LVwG-250051/2/Sch/CG

Linz, 25.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde der Frau S S gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26. Mai 2015, GZ: Bi11-3-2015, betreffend Abweisung des Antrages der Obgenannten auf Genehmigung des sprengelfremden Schulbesuches des Kindes M S, geb. x 2005, in der Neuen Mittelschule (NMS) Raab,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1.  Mit Bescheid vom 26. Mai 2015, GZ: Bi11-3-2015, hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding den Antrag der Frau S S vom 2. Februar 2015 auf sprengelfremden Schulbesuch ihrer Tochter M S in der NMS Raab gemäß § 47 Abs.5 Z.2 Oö. Pflichtschulorganisationsgesetz 1992 (Oö. POG 1992), LGBl. Nr. 35/1992 idgF., abgewiesen.

Die Entscheidung durch die Behörde war gemäß § 47 Abs. 1 Oö. POG 1992 geboten, da es zu keiner Einigung zwischen den beteiligten Gemeinden Riedau und Raab gekommen war.

Die Marktgemeinde Raab als Schulerhalter der sprengelfremden Schule erteilte zwar die Zustimmung, nicht jedoch die sprengelzuständige Marktgemeinde Riedau.

 

2. Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Bescheid rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese ist von der belangten Behörde samt bezughabendem  Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt worden. Damit ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zur Entscheidung durch  den zuständigen Einzelrichter im Sinne des § 2 VwGVG gegeben. 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs.4 VwGVG abgesehen werden.

 

3. Im ursprünglichen Ansuchen an die Marktgemeinde Raab findet sich als Begründung für den beantragten sprengelfremden Schulbesuch der bloße Hinweis auf an der NMS Raab angebotenen Schwerpunkte, welche für das Kind besser passen würden.

Diese Gründe wurden im Schreiben der Marktgemeinde Raab vom 12. März 2015, mittels welchem der Antrag an die belangte Behörde weitergeleitet wurde, näher präzisiert. Demnach habe sich die Schülerin M beim Tag der offenen Tür in der NMS Raab sehr wohl gefühlt und sei begeistert gewesen.

Es gebe an der NMS Raab eine Theatergruppe, die die Schülerin gerne besuchen möchte.

Die Antragstellerin selbst sei gebürtige Raaberin und habe eine starke Verbindung zu diesem Ort. Auch die Busverbindung von Zell an der Pram nach Raab sei gewährleistet.

 

Im Beschwerdeschriftsatz vom 11. Juni 2015 stellen sich die Gründe für den sprengelfremden Schulbesucher allerdings anders dar. Hier verweist die Beschwerdeführerin auf den Umstand, dass ihre Tochter die gesamte Volksschulzeit über von einigen Mitschülern/innen ständig schikaniert, gemobbt und beleidigt worden sei. Dieses Mobbing habe immer in den Pausen nach gleichem Muster stattgefunden, damit nie ein Lehrer wirklich Augenzeuge habe werden können. Es sei auch mit Gegenständen nach der Tochter in den Pausen geschossen worden. Die Beschwerdeführerin befürchtet im Falle des Besuches der Sprengelschule deshalb ernsthafte gesundheitliche Folgen für ihre Tochter.

Der Beschwerde angefügt wurde ein ärztliches Attest Dris. M G, Ärztin für Allgemeinmedizin, wo es heißt, „aus derzeitiger ärztlicher Sicht wäre ein sprengelfremder Schulbesuch für M S sehr anzuraten“. Eine Begründung enthält diese ärztliche Stellungnahme nicht.

 

4. Gemäß § 47 Abs.5 Z.2 Oö. POG 1992 kann die Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches versagt werden, wenn die mit dem sprengelfremden Schulbesuch für den Schulpflichtigen verbundenen Vorteile die bei der Schulsprengelfestsetzung zu berücksichtigenden Interessen nicht überwiegen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Bestimmung des § 47 Abs.5 Z.2 Oö. POG 1992 um eine Ermessensentscheidung. Die Ermessensübung ist allerdings nur bei Nichtüberwiegen der Vorteile für den Schulpflichtigen eingeräumt. Ergibt hingegen diese Interessensabwägung, dass die Vorteile für den Schüler die bei der Sprengelfestsetzung zu berücksichtigenden Interessen überwiegen, darf die Bewilligung nicht versagt werden (VwGH 26.04.1993, 92/10/0362).

 

5. Wie schon dargelegt, finden sich in der Beschwerdeschrift andere Gründe für den angestrebten sprengelfremden Schulbesuch, als jene, die im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgebracht worden waren.

Unbeschadet dessen soll auch auf die ursprünglich angeführte Begründung eingegangen werden. Die Tatsache, dass einem Schüler bzw. einer Schülerin am Tag der offenen Tür die besuchte Schule gut gefallen hat, ist eine zweifellos positive Feststellung. Diese Frage hat allerdings mit dem Schulsprengel an sich nichts zu tun, jedenfalls kann damit ein Begehren nach einem sprengelfremden Schulbesuch nicht gestützt werden. Auch der Hinweis auf den möglichen Besuch einer Theaterspielgruppe im Rahmen des Schulbetriebes reicht nicht aus, um Auswirkungen auf den Pflichtsprengelschulbesuch bewirken zu können. Entsprechende Talente oder Vorlieben eines Schulkindes können auch auf andere Weise gefördert werden, ohne dass deshalb der Pflichtschulsprengel verlassen werden müsste.

