LVwG-650443/2/MZ

Linz, 18.08.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des M S, geb x 1987, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 1.6.2015, GZ VerkR-21-604-2014, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 1.6.2015, GZ VerkR-21-604-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in Folge: Bf) wie folgt abgesprochen:

 

„1. Gemäß § 24 Absatz 1 Ziffer 1 in Verbindung mit § 24 Absatz 4 1. Satz Führerscheingesetz 1997 wird Ihnen die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2, A und B (Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 06.02.2014 unter Zahl: 14042500) wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen.

 

2. Die Entziehung der Lenkberechtigung gilt ab Zustellung dieses Bescheides.

 

3. Gemäß § 25 Absatz 1 und Absatz 2 Führerscheingesetz 1997 wird ausgesprochen, dass die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer der Nichteignung festgesetzt wird.

 

4. Gemäß § 30 Führerscheingesetz 1997 wird Ihnen das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung (nur Nicht-EWR-Staat) auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

5. Die aufschiebende Wirkung einer gegen diesen Bescheid allenfalls einzubringenden Beschwerde wird gemäß § 13 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ausgeschlossen.“

 

Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften auszugsweise wie folgt:

 

„Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Mit rechtskräftigem Bescheid der BH Gmunden vom 22.09.2014, GZ: VerkR21-604-2014, wurde Ihnen die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2, A und B gemäß §§ 26 Abs. 1 FSG iVm 24 Abs. 1 Z. 1 FSG und 57 Abs. 1 AVG für die Dauer von 1 Monat, gerechnet ab 15.09.2014 bis einschließlich 15.10.2014, entzogen. Gleichzeitig wurde Ihnen gemäß § 24 Abs. 3 FSG aufgetragen, dass Sie vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten beizubringen haben und sich binnen einer Frist von 4 Monaten einem Verkehrscoaching zu unterziehen haben.

 

Grundlage dieser Maßnahme bildete eine Anzeige der Polizeiinspektion St. Gilgen, wonach Sie am 15.09.2014 gegen 21.20 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen x im Gemeindegebiet von Gschwendt auf der B158 Wolfgangseestraße nahe StrKm. 35,755 in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand lenkten.

Mit Schriftsatz vom 10.02.2015 übersendeten Sie die Bestätigung über die Teilnahme am Verkehrscoaching und teilten der Behörde mit, dass die verlangte fachärztliche Stellungnahme durch Dr. med. D H direkt per E-Mail an den Amtsarzt übermittelt wurde, weshalb die Ausfolgung des Führerscheines beantragt werde. …

 

Diese Eingabe wurde dem zuständigen Amtsarzt Dr. H weitergeleitet, woraufhin dieser ein Gutachten gemäß § 8 FSG erstellte und festhielt, dass Sie zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 nicht geeignet sind. Begründend führte Dr. H Folgendes an: Chronisch rezidivierenden Cannabiskonsum; Bei der amtsärztlichen Untersuchung am 15.09.2014 gab Herr S an, in den letzten Jahren zumindest einmal wöchentlich Cannabis konsumiert zu haben. Eine psychiatrisch-fachärztliche Begutachtung wurde veranlasst, diese erfolgte am 02.02.2015 bei Frau Dr. H in Bad Ischl. Herr S wurde als bedingt geeignet zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 beurteilt. Bedingung ist die künftige langfristige absolute Drogenabstinenz. Bereits die am 06.03.2015 erfolgte Drogenharnuntersuchung (Laborbefund Dr. R vom 12.03.2015) erbrachte ein auf Tetrahydrocannabinol positives Ergebnis. Die geforderte Drogenabstinenz wird nicht eingehalten. Zur Wiedererlangung der Lenkberechtigung ist eine zumindest sechsmonatige Drogenabstinenz mittels Haaranalyse (Haarlänge von zumindest 6 cm erforderlich) nachzuweisen.

