LVwG-600592/12/Bi
Linz, 30.04.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau U K P, nunmehr vertreten durch Herrn RA Dr. C H, vom 5. November 2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 8. Oktober 2014, VerkR96-8241-2014, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 30. April 2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht e r k a n n t :
I.
Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und das in Beschwerde gezogene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
II.
Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin den Betrag von 12 Euro als Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.
III.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.6 Z1 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden verhängt sowie ihr gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt. Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, sie habe am 16. Juni 2014, 11.01 Uhr, den Pkw x (D) in der Gemeinde Ried/Innkreis auf der Braunauer Straße – Ecke Gartenstraße, Fahrtrichtung stadtauswärts, gelenkt und die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 11 km/h überschritten.
2. Dagegen hat die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht OÖ zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Am 30. April 2015 wurde eine (nicht beantragte) öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des nunmehrigen Rechtsvertreters Herrn RA Dr. C H durchgeführt. Der Vertreter der belangten Behörde war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.
3. Die Bf macht im Wesentlichen geltend, sie habe bereits mitgeteilt, dass sie den Pkw am 16. Juni 2014, 11.01 Uhr, nicht gelenkt habe sondern an diesem Tag in Nürnberg ihrem Ehrenamt nachgegangen sei. Sie habe auch mitgeteilt, dass sie nach so langer Zeit den Lenker ihres Fahrzeuges nicht mehr feststellen könne. Auf dem Foto sei der Lenker nicht erkennbar. Der Aufforderung vom 29. August 2014 sei sie nachgekommen. Sie habe auch bereits mitgeteilt, dass M S, auch eine ehrenamtliche Mitarbeiterin, bestätigen könne, dass sie zur Tatzeit in Nürnberg gewesen sei. Sie sei damit ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen und habe auch taugliche Beweise angeboten, dass sie ihr Fahrzeug nicht selbst gelenkt habe und sie daher an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.
Der Rechtsvertreter hat mit Schriftsatz vom 27. April 2015 die Beschwerde dahingehend ergänzt, die Bf sei als Halterin des Pkw nicht zur Führung von Aufzeichnungen verpflichtet gewesen, zumal sie nicht gewusst habe, dass der damalige Lenker nach Österreich fahren werde. Eine Frage dahingehend könne man von einem deutschen Fahrzeughalter, der sich in Deutschland aufhalte, nicht verlangen. Das Argument, sie sei die Lenkerin gewesen, weil sie ihrer Verpflichtung zur Lenkerauskunft nicht nachgekommen sei, falle damit weg.
4. Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Rechtsvertreter der Bf gehört und die bisherigen Ausführungen der Bf und der belangten Behörde berücksichtigt wurden.
Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:
Die Geschwindigkeit des auf die Bf als Halterin in Deutschland zugelassenen Pkw x wurde am 16. Juni 2014, 11.01 Uhr, im Ortsgebiet Ried/Innkreis, Braunauer Straße – Ecke Gartenstraße mittels stationärem Lasermessgerät Poliscan Speed bei im Ortsgebiet erlaubten 50 km/h mit 64 km/h gemessen und ein Foto angefertigt, das den Pkw von vorne zeigt. Wie bei Lasermessungen unter 10 km/h vorgeschrieben, wurden 3 km/h von der gemessenen Geschwindigkeit abgezogen und eine tatsächliche Geschwindigkeit von 61 km/h, also eine Überschreitung um 11 km/h, dem Tatvorwurf zugrundegelegt und seitens der belangten Behörde als Tatortbehörde eine Strafverfügung wegen Übertretung der StVO 1960 erlassen, die die Bf fristgerecht mit der Begründung beeinsprucht hat, sie habe sich zur Tatzeit nicht in Österreich aufgehalten.
Die Aufforderung zur Lenkerauskunft vom 29. August 2014 beantwortete die Bf damit, sie könne nach 7 Wochen nicht mehr sagen, wer der Lenker gewesen sei.
Im Schreiben vom 25. September 2014 gab sie an, sie sei zur genannten Zeit in Nürnberg gewesen, was M S bestätigen könne.
Daraufhin erging das in Beschwerde gezogene Straferkenntnis.
Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeugen, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren.
Die vorgeworfene Geschwindigkeit von 61 km/h hat die Bf nie in irgendeiner Weise angezweifelt. Ihre wiederholten Vorbringen betreffen ausschließlich die von der belangten Behörde auf sie bezogene Lenkereigenschaft. Um diese abzuklären, wurde die Verhandlung anberaumt (vgl VfGH 22.9.2011, B1369/10), zu der zu erscheinen die Bf offensichtlich nicht genug Anlass bestand.
Die damals noch nicht rechtsfreundlich vertretene Bf wurde in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 1. April 2015 aufgefordert, alle ihrem Rechtsstandpunkt dienlichen Tatsachen und Beweismittel vorzubringen bzw zur Verhandlung mitzunehmen oder diese so rechtzeitig bekanntzugeben, dass sie zur Verhandlung herbeigeschafft werden können.
Zur Verhandlung erschien ihr nunmehriger Rechtsvertreter, der aber zu den Ausführungen der Bf nichts sagen konnte, außer dass sie Pensionistin sei – die Bf ist 1949 geboren. Er wusste weder Näheres über die von ihr behauptete ehrenamtliche Tätigkeit in Nürnberg am 16. Juni 2014 noch war er in der Lage, genauere Angaben über M S zu machen, die ohne Angabe einer Adresse naturgemäß nicht eruiert bzw befragt werden konnte.
Dazu ist festzustellen, dass es sich bei der Frage, wer ein Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, um eine der Beweiswürdigung handelt (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116, 0117 ua).
Aufgrund des Verhaltens der Bf, die ihren Rechtsvertreter entgegen dem Ersuchen in der Ladung offensichtlich ohne weitere Information zur Verhandlung entsandt hat, war ihre Verantwortung, sie habe sich am 16. Juni 2014 zur Tatzeit 11.01 Uhr in Nürnberg aufgehalten, nicht nachvollziehbar und damit nicht ausreichend glaubwürdig.
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22.9.2011, B1369/10, unter Hinweis auf die Rechtsauffassung des EGMR ausgesprochen hat, indiziert es gerade keine unzulässige Überwälzung der Beweislast auf eine Zulassungsbesitzerin bzw Fahrzeughalterin, wenn die Betreffende logisch besehen als einzige als Lenker in Betracht kommende Person am Verfahren nicht mitwirkt oder auch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erscheint und demnach im Rahmen der Beweiswürdigung den Schluss zu ziehen ist, sie selbst habe die Verwaltungsübertretung, nämlich hier die Überschreitung der gesetzlich erlaubten Höchstgeschwindigkeit, begangen.
Daher hat sich die Bf als Zulassungsbesitzerin die Annahme ihrer eigenen Lenkereigenschaft bezogen auf das auf sie zugelassene Fahrzeug zurechnen lassen, zumal sie die Variante der Lenkereigenschaft einer anderen Person nicht so weit glaubhaft erscheinen lassen konnte, dass sie ihre eigene Lenkereigenschaft mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Demnach war auf der Grundlage der oben zitierten Rechtsprechung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes (VfGH) davon auszugehen, dass die Bf den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da auch keine Umstände hervorgekommen sind, die sie im Bereich der subjektiven Tatseite entlasten würden, ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.
Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit von einer Ersatzfreiheitsstrafe bis 2 Wochen reicht.
Die belangte Behörde hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit der Bf (bezogen auf den genannten Bezirk) berücksichtigt und keinen Umstand erschwerend gewertet. Die Bf hat sich zur Strafbemessung nicht geäußert und auch der Schätzung ihrer finanziellen Verhältnisse (1.300 Euro netto monatlich, durchschnittliches Vermögen, keine Sorgepflichten) nicht widersprochen, sodass diese auch im Beschwerdeverfahren zugrundezulegen war.
Das Landesverwaltungsgericht vermag daher nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten haben könnte. Die verhängte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen. Es besteht kein Anhaltspunkt für eine Strafherabsetzung. Damit soll auch die Bf in Zukunft zur genauesten Beachtung von Geschwindigkeitsbeschränkungen (zumindest) auf österreichischen Straßen veranlasst werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Gemäß § 52 Abs.1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Gemäß Abs.2 ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Zu III.:
Die ordentliche Revision des Beschwerdeführers ist auf der Grundlage des § 25a Abs.4 VwGG nicht zulässig – gemäß dieser Bestimmung ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs.6 Z1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache 1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und 2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde.
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Bissenberger