LVwG-750290/3/SR/BD

Linz, 14.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des Dr. E. C., vertreten durch S., C. & P. Rechtsanwälte GmbH, xstraße 1, W., vom 7. August 2015, gegen den Bescheid der Berichtigungskommission der Stadt Wels vom 4. August 2015, GZ: BZ-WS-41-2015, betreffend einen Berichtigungsantrag gegen das Wählerverzeichnis,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 VwGVG iVm. §§ 18 Abs. 2 und 22 der Oö. Kommunalwahlordnung, LGBl 1996/81 idF LGBl 2015/34, wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und verfügt, dass Frau Mag. Dr. K. I. Z., geboren am x, W., xstraße 7, aus dem Wählerverzeichnis der Stadt Wels (Wahlsprengels x, lfd Nr. x) zur Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am 27. September 2015 zu streichen ist.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Berichtigungsantrag vom 27. Juli 2015 erhob der nunmehrige Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 20 Kommunalwahlordnung und § 23 Landtagswahlordnung Einspruch gegen das Wählerverzeichnis der Gemeindewahlbehörde des Magistrates der Stadt Wels betreffend Frau Mag. Dr. K. I. Z. und begründete dies wie folgt:

 

Gemeinsam mit der Kundmachung vom 14.07.2015 betreffend die kommende Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl wurde dem Antragsteller das Wählerverzeichnis für die hier maßgebliche Liegenschaftsadresse xstraße 7 übermittelt.

In diesem Wählerverzeichnis wird unter der Nummer x Frau Mag. Dr. K. I. Z. angeführt, die jedoch an der hier gegenständlichen Adresse tatsächlich nicht wohnhaft ist. Vielmehr steht aufgrund eigener Wahrnehmungen des Antragstellers sowie dessen Ehegattin, Frau Dr. C. C., fest, dass der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen von Frau Mag. Dr. Z. jedenfalls an einem anderen Ort begründet sein muss, zumal sich deren Aufenthalt auf sporadische Besuche ihrer an der hier gegenständlichen Adresse wohnhaften Mutter, Frau I. B. Z. beschränkt.

 

Beweis:   PV des Antragstellers sowie ZV von Frau Dr. C. C., pA des Antragstellers.

 

2. Dokumentiert durch einen Aktenvermerk vom 31. Juli 2015 nahm die vom Einspruch betroffene Person telefonisch dazu Stellung. Dieses Gespräch wurde vom zuständigen Mitarbeiter des Melde-, Pass- und Wählerservice der Stadt Wels wie folgt festgehalten:

 

Am 31.07.2015 - 13:02 Uhr erhielt ich einen Anruf von Frau Mag. Dr. K. I. Z. betreffend dem Schreiben vom 27.07.2015 (Aufforderungsschreiben Einwendungen zum Berichtigungsantrag).

Frau Z. versteht nicht, warum Sie Einwendungen zur Aufnahme in das Wählerverzeichnis für die Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeister/innenwahl 2015 machen sollte.

 

Sie gibt an,

- dass Ihrer Meinung nach der Hauptwohnsitz in W. ist

- dass Ihr Auto in W. angemeldet ist

Ihre Versicherungen sowie Ihr Bankkonto in Wels zu haben

- für die Pflege Ihrer Mutter eine Parkberechtigung vor dem Haus Ihrer Mutter zu benötigen

- derzeit arbeitslos zu sein und

- den überwiegenden Teil der Woche in W zu verbringen

 

Frau Z. wird von mir aufmerksam gemacht, dass Sie auf Grund des Berichtigungsantrages gegen das Wählerverzeichnis von der hs. Dst. aufgefordert wird, eine Wohnsitzerklärung abzugeben (Aufforderung versendet am 03.08.2015 - Frist für Stellungnahme 14 Tage).

 

Ob Sie Einwendungen zum Berichtigungsantrag machen wird, muss Sie sich noch überlegen.

 

Das Gespräch dauerte 15 Minuten.