 

Mit Schriftsatz vom 22.05.2015, eingelangt am 26.05.2015, gaben Sie zum Ergebnis der Beweisaufnahme folgende Stellungnahme ab:“Bezüglich der Eignung zum Lenken von Kfz der Gruppe 1 seien aus den fachärztlichen Stellungnahmen leider nur unvollständig und quasi nur jene Stellen zitiert worden, die für mich nachteilig ausgelegt werden könnten. Ich möchte daher durch Hinweis auf Fakten zur Objektivierung beitragen:

1) Zitat aus verkehrspsychologischer Stellungnahme vom 19.11.2014 (Untersuchung am 13.11.): „Herr S M ist daher aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kfz der FS-Gruppe 1 Klassen A und B derzeit mit zeitlicher Befristung geeignet."

2) Zitat aus psychiatrischer Begutachtung durch Frau Dr. H vom 02.02.2015 (Untersuchung vom 16.01.2015): „Herr S M ist zum Lenken von Kfz der Gruppe 1 bedingt geeignet. Aus diesem Grund sollte die Lenkerberechtigung vorerst auch nur befristet wieder erteilt werden, um eine Zeit der Verkehrsbewährung zur Verfügung zu haben."

Hierzu noch eine Bemerkung: Am Schluss unseres Gesprächs habe sich Frau Dr. H dahingehend geäußert, dass ich den Führerschein bald bekommen würde. Jedenfalls hätte ich zusammenfassend festgestellt, dass sich beide Fachärzte für die Wiedererteilung der Lenkberechtigung, wenn auch befristet, ausgesprochen hätten und das schon vor mehr als vier Monaten. Sämtlichen behördlichen Anordnungen hätte ich entsprochen. Zu den Laborbefunden vom 12.03.2015 und 15.04.2015 würde ich mich wie folgt äußern: Der positive Cannabis-Befund (12.03.) sei nicht durch „Eigenkonsum", sondern durch widrige Umstände, die ich leider nicht nachweisen könne, zustande gekommen. Der neue Befund vom 15.04. sei ohnedies negativ. Ich würde noch darauf hinweisen, dass ich diese Harnproben eigentlich ohne schriftliche Aufforderung der Behörde abgegeben hätte.

Nun zur Drogenabstinenz mittels Harnanalyse: Aus persönlichen und prinzipiellen Gründen würde ich eine Haaranalyse ablehnen. Außerdem hätte ich von einem kompetenten Arzt erfahren, dass Haaranalysen nicht mehr favorisiert würden, weil Harnproben gleichwertige und zuverlässige Ergebnisse ergeben würden. Ich sei mit regelmäßigen und zeitlich befristeten Harnproben einverstanden. Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich bereits einen enormen Schaden in mehrfacher Hinsicht erlitten und für die begangene Tat über Gebühr gebüßt hätte. Ich würde daher die Behörde um eine rasche Ausstellung eines Bescheides ersuchen, damit ich durch Berufung oder Beschwerde eine rasche Abklärung der vorliegenden Rechtslage herbeiführen könne.“

 

Dazu wird von der Behörde Folgendes erwogen:

 

Die gesundheitliche Eignung jedes Führerscheinbesitzers zum Lenken von Kraftfahrzeugen ist von unmittelbarer Bedeutung für die Straßenverkehrssicherheit und stellt daher eine Voraussetzung sowohl für die Erteilung als auch für den Weiterbehalt einer Lenkberechtigung dar.

 

Der fachärztlichen Stellungnahme vom 02.02.2015 von Frau Dr. med. D H ist richtigerweise - wie von Ihnen angeführt - zu entnehmen, dass Sie unter der Voraussetzung regelmäßiger, fachärztlicher Kontrollen im Abstand von 3 Monaten, sowie regelmäßiger THC-Kontrollen, aber auch CDT-Kontrollen, zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 bedingt geeignet sind. Gleichzeitig wird von Dr. med. H aber auch festgehalten, dass eine Nichterfüllung der oben genannten Auflagen mit sofortiger Nichteignung verbunden ist.

