LVwG-600643/15/MS

Linz, 30.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn R W, vertreten durch Rechtsanwaltssocietät Dr. L J K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Grieskirchen, vom 17. September 2014, GZ: VerkR96-13055-2014, wegen der Verwaltungs-übertretung nach § 19 Abs. 7 i.V.m. § 19 Abs. 6 StVO

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von    € 30,00 zu leisten.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß        § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs-gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Grieskirchen (im Folgenden: belangte Behörde) vom 17. September 2014, VerkR96-13055-2014, wurde über Herrn R W (im Folgenden: Beschwerdeführer), vertreten durch Rechtsanwaltssocietät Dr. L K, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs. 7 i.V.m. § 19 Abs. 6 StVO eine Geldstrafe von 150 Euro sowie im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 63 Stunden verhängt und ein Kostenbeitrag in der Höhe von 15 Euro vorgeschrieben, weil der Beschwerdeführer als Lenker des Fahrzeuges, Pkw, mit dem Kennzeichen x, am 27. Juni 2014, um 15:45 Uhr von der Tankstelle kommend den im fließenden Verkehr in der Gemeinde Peuerbach, auf der Peuerbacher Landesstraße fahrenden Fahrzeuglenker, auf der Peuerbacher Landesstraße L 1200, B.straße 31, zu unvermitteltem Bremsen/zum Ablenken seines Fahrzeuges genötigt hat, wodurch es zu einem Verkehrsunfall mit Personenschaden kam.

 

Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Beschwerdeführer am 22. September 2014 zu Handen seines Rechtsvertreters zugestellt wurde, hat dieser mit Eingabe vom 13. Oktober 2014 (Eingangsstempel der belangten Behörde: 13. Oktober 2014) und somit rechtzeitig Beschwerde erhoben.

 

Mit Eingabe vom 21. Juli 2015 schränkte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf ein mit Vergleich geendetes Verfahren vor dem BG Grieskirchen die Beschwerde auf die Strafhöhe ein und führt begründend diesbezüglich an, dass beide Unfallgegner ein Mitverschulden zu verantworten hätten, das in der überhöhten Geschwindigkeit des Mopeds und der nicht ausschließbaren Vorrangverletzung durch den Pkw gelegen sei, und daher bei beiden Lenkern ein geringfügiges Versehen vorlag. Es bedürfe jedoch keiner Bestrafung, sondern könne mit einer Ermahnung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles vorgegangen werden.

 

Mit Schreiben vom 27. November 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt sowie aus dem übermittelten Protokoll über den Lokalaugenschein durch das Bezirksgericht Grieskirchen zur AZ: 3 C 547/14 d. Daraus ließ sich der relevante Sachverhalt eindeutig ableiten.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 Ziffer 2 und 3 VwGVG abgesehen werden, da sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet und im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine der Parteien die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer fuhr als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen x am 27. Juni 2014, um 15.45 Uhr in der Gemeinde Peuerbach von der Tankstelle kommend auf die Peuerbach Landesstraße L 1200 und veranlasste den im fließenden Verkehr auf dieser Straße fahrenden Lenker eines Fahrzeuges (Moped) zum unvermittelten Abbremsen seines Fahrzeuges und kam es in der Folge zu einem Verkehrsunfall mit Personenschaden.

 

 

III.           Gemäß § 19 Abs. 6 StVO haben Fahrzeuge im fließenden Verkehr den Vorrang gegenüber Fahrzeugen, die von Nebenfahrbahnen, von Fußgängerzonen, von Wohnstraßen, von Haus- oder Grundstückseinfahrten, von Garagen, von Parkplätzen, von Tankstellen, von Feldwegen oder dgl. Kommen.

 

Gemäß § 19 Abs. 7 StVO darf, wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige), durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermittelten Abbremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

 

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

 

IV.          Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 hat der Beschwerdeführer die Beschwerde auf die Strafhöhe eingeschränkt, sodass der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist.

Hinsichtlich der Strafhöhe ist auszuführen:

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt.