 

3. Mit Bescheid vom 4. August 2015, GZ: BZ-WS-41-2015, wies die Berichtigungskommission des Magistrates Wels den Antrag des Bf ab und führte begründend ua wie folgt aus:

 

(...)

Nach § 17 Abs. 1 Z 2 Oö Kommunalwahlordnung sind alle Männer und Frauen wahlberechtigt, wenn sie am Stichtag in der betreffenden Gemeinde ihren Hauptwohnsitz im Sinne der melderechtlichen Vorschriften haben. Es kommt daher nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut darauf an, wo die Person nach melderechtlicher Vorschriften tatsächlich am Stichtag gemeldet ist. Darauf, ob die Meldung nach melderechtlicher Vorschriften rechtsrichtig ist, kommt es daher nicht an. Es wäre auch aus kompetenzrechtlichen Überlegungen nicht zulässig, dass der Landesgesetzgeber dem Inhalt nach melderechtliche Vorschriften erlässt.

 

Als Stichtag wurde in der Kundmachung der Oö Landesregierung LGBI 53/2015 der 07.07.2015 festgesetzt. Nach dem im Akt befindlichen Auszug aus dem Melderegister betreffend den 07.07.2015 ist Mag. Dr. K. I. Z. mit Hauptwohnsitz in der xstraße 7 gemeldet. Auf das übrige Vorbringen war daher nicht näher einzugehen.

 

Mit Schreiben vom 27.7.2015 wurde Fr. Mag. Dr. Z. nach § 20 Abs. 2 Oö Kommunalordnung informiert. Eine schriftliche Stellungnahme ist nicht eingelangt. Fr. Mag. Dr. Z. hat am 31.07.2015 dem Leiter der Dst. Melde-, Pass- und Wählerservice, Herrn W. L., gegenüber geäußert, dass Ihrer Meinung nach der Hauptwohnsitz in W. ist, Ihr Auto in W. angemeldet sei, dass sie Ihre Versicherungen sowie Ihr Bankkonto in W. habe, für die Pflege Ihrer Mutter eine Parkberechtigung vor dem Haus Ihrer Mutter benötige, sie derzeit arbeitslos sei und den überwiegenden Teil der Woche in W. verbringe. Fr. Mag. Dr. Z. wurde mitgeteilt, dass Sie aufgefordert werde, eine Wohnsitzerklärung abzugeben (Beweis AV vom 31.07.2015, BZ-WS-41-2015).

 

Da die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Landtags-, Gemeinderats- und Bürger-meister/innenwahlen 2015 in Wels-Stadt erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Mit Schreiben vom 7. August 2015 erhob der rechtsfreundlich vertretene Bf rechtzeitig Beschwerde gegen den oa. Bescheid vom 4. August 2015 und führte darin begründend ua. Nachstehendes aus:

 

1. Sachverhalt/bisheriger Verfahrensgang

 

Dem Beschwerdeführer wurde gemeinsam mit der Kundmachung vom 14.07.2015 betreffend die kommende Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl, das Wählerverzeichnis für die hier verfahrensgegenständliche Liegenschaftsadresse xstraße 7 übermittelt. In dem Wählerverzeichnis wird unter Nr. x Frau Mag. Dr. K. I. Z. angeführt, die jedoch an der hier gegenständlichen Adresse nach den eigenen Wahrnehmungen des Beschwerdeführers sowie dessen Ehefrau, Frau Dr. C. C., tatsächlich nicht wohnhaft ist und den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen an einem anderen Ort begründet haben muss, zumal sich der Aufenthalt von Frau Mag. Dr. Z. auf sporadische Besuche ihrer an der gegenständlichen Adresse wohnhaften Mutter, Frau I. B. Z., beschränkt. (...)

 

2. Zulässigkeit der Beschwerde

(...)

3. Rechtsverletzungen und Beschwerdegründe

 

Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten verletzt. Die Rechtsverletzungen ergeben sich im Detail aus folgenden Überlegungen:

 

3.1 Wenngleich im Berichtigungsverfahren nach §§ 20 bis 23 Oö Kommunal Wahlordnung bzw nach §§23 bis 26 Oö Landtagswahlordnung mit der Ausnahme des § 7 AVG die Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht anwendbar sind, hätte die belangte Behörde dennoch die fundamentalen Grundsätze eines fairen Verfahrens, insbesondere die Gewährung des Parteiengehörs, zu beachten gehabt.