 

Der Harnbefund vom 12.03.2015 (Proben-Eingang 06.03.2015) erbrachte mit 136,5 ng/ml definitiv einen positiven Wert auf THC (Cannabis), weshalb die geforderte Drogenabstinenz nachweislich nicht eingehalten wurde und somit der fachärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. med. H folgend von einer Nichteignung auszugehen ist. Daran vermag auch der in der Folge am 15.04.2015 abgegebene, negative Harnbefund nichts zu ändern. …

 

Nach Prüfung des oben zitierten, vorliegenden Sachverhalts kommt die Bezirkshauptmannschaft Gmunden - insbesondere unter Hinweis auf das schlüssige und nachvollziehbare amtsärztliche Gutachten vom 07.05.2015 - zu dem Ergebnis, dass Sie gesundheitlich nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet sind, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. “

 

II. Gegen den in Rede stehenden Bescheid erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

Die Beschwerde begründet der Bf wie folgt:

 

„Die Behörde beruft sich im vorzit. Bescheid auf das amtsärztliche Gutachten vom 7. Mai 2015, in dem festgestellt wird, dass ich durch chronisch rezidivierenden Cannabis-Konsum zum Lenken eines Kfz NICHT geeignet sei. Dazu möchte ich bemerken, dass diesem amtsärztlichen Gutachten keine Untersuchung vorangegangen ist.

Ich kann dieses amtsärztliche Gutachten nicht nachvollziehen, weil in den Stellungnahmen (verkehrspsychologisch und psychiatrisch) weder von einer Drogenabhängigkeit und schon gar nicht von einer "NICHTEIGNUNG" wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Rede ist.

 

Ich persönlich fühle mich topfit, habe nicht die geringsten Entzugserscheinungen oder sonstige gesundheitliche Beschwerden und bin seit dem Führerschein-Entzug immer einer Arbeit klaglos nachgegangen.

 

Das amtsärztliche Gutachten dürfte vielmehr von der Überlegung einer Prävention ausgehen, die aber, wie Erkenntnissen zu entnehmen ist, weder im Gesetz Deckung findet noch mit dem Sachlichkeitsgebot in Einklang zu bringen ist.

 

Ich möchte auch noch erwähnen, dass zufolge Rechtsprechung des VwGH ein gelegentlicher Cannabiskonsum ein Vorgehen nach § 24 FSG nicht rechtfertigt und somit rechtswidrig ist. Außerdem meine ich, dass auf Grund der fachärztlichen Begutachtung für mich zumindest § 14 Abs. 5 FSG-GV anzuwenden ist.

 

Stellungnahme zu Urinkontrollen und Haaranalyse mit Hinweis auf Seite 4 des gegenständlichen Bescheides:

Die darin enthaltenen Ausführungen dürften nicht stichhaltig sein, weil es darüber div. Sachmeinungen gibt, wie etwa, dass Cannabis-Derivate (Abbauprodukte) im Harn nach erfolgter THC-Konsumation mehrere Wochen verlässlich nachweisbar sind.

Ich habe mich im Eigeninteresse solchen Harnkontrollen unterzogen und verweise auf die Laborbefunde vom 6.3., 15.4. und 27.5.2015. Bemerkenswerterweise scheint im amtsärztlichen Gutachten nur der Positiv-Befund vom 6.3. auf! Die zwei anderen waren NEGATIV und somit ein Beweis dafür, dass in den letzten Monaten eine Cannabis-Abstinenz gegeben ist.

Weiters steht im Gutachten: "Die geforderte Drogenabstinenz wird nicht eingehalten". Hierzu stellt die Behörde im angefochtenen Bescheid auf Seite 4 fest, dass eine Nichterfüllung der genannten Auflagen mit sofortiger Nichteignung verbunden ist.

