LVwG-890001/2/Bm/AK

Linz, 25.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier über die Beschwerde der A S GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, Z, F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21. Juli 2015, GZ: Ge20-122-2015, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid der Bezirks­hauptmannschaft Freistadt vom 21. Juli 2015, GZ: Ge20-122-2015, ersatzlos behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I.:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21. Juli 2015,
GZ: Ge20-122-2015, wurde über die A S GmbH, F,
F (in der Folge: Bf), eine Zwangsstrafe von 350 Euro bzw. eine Haft von 24 Stunden im Grunde des § 5 VVG verhängt.

Begründend wurde nach Zitierung der anzuwendenden Gesetzesvorschriften aus­geführt, mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 29. Dezember 2014 sei die Bf zur Einstellung des Betriebes des LKW-Stellplatzes im nordöstlichen Bereich des Betriebsareals an der Adresse F,
F, mit sofortiger Wirkung verpflichtet worden. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 2. Juli 2015 wurde der Bf angedroht, dass bei einem weiteren Zuwiderhandeln gegen die Unterlassungspflicht des ange­gebenen Bescheides dieser dadurch vollstreckt werde, dass die Erfüllung der Ver­pflichtung mit einer Zwangsstrafe in Höhe von 350 Euro bzw. einer Haft von
24 Stunden vollstreckt werde.

Am 17. Juli 2015 sei, nach wiederholten Anzeigen der Nachbarschaft, über behördliche Anordnung eine Überprüfung des gegenständlichen Betriebsareals durch die Polizeiinspektion Freistadt erfolgt, wobei festgestellt worden sei, dass der Betrieb des LKW-Stellplatzes im nordöstlichen Bereich des Betriebsareals an der Adresse F, F, dadurch nicht eingestellt worden sei, dass um 16.15 Uhr ein LKW-Anhänger (behördliches Kennzeichen x) im nordöstlichen Grundstücksbereich geparkt vorgefunden worden sei. Damit sei erwiesen, dass die Bf die bescheidmäßige Verpflichtung nicht erfüllt habe und sei somit diese zu vollstrecken.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Bf durch ihren Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Beschwerde eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, die Behauptung im angefochtenen Bescheid, dass die Bf sich an die Verfahrens­anord­nung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt nicht gehalten hätte, sei unrichtig.

Am 17. Juli 2015 sei von der Bf im nordöstlichen Bereich kein LKW abgestellt worden. Wohl habe ein LKW-Anhänger ohne Zugfahrzeug in diesem Bereich gestanden, an diesem LKW-Anhänger sei gearbeitet worden bzw. seien Entlade­arbeiten notwendig gewesen. Im Übrigen beziehe sich die Verfahrensanordnung nur auf die Einstellung des Betriebes des LKW-Stellplatzes und nicht auf das Abstellen von Anhängern. Hätte daher die Bezirkshauptmannschaft Freistadt auch das Abstellen von LKW-Anhängern in diesem Bereich untersagt, hätte dies in die entsprechende Verfahrensanordnung einfließen müssen. Nachdem dies nicht erfolgt sei und wir der Aufforderung der Behörde, keinen LKW abzustellen, nachgekommen seien, sei die Zwangsstrafe zu Unrecht verhängt worden.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde gemeinsam mit dem bezug­habenden Verwaltungsverfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich (LVwG) zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Ver­fahrensakt.

Da sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Im Rahmen gewerbebehördlicher Überprüfungen des Betriebsstandortes der A S GmbH im Standort F, F, wurde von der belangten Behörde festgestellt, dass die A S GmbH am genannten Standort eine gewerbliche Betriebsanlage, nämlich einen LKW-Abstell­platz im nordöstlichen Bereich des Betriebsareals, errichtet hat und betreibt.

Mit Verfahrensanordnung vom 12. Dezember 2014 wurde die A S GmbH im Grunde des § 360 Abs. 1 GewO 1994 aufgefordert, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen, indem der Betrieb des nicht genehmigten LKW-Abstellplatzes mit sofortiger Wirkung zur Gänze einge­stellt wird.

Am 20. Dezember 2014 erfolgte über behördliche Anordnung eine polizeiliche Überprüfung des Betriebsareals, wobei festgestellt wurde, dass der Betrieb des LKW-Stellplatzes im nordöstlichen Bereich des Betriebsareals nicht eingestellt worden ist. Zum Überprüfungszeitpunkt befand sich ein LKW (Tankfahrzeug) mit dem Kennzeichen x im nordöstlichen Bereich des Betriebsareals.

Daraufhin wurde der Bf mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 29. Dezember 2014 gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 aufgetragen, „den Betrieb des LKW-Stellplatzes im nordöstlichen Bereich des Betriebsareals an der Adresse F, F, mit sofortiger Wirkung zur Gänze einzustellen“.

Mit Schreiben vom 2. Juli 2015 wurde der Bf von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt eine Zwangsstrafe in Höhe von 350 Euro für den Fall angedroht, dass sie der mit Bescheid vom 29. Dezember 2014, GZ: Ge20-122-2014, vorgeschrie­benen Ver­pflichtung nicht nachkomme.

Am 17. Juli 2015 wurde am gegenständlichen Standort eine polizeiliche Über­prüfung durchgeführt und im nordöstlichen Bereich des Betriebsareals ein abge­stellter Anhänger vorgefunden. Mit Bescheid der belangten Behörde vom
21. Juli 2015 wurde über die Bf die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von
350 Euro verhängt.

 

Das hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich eindeutig aus dem Akteninhalt.

 

5. Hierüber hat das LVwG erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs. 1 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unter­lassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffen­heit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

 

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwider­handeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.

 

Nach § 10 Abs. 1 leg.cit. sind auf das Vollstreckungsverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechts­mittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des
IV. Teiles des AVG, sinngemäß anzuwenden.

 

Nach Abs. 2 des § 10 VVG hat die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung keine aufschiebende Wirkung.

 

5.2. Die Bf erachtet den angefochtenen Bescheid unter anderem deshalb für rechtswidrig, da der Anordnung im Titelbescheid vom 29. Dezember 2014 ent­gegen der Annahme der belangten Behörde sehr wohl entsprochen worden sei. Demnach sei die Bf nämlich lediglich aufgefordert worden, den Betrieb des LKW-Stellplatzes im nordöstlichen Bereich des Betriebsareals einzustellen, davon seien jedoch nur LKW umfasst und nicht Anhänger.

 

Mit diesen Ausführungen ist die Bf im Ergebnis im Recht.

Voraussetzung für eine Vollstreckung nach den Bestimmungen des VVG ist, dass ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflich­teten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung inner­halb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsver­fahrens nicht nachgekommen ist (vgl. VwGH 21.11.2012, 2008/07/0235, mwN).

 

Vorliegend wurde der Bf im Titelbescheid vom 29. Dezember 2014 aufgetragen, den Betrieb des LKW-Stellplatzes im nordöstlichen Bereich des Betriebsareals an der Adresse F, F, mit sofortiger Wirkung zur Gänze ein­zustellen. Die von der belangten Behörde gewählte Formulierung bezieht sich auf das Abstellen von LKW, explizit wird auf Anhänger nicht Bezug genommen; die Anordnung enthält keinen eindeutigen Inhalt dahingehend, dass vom „Abstell­ver­bot“ auch Anhänger umfasst sind. Zwar könnte man die Auffassung vertreten, dass umgangssprachlich unter „LKW“ auch Anhänger zu verstehen sind, aller­dings ist im vorliegenden Fall eine solche weitere Auslegung nicht tunlich, da nach dem Verfahrensgang erkennbar ist, dass bei den behördlichen Über­prüfungen Lärmbe­lästigungen durch LKW im Vordergrund standen. Davon ausgehend, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Bescheidadressat das Abstellen von Anhängern nicht von der Verpflich­tung mitumfasst gesehen hat. Auch wenn die Anforderungen an die Bestimmtheit nicht überspannt werden dürfen, ist dementsprechend bei der Anführung „LKW-Stellplatz“ von einer nicht ausreichend bestimmten Formulierung auszugehen.

 

Da sohin die belangte Behörde im Titelbescheid keine verbindliche Anordnung des Nichtabstellens von Anhängern getroffen hat, konnte sie nicht davon ausge­hen, dass die Verpflichtete ihrer Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist nicht entsprechend nachgekommen ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gleichwohl für dieses Verfahren nicht relevant, wird darauf hingewiesen, dass es zweckmäßig erscheint, im Bescheid über die Zwangsstrafe den entsprechenden Titelbescheid anzuführen.

 

 

Zu II.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 


H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Michaela Bismaier