Tatsache ist, dass dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit eingeräumt wurde, zu den Aussagen von Frau Mag. Dr. Z. Stellung zu nehmen. Die Nichtgewährung des Parteiengehörs wiegt im gegenständlichen Zusammenhang umso schwerer, als vom Beschwerdeführer zum Beweis seinen Vorbringens, seine und die Einvernahme seiner Ehefrau angeboten wurde.

 

Im Rahmen des Parteiengehörs hätte der Beschwerdeführer insbesondere Aussagen dazu treffen können, dass Frau Mag. Dr. Z. nicht nur den überwiegenden Teil der Woche in W verbringt, sondern sich deren Aufenthalt an der hier gegenständlichen Liegenschaftsadresse auf wenige, an einer Hand abzuzählende Tage im Jahr beschränkt. Ferner hätte der Beschwerdeführer klarstellen können, dass ein VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen x - vermutlich jenes KFZ, dass nach den eigenen Angaben von Frau Mag. Dr. Z. auf ihre Person zugelassen ist - ganzjährig auf dem vor der hier gegenständlichen Liegenschaftsadresse gelegenen öffentlichen „Behindertenparkplatz" parkt und nicht von Frau Mag. Dr. Z., sondern von deren Mutter genutzt wird. All diese Umstände sprechen offenkundig gegen das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaftsadresse.

 

Die völlige Vernachlässigung des Parteiengehörs stellt im gegebenen Zusammenhang jedenfalls einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der als willkürliches Vorgehen der Behörde und Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zu qualifizieren ist (vgl VwGH 29.05.2013, 2011/01/0241). Indem die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung elementarer Verfahrensvorschriften belastet.

 

3.2 Verfehlt ist zudem der von der belangten Behörde vertretene Rechts Standpunkt, wonach es nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut ausschließlich darauf ankomme, wo eine Person nach melderechtlichen Vorschriften tatsächlich am Stichtag gemeldet ist und nicht darauf, ob die Meldung nach melderechtlichen Vorschriften rechtsrichtig ist.

 

Würde man dieser Auffassung folgen und ausschließlich auf die Eintragungen im Melderegister abstellen, würde das Berichtigungsverfahren nach der Kommunalwahlordnung bzw der Landtagswahlordnung im Ergebnis seines Anwendungsbereiches beraubt werden, zumal dann eine Berichtigung des Wählerverzeichnisses selbst bei jenen Personen ausgeschlossen wäre, die schon vor Langem ohne Verständigung der Meldebehörden und damit ohne Richtigstellung des Melderegisters verzogen sind. Der Rechts Standpunkt der belangten Behörde wiederspricht damit dem allgemeinen Grundsatz, wonach überflüssige bzw inhaltsleere Aussagen dem Gesetzgeber im Zweifel nicht zu unterstellen sind (VwGH 23.11.2011, 98/02/0292).

Angesichts dessen hätte die belangte Behörde daher vielmehr unter Heranziehung der maßgeblichen melderechtlichen Vorschriften prüfen müssen, ob Frau Mag. Dr. Z. an der hier gegenständlichen Liegenschaftsadresse tatsächlich über einen Hauptwohnsitz verfügt.

 

Gemäß § 1 Abs 7 Meldegesetz 1991 ist der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen. Sohin sind die beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen, wobei im Rahmen dieser Gesamtschau nach § 1 Abs 8 leg cit insbesondere die Aufenthaltsdauer, die Lage des Arbeitsplatzes, der Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz sowie allfällige Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften als maßgebliche Kriterien für die Beurteilung des Lebensmittelpunktes heranzuziehen sind.

