LVwG-800010/24/Bm/AK
Linz, 07.08.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn A P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, x, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. Februar 2015, GZ: 0027407/2013, betreffend ein Verfahren nach § 54b Abs. 3 VStG
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1.1. Mit Eingabe vom 2. Februar 2015 beantragte Herr A P (in der Folge: Beschwerdeführer - Bf) die Gewährung eines Zahlungsaufschubes betreffend das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
11. November 2013, GZ: 0027407/2013 BzVA.
Begründend wurde vom Bf ausgeführt, er habe gegen dieses Straferkenntnis Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingebracht, welcher mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 26. Februar 2014 nicht stattgegeben worden sei. Demnach wäre der Bf zur Zahlung von insgesamt 440,-- Euro verpflichtet worden.
Der Antragsteller habe gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich Beschwerde bzw. Revision an die Höchstgerichte erhoben. Gegen den Zurückweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichtshofes habe der Bf am
30. Jänner 2015 Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erhoben.
Bei einem Antrag auf Aufschub oder Teilzahlung einer Geldstrafe sei insbesondere die Höhe der Strafe, das Einkommen des Bestraften, seine Sorgepflichten und sein eigener Unterhalt zu berücksichtigen. Eine „wirtschaftliche Notlage“ sei nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht erforderlich.
Sollte der Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Folge gegeben werden, wäre eine Bestrafung des Antragstellers und die Einhebung der Strafe schon aus diesem Grunde unzulässig. Bei einem Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte handle es sich um einen leicht absehbaren Zeitraum, während dessen auch die Verjährung gehemmt wäre, sodass der beantragte Zahlungsaufschub im Sinne des § 54b VStG jedenfalls angemessen sei.
Vom Bf wurden in dieser Eingabe folgende Anträge gestellt:
„Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz möge
dem Antragsteller Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung über die von ihm eingebrachte Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bewilligen.
Für den Fall, dass dem Antrag auf Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht stattgegeben wird, stellt der Antragsteller den
Eventualantrag,
die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz möge dem Antragsteller hinsichtlich des offenen Gesamtbetrages von Euro 440,-- Zahlungsaufschub für die Dauer eines Jahres bewilligen.
Für den Fall, dass auch diesem Antrag auf Zahlungsaufschub nicht stattgegeben wird, stellt der Antragsteller den
Eventualantrag,
die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz möge dem Antragsteller hinsichtlich des offenen Gesamtbetrages von Euro 440,-- die Abstattung der Geldstrafe samt Kostenbeiträgen und Nebenkosten in monatlichen Raten zu je Euro 40,--, beginnend mit 1. März 2015, bewilligen.“
1.2. Vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz wurde am 17. Februar 2015,
GZ: 0027407/2013, ein Teilzahlungsbescheid mit folgendem Spruch erlassen (Schreibfehler im Original):
„Teilzahlungsbescheid
Sie sind verpflichtet, gemäß Straferkenntnis vom 11.11.2013,
GZ: 0027407/2013 BzVA, in der Fassung des Erkenntnisses des Oö. LvWG vom 26.02.2014, GZ LVwG-800010/9/Bm/BRe,
Strafbetrag € 400,00
Verfahrenskosten € 40,00
Gesamtbetrag € 440,00
zu zahlen.
Mit Ansuchen vom 02.02.2015 haben Sie bei uns einen Antrag auf Teilzahlung eingebracht.
Auf Grund Ihres Ansuchens wird die Entrichtung des Betrages in folgenden Teilen bewilligt:
....“
2. Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist durch seine anwaltliche Vertretung Beschwerde eingebracht und in dieser im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag des Bf vom 2. Februar 2015 sei ausdrücklich primär auf die Gewährung eines Zahlungsaufschubes gerichtet, die Anträge auf Zahlungsaufschub für ein Jahr sowie auf Abstattung der Geldstrafe samt Kostenbeiträgen und Nebenkosten in monatlichen Raten seien als Eventualanträge formuliert worden.
