LVwG-600926/6/KH
Linz, 13.08.2015
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Katja Hörzing über die Beschwerde des Herrn U F, geb. x 1970, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 9. Juni 2015, GZ VerkR96-4813-2014, mit dem der Einspruch vom 12. Jänner 2015 als verspätet zurückgewiesen wurde,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes steht folgender Sachverhalt fest:
1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding (im Folgenden: belangte Behörde) vom 9. Juni 2015, VerkR96-4813-2014, wurde der Einspruch des Herrn U F (im Folgenden: Beschwerdeführer – Bf), gegen die Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 5. Dezember 2014 zur gleichen Geschäftszahl betreffend eine Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen.
Begründend wurde darin ausgeführt, dass die Strafverfügung vom 5. Dezember 2014 laut Zustellnachweis am 11. Dezember 2014 zugestellt bzw. hinterlegt wurde, der Einspruch des Bf jedoch erst am 12. Jänner 2015 per E-Mail gesendet wurde bzw. bei der Behörde an diesem Tag eingelangt ist. Damit wurde die zur Verfügung stehende Rechtsmittelfrist um 14 Tage überschritten.
2. Mit Anbringen vom 19. Juni 2015, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding am 22. Juni 2015, führte der Bf Folgendes aus:
Betreffend die verspätete Einbringung seines Einspruchs gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 5. Dezember 2014 finden sich in der Beschwerde keine Ausführungen des Bf.
3. Mit Schreiben vom 30. Juni 2015, LVwG-600926/2, forderte das Landesverwaltungsgericht den Bf zur Mängelbehebung auf. Darin wurde § 9 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zitiert und der Bf darauf hin-gewiesen, dass in seiner Eingabe vom 19. Juni 2015 die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt sowie das Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) fehlen. Hingewiesen wurde seitens des Landesverwaltungsgerichts darauf, dass konkret auf die vorgeworfene Tat (Geschwindigkeitsüberschreitung) einzugehen und Gründe vorzubringen sind, warum der Bf der Meinung sei, einerseits den ihm vorgeworfenen Tatbestand nicht verwirklicht zu haben und andererseits kein Verschulden seinerseits vorliege.
Der Bf wurde deshalb aufgefordert, seine Beschwerde in diesem Sinn zu präzisieren, wobei seine Rückantwort bis spätestens 24. Juli 2015 beim Landesverwaltungsgericht einlangen sollte. Weiters wurde er darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass bis zu diesem Zeitpunkt kein Schreiben seinerseits einlangen würde, von der derzeitigen Aktenlage auszugehen und die Beschwerde gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 17 VwGVG zurückzuweisen sei.
4. Das genannte Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes wurde vom Bf am 6. Juli 2015 persönlich übernommen. Am 22. Juli 2015 langte beim Landesverwaltungsgericht folgende Äußerung des Bf ein:
„Betreff: Mängelbehebung Straferkenntnis vom 9. Juni. (VerkR96-4813.2014)
Die Ausführungen gehen darum, dass ich Ihnen als Person nicht mehr zur Verfügung stehe. Ich bitte Sie mich als Mensch und nicht als Person zu betrachten und meine Grundrechte zu wahren und mich nicht in irgendeine Rechtsform zu zwingen (laut Ausführungen in der Beschwerde).
Gleichzeitig habe ich niemanden geschädigt, verletzt oder eine Sachbeschädigung begangen. Sollte dies so sein, werde ich natürlich dafür einstehen.
Punkt 3: Rechtswidrigkeit
Diese Angaben sollten ausreichen, um die Rechtswidrigkeit darzulegen! (Punkte 1, 2, 4,5)“
5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist vom Bf nicht beantragt worden.
6. Die Strafverfügung der belangten Behörde vom 5. Dezember 2014, VerkR96-4813-2014, wurde am Donnerstag, den 11. Dezember 2014 hinterlegt und damit am 11. Dezember 2014 erstmals zur Abholung bereitgehalten.
Der Einspruch des Bf ist am 12. Jänner 2015 per E-Mail an die belangte Behörde gesendet worden und an diesem Tag bei ihr eingelangt.
II. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Behördenakt. Das Landesverwaltungsgericht geht von dem unter Pkt. I. dargestellten, vom Bf nicht erkennbar bestrittenen Sachverhalt aus. Das Schreiben des Landesverwaltungsgerichts betreffend den Auftrag zur Mängelbehebung ist dem Bf am 6. Juli 2015 zugestellt worden.
III. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht wie folgt erwogen.
1. Das Landesverwaltungsgericht hat gemäß § 27 VwGVG, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Fehlen einer Beschwerde einzelne Inhaltserfordernisse im Sinn des § 9 Abs. 1 VwGVG, hat das Landesverwaltungsgericht nach § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) in Verbindung mit § 17 VwGVG ein Mängelbehebungsverfahren durchzuführen, wobei dem Bf die Behebung dieses Mangels innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen ist. Dies ist mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2015, LVwG-600926/2, erfolgt.
