LVwG-070002/2/Gf/Rt

Linz, 17.08.2015

B E S C H L U S S

 

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof aus Anlass der auf Art. 130 Abs. 1 Z. 3 B-VG gestützten Säumnisbeschwerde der Dr. K GmbH, vertreten durch RA Dr. P, wegen Nichterlassung eines Bescheides durch den Landeshauptmann von Oberösterreich nach dem Zahnärztegesetz

 

 

 

b e s c h l o s s e n:

 

 

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 17 VwGVG i.V.m. § 6 Abs. 1 AVG an den Landeshauptmann für Oberösterreich weitergeleitet.

 

 

II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den        Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.


 

 

B e g r ü n d u n g

 

 

 

I.

 

 

1. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich vom 12. Juni 2014, LVwG-050024/3/Gf/UD/Rt, wurde der von der Rechtsmittelwerberin gegen den wegen eines Antrages auf Zulassung einer Gruppenpraxis nach dem Zahnärztegesetz ergangenen Zurückweisungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. März 2014, Zl. Ges-060450/6-2014-Hi, erhobenen Beschwerde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter und dritter Satz VwGVG insoweit stattgegeben,  als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Rechtssache dem Landeshauptmann von Oberösterreich zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen wurde.

 

2. Mit Telefax vom 12. August 2015 hat die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich eine auf Art. 130 Abs. 1 Z. 3 B-VG gestützte Säumnisbeschwerde eingebracht und dazu begründend ausgeführt, dass von der belangten Behörde über ihren am 13. Februar 2013 eingebrachten Antrag auf Gründung einer Gruppenpraxis bislang noch immer nicht entschieden worden sei.

 

Da die Verzögerung ausschließlich auf das Verschulden der Behörde zurückzuführen sei, wird beantragt, dass das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich der vorliegenden Säumnisbeschwerde stattgeben und die begehrte Bewilligung erteilen möge.

 

 

3. Über diese Beschwerde hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:

 

 

3.1. Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl I 51/2012 wurde der Rechtsbehelf gegen Säumnis der Behörde insofern neu konzipiert, als nunmehr – entgegen der früheren Rechtslage – im  Falle einer Verletzung der gesetzlichen Entscheidungsfrist durch die (letztinstanzliche) Behörde die Zuständigkeit zur Sachentscheidung nicht unmittelbar auf das Verwaltungsgericht übergeht: Vielmehr ordnet § 16 Abs. 1 VwGVG insoweit an, dass die Behörde – im Wege einer Ermessensentscheidung – innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen kann.

 

Wird eine Säumnisbeschwerde erhoben, wird dadurch der der Behörde materiengesetzlich zugestandene Entscheidungszeitraum (in der Regel sechs Monate; vgl. § 73 Abs. 1 AVG) schon ex lege um eine Frist von (höchstens) drei Monaten erweitert.

 

Erlässt die Behörde den Bescheid innerhalb dieses (erweiterten) Zeitraumes oder wurde dieser bereits vor der Einleitung des Säumnisbeschwerdeverfahrens erlassen, so ist dieses Verfahren vom Verwaltungsgericht einzustellen.

 

Innerhalb dieser Zusatzfrist stellt sich also die rechtliche Situation so dar, dass die Zuständigkeit zur Bescheiderlassung – und damit zur „Führung der Verwaltung“ – noch nicht auf die Staatsfunktion „(Verwaltungs-)Gerichtsbarkeit“ übergeht, sondern weiterhin bei der Behörde verbleibt; dem Verwaltungsgericht kommt während dieses Zeitraumes sohin gleichsam nur die Aufgabe eines „Überwachungsorganes“ ohne eigenständige Eingriffskompetenzen zu.

 

3.2. Holt die Behörde während der Zusatzfrist den Bescheid hingegen nicht bzw. nicht zeitgerecht nach, so hat sie dem Verwaltungsgericht gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG die Säumnisbeschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

 

Erst mit dem Zeitpunkt, zu dem das Vorlageschreiben die Einflusssphäre der Behörde verlassen hat, geht die Zuständigkeit zur Sachentscheidung auf das Verwaltungsgericht über.

 

3.3. Vor dem Hintergrund dieser Neukonzeption folgt daher aus § 12 VwGVG, dass (auch) Säumnisbeschwerden nicht (wie nach dem System vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl I 51/2012) unmittelbar beim Verwaltungsgericht, sondern bei der Behörde einzubringen sind.

 

3.4. Da das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zur Behandlung der gegenständlichen Beschwerde (derzeit) objektiv besehen sowohl sachlich als auch funktionell unzuständig ist, war diese sohin gemäß § 17 VwGVG i.V.m. § 6 Abs. 1 AVG an den Landeshauptmann für Oberösterreich weiterzuleiten.

 

 

 

IV.

 

 

Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil es sich zum einen hierbei bloß um eine verfahrensleitende Verfügung i.S.d. § 31 Abs. 2 VwGVG handelt und zum anderen im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen weder fehlt (vgl. z.B. VwGH vom 27. Mai 2015, Ra 2015/19/0075) noch diese uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wurde.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen diesen Beschluss kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

 

LVwG-070002/2/Gf/Rt vom 17. August 2015

 

Beschluss

 

 

Normen:

Art. 130 Abs. 1 Z. 3 B-VG;

§ 12 VwGVG;

§ 16 VwGVG;

§ 31 VwGVG;

§ 6 AVG;

§ 73 AVG

 

Rechtssätze:

 

* Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl I 51/2012 wurde der Rechtsbehelf gegen Säumnis der Behörde insofern neu konzipiert, als nunmehr – entgegen der früheren Rechtslage – im  Falle einer Verletzung der gesetzlichen Entscheidungsfrist durch die (letztinstanzliche) Behörde die Zuständigkeit zur Sachentscheidung nicht unmittelbar auf das VwG übergeht: Vielmehr ordnet § 16 Abs. 1 VwGVG insoweit an, dass die Behörde – im Wege einer Ermessensentscheidung – innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen kann. Wird eine Säumnisbeschwerde erhoben, wird dadurch der der Behörde materiengesetzlich zugestandene Entscheidungszeitraum (in der Regel sechs Monate; vgl. § 73 Abs. 1 AVG) schon ex lege um eine Frist von (höchstens) drei Monaten erweitert. Erlässt die Behörde den Bescheid innerhalb dieses (erweiterten) Zeitraumes oder wurde dieser bereits vor der Einleitung des Säumnisbeschwerdeverfahrens erlassen, so ist dieses Verfahren vom VwG einzustellen. Innerhalb dieser Zusatzfrist stellt sich also die rechtliche Situation so dar, dass die Zuständigkeit zur Bescheiderlassung – und damit zur „Führung der Verwaltung“ – noch nicht auf die Staatsfunktion „(Verwaltungs-)Gerichtsbarkeit“ übergeht, sondern weiterhin bei der Behörde verbleibt; dem VwG kommt während dieses Zeitraumes sohin gleichsam nur die Aufgabe eines „Überwachungsorganes“ ohne eigenständige Eingriffskompetenzen zu. Holt die Behörde während der Zusatzfrist den Bescheid hingegen nicht bzw. nicht zeitgerecht nach, so hat sie dem VwG gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG die Säumnisbeschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Erst mit dem Zeitpunkt, zu dem das Vorlageschreiben die Einflusssphäre der Behörde verlassen hat, geht die Zuständigkeit zur Sachentscheidung auf das VwG über.

 

* Vor dem Hintergrund dieser Neukonzeption folgt daher aus § 12 VwGVG, dass (auch) Säumnisbeschwerden nicht (wie nach dem System vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl I 51/2012) unmittelbar beim VwG, sondern bei der Behörde einzubringen sind. Da das VwG zur Behandlung der gegenständlichen Beschwerde vorerst objektiv besehen sowohl sachlich als auch funktionell unzuständig ist, war diese sohin gemäß § 17 VwGVG i.V.m. § 6 Abs. 1 AVG an den LH für weiterzuleiten.

 

* Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil es sich hierbei bloß um eine verfahrensleitende Verfügung i.S.d. § 31 Abs. 2 VwGVG handelt.

 

Schlagworte:

Säumnis; Einbringung; Zuständigkeitsübergang; Verwaltungsführung; Ermessen; Weiterleitung; Beschluss, verfahrensleitender.