Das Wesen eines Eventualantrages liege darin, dass er unter der aufschiebbaren Bedingung gestellt werde, dass der Primärantrag erfolglos bleibe. Werde der Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belaste dies die Erledigung jedenfalls mit Rechtswidrigkeit. Vor Entscheidung des Primärantrages bestehe nämlich keine Zuständigkeit zur Entscheidung über den Eventualantrag. Die belangte Behörde sei daher zur Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Ratenzahlung nicht zuständig gewesen, weshalb der Bescheid jedenfalls zu beheben sein werde.
Hinsichtlich der eventualiter beantragten Ratenzahlung werde vorgebracht, dass die für einen Bestraften vorgeschriebenen Verfahrenskosten denselben Effekt wie die verhängte Strafe haben. Demnach müsse auch die Bewilligung der Zahlungserleichterung für Verfahrenskosten möglich sein.
Es werden die Anträge gestellt, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge
- eine mündliche Verhandlung durchführen sowie
- der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufheben und dem Primärantrag des Beschwerdeführers auf Gewährung eines Zahlungsaufschubes für den Betrag von 440,-- Euro bis zur Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, in eventu dem Eventualantrag des Beschwerdeführers auf Gewährung eines Zahlungsaufschubes für den Betrag von 440,-- Euro zumindest für die Dauer eines Jahres stattgeben; in eventu
- der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.
3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) zur Entscheidungsfindung vorgelegt.
4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.
Da der angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
5. Das LVwG hat erwogen:
5.1. Gemäß § 54b Abs. 3 VStG hat die Behörde einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder eine Teilzahlung zu bewilligen.
5.2. Vorweg ist auszuführen, dass diese Sach- und Rechtslage betreffend bereits ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt (siehe VwGH vom 19.11.2009, Zl. 2009/07/0136, auch den Bf betreffend).
In diesem Erkenntnis führt der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:
„Wie sich aus der Wiedergabe des Bescheides der BH vom 19. Mai 2009 ergibt, hat diese lediglich über das ‚Ansuchen um Teilzahlung‘ abgesprochen. Allein der Eventualantrag war somit Gegenstand des mit ‚Teilzahlungsbescheid‘ überschriebenen Bescheidspruches. Auch der ‚Betreff‘ dieses Bescheides bezieht sich ausschließlich auf die ‚Entrichtung einer Geldstrafe in Teilbeträgen‘. Damit steht der Auslegung der belangten Behörde, wonach die BH über den Primärantrag des Beschwerdeführers auf Zahlungsaufschub ‚indirekt‘ entschieden habe, bereits der eindeutige Wortlaut des Bescheidspruches der BH vom 19. Mai 2009, der keine Zweifel an seinem Inhalt aufkommen lässt, entgegen. Der Primärantrag des Beschwerdeführers war somit nicht Gegenstand dieses Bescheidspruches der BH.
Das Wesen eines Eventualantrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Eine solche Unzuständigkeit der BH hätte die belangte Behörde von Amts wegen aufzugreifen gehabt. Der erstinstanzliche Bescheid wäre von der belangten Behörde ersatzlos zu beheben gewesen [Hervorhebung nicht im Original] (vgl. u.v.a. die hg. Erkenntnisse vom 28.4.2008, Zl. 2005/12/0148, und vom 5.9.2008,
Zl. 2007/12/0078, sowie den hg. Beschluss vom 4.2.2009, Zl. 2008/12/0224). Keinesfalls war die belangte Behörde befugt, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Abänderung des Bescheides der BH im Instanzenzug erstmals den Primärantrag des Beschwerdeführers abzuweisen.
Abschließend sieht sich der Verwaltungsgerichtshof noch zu folgender Feststellung veranlasst:
Die Auffassung, dass die Anhängigkeit von Beschwerden vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes einen Aufschubgrund im Sinne des § 54b Abs. 3 VStG darstellt - wie der Beschwerdeführer in seinem Primärantrag vom 8. Mai 2009 offenbar meint -, findet im Gesetz keine Deckung (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 21.10.1994, Zl. 94/17/0364, und vom 17.2.1995,
Zl. 94/17/0423).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.“
Im Lichte dieser Verwaltungsgerichtshofjudikatur, die eindeutig eine Entscheidung über den Hauptantrag verlangt und dem LVwG nicht zugesteht, den Bescheid durch Entscheidung über den Hauptantrag abzuändern, war der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Zu II.:
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Michaela Bismaier