Mit Schreiben vom 22. Juli 2015 hat der Bf zwar auf den Verbesserungsauftrag des Landesverwaltungsgerichtes reagiert, inhaltlich wurde jedoch wiederum auf den Inhalt der Beschwerde verwiesen bzw. ausgeführt, der Bf habe niemanden geschädigt, verletzt oder eine Sachbeschädigung begangen, sollte dies so sein, werde er natürlich dafür einstehen.
Nach Meinung des Bf „sollten die Angaben ausreichen, um die Rechtswidrigkeit darzulegen“.
Aufgrund dieser Ausführungen scheint es dem Landesverwaltungsgericht nach wie vor zweifelhaft, dass den Erfordernissen des § 9 VwGVG Genüge getan wurde.
Will man jedoch im Sinn der Ausführungen des Bf eine entsprechende Verbesserung seines ursprünglichen Anbringens erkennen und die Erfordernisse des § 9 VwGVG als erfüllt ansehen, ist vom Landesverwaltungsgericht nunmehr zu beurteilen, ob – wie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt – der Einspruch des Bf gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 5. Dezember 2014 von dieser rechtmäßig wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen wurde. Der vom Landesverwaltungsgericht zu beurteilende Beschwerdegegenstand umfasst somit lediglich die Frage, ob der Einspruch des Bf rechtzeitig war.
In diesem Zusammenhang ist auf ein Judikat des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, welches die Anwendbarkeit der ständigen Judikatur des VwGH betreffend die Zurückweisung von Anträgen und die daraus folgende Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde auch für auf die Landesverwaltungsgerichte anwendbar erklärt (2014/07/0002, 18.12.2014): Darin spricht der VwGH aus, dass im Fall, dass die Behörde erster Instanz ein Anbringen zurückgewiesen hat, für die Berufungsbehörde Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist. Die Berufungsbehörde ist daher lediglich befugt, darüber zu entscheiden, ob die von der erstinstanzlichen Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen war. Dies allein bildet den Gegenstand des Berufungsverfahrens. Wenn die Berufungsbehörde den von der erstinstanzlichen Behörde herangezogenen Zurückweisungsgrund als nicht gegeben ansieht und in weiterer Folge eine inhaltliche Entscheidung trifft, überschreitet sie die ihr im Berufungsverfahren gesetzten Grenzen und belastet ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Diese Rechtsprechung lässt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch auf die durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, neu geschaffene Rechtslage - hier insbesondere auf das Verständnis des § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VwGVG - übertragen.
Das Landesverwaltungsgericht ist somit nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht befugt, in der Sache zu entscheiden, sondern kann lediglich darüber absprechen, ob die Zurückweisung des Einspruchs des Bf durch die belangte Behörde rechtmäßig erfolgt ist.
2. Gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG kann das Landesverwaltungsgericht von einer mündlichen Verhandlung u.a. absehen, wenn im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Über den Bf wurde eine Geldstrafe von 50 Euro verhängt und dieser hat auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht nicht beantragt. Da die Sachlage ausreichend geklärt war und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch keine weitere Klärung derselben erwarten ließ, konnte eine solche unterbleiben.
Das Landesverwaltungsgericht geht von dem oben unter Punkt I. festgestellten Sachverhalt aus, welcher sich auch in dem von der belangten Behörde dem Landesverwaltungsgericht übermittelten Verwaltungsakt widerspiegelt.
3. § 17 Abs. 1 und 3 Zustellgesetz lauten:
„ (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.“
Die Strafverfügung der belangten Behörde vom 5. Dezember 2014, VerkR96-4813-2014, wurde laut dem im Behördenakt aufliegenden Zustellnachweis am Donnerstag, dem 11. Dezember 2014 hinterlegt und damit am 11. Dezember 2014 erstmals zur Abholung bereitgehalten. Somit gilt die Strafverfügung als durch Hinterlegung am Donnerstag, 11. Dezember 2014 zugestellt.
Gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben.
Gemäß § 32 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) enden Fristen, die nach Wochen bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. § 33 Abs. 2 AVG normiert, dass für den Fall, dass das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember fällt, der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen ist.
Da die Frist am Donnerstag, den 25. Dezember 2014 geendet hätte, welcher aber ein Feiertag war, endete die Frist somit mit Montag, den 29. Dezember 2014 (= nächster Tag, der kein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag war).
Der Einspruch des Bf ist jedoch erst am 12. Jänner 2015 per E-Mail an die belangte Behörde gesendet worden und an diesem Tag bei dieser eingelangt.
Die Erhebung des Einspruchs am 12. Jänner 2015 ist somit eindeutig zu spät erfolgt bzw. wurde die dem Bf zur Verfügung stehende Rechtsmittelfrist überschritten.
Folglich hat die belangte Behörde mit dem im gegenständlichen Beschwerdeverfahren angefochtenen Bescheid den Einspruch des Bf zu Recht als verspätet zurückgewiesen.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Katja Hörzing