LVwG-650437/2/Bi
Linz, 03.08.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn A W, vom 28. Juni 2015 gegen Punkt 4. des Bescheides der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 2. Juni 2015, GZ: 14/166851, wegen der Anordnung, sich vor Ende der Entziehungszeit einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen,
zu Recht e r k a n n t :
I.
Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und Punkt 4. des in Beschwerde gezogenen Bescheides aufgehoben.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) gemäß §§ 24 Abs. 1 Z1, 25 Abs. 1, 26 Abs. 2 Z6 und 29 Abs. 4 FSG die von der BH Rohrbach am 22. März 2013 für die Klassen AM und B, am 17. April 2013 für die Klassen C1, BE, C1E und F und am 27. Juni 2014 für die Klassen A1 und A2 erteilte Lenkberechtigung – Führerschein ausgestellt von der BH Rohrbach am 7. Juli 2014 zu Zl.14166851 – für die Dauer von acht Monaten, gerechnet ab dem Tag der vorläufigen Abnahme des Führerscheins (24. April 2015), somit bis einschließlich 24. Dezember 2015, mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen. Gemäß § 24 Abs. 3 FSG wurde als begleitende Maßnahme die Absolvierung einer Nachschulung bei einer hierzu ermächtigten Stelle bis zum Ablauf der Entziehungszeit angeordnet. Weiters wurde dem Bf aufgetragen, sich vor Ablauf der Entziehungszeit einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnungen ende. Dem Bf wurde gemäß §§ 30 Abs. 1 iVm 32 Abs. 1 Z1 FSG das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung, die nicht von einem EWR-Staat ausgestellt wurde, auf die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Eine von einem EWR-Staat ausgestellte Lenkberechtigung wurde auf die Dauer des Entzuges der österreichischen Lenkberechtigung, nämlich vom 24. April 2015 bis einschließlich 24. Dezember 2015, entzogen. Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.
2. Ausschließlich gegen Punkt 4., nämlich die Anordnung, sich vor Ablauf der Entziehungszeit einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, hat der Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht OÖ zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art. 131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer (nicht beantragten) öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 24 Abs. 2 Z1 VwGVG.
3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe ihm zunächst die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und binnen zwei Wochen ab Zustellung des Mandatsbescheides die Beibringung eines aktuellen CDT-Laborbefundes zur Feststellung der vorgeworfenen Alkoholabhängigkeit vorgeschrieben und sei damit bereits im Mandatsbescheid davon ausgegangen, er sei alkoholabhängig, obwohl sie dies mit keinem Beweismittel begründen habe können. Lediglich ein standardisierter Textbaustein sei angeführt worden: „Durch die amtsärztliche Begutachtung soll geklärt werden, ob Sie auf Grund des zur Tatzeit festgestellten hohen Grades der Alkoholbeeinträchtigung die erforderliche gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch besitzen.“ Die Behörde habe aber keine Vermutungen über Menschen anzustellen, sondern müsse ihrer Entscheidung Tatsachen zugrunde legen bzw. dies speziell begründen.
Nicht berücksichtigt habe sie sein Wohlverhalten über den Zeitraum von 4,5 Jahren seit dem letzten Alkoholdelikt im Oktober 2010. Er habe in der Zwischenzeit keine Verwaltungsübertretungen begangen, die seine Verkehrszuverlässigkeit in Frage stellten, speziell die die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung rechtfertigten. Aufgrund der nun zweitmaligen Begehung eines Alkoholdeliktes im Straßenverkehr könne die Behörde nicht davon ausgehen oder die Vermutung bzw. den Verdacht anstellen, er sei alkoholabhängig. Der Alkoholisierungsgrad von 0,67 mg/l liege im unteren Bereich des § 99 Abs. 1a StVO und er sei bei der Amtshandlung freundlich und kooperativ gewesen.
Nach Einbringung der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid sei nur die Anordnung der Beibringung des CDT-Befundes aufgehoben worden, was damit begründet wurde, gemäß § 24 Abs. 3 FSG sei von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, da über ihn bereits ein „Vordelikt“ innerhalb der letzten 5 Jahre aktenkundig sei. Die bloße Wiederholung der begangenen Alkoholdelikte rechtfertige nicht das Verwenden der „Kann-Bestimmung“ des § 24 Abs. 3 FSG, dazu habe er auch keine Entscheidungen gefunden, außer bei drittmaliger Begehung. Beantragt wird die Aufhebung des Spruchpunktes 4.
4. Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt lässt sich ersehen, dass der am x 1995 geborene Bf am 30. August 2010 eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO (0,75 mg/l AAG) begangen hat, wofür ihm ein Mopedlenkverbot für die Dauer von sechs Monaten erteilt wurde.
Am 24. April 2015, also viereinhalb Jahre danach, hat der Bf unbestritten erneut ein Kraftfahrzeug mit einem AAG von 0,67 mg/l gelenkt, dh eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, für die ihm die Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 2 Z6 FSG für acht Monate zu entziehen war.
Gemäß § 24 Abs. 3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat gemäß Z3 unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.
Dem Bf ist zuzustimmen, dass die im in Beschwerde gezogenen Bescheid enthaltene Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens im Sinne des § 24 Abs. 3 1. Satz FSG eine sachliche und schlüssige Begründung erfordert, wobei die Begründung des Bescheides lediglich darauf verweist, dass es sich um eine „Kann“-Bestimmung handle und von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden sei, da über den Bf bereits ein „Vordelikt“ innerhalb der letzten 5 Jahre aktenkundig sei.
Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes OÖ ist zu bedenken, dass der Bf 1995 geboren ist, dh 20 Jahre alt ist, und bereits sein 2. Alkoholdelikt (24. April 2015, §§ 99 Abs. 1a iVm 5 Abs. 1 StVO 1960) begangen hat. Dabei ist unerheblich, dass beim 1. Alkoholdelikt (30. August 2010, §§ 99 Abs. 1a iVm 5 Abs. 1 StVO 1960), bei dem der Bf gerade einmal 15 (!) Jahre alt war, lediglich ein Mopedlenkverbot verhängt wurde und bis zum nunmehrigen Vorfall 4 Jahre und 4 Monate vergangen sind. Eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 liegt bei einem Blutalkoholgehalt von 1,2 %o oder einem Atemalkoholgehalt von 0,6 mg/l oder darüber, aber weniger als 1,6 %o BAG oder 0,8 mg/l AAG vor. Der Bf hat laut Anzeige bei der Amtshandlung am 24. April 2015 seinen Alkoholkonsum mit 4 Halben Bier in der Zeit von 00.00 Uhr bis 02.00 Uhr des 24. April 2015 angegeben, wobei er bei einem Umkehrversuch mit den hinteren Rädern in den Straßengraben rutschte und allein nicht mehr in der Lage war, auf die Straße zu gelangen.
Eine amtsärztliche Untersuchung im Sinne des § 8 FSG ist, unabhängig von der im § 24 Abs. 3 5. Satz FSG zwingend vorgeschriebenen Anordnung, dann gerechtfertigt, wenn entsprechend begründete Bedenken dahingehend bestehen, ob der zu Untersuchende zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist, dh etwa ob er von Alkohol abhängig ist oder seinen Alkoholkonsum zumindest soweit einschränken kann, dass er beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt ist.
Beim Bf liegen keine Anhaltspunkte für derartige Annahmen vor, da aus zwei immerhin 4,5 Jahre auseinander liegenden Alkoholvorfällen allein ein solcher Schluss nicht gezogen werden kann.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Bissenberger