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§19 Abs. 7 StVO stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, dass mit dem Veranlassen des unmittelbaren Abbremsens bzw. Ablenkens des Fahrzeuges als erfüllt zu betrachten ist, ohne dass es hierzu des Eintritts einer Gefahr oder eines Schadens bedarf, sodass zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Der Beschwerdeführer bringt in seinem Schreiben vom 21. Juli 2015 unter der Vorlage des Protokolls über den Lokalaugenschein, durchgeführt durch das Bezirksgericht Grieskirchen zur dort anhängigen Aktenzahl: 3 C 547/14d – 12, vor dass bei beiden Lenkern nur ein geringfügiges Versehen vorliegt und dass in Ansehung der Umstände des Einzelfalles mit einer Ermahnung vorgegangen werden kann.

 

§ 19 Abs. 7 iVm. § 19 Abs. 6 StVO bezweckt die Vermeidung von Gefährdungen und/oder Behinderungen anderer Verkehrsteilnehmer, die durch die Nötigung zum Abbremsen oder Ablenken eines Fahrzeuges hervorgerufen werden und somit auch die Vermeidung von Unfällen, sind doch Vorrangverletzungen häufte Ursache von Unfällen.

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist festzuhalten, dass aus dem übermittelten Protokoll des Bezirksgerichtes Grieskirchen zu ersehen ist, dass der Beschwerdeführer beim Einfahren in die bevorrangte Fahrbahn das Moped in den beiden Verkehrsspiegeln hätte erkennen können. Eine direkte Erkennbarkeit des Mopeds zu diesem Zeitpunkt war nicht gegeben. Ein Reaktionsverzug kann dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die direkte Erkennbarkeit nicht nachgewiesen werden, jedoch wohl aber in Bezug auf die Sicht der Spiegel.

 

Das Verschulden des Beschwerdeführers ist nicht als gering zu bewerten, da nachgewiesenermaßen bei der Nutzung der im Umfallbereich vorhandenen Spiegel eine Erkennbarkeit des bevorrangten Mopedfahrers gegeben gewesen wäre und auch diesbezüglich ein Reaktionsverzug vorliegt, was bedeutet, dass bei der im Straßenverkehr gebotenen Sorgfalt, der Unfall zu vermeiden gewesen wäre.

 

Für die Anwendung des § 45 Abs. 1 Ziffer 4 VStG bleibt kein Raum, da die Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes zumal die Verwaltungsüber-tretung einen Personenschaden des Mopedlenkers zur Folge hatte, nicht als gering bezeichnet werden. Da somit nicht alle in § 45 Abs. 1 Ziffer 4 VStG normierten Voraussetzung kumulativ vorliegen, konnte weder die Einstellung des Verfahrens verfügt werden noch mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.

 

Mildernd wurde von der belangten Behörde kein Umstand gewertet, da im Tatzeitpunkt mehrere Vormerkungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht vorhanden waren, erschwerend wurde gewertet.

Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren traten keine Umstände zu Tage, die als strafmildernd oder straferschwerend zu werten gewesen wären.

 

Bei der Strafbemessung wurde von einem Nettoeinkommen von 1.600 Euro monatlich, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen ausgegangen. Da dieser Schätzung im Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht nicht widersprochen wurde, wird diese auch dem gerichtlichen Verfahren zugrunde gelegt.

 

Mit der verhängten Geldstrafe von 150 Euro schöpft die belangte Behörde den zur Verfügung stehenden Strafrahmen (bis 726 Euro) zu ca. 21 % aus und ist die verhängte Strafe für die ggst. Verwaltungsübertretung sowohl als tat- als auch als schuldangemessen zu bewerten und darüber hinaus sowohl aus spezialpräventiven als auch aus generalpräventiven Gründen geboten.

 

Somit konnte kein Mangel an der Strafbemessung durch die belangte Behörde, die nach den dargestellten Grundsätzen erfolgte, erkannt werden.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

 

 

 

 

Gemäß § 52 Abs. 2 erster Satz VwGVG ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit   10 Euro zu bemessen.

 

 

V.           Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

VI. Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß