LVwG-300621/14/BMa

Linz, 17.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des T.K., x, vertreten durch B. Rechtsanwalts KG, x, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 27. Jänner 2015, SV96-24-2014-Fe, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (im Folgenden: ASVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufge­hoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdefahrens beim Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerde­führer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

„Sie haben als Verantwortlicher der Firma T. GmbH in x, x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeber nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 28.03.2014 um 23:10 Uhr beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der O. G. zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung nicht erstattet.

Name: D.M., geb. x. Arbeitsantritt: 01.02.2013, 08:00 Uhr

Beschäftigungsort: A1, Autobahnparkplatz x, Stkm.x; x

Tatort:Gemeinde x,  V., A1,  Autobahnparkplatz x, Stkm.x

Kontrollzeit: 28.03.2014, 23:10 Uhr

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 

§ 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1  Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe ver­hängt:

 

Geldstrafe von Euro falls diese uneinbringlich gemäß

ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

730,-- Euro 112 Stunden § 111 Abs. 2 ASVG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

73,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 803,-- Euro“

 

2. Mit der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 9. Februar 2015, die dem LVwG am 27. Februar 2015 gemeinsam mit dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt wurde, wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin.

 

Das OÖ. LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde und am 27. April 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bf in rechtsfreundlicher Vertretung und ein Vertreter der Organpartei gekommen sind. Als Zeugen wurden W.S. und E.P. einvernommen.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

T.K. ist 100%iger Gesellschafter und Geschäfts­führer der Firma T. GmbH in P. und der bulgarischen Firma T. E. Die österreichische Firma T. GmbH mietet LKWs mittels Leasingverträgen an, die sie an die T. E. weitervermietet. Bei der Zurverfügungstellung des LKWs werden auch die Mobiltelefone mit österreichischer Nummer von der T. GmbH der T. E. zur Verfügung gestellt. Beide Firmen, die T. GmbH und die T. E., sind selbständige. Geschäftsgegenstand der T. GmbH ist das Speditionsgewerbe, jenes der T. E. das Transportgewerbe (S. 1 und 2 des Sprachprotokolls vom 27. April 2015). D.M. ist Dienstnehmer der bulgarischen Firma T. E. Sein Arbeitsverhältnis zur vorgeworfenen Tatzeit ist durch einen Arbeitsvertrag dokumentiert. Demnach wurde dieser bei der Territorialen Direktion der Nationalen Einnahmenagentur in Bulgarien einge­tragen.

In Österreich hatte M. einen Hauptwohnsitz in S. und zwar vom
27. Jänner 2014 bis 20. März 2015.

Die Tankkarten für die LKWs wurden von der bulgarischen Firma T. E. zur Verfügung gestellt. Die Aufträge wurden von Speditionsunternehmen an die bulgarische Firma T. E. vergeben. Die Fahrer erhalten ihre Anweisungen von Mitarbeitern der bulgarischen Firma. K. kennt den M. per­sönlich, weil er bemüht ist, einen persönlichen Kontakt zu allen 250 LKW-Fahrern zu haben.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass M. überwiegend in Österreich Trans­porte erledigt hat und dass M. für die österreichische Firma T. GmbH gearbeitet hat.

 

3.2.  Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2015 ergibt. In dieser Verhandlung hat der Bf ausführlich die betrieblichen Strukturen der T. GmbH und der T. E. und den Betriebsablauf hinsichtlich der Erteilung der Aufträge an die T. E. dargelegt. Dass M. in Bulgarien als Arbeitnehmer beschäftigt wurde, wurde anlässlich der Verhandlung durch ein in bulgarischer Sprache abgefasstes Dokument belegt, das nachträglich gemeinsam mit einer beglaubigten Über­setzung dem LVwG vorgelegt wurde. Aus der beglaubigten Übersetzung dieses Arbeitsvertrages ist ersichtlich, dass der Arbeitsvertrag bei der Territorialen Direktion der Nationalen Einnahmenagentur eingetragen wurde und auch von einer Amtsperson mit unleserlicher Unterschrift unterzeichnet wurde.

 

Wegen des Fehlens des Mietvertrages für den LKW zwischen der T. GmbH und der T. E., der jedoch nachträglich vorgelegt wurde, bestand von Seiten der Organpartei die Vermutung, dass die T. GmbH Dienstgeber des M. war. Die nachträglich vorgelegten Mietverträge sind zwar nicht vergebührt und es ist auch keine Miete für den LKW eingetragen, es besteht jedoch kein Grund, an der Echtheit und Richtigkeit dieser Dokumente zu zweifeln.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat das OÖ. LVwG erwogen:

 

3.3.1. Rechtsgrundlagen

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Unter­lassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.

Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind (Abs. 2 leg.cit).

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für nach § 4 Abs. 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit.c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber nach § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35
Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; den­noch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

 

Gemäß § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungs-behörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu
5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs-strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder einge­tragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (§ 9 Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fort­führung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, war M. nicht Bediensteter der T. GmbH in Österreich sondern der bulgarischen Firma T. E. Damit hat der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung, nämlich die Beschäftigung eines bulgarischen Staatangehörigen in Österreich ohne recht­zeitige Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger, nicht begangen.

 

Es war daher der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.

 

3.3.2. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und
§ 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG weder
einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafver­fahrens vor der belangten Behörde zu tragen.

 

 

4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann