LVwG-050045/4/GS/HK
Linz, 28.07.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Gabriele Saxinger über die Beschwerde der Oö G, L, vom 12. März 2015, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 3. März 2015, GZ. SanRB01-40-2014, wegen Vorschreibung einer Pflegegebührenrechnung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, und festgestellt, dass Frau B W-W, verpflichtet ist, die für den stationären Aufenthalt ihrer Tochter V W, geb. X, vom 3. – 4. Juli 2014 vorgeschriebenen Pflege- (Sonder-)gebühren in der Höhe von 1.676,40 Euro zu bezahlen.
Rechtsgrundlage: §§ 55 und 56 Oö. Krankenanstaltengesetz 1997 (Oö KAG) idgF.
II. Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG ist für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kein Kostenbeitrag zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtsgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Das S – Klinikum B I – G – V hat mit Rechnung vom 29.7.2014, Reg.Nr: x, Frau W-W B, für den stationären Aufenthalt von V W, geb. X, vom 3. – 4. Juli 2014 Pflege- (Sonder-) gebühren in Höhe von 1.676,40 Euro zur Zahlung vorgeschrieben. Dagegen wurde von Frau W-W B fristgerecht Einspruch erhoben.
Mit Bescheid vom 3. März 2015, SanRB01-40-2014, stellte der Bezirkshauptmann von Gmunden spruchmäßig fest, dass dem Einspruch der B W – W Folge gegeben wird und sie nicht verpflichtet ist, die an sie ergangene Pflegegebührenrechnung zu bezahlen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Forderung aus dem stationären Aufenthalt der V W vom 3. – 4. Juli 2014 im Krankenhaus B I ergebe. Die Aufnahme auf Sonderklasse sei vom Vater M W gewünscht und eine Verpflichtungserklärung mit Angabe der Sonderklasse Versicherung U von ihm unterschrieben worden. Von der U Versicherung sei die Kostenübernahme mit der Begründung, die Patientin sei nicht bei ihr versichert, abgelehnt worden. Die Rechnungsadressatin habe durch Rechtsanwalt Dr. R G am 8. September 2014 gegen die verfahrensgegenständliche Rechnung Einspruch erhoben. Die geltend gemachte Forderung werde nicht anerkannt, eine Verpflichtung ihrer Person sei nicht rechtswirksam zustande gekommen. Zum Nachweis der Berechtigung seiner Ansprüche habe das S-Klinikum eine Verpflichtungserklärung vom 2. Juli 2014 vorgelegt, die unleserliche Unterschriften in den Feldern „SachbearbeiterIn Aufnahme oder Aufnahmearzt/ärztin“ und „PatientIn/gesetzliche(r) VertreterIn“ aufweise. Im letzteren Feld sei jedoch (leserlich) handschriftlich ergänzt: „W M Vater“. Gemäß § 55 Abs.1 Oö KAG sei zur Bezahlung der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege- (Sonder-)gebühren in erster Linie der Pflegling selbst verpflichtet. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich ohne Weiteres, dass die Rechnungsadressatin nicht Patientin gewesen wäre und dass sie sich nicht zur Zahlung verpflichtet habe.