Die Schulbusverbindungen sind schließlich generell so eingerichtet, dass sie im Regelfall auch keine Vorteile für einen Schulpflichtigen bringen können, wenn anstelle des Schulbusses in die Sprengelschule jener in die sprengelfremde Schule benützt werden würde.

 

6. Zur Begründung in der Beschwerdeschrift, die im verwaltungsbehördlichen Verfahren von der Beschwerdeführerin noch nicht vorgebracht worden war, ist folgendes zu bemerken:

Grundsätzlich ist es Aufgabe des Lehrpersonals einer Schule – neben dem Vermitteln des Unterrichtsstoffes –, auch dafür zu sorgen, dass der Schulbetrieb so abläuft, dass kein Kind in dem von der Beschwerdeführerin geschilderten Ausmaß über Jahre hinweg von Mitschülerinnen und Mitschülern gemobbt und schikaniert werden kann. Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist es nicht nachvollziehbar, weshalb es im vorliegenden Fall in der Volksschule nicht gelungen sein könnte, solche Missstände abzustellen. Ebenso unverständlich erscheint, wie es die Volksschulkinder, die in diesem Alter ja bekanntermaßen noch nicht mit einem derartigen Geschick vorgehen können, dass dem Lehrer bzw. der Lehrerin ihr Tun und ihr Verhalten auf längere Zeit verborgen bliebe, zu Wege gebracht haben sollten, jahrelang die Schülerin M S zu schikanieren. Auch ist es nicht nachvollziehbar, weshalb Volksschulkinder ein solches Verhalten an den Tag legen sollten, sich also eine Klassenkameradin herauszusuchen und über Jahre hinweg in den Pausen zu mobben und zu schikanieren.

Wenn die Eltern eines Schulkindes von diesem entsprechende Informationen erhalten und vermeinen, hier würde seitens der Schule von sich aus zu wenig oder nicht dagegen gesteuert, wäre es naturgemäß geboten, umgehend Kontakt mit der Schulleitung bzw. dem Lehrpersonal aufzunehmen.

 

Die Beschwerdeführerin führt die gesundheitlichen Probleme ihrer Tochter – morgendliches Unwohlsein, Bauch- und Kopfschmerzen – auf das von ihr geschilderte Verhalten der Mitschüler zurück, ohne andere Gründe in Betracht zu ziehen. So etwa kann der Volksschulbesuch für ein Kind bei gewisser Persönlichkeitsstruktur überhaupt mit dem einen oder anderen Problem verbunden sein, unabhängig von der konkreten Schule bzw. den Mitschülern.

 

7. Vorliegend steht für die Schülerin M S jedenfalls ein Schulwechsel an. Damit sind neue Herausforderungen und Eindrücke verbunden. Auch die Klassengemeinschaft wird sich nicht als identisch mit jener in der Volksschulzeit erweisen. Dazu kommt auch noch, dass Schulkinder mit dem Alter naturgemäß reifer werden und entsprechende andere Interessen und Vorlieben entwickeln, auch der Umgang mit Klassenkameraden ändert sich altersbedingt.

Die Einschätzung einer schulischen Situation durch einen Elternteil ist zwar zu respektieren, als Begründung für einen sprengelfremden Schulbesuch bedarf es aber entsprechender nachvollziehbarer Umstände, die eine solche Entscheidung begründbar machen.

Warum gerade der Besuch der sprengelfremden Neuen Mittelschule die von der Beschwerdeführerin geschilderten Probleme der Schülerin M S lösen sollte, ergibt sich weder nachvollziehbar aus der Beschwerdeschrift noch aus der allgemeinärztlichen Stellungnahme Dris. G.

 

8. Abschließend soll hier noch grundsätzlich folgendes festgehalten werden:

Gemäß § 39 Abs.1 Oö. POG 1992 hat für jede öffentliche Pflichtschule ein Schulsprengel zu bestehen. Der Gesetzgeber verpflichtet also die Behörde zur Errichtung von Pflichtschulsprengeln.

In Bezug auf die Sprengel für Neue Mittelschulen gibt § 42 Abs.2 Oö. POG 1992 vor, dass der Pflichtsprengel das Gebiet umfasst, in dem jene nach den die Schulpflicht regelnden Vorschriften für den Besuch einer öffentlichen Neuen Mittelschule in Betracht kommenden Kinder wohnen, denen der Besuch dieser Schule hinsichtlich des Schulweges zugemutet werden kann.

Hat die Behörde nach diesen Vorgaben einen Schulsprengel festgesetzt, so ist der Besuch der Sprengelschule der Regelfall. Damit soll letztlich auch bewirkt werden, dass der Bestand der jeweiligen Pflichtschule gesichert ist, um den zumutbaren Schulweg für die Schüler auf Dauer zu erhalten. Der Umstand, dass die Anzahl der Pflichtschüler in den letzten Jahren eher zurückgeht, sollte allgemein bekannt sein. So sind nach den veröffentlichten Zahlen im Bundesland Oberösterreich seit dem Jahr 2009 72 Volks-, Sonder-, Haupt- und Neue Mittelschulen geschlossen worden. Im Jahr 2015 trifft dies für 4 Volksschulen zu und mit späteren Auswirkungen wohl auch auf darauf aufbauende Pflichtschulen.

In Anbetracht all dieser Erwägungen kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches  im vorliegenden Fall versagt hat.

 

 

Zu II.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

S c h ö n