LVwG-800151/2/Bm/AK

Linz, 06.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn A P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, x, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28. Mai 2015, GZ: 0035031/2012, betreffend ein Verfahren nach § 54b Abs. 3 VStG

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I.:

 

1.1. Mit Eingabe vom 9. Dezember 2013 beantragte Herr A P (in der Folge: Beschwerdeführer - Bf) die Gewährung eines Zahlungsaufschubes betref­fend das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
7. Juni 2013, GZ: 0035031/2012.

 

Begründend wurde vom Bf ausgeführt, er habe gegen dieses Straferkenntnis Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ein­gebracht, welcher mit Erkenntnis vom 13. November 2013 nicht stattgegeben worden sei. Demnach wäre der Bf zur Zahlung von insgesamt 474,50 Euro ver­pflichtet worden.

Der Antragsteller beabsichtige, gegen das Erkenntnis des Unabhängigen Verwal­tungssenates des Landes Oberösterreich in offener Frist Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben.

 

Bei einem Antrag auf Aufschub oder Teilzahlung einer Geldstrafe sei insbeson­dere die Höhe der Strafe, das Einkommen des Bestraften, seine Sorge­pflichten und sein eigener Unterhalt zu berücksichtigen. Eine „wirtschaftliche Notlage“ sei nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht erforderlich.

 

Sollte der Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof Folge gegeben werden, wäre eine Bestrafung des Antragstellers und die Einhebung der Strafe schon aus diesem Grunde unzulässig. Bei einem Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes handle es sich um einen leicht absehbaren Zeit­raum, während dessen auch die Verjährung gehemmt wäre, sodass der bean­tragte Zahlungsaufschub im Sinne des § 54b VStG jedenfalls angemessen sei.

 

Vom Bf wurden in dieser Eingabe folgende Anträge gestellt:

„Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz möge

a)   dem Antragsteller Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung über die von ihm einzubringende Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bewilligen; in eventu

b)   dem Antragsteller die Abstattung der Geldstrafe samt Kostenbeiträgen und Nebenkosten in monatlichen Raten zu je 40 Euro, beginnend mit Februar 2014, bewilligen.“

 

1.2. Vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz wurde am 28. Mai 2015,
GZ: 0035031/2012, ein Teilzahlungsbescheid mit folgendem Spruch erlassen:

 

„Teilzahlungsbescheid

Sie sind verpflichtet, gemäß Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landes­haupt­­stadt Linz vom 07.06.2013, GZ: 0035031/2012, in der Fassung des Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates für Oberösterreich vom 13.11.2013, VwSen-222704/14/Bm/TK, insgesamt 365,-- Euro zu zahlen.

Mit Ansuchen vom 09.12.2013 haben Sie bei uns einen Antrag auf Teilzahlung eingebracht.

Aufgrund Ihres Ansuchens wird die Entrichtung des Betrages in folgenden Teilen bewilligt:

....“

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist durch seine anwalt­liche Vertretung Beschwerde eingebracht und in dieser im Wesentlichen ausge­führt, der Antrag des Bf vom 9. Dezember 2013 sei ausdrücklich primär auf die Gewährung eines Zahlungsaufschubes gerichtet, der Antrag auf Abstattung der Geldstrafe samt Kostenbeiträgen und Nebenkosten in monatlichen Raten sei als Eventualantrag formuliert worden.

Das Wesen eines Eventualantrages liege darin, dass er unter der aufschiebbaren Bedingung gestellt werde, dass der Primärantrag erfolglos bleibe. Werde der Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belaste dies die Erledigung jedenfalls mit Rechtswidrigkeit. Vor Entscheidung des Primärantrages bestehe nämlich keine Zuständigkeit zur Entscheidung über den Eventualantrag. Die belangte Behörde sei daher zur Entscheidung über den Antrag auf Gewäh­rung von Ratenzahlung nicht zuständig gewesen, weshalb der Bescheid jedenfalls zu beheben sein werde.

Hinsichtlich der eventualiter beantragten Ratenzahlung werde vorsichtshalber vorgebracht, dass der Bf in seinem Eventualantrag auf Gewährung von Zahlungs­aufschub ausdrücklich auch den Antrag gestellt habe, die Verwaltungs­straf­behörde erster Instanz möge dem Antragsteller die Abstattung der Geldstrafe samt Kostenbeiträgen und Nebenkosten in monatlichen Raten bewilligen. Er habe somit ausdrücklich die Einbeziehung der Nebenkosten beantragt. Es gebe keinen sachlich zu rechtfertigenden Grund, Verfahrenskostenersätze anders zu behan­deln als Strafbeträge, für den Bestraften würden sie dieselbe Wirkung wie Straf­beträge haben.

 

Es werden die Anträge gestellt, das Oö. Landesverwaltungsgericht möge

-       eine mündliche Verhandlung durchführen sowie

-       der Beschwerde Folge geben, den Teilzahlungsbescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, vom 28.05.2015 aufheben und der Verwaltungsbehörde erster Instanz zunächst eine Entscheidung über den Primärantrag des Beschwerdeführers auftragen; in eventu

-       der Beschwerde Folge geben, den Teilzahlungsbescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, vom 28.05.2015 dahingehend abändern, dass dem Beschwerdeführer hinsichtlich des gesamten Betrages von 474,50 Euro Ratenzahlung gewährt wird; in eventu

-       der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Teilzahlungsbescheid aufheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Verwaltungsbehörde erster Instanz zurückverweisen.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungs­akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) zur Entscheidungs­findung vorgelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Da der angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

5. Das LVwG hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 54b Abs. 3 VStG hat die Behörde einem Bestraften, dem aus wirt­schaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder eine Teilzahlung zu bewilligen.

 

5.2. Der Bf stützt sich in seiner Beschwerde offenbar auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.11.2009, Zl. 2009/07/0136.

 

In diesem Erkenntnis führt der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:

 

Wie sich aus der Wiedergabe des Bescheides der BH vom 19. Mai 2009 ergibt, hat diese lediglich über das ‚Ansuchen um Teilzahlung‘ abgesprochen. Allein der Eventualantrag war somit Gegenstand des mit ‚Teilzahlungsbescheid‘ überschrie­benen Bescheidspruches. Auch der ‚Betreff‘ dieses Bescheides bezieht sich aus­schließlich auf die ‚Entrichtung einer Geldstrafe in Teilbeträgen‘. Damit steht der Auslegung der belangten Behörde, wonach die BH über den Primärantrag des Beschwerdeführers auf Zahlungsaufschub ‚indirekt‘ entschieden habe, bereits der eindeutige Wortlaut des Bescheidspruches der BH vom 19. Mai 2009, der keine Zweifel an seinem Inhalt aufkommen lässt, entgegen. Der Primärantrag des Beschwerdeführers war somit nicht Gegenstand dieses Bescheidspruches der BH.

Das Wesen eines Eventualantrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird ein Eventual­antrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Eine solche Unzustän­digkeit der BH hätte die belangte Behörde von Amts wegen aufzugreifen gehabt. Der erstinstanzliche Bescheid wäre von der belangten Behörde ersatzlos zu beheben gewesen (vgl. u.v.a. die hg. Erkenntnisse vom 28.4.2008,
Zl. 2005/12/0148, und vom 5.9.2008, Zl. 2007/12/0078, sowie den hg. Beschluss vom 4.2.2009, Zl. 2008/12/0224).
Keinesfalls war die belangte Behörde befugt, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Abänderung des Bescheides der BH im Instanzenzug erstmals den Primärantrag des Beschwerdeführers abzuweisen.

 

Abschließend sieht sich der Verwaltungsgerichtshof noch zu folgender Feststel­lung veranlasst:

 

Die Auffassung, dass die Anhängigkeit von Beschwerden vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes einen Aufschubgrund im Sinne des § 54b Abs. 3 VStG darstellt - wie der Beschwerdeführer in seinem Primärantrag vom 8. Mai 2009 offenbar meint -, findet im Gesetz keine Deckung (vgl. dazu etwa die hg. Erkennt­nisse vom 21.10.1994, Zl. 94/17/0364, und vom 17.2.1995,
Zl. 94/17/0423).

 

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.“

 

Im Lichte dieser Verwaltungsgerichtshofjudikatur, die eindeutig eine Entschei­dung über den Hauptantrag - sei es durch Abweisung, sei es durch Zurückweisung - verlangt, war der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

Zu II.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 


 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Michaela Bismaier