I.2. Mit Schriftsatz vom 12. März 2015 erhob die Oö. Gesundheits- und Spitals-AG als Rechtsträger der Krankenanstalt B I Beschwerde gegen den genannten Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die Patientin am X geboren worden wäre und daher zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Sonderklasse 4 Jahre alt und minderjährig gewesen wäre. Es sei völlig unbestritten, dass ein 4-jähriges Kind nicht rechtswirksam die Aufnahme in die Sonderklasse verlangen könne und daher auch für die Kosten der Behandlung auf der Sonderklasse nicht zahlungspflichtig wäre. Unbestritten habe in diesem Fall der Vater des Kindes die Aufnahme in die Sonderklasse verlangt. Gemäß § 154 Abs.3 ABGB bedürften Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteiles in Vermögensangelegenheiten zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteiles und der Genehmigung des Gerichtes, sofern die Vermögensangelegenheit nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehöre. Das Verlangen nach einer kostenpflichtigen Aufnahme in die Sonderklasse gehöre durchaus zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb einer österreichischen Familie, sodass der Vater berechtigt gewesen wäre, diese Zahlungsverpflichtung auch ohne Zustimmung der Mutter einzugehen. In aufrechter Ehe wären beide Elternteile gleichermaßen gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig. Wenn der Vater erlaubterweise die Verpflichtung zur Bezahlung der Sonderklasse in der Krankenanstalt eingegangen sei, dann sei auch die Mutter im Rahmen der gemeinsamen Obsorge zur Bezahlung des Pflegegebührenrückstandsausweises verpflichtet. Zum Einwand des Dr. G, dass sich der Vater des Kindes in einem außergewöhnlichen Zustand befunden hätte, wird eingewendet, dass es sich im gegenständlichen Fall um einen langen geplanten Aufenthalt des Kindes gehandelt habe. Die zweite Tochter des Ehepaares wäre 2009 und 2012 auf der Kinderstation als Sonderklassepatientin angemeldet gewesen, sodass der Vater jedenfalls gewusst hätte, dass es auch im Kinderbereich Sonderklassebetten gebe. Gemäß § 54 Oö KAG sei der Pflegling zur Bezahlung der Sondergebühren verpflichtet, sofern nicht andere physische Personen aufgrund gesetzlicher Vorschriften zur Bezahlung verpflichtet wären. Bei einem 4-jährigen Kind wären jedenfalls die Obsorge berechtigten Eltern zur Zahlung verpflichtet und es müsse nicht zuerst eine Rechnung an das Kind ausgestellt werden. Es werde daher beantragt, dass Frau W-W B zur Bezahlung des Pflegegebührenrückstandausweises vom 29.7.2014 verpflichtet werde. Wahlweise werde die Feststellung beantragt, dass Herr W M zur Bezahlung der Sondergebühren verpflichtet sei, da er die Aufnahme in die Sonderklasse beantragt habe.
I. 3. Mit Schreiben vom 17. März 2015, eingegangen beim Oö. LVwG am 24. März 2015, übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden dem Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt.
I. 4. Mit E-Mail vom 28. Mai 2015 übermittelte das Oö. LVwG Frau B W-W zuhanden ihres rechtlichen Vertreters Dr. R G aus B G die verfahrensgegenständliche Beschwerde mit der Möglichkeit der Stellungnahme.
Mit Stellungnahme vom 11.6.2015 wurde von der Bf auf die Ausführungen ihres Einspruches und des Bescheides der belangten Behörde verwiesen. Darüber hinaus wurde nochmals darauf hingewiesen, dass der Kindesvater über den Inhalt der Schriftstücke nicht aufgeklärt worden und es in der Eile zur gegenständlichen Unterschrift gekommen wäre.
I. 5. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Gewährung von Parteiengehör. Eine mündliche Verhandlung konnte entfallen, da der Sachverhalt eindeutig war und die Beschwerde rein auf einer Rechtsfrage beruht (vgl. VwGH vom 3.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
II. Folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest:
Am 3. Juli 2014 wurde Frau V W, geb. 8.3.2010, zu einer geplanten Operation im Krankenhaus B I aufgenommen.
Die Verpflichtungserklärung für die Aufnahme in die Sonderklasse hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
„Ich, Frau V W wünsche die Aufnahme in die stationäre Behandlung auf der Sonderklasse Mehrbettzimmer, ab 03.07.2014.
Ich bin bei der Versicherung ‚U Ö Versicherungen AG Leistungsmanagagement‘ unter der Polizzennummer `` versichert und erteile hiermit den Auftrag, Ansprüche aus meiner Krankheitskostenversicherung direkt mit dieser Versicherung abzurechnen. Über die Modalitäten dieser Abrechnung wurde ich mittels Informationsblatt zur Datenübermittlung informiert.
Sollte meine Versicherung eine Übernahme der Kosten teilweise oder zur Gänze ablehnen, verpflichte ich mich den Differenzbetrag bzw. den Gesamtbetrag aus eigenen Mitteln zu bezahlen.“
Die Verpflichtungserklärung ist in der Spalte „Unterschrift des Patienten/gesetzlichen Vertreters“ vom Kindesvater M W eigenhändig unterschrieben. Der Unterschrift ist leserlich folgender Zusatz beigefügt: „Vater W M“.
Die minderjährige Patientin hat sich sodann vom 3. – 4. Juli 2014 stationär im genannten Krankenhaus aufgehalten.
Von der U-Versicherung wurde die Kostenübernahme abgelehnt.
Mit Rechnung vom 29.7.2014, Reg. Nr. x, hat das S – Klinikum B I – G – V Frau B W-W, der Mutter der minderjährigen Patientin V, für den stationären Aufenthalt der Tochter vom 3. – 4. Juli Pflege- (Sonder-)gebühren von 1.676,40 Euro zur Zahlung vorgeschrieben.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Die hier maßgebenden Bestimmungen des Oö. Krankenanstaltengesetzes 1997 (Oö. KAG) lauten (auszugsweise) wie folgt:
§ 45
Sonderklasse
(1) Neben der allgemeinen Gebührenklasse kann in öffentlichen Krankenanstalten eine Sonderklasse nach Maßgabe der Bestimmung des § 37 Z 7 errichtet werden, wenn die Einrichtungen der Krankenanstalt die Errichtung einer solchen Sonderklasse ermöglichen. Die Landesregierung kann festlegen, dass die Zahl der für die Sonderklasse bestimmten Betten einer Abteilung ein Fünftel der in dieser Abteilung bereitstehenden Bettenzahl nicht übersteigt, wenn dies zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung mit Betten der allgemeinen Gebührenklasse erforderlich ist.
(2) Die Sonderklasse unterscheidet sich von der allgemeinen Gebührenklasse durch eine höheren Ansprüchen entsprechende (insbesondere auch eine Menüwahl umfassende) Verpflegung, eine bessere Ausstattung der Krankenzimmer und die geringere Bettenanzahl in den Krankenzimmern.
(3) In die Sonderklasse sind Personen nur über eigenes Verlangen oder - sofern sie bei der Aufnahme keine verbindlichen Willenserklärungen abgeben können - über Verlangen ihres gesetzlichen Vertreters oder über Verlangen eines eigenberechtigten nächsten Angehörigen, der seine Identität nachzuweisen hat, aufzunehmen. Als nächste Angehörige gelten Ehegatten, eingetragene Partner, Verwandte und Verschwägerte einschließlich der Verwandten der eingetragenen Partner in ab- und aufsteigender Linie, Geschwister und deren Kinder, Verlobte sowie Lebensgefährten.)
Die Aufnahme kann von der Beibringung einer schriftlichen Verpflichtungserklärung über die Tragung der Pflege-(Sonder-)gebühren sowie vom Erlag einer entsprechenden Vorauszahlung abhängig gemacht werden. Können die Pflege-(Sonder-)gebühren nicht gemäß § 55 Abs. 1 hereingebracht werden, so sind zum Ersatz jene Angehörigen heranzuziehen, die die Aufnahme in die Sonderklasse verlangt haben. Über die aus der Aufnahme in die Sonderklasse folgenden Verpflichtungen ist die Person, die die Aufnahme in die Sonderklasse verlangt, vorher in geeigneter Weise aufzuklären.
§ 55
Pflegegebühren, Sondergebühren; Verpflichtete
(1) Zur Bezahlung der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege- (Sonder-)gebühren ist in erster Linie der Patient selbst verpflichtet, sofern nicht eine andere physische oder juristische Person auf Grund sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen, sonstiger gesetzlicher Vorschriften oder vertraglich ganz oder teilweise dazu verpflichtet ist oder dafür Ersatz zu leisten hat.
(2) Können die Pflege-(Sonder-)gebühren nicht beim Patienten selbst oder bei den sonstigen im Abs. 1 genannten Personen hereingebracht werden, sind zum Ersatz die für ihn unterhaltspflichtigen Personen heranzuziehen. § 47 Abs. 3 Z 1 und 2 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 gilt sinngemäß.
§ 56
Pflegegebühren, Sondergebühren; Einbringung
(1) Die Pflege-(Sonder-)gebühren sind mit dem Entlassungstag oder nach Bedarf mit dem letzten Tag des Monats abzurechnen und, soweit sie nicht im Vorhinein entrichtet worden sind, ohne Verzug mittels Pflege-(Sonder-)gebührenrechnung zur Zahlung vorzuschreiben. Die Pflege-(Sonder-)gebühren sind mit dem Tag der Vorschreibung fällig. Nach Ablauf von sechs Wochen ab dem Fälligkeitstag sind Verzugszinsen in der Höhe von 8,5% zu berechnen. In der Pflege- (Sonder-)gebührenrechnung ist der Verpflichtete aufzufordern, den ausgewiesenen Betrag binnen zwei Wochen zu bezahlen. Ferner ist ein Hinweis auf die Verzugszinsenregelung und auf die Regelung der Abs. 4 und 7 aufzunehmen.
Die maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) lauten:
§ 21 (1) Minderjährige und Personen, die aus einem anderen Grund als dem ihrer Minderjährigkeit alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten selbst gehörig zu besorgen nicht vermögen, stehen unter dem besonderen Schutz der Gesetze.
(2) Minderjährige sind Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben; haben sie das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, so sind sie unmündig.
§ 137 (1) Eltern und Kinder haben einander beizustehen und mit Achtung zu begegnen. Die Rechte und Pflichten des Vaters und der Mutter sind, soweit nicht anderes bestimmt ist, gleich.
(2) ...Soweit tunlich und möglich sollen die Eltern die Obsorge einvernehmlich wahrnehmen.
§ 158 (1) Wer mit der Obsorge für ein minderjähriges Kind betraut ist, hat es zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es in allen anderen Angelegenheiten zu vertreten; Pflege und Erziehung umfassen auch die gesetzliche Vertretung in diesen Bereichen.
§ 167 (1) Sind beide Eltern mit der Obsorge betraut, so ist jeder Elternteil für sich allein berechtigt und verpflichtet, das Kind zu vertreten; seine Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam, wenn der andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist.
(2) Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils, die die Änderung des Vornamens oder des Familiennamens, den Eintritt in eine Kirche oder Religionsgesellschaft und den Austritt aus einer solchen, die Übergabe in fremde Pflege, den Erwerb einer Staatsangehörigkeit oder den Verzicht auf eine solche, die vorzeitige Lösung eines Lehr-, Ausbildungs- oder Dienstvertrags und die Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind betreffen, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen obsorgebetrauten Elternteils. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellstücken.
(3) Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils in Vermögensangelegenheiten bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen obsorgebetrauten Elternteils und der Genehmigung des Gerichtes, sofern die Vermögensangelegenheit nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört. Unter dieser Voraussetzung gehören dazu besonders die Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften, die Gründung, der, auch erbrechtliche, Erwerb, die Umwandlung, Veräußerung oder Auflösung sowie die Änderung des Gegenstandes eines Unternehmens, der, auch erbrechtliche, Eintritt in eine oder die Umwandlung einer Gesellschaft oder Genossenschaft, der Verzicht auf ein Erbrecht, die unbedingte Annahme oder die Ausschlagung einer Erbschaft, die Annahme einer mit Belastungen verbundenen Schenkung oder die Ablehnung eines Schenkungsanbots, die Anlegung von Geld mit Ausnahme der in den §§ 216 und 217 geregelten Arten sowie die Erhebung einer Klage und alle verfahrensrechtlichen Verfügungen, die den Verfahrensgegenstand an sich betreffen. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellstücken.
§ 170 (1) Ein minderjähriges Kind kann ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten.
(2) Nach erreichter Mündigkeit kann es jedoch über Sachen, die ihm zur freien Verfügung überlassen worden sind, und über sein Einkommen aus eigenem Erwerb so weit verfügen und sich verpflichten, als dadurch nicht die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse gefährdet wird.
(3) Schließt ein minderjähriges Kind ein Rechtsgeschäft, das von Minderjährigen seines Alters üblicherweise geschlossen wird und eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft, so wird dieses Rechtsgeschäft, auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, mit der Erfüllung der das Kind treffenden Pflichten rückwirkend rechtswirksam.
Die stationär aufgenommene Patientin V W, geb. X, war zum Zeitpunkt der Aufnahme am 3.7.2014 minderjährig.
Rechtliche Beurteilung der abgeschlossenen Verpflichtungserklärung:
Die Verpflichtungserklärung wurde unstrittig vom Vater als gesetzlichen Vertreter seiner minderjährigen Tochter abgeschlossen.
Gemäß ABGB sind die Eltern gesetzliche Vertreter des minderjährigen ehelichen Kindes.
Die gegenständliche Verpflichtungserklärung wurde vom gesetzlichen Vertreter im Namen des minderjährigen Kindes geschlossen. Beim Vorliegen einer gesetzlichen Vertretung handelt es sich um eine direkte Stellvertretung, d.h. der Stellvertreter (Vater) gibt in fremdem Namen (des mj. Kindes) rechtsgeschäftliche Erklärungen ab, wobei die Rechtswirkungen dieses Handelns unmittelbar beim Vertretenen (Kind) eintreten.
Gesetzliche Vertreter sind beide Elternteile ehelicher minderjähriger Kinder. Jeder Elternteil ist grundsätzlich allein berechtigt, das Kind zu vertreten. Eine Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam, wenn der andere Elternteil damit nicht einverstanden ist (siehe § 167 Abs.1 ABGB).
Eine zu ihrer Rechtswirksamkeit zustimmungspflichtige Vertretungshandlung des anderen Obsorge betrauten Elternteils im Sinne des § 167 Abs.2 ABGB liegt gegenständlich nicht vor.
Aber auch § 167 Abs.3 ABGB (Zustimmung des anderen Obsorge berechtigten Elternteils und Genehmigung des Gerichtes) kommt nicht zum Tragen. Obwohl es sich dabei nur um beispielsweise aufgezählte Handlungen handelt, liegen die Voraussetzungen des genannten Absatzes 3 gegenständlich nicht vor. Die vom Vater W als gesetzlichen Vertreter des Kindes V W vorgenommene Vertretungshandlung (Abschluss der Verpflichtungserklärung zur Aufnahme in die Sonderklasse) ist dem ordentlichen Wirtschaftsbetrieb zuzurechnen. Der Begriff des ordentlichen Wirtschaftsbetriebes ist im Gesetz nicht näher umschrieben. Zu seiner Auslegung ist daher auf Rechtsprechung und Lehre zurückzugreifen. Nach Wentzel-Piegler ist unter Wirtschaftsbetrieb jedes Unternehmen, aber auch die Hauswirtschaft zu verstehen.
Für die Abgrenzung zwischen ordentlichem und außerordentlichem Wirtschaftsbetrieb spielen v.a. Kriterien der Üblichkeit der betreffenden Maßnahme eine entscheidende Rolle (vgl.OGH 24.6.2008, 5 OB 9508v).
Das Verlangen nach einer kostenpflichtigen Aufnahme in die Sonderklasse ist nicht als unübliche Handlung einer österreichischen Familie anzusehen.
Die für die minderjährige Patientin von ihrem gesetzlich vertretungsbefugten Vater abgeschlossene Verpflichtungserklärung für die Aufnahme in die Sonderklasse ist aus den angeführten Gründen gültig zustande gekommen. Es liegt ein rechtswirksames Verlangen über die Aufnahme in die Sonderklasse vor.
§ 231 Abs. 1 ABGB regelt unter der Überschrift „Kindesunterhalt“ Folgendes:
Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnissen des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.
Entsprechend dem Grundsatz der Gleichstellung beider Elternteile (§ 137 ABGB) haben Vater und Mutter anteilig zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes beizutragen.
