieser Beweiswürdigung nicht nur aufgrund des Akteninhaltes; auch die öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 9. März 2015 und am 20. April 2015 und das Verhalten des Beschwerdeführers haben zu dieser Beweiswürdigung geführt. Ferner stellt auch die Frage der Entsendebewilligungen und deren Zustellung eine Besonderheit dar. Letztendlich hat auch die Auslegung des konkreten Vertrages zwischen dem Unternehmen des Beschwerdeführers und dem slowenischen Unternehmen zu dieser rechtlichen Würdigung beigetragen. Vertragsauslegungen stellen stets einen Einzelfall dar. Erst das Zusammentreffen all dieser Umstände führen zu der vorliegenden Entscheidung. Rechtliche Verallgemeinerungen lassen sich daraus nicht ableiten.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s e

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. Lidauer