 

Hierzu folgende Feststellungen:

Die von den Fachärztinnen empfohlenen Maßnahmen waren an den Amtsarzt gerichtet, konnten daher für mich keinesfalls rechtsverbindlich sein und hätten wohl einer schriftlichen oder bescheidmäßigen behördlichen Aufforderung mit zeitlich festzulegenden Terminen bedurft, um für mich rechtswirksam zu werden. Die Behörde hat eine solche Anordnung nur bezüglich der verkehrspsychologischen und psychiatrischen Stellungnahmen vorgenommen, und zwar schon im Nov. 2014. Diesen Aufforderungen habe ich immer Folge geleistet. Seither war die Behörde untätig und hat somit den Rechtsnormen bezüglich eines korrekten Verwaltungsverfahrens in formaler und materieller Hinsicht nicht entsprochen, was zufolge Judicatur des LVwG eine Rechtswidrigkeit darstellt.

 

Zur Haaranalyse:

Wie ich schon in meiner Stellungnahme vom 22.5. angeführt habe, lehne ich sie aus persönlichen und prinzipiellen Gründen ab, weil dadurch mein verfassungsrechtlich gewährtes Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt würde. Außerdem besteht hierfür keine gesetzliche Grundlage. Hierzu verweise ich auszugsweise auf das Erkenntnis des LVwG-650224/4/Br/BD v. 28.10.2014, wonach die Verpflichtung, sich einer Haaranalyse unterziehen zu müssen, im Rahmen eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs. 4 FSG grundsätzlich nicht zulässig ist.

 

Verhältnismäßigkeit:

Ich bin der Auffassung, dass ich für die von mir begangene Verwaltungsübertretung, die ich keinesfalls verharmlosen möchte, schon über Gebühr gebüßt habe, insbesondere durch die schon überlange Entzugsdauer von 9 Monaten, aber auch aufgrund folgender Fakten: Jobverlust durch fristlose Entlassung, hohe Barauslagen für Erstmaßnahmen, Gutachten, Befunde, Verwaltungsstrafe u. ä., starke Einschränkung der Mobilität und gesellschaftliche Nachteile. Ich ersuche daher das LVwG, diese schweren Rechtsfolgen im Erkenntnis zu berücksichtigen.

 

Es ist bemerkenswert, dass der Gesetzgeber im § 26/1 FSG für "mein Delikt" nur eine Entziehungsdauer von einem Monat vorgesehen hat!

 

Begehren:

Ich stelle den Antrag, das LVwG möge auf Grund meiner Begründung durch Erkenntnis oder Beschluss gemäß § 28 VwG-VG den angefochtenen Bescheid wegen formeller und inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben und die Wiedererteilung der Lenkerberechtigung ohne Befristung und Auflagen zu verfügen.

 

Ich ersuche, das LVWG möge aus Kostengründen und auf Grund der Tatsache, dass der maßgebliche Sachverhalt feststeht (§ 28/2 VwG-VG), über diese Beschwerde selbst zu entscheiden und von einer Verhandlung (§ 24 VwG-VG) abzusehen. “

 

III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gem § 24 Abs 2 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, welche im Übrigen auch von keiner der Parteien beantragt wurde, abgesehen werden.

 

c) Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 22.9.2014, VerkR21-604-2014, wurde dem Bf erstmalig die Lenkberechtigung von 15.9. bis 15.10.2014 entzogen, da er in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt habe. Mit Spruchpunkt 3. des genannten Bescheides wurde dem Bf aufgetragen, sich binnen vier Monaten ab Bescheidzustellung einem Verkehrscoaching zu unterziehen. Spruchpunkt 4. ordnet an, vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten beizubringen. Hinsichtlich der Spruchpunkte 3. und 4. finden sich in der Bescheidbegründung keinerlei Ausführungen.