 

Die in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde angeführten Umstände, die aus deren Sicht für einen aufrechten Hauptwohnsitz an der hier gegenständlichen Liegenschaftsadresse sprechen, können schon deshalb nicht überzeugen, zumal dem Beschwerdeführer nicht einmal die Möglichkeit eingeräumt wurde, zu den Aussagen von Frau Mag. Dr. Z. Stellungnahme zu nehmen. Im Übrigen vermag die von der belangten Behörde wiedergegebene Meinung von Frau Mag. Dr. Z., wonach ihr Hauptwohnsitz in Wels sei, die im Meldegesetz 1991 vorgesehenen Kriterien, anhand derer das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes zu beurteilen ist, nicht zu ersetzen. Insbesondere lassen bloße Zweckmäßigkeitserwägungen, wie etwa die Zulassung des PKWs bzw die dafür erwirkte Parkberechtigung an der hier gegenständlichen Liegenschaftsadresse keine Rückschlüsse auf das tatsächliche Bestehen eines Hauptwohnsitzes zu, zumal das Fahrzeug offensichtlich nicht von Frau Mag. Dr. Z. sondern von Dritten bzw von deren Mutter genutzt wird. Da dies von der belangten Behörde verkannt wurde, hat sie den Bescheid ob des mangelhaft durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht nur mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung elementarer Verfahrensvorschriften, sondern zugleich mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

 

4.   Im Hinblick auf die obigen Ausführungen stellt der Beschwerdeführer daher den

 

Antrag,

 

das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge der Beschwerde Folge geben und das Wählerverzeichnis dahingehend berichtigen, als Frau Mag. Dr. K. I. Z. mangels Vorliegen eines Hauptwohnsitzes in der xstraße 7 vom Wählerverzeichnis des Wahlsprengels x der Stadt W. gestrichen wird.

 

5. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 13. August 2015 (innerhalb der dreitägigen, gesetzlich vorgesehenen Frist) vorgelegt.

 

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG).

 

Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Darüber hinaus wurden der Beschwerdeführer, der verfahrensführende Mitarbeiter der Stadt W. und Frau Mag. Dr. K. I. Z. einer telefonischen Befragung unterzogen. Mangels Erreichbarkeit konnte die Mutter von Frau Mag. Dr. K. I. Z. nicht befragt werden.

 

7. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Die von der Beschwerde betroffene Person (Frau Mag. Dr. K. I. Z.) ist seit ihrer Geburt am x in W., xstraße 7/2, mit Hauptwohnsitz gemeldet. Seit dem 4. September 1998 verfügt sie in W., x X-straße x über einen Nebenwohnsitz.

 

Frau Mag. Dr. K. I. Z. ist derzeit arbeitslos. Davor lag ihr beruflicher Schwerpunkt in W., wobei sie von dort aus den Weg zur Arbeit aufgenommen hat. An der genannten Wer Adresse lebt Frau Mag. Dr. K. I. Z. mit ihrem Lebensgefährten. Abgesehen von Wochenendbesuchen lebt und wohnt sie in W.

 

Das Aufsuchen der Wohnadresse in Wels hängt mit den Besuchen der Mutter zusammen, die an der gemeinsamen Adresse wohnt. Üblicherweise finden die Besuche alle drei Wochen statt (Wochenendbesuche). Im Winter sind die Abstände kürzer. In Fällen der notwendigen Unterstützung der Mutter (z.B. nach Krankenhausaufenthalten [Operationen] gestalten sich die Aufenthalte in W. über längere Zeiträume. Die Mutter ist in der Bewegung eingeschränkt (Schwierigkeiten beim Benützen der Stiege), jedoch in der Lage, selbsttätig Therapieeinrichtungen und Arztpraxen aufzusuchen und Fahrten mit dem eigenen Auto zu unternehmen. In der näheren Vergangenheit hat Frau Mag. Dr. K. I. Z. die Aufenthalte in W. deutlich eingeschränkt (Stärkung der Selbstverantwortung der Mutter).

 

Freundschaften werden sowohl in W. als auch in W. in geringem Umfang gepflegt. Vereinsmitgliedschaften bestehen nicht. Der Pkw ist in Wels zugelassen (Kennzeichen: x). Diverse Versicherungen wurden in W. abgeschlossen, das Bankinstitut befindet sich in W..