Als Folge dieser gemeinsamen Obsorge und der gleichen Pflichten der Eltern gegenüber dem ehelichen Kind V W liegt eine gesetzliche Verpflichtung zur Bezahlung des Pflegegebührenrückstandes für die Mutter der minderjährigen Patientin vor.
Da die Mutter aufgrund der gesetzlichen Vorschriften (ABGB) zur Bezahlung der in der Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege- (Sonder-)gebühren verpflichtet ist, trifft sie auch eine Zahlungsverpflichtung nach § 55 Oö. KAG. Eine Rechnungslegung an die minderjährige Patientin ist demnach gesetzlich nicht vorgeschrieben.
Zum vorgebrachten Einwand, dass der Kindesvater über den Inhalt der Schriftstücke nicht aufgeklärt worden wäre, ist auf die vom Vater eigenhändig unterfertigte Verpflichtungserklärung zu verweisen. Auf dem Formular sind alle damit eingegangenen rechtlichen Verpflichtungen angeführt. Der Vater bestätigte mit seiner Unterschrift unter anderem ausdrücklich, über die Verpflichtungen der Aufnahme in die Sonderklasse aufgeklärt worden zu sein. Festgehalten wird weiters, dass in der Verpflichtungserklärung eine Aufklärung über die Anstaltsgebühr und über die Verpflichtung zur Entrichtung von Ärztehonoraren aufgeklärt wurde. Hinsichtlich der Ärztehonorare ist auch die Rechtsquelle der Tarife genannt. Explizit ist in diesem Formular vermerkt, dass diese Honorarvereinbarung in der Verwaltung des Krankenhauses eingesehen werden kann.
Mit seiner eigenhändigen Unterschrift hat der Kindsvater auch im Namen seines Kindes die Verpflichtung abgeschlossen, den Differenzbetrag bzw. Gesamtbetrag aus eigenen Mitteln zu bezahlen, sollte die Versicherung eine Übernahme der Kosten teilweise oder zur Gänze ablehnen. Daran ändert auch ein offensichtlich vorliegender Irrtum über das Bestehen eines ausreichenden privaten Versicherungsschutzes nichts. Die Eltern als gesetzliche Vertreter des minderjährigen Kindes hätten den Umfang des Versicherungsschutzes schon vor Aufnahme in die Krankenanstalt abklären können und haben daher einen allfälligen Irrtum über den Inhalt des Versicherungsvertrages zu verantworten (VwGH vom 18.12.2006, Zl. 2003/11/0267).
Zum vorgebrachten Einwand, dass sich der Vater in einem außerordentlichen Zustand befunden hätte, wird darauf verwiesen, dass es sich unstrittig um eine geplante Operation gehandelt hat. Laut Akteninhalt hat das Narkosegespräch bereits am 25.6.2014 stattgefunden hat.
Dem Einwand, dass der Kindesvater von einer Krankenschwester informiert worden wäre, dass es bei Kindern keine Sonderklasseregelung gäbe, wird entgegengehalten, dass die zweite Tochter der Ehegatten W 2009 und 2012 auf der Kinderstation als Sonderklassepatientin angemeldet war. Dies blieb von der Bf unbestritten. Daher ist davon auszugehen, dass der Vater geradezu gewusst hat, dass es auch im Kinderbereich Sonderklassebetten gibt. Außerdem wird diese Auskunft laut Akteninhalt von der betreffenden Krankenschwester dementiert.
Zusammengefasst wird ausgeführt, dass die Verpflichtungserklärung rechtsgültig abgeschlossen wurde und die Mutter der minderjährigen Patientin als gesetzliche Vertreterin und Unterhaltspflichtige aufgrund der Vorschriften des ABGB i.V.m. § 55 Oö. KAG zur Bezahlung der ausstehenden Pflegegebührenrechnung verpflichtet ist.
Aus diesem Grund war der Beschwerde Folge zu geben und festzustellen, dass Frau B W-W verpflichtet ist, die an sie ergangene Pflegegebührenrechnung ihrer minderjährigen Tochter zu bezahlen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gabriele Saxinger