 

Der nach Untersuchung des Bf am 13.11.2014 erstellten Verkehrspsychologische Stellungnahme ist zu entnehmen: „… Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit ist daher derzeit insgesamt gegeben. Im Persönlichkeitsbereich zeigte sich keine Neigung zu aggressivem oder risikoreichem Verhalten im Straßenverkehr. Einstellungen hinsichtlich verkehrsauffälligen Verhaltens können verfahrensmäßig als gut angepasst bezeichnet werden. In Bezug auf sein Trinkverhalten zeigte sich verfahrensmäßig keine Neigung zu einem funktionalen Einsatz von Alkohol. Herr S zeigte sich im Gespräch gefahrenbewusst hinsichtlich alkoholisierter oder drogenbeeinträchtigter Verkehrsteilnahme und konnte vermitteln, über ausreichend tragfähige Strategien zur Trennung von Alkoholkonsum und aktiver Straßenverkehrsteilnahme zu verfügen. Hinsichtlich seines Drogenkonsums konnte er vermitteln, seit seinem Führerscheinentzug vom Cannabiskonsum Abstand genommen zu haben und seine Verhaltensänderung aufgrund eines bestehenden Problembewusstseins beibehalten zu wollen. Die dauerhafte Beibehaltung dieser ist für die zukünftige Vermeidung von drogenbeeinträchtigten Fahrten unbedingt zu fordern und sollte aufgrund der erst kurzen Erprobung vom Klienten durch entsprechende Laborbefunde nachgewiesen werden. Eine Bereitschaft zu verkehrsangepasstem Verhalten kann somit derzeit lediglich im eingeschränkten Bereich angenommen werden. Es wird empfohlen, die Lenkberechtigung lediglich zeitlich befristet wiederzuerteilen, wobei die Befristung vom Nachweis seiner angegebenen Drogenabstinzenz abhängen sollte.“

 

Der Stellungnahme von Frau Dr. D H, Fachärztin für Psychatrie, vom 2.2.2015 ist ua zu entnehmen:

„Zuweisungsgrund: Wöchentlicher THC-Konsum in den letzten Jahren, zuletzt am 15.09.2014.

Alkohol: In letzter Zeit vermehrt.

Drogen: Früher Cannabiskonsum, aktuell keine Drogen.

Status psychicus: Wach, bewusstseinsklar, kontaktbereit, kontaktfähig, freundlich, ruhig. Auffassungsgabe, Orientierung, Aufmerksamkeit, Konzentration ungestört. Merkfähigkeit, sowie Gedächtnisabruf problemlos. Die Stimmung indifferent, Antrieb im Normbereich. Die Affizierbarkeit ist in beiden Skalenbereichen gut gegeben. Die Affekte sind völlig situationsadäquat. Der Proband wirkt gut besinnlich. Kein Hinweis für formale Denkstörungen, keine Wahrnehmungsstörungen, keine Suizidgedanken. Es besteht gute Reflektions- und Kritikfähigkeit. Der Proband ist nicht subtanzbeeinträchtigt zur Untersuchung erschienen. Keine Hinweise auf Entzugssymptomatik, kein Delir, keine Krampfanfälle aus der Vorgeschichte bekannt.

Diagnose: - Z.n. Cannabismissbrauch – Vermehrter Alkoholkonsum

 

Verlauf, Verschlechterungs- bzw. Rezidivneigung der Erkrankung:

Der Proband berichtet, früher wöchentlich Cannabis konsumiert zu haben, um besser zur Ruhe zu kommen. Aktuell konsumiert er kein Cannabis. Zudem berichtet er, seit er im Gastgewerbe arbeitet, konsumiere er vermehrt Alkohol, da er dadurch eine bessere Stimmung bekommen würde. Weiters berichtet der Proband, keinen geregelten Schlafrhythmus zu haben, das ihn auch belasten würde. Es sind keine Depressionen, Psychosen oder andere Erkrankungen bekannt.

 

Zusammenfassende Stellungnahme:

Nach sorgfältiger Abwägung der anamnestischen Daten und des bisherigen Krankheits- und Therapieverlaufes, sowie des psychischen und neurologischen Status ist die Frage der Verkehrsbehörde als positiv zu beantworten:

Herr S M ist zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 bedingt geeignet.