 

Frau Mag. Dr. K. I. Z. sieht den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen teilweise in W. und teilweise in W..

 

II.

 

Der maßgebliche Sachverhalt ergab sich zweifelsfrei aus der Aktenlage sowie aus den telefonischen (mittels Aktenvermerk festgehaltenen) Befragungen.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Landesgesetzes vom 4. Juli 1996 über die Wahl der Mitglieder des Gemeinderates und des Bürgermeisters (Oö. Kommunalwahlordnung), LGBl 1996/81 idF LGBl 2015/34, lauten:

 

„§ 17

Aktives Wahlrecht (Wahlberechtigung)

(1) Wahlberechtigt sind alle Männer und Frauen, die spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollenden und am Stichtag (§ 4 Abs. 2)

1. die österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzen,

2. in der betreffenden Gemeinde ihren Hauptwohnsitz (Art. 6 Abs. 3 und 4 B-VG) im Sinn der melderechtlichen Vorschriften haben und

3. vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind.

 

(2) Vom Wahlrecht ist ausgeschlossen, wer durch ein inländisches Gericht nach § 22 Abs. 1 der Nationalrats-Wahlordnung 1992, BGBl. Nr. 471, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 43/2011, vom Wahlrecht ausgeschlossen ist.

 

(3) Der Ausschluss vom Wahlrecht beginnt mit Rechtskraft des Urteils und endet, sobald die Strafe vollstreckt ist und mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen vollzogen oder weggefallen sind; ist die Strafe nur durch Anrechnung einer Vorhaft verbüßt worden, so endet der Ausschluss mit Rechtskraft des Urteils. Fällt das Ende des Ausschlusses vom Wahlrecht in die Zeit nach dem Stichtag, so kann bis zum Ende des Einsichtszeitraums (§ 19 Abs. 1 die Aufnahme in das Wählerverzeichnis begehrt werden.

 

§ 18

Eintragung ins Wählerverzeichnis

(1) Die Gemeinde hat die Wahlberechtigten in Wählerverzeichnisse einzutragen, die auf Grund der Wählerevidenz im Sinn des Wählerevidenzgesetzes 1973, BGBl. Nr. 601, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 12/2012, und der Unionsbürger-Wählerevidenz (§ 18a) nach Wahlsprengeln und innerhalb der Wahlsprengel nach Straßen, Hausnummern und dgl. unter Bedachtnahme auf § 17 Abs. 1 anzulegen sind.

 

(2) Jede wahlberechtigte Person darf nur einmal in den Wählerverzeichnissen eingetragen sein. Sie ist in das Wählerverzeichnis des Wahlsprengels einzutragen, in dem sie am Stichtag ihren Hauptwohnsitz hatte.

 

(3) Den wahlwerbenden Parteien sind auf ihr Verlangen spätestens am ersten Tag der Auflage des Wählerverzeichnisses (§ 19 Abs. 1) Abschriften der Wählerverzeichnisse auszufolgen; die Ausfolgung des Wählerverzeichnisses in Form eines Datenträgers ist zulässig. Die Gemeinden sind berechtigt, die Ausfolgung von der Entrichtung eines angemessenen Beitrags zu den Herstellungskosten abhängig zu machen. Unter den gleichen Bedingungen sind auch allfällige Nachträge zu den Wählerverzeichnissen auszufolgen.

 

§ 20

Berichtigungsantrag gegen das Wählerverzeichnis

(1) Gegen das Wählerverzeichnis kann jede Person, die das aktive Wahlrecht (§ 17 Abs. 1 besitzt oder zu besitzen behauptet, unter Angabe ihres Namens und ihrer Wohnadresse innerhalb der Auflagefrist wegen Nichtaufnahme vermeintlich Wahlberechtigter oder wegen Aufnahme vermeintlich nicht Wahlberechtigter schriftlich oder mündlich oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Mittel auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise beim Gemeindeamt bzw. in Städten mit eigenem Statut bei der zur Entgegennahme von Berichtigungsanträgen bezeichneten Dienststelle (§ 19 Abs. 2) einen Berichtigungsantrag unter Anführung der den Berichtigungsantrag begründenden Tatsachen stellen. Die Berichtigungsanträge müssen beim Gemeindeamt bzw. bei der bezeichneten Dienststelle vor Ablauf der Einsichtsfrist einlangen.