In den letzten Jahren hatte der Proband vermehrt Cannabis konsumiert, aktuell ist er abstinent. Verkehrsstraftaten, oder Alkohol-Verkehrsdelikte sind nicht explorierbar. Es besteht gute soziale Integration und das Bemühen, weiterhin im Arbeitsleben zu bleiben.

 

Unter der Voraussetzung regelmäßiger, fachärztlicher Kontrollen im Abstand von 3 Monaten, sowie regelmäßiger THC-Kontrollen, aber auch CDT-Kontrollen und Kontrollen der Leberwerte (um auch bei anamnestisch angegebenem vermehrten Alkoholkonsum diese Problematik nicht aus den Augen zu verlieren), ist der Proband zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 bedingt geeignet.

 

Die genaue Kontrolle soll engmaschig und regelmäßig stattfinden. Alkoholsensible Laborparameter sowie THC-Kontrolle sind im Sinne einer externen Verhaltenskontrolle durchzuführen, um die Gefahr einer vorübergehenden Zweck-Angepasstheit des Verhaltens ausschließen zu können. Aus diesem Grund sollte die Lenkerberechtigung vorerst auch nur befristet wieder erteilt werden, um eine Zeit der Verkehrsbewährung zur Verfügung zu haben.

 

Eine Nichterfüllung der oben genannten Auflagen ist mit sofortiger Nichteignung verbunden.“

 

In Folge brachte der Bf zwei Laborbefunde bei. Eine im Labor am 6.3.2015 eingegangene Probe brachte ein Ergebnis von 136,5 ng/ml Cannabis. Eine im Labor am 15.4.2015 eingegangene Probe wurde nicht positiv auf Drogenmetabolite getestet.

 

Ein Gutachten des Amtsarztes Dr. H vom 7.5.2015 erachtet den Bf als nicht zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 als geeignet. Die Begründung dieses Gutachtens lautet:

„Chronisch rezidiver Cannabiskonsum

Bei der amtsärztlichen Untersuchung am 15.9.2014 gab Herr S an, in den letzten Jahren zumindest einmal wöchentlich Cannabis konsumiert zu haben. Eine psychiatrisch-fachärztliche Begutachtung wurde veranlasst, diese erfolgte am 2.2.2015 bei Frau Dr. H in Bad Ischl. Herr S wurde als bedingt geeignet zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 beurteilt. Bedingung ist die künftige langfristige Drogenabstinenz. Bereits die am 6.3.2015 erfolgte Drogenharnuntersuchung (Laborbefund Dr. R vom 12.3.2015) erbrachte ein auf Tetrahydrocannabinol positives Ergebnis. Die geforderte Drogenabstinenz wird nicht eingehalten. Zur Wiedererlangung der Lenkberechtigung ist eine zumindest sechsmonatige Drogenabstinenz mittels Haaranalyse (Haarlänge von zumindest 6 cm erforderlich) nachzuweisen.“

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a.1) Die einschlägigen Rechtsvorschriften des Führerscheingesetzes – FSG, BGBl I 1997/120 idF BGBl I 2015/74, lauten auszugsweise:

 

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

...

 

Gesundheitliche Eignung

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, daß er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. …

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. …

 

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. ..."

 

a.2) Die Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung – FSG-VG, BGBl II 1997/322 idF BGBl II 2011/280, lauten auszugsweise:

 

„Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum

Lenken von Kraftfahrzeugen

 

§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2. …

4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

 

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen. …

 

Alkohol, Sucht- und Arzneimittel

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, daß sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

(2) …

(3) Personen, die ohne abhängig zu sein, in einem durch Sucht- oder Arzneimittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt haben, darf eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden, es sei denn, sie haben ihre Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische und eine fachärztliche Stellungnahme nachgewiesen.

(4) …

(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Mißbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.“

 

b) Der Bf hat – wie dem rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 22.9.2014, VerkR21-604-2014, zu entnehmen ist, am 15.9.2014 in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt.

 

Dass der Bf, der laut eigenen Angaben bis zu diesem Zeitpunkt ca wöchentlich Cannabis konsumiert hat, suchmittelabhängig ist bzw war, kann dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht entnommen werden und wird vom Bf selbst in seiner Beschwerde auch in Abrede gestellt. § 14 Abs 3 FSG-GV zufolge darf dem Bf eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden, es sei denn, er hat seine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische und eine fachärztliche Stellungnahme nachgewiesen. Dass dem auf Grundlage der genannten Stellungnahmen erstellten amtsärztlichen Gutachten eine Untersuchung vorangehen müsste, vermag der zitierten Rechtsvorschrift nicht entnommen werden.

 

Die genannten Voraussetzungen werden vom Bf nicht erfüllt: Zwar wird er – wie zu Recht geltend gemacht – im Untersuchungszeitpunkt sowohl vom Verkehrspsychologen als auch von der Fachärztin für Psychiatrie als „bedingt geeignet“ zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 angesehen und wird von einer günstigen Zukunftsprognose ausgegangen. Der Verkehrspsychologe empfiehlt jedoch, „die Lenkberechtigung lediglich zeitlich befristet wiederzuerteilen, wobei die Befristung vom Nachweis seiner angegebenen Drogenabstinenz abhängen sollte.“ Ebenso verknüpft die Fachärztin für Psychiatrie die bedingte gesundheitliche Eignung mit der „aktuell[en]“ Abstinenz, und verbindet einen weiteren Suchtmittelkonsum durch den Bf „mit sofortiger Nichteignung“. Anders gewendet: Sowohl der Verkehrspsychologe als auch die Fachärztin für Psychiatrie haben den Bf nur für den Fall, dass er über einen längeren Zeitraum hinweg suchtmittelabstinent ist, als gesundheitlich „bedingt geeignet“ zum Lenken von KFZ betrachtet.

 

Ein vor Bekanntwerden des Testergebnisses der am 6.3.2015 im Labor eingegangenen Probe, wonach im Harn des Bf 136,5 ng/ml Cannabis nachgewiesen wurden, erstelltes amtsärztliches Gutachten hätte wohl zu einer zeitlich befristeten bedingten Eignung des Bf zum Lenken von KFZ verknüpft mit engmaschigen Drogenabstinenzkontrollen führen müssen. Im Zeitpunkt der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens konnte der Bf jedoch nicht als abstinent angesehen werden. Sein Erklärungsversuch, wonach der positive Cannabisbefund auf „widrige Umstände“, nicht aber auf einen Konsum von Cannabisprodukten zurückzuführen sei, vermag nicht zu überzeugen. Somit wird jedoch die Bedingung, mit welcher der Verkehrspsychologe und die Fachärztin für Psychiatrie ihre Stellungnahmen verknüpft haben, nicht erfüllt, und kann nicht im Sinne des § 14 Abs 3 FSG-GV von einer nachgewiesenen Eignung zum Lenken von KFZ ausgegangen werden. Dementsprechend lautet auch das – vor diesem Hintergrund nicht als unschlüssig erkennbare – amtsärztliche Gutachten dahingehend, als der Bf derzeit als „nicht geeignet“ zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 anzusehen ist.

 

An dieser Beurteilung vermag auch eine allfällige Anwendung von § 14 Abs 5 FSG-GV nichts zu ändern. Der Bestimmung zufolge ist ua Personen, die gehäuften Suchtmittelmissbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen. Eine befürwortende fachärztliche Stellungnahme liegt jedoch – im Sinne der Überlegungen im vorigen Absatz – nicht vor.

 

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die Frage, ob das aufgrund der im konkreten Fall vorliegenden Stellungnahmen des Verkehrspsychologen und der Fachärztin für Psychiatrie amtsärztliche Gutachten schlüssig die gesundheitliche Nicht-Eignung des Bf begründet, nicht der Verallgemeinerung zugänglich ist und ihr damit keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Markus Zeinhofer