 

(2) Personen, gegen deren Aufnahme in das Wählerverzeichnis ein Berichtigungsantrag gestellt wurde, sind durch die Gemeinde innerhalb von 24 Stunden nach Einlangen des Berichtigungsantrags nachweisbar schriftlich zu verständigen. Der Verständigte kann binnen vier Tagen nach Zustellung beim Gemeindeamt bzw. in Städten mit eigenem Statut bei der gemäß § 19 Abs. 2 bekanntgegebenen Dienststelle Einwendungen zum Berichtigungsantrag vorbringen.

 

(3) Stellt jemand einen Berichtigungsantrag gegen das Wählerverzeichnis und ist ihm bekannt, dass die vom Berichtigungsantrag betroffene Person im Wählerverzeichnis mehrerer Wahlsprengel aufgenommen ist, oder dass wegen Aufnahme bzw. Nichtaufnahme dieser Person in das Wählerverzeichnis bei einer anderen Behörde, als bei derjenigen, bei der der Berichtigungsantrag gestellt wurde, ein Berichtigungsverfahren läuft, hat er dies im Berichtigungsantrag bekanntzugeben; die zu seiner Begründung notwendigen Belege sind anzuschließen. Das gleiche gilt, wenn jemand in eigener Sache einen Berichtigungsantrag stellt. Die Behörde, bei der der Berichtigungsantrag gestellt wurde, hat mit der anderen Behörde einvernehmlich vorzugehen.

 

(4) Die Namen der Antragsteller unterliegen dem Amtsgeheimnis. Den Strafgerichten sind sie auf Verlangen bekanntzugeben.

 

 

§ 21

Entscheidung über Berichtigungsanträge

(1) Über den Berichtigungsantrag hat die Gemeindewahlbehörde bzw. in Städten mit eigenem Statut die Berichtigungskommission innerhalb von sechs Tagen nach Ende der Auflagefrist der Wählerverzeichnisse zu entscheiden, und zwar auch dann, wenn in dieser Frist eine Äußerung des vom Berichtigungsantrag Verständigten nicht eingelangt ist.

 

(2) Die Entscheidung ist dem Antragsteller und dem von der Entscheidung Betroffenen unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

 

§ 22

Beschwerde gegen die Entscheidung über Berichtigungsanträge

(1) Gegen die Entscheidung über Berichtigungsanträge (§ 21 Abs. 1) können der Antragsteller sowie der von der Entscheidung Betroffene binnen drei Tagen nach der Zustellung bei der Gemeindewahlbehörde bzw. in Städten mit eigenem Statut bei der Berichtigungskommission schriftlich und nach Maßgabe der vorhandenen technischen Mittel auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise Beschwerde einbringen. Die Gemeindewahlbehörde (Berichtigungskommission) hat den Beschwerdegegner von der eingebrachten Beschwerde unverzüglich mit dem Hinweis zu verständigen, dass es ihm freisteht, innerhalb von zwei Tagen nach Zustellung der Verständigung in die Beschwerde Einsicht und zu den vorgebrachten Beschwerdegründen Stellung zu nehmen.

 

(2) Die Gemeindewahlbehörde bzw. die Berichtigungskommission hat die Beschwerde nach Durchführung der allenfalls erforderlichen Feststellungen, jedoch jedenfalls binnen drei Tagen, dem Landesverwaltungsgericht vorzulegen.

 

(3) Das Landesverwaltungsgericht hat binnen vier Tagen nach Einlangen über die Beschwerde zu entscheiden. § 21 Abs. 2 gilt sinngemäß.“

 

1.2. Die im Beschwerdefall maßgebende Bestimmung des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991 - MeldeG), BGBl 1992/9 idF BGBl I 2015/52, lautet:

 

„Begriffsbestimmungen

§ 1 (...)

 

(7) Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

 

(8) Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

(...)

 

2.1. In der Sache selbst wendet der Bf ein, dass Frau Mag. Dr. K. I. Z. zu Unrecht in das Wählerverzeichnis aufgenommen sei, weil sie in der Stadt W. nicht ihren Hauptwohnsitz habe, zumal sie sich nur sporadisch an der genannten Wohnadresse aufhalte. Er wendet zu Recht ein, dass es nicht lediglich auf die formale Hauptwohnsitzmeldung zum Stichtag ankomme, sondern auf das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes im Sinne der melderechtlichen Bestimmungen.

 

Gemäß § 17 Abs. 1 Z. 2 iVm. § 18 Abs. 2 der Oö. Kommunalwahlordnung ist ausschlaggebend für die Eintragung in das jeweilige Wählerverzeichnis das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes in einer Gemeinde im Sinne melderechtlicher Bestimmungen. Die Hauptwohnsitzmeldung hat grundsätzlich deklarative (nicht konstitutive) Wirkung, weshalb zur Feststellung, wo eine Person ihren Hauptwohnsitz hat, die Kriterien des Meldegesetzes (§ 1 Abs. 7 und 8) heranzuziehen sind.

 

2.2. Im Sinne des § 1 Abs. 7 Meldegesetz ist der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

 

Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass sich Frau Mag. Dr. K. I. Z. an zwei Wohnsitzen niedergelassen hat. Zum einen ist dies in W., wo sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten eine Unterkunft bewohnt; zum anderen ist dies die in Rede stehende Wohnung in W., in der Frau Mag. Dr. K. I. Z. über Wohnräume in der mütterlichen Wohnung verfügt. Fraglich ist nun, wo die Betroffene den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat.

 

2.3. Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind nach § 1 Abs. 8 Meldegesetz ua. insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

 

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt zweifelsfrei ergibt, bewohnt Frau Mag. Dr. K. I. Z. zum zeitlich weitaus überwiegenden Teil – gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten – eine Wohnung in W., wo auch regelmäßig der Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz zu finden war. An der genannten Adresse in W. ist sie seit 1998 gemeldet. Diese Elemente sprechen in einer Abwägung – der Beschwerde folgend – für die Festlegung des Hauptwohnsitzes in der Stadt W..

 

Die Räumlichkeiten in Wels, die Teil der Wohnung der Mutter sind, nutzt Frau Mag. Dr. K. I. Z. überwiegend bei Besuchen. Eine stärkere Frequentierung ist ausschließlich dann zu erkennen, wenn die Mutter besonderer Pflege bedarf. Zuletzt wurden die Besuche seltener, um die Selbstständigkeit der Mutter zu forcieren. Insgesamt hält sich Frau Mag. Dr. K. I. Z. während eines Jahres nur wenige Tage in den Räumlichkeiten in W. auf.

 

Freundschaften werden, wie in W., in geringem Ausmaß gepflegt.

 

Der Abschluss von Versicherungen, das Bestehen von Versicherungsverträgen und der Sitz des Bankinstituts vermögen keine besondere Nahebeziehung zu Wels aufzuzeigen.

 

2.4. Bei Betrachtung der verschiedenen Aspekte ist, abstellend auf den entscheidungsrelevanten Stichtag, ein eindeutiges Überwiegen der Lebensbeziehungen zu erkennen, die für die Festlegung des Hauptwohnsitzes in W sprechen, was auch teilweise dem subjektiven Empfinden der Frau Mag. Dr. K. I. Z. entspricht. Ob diese Einschätzung und Beurteilung auch für die Zukunft zutreffend sein wird, mag dahingestellt bleiben und wird im anhängigen melderechtlichen Verfahren (Wohnsitzerklärung) zu beurteilen sein.

 

3. Es war daher im Ergebnis der Beschwerde stattzugeben, der angefochtene Bescheid zu beheben und zu verfügen, dass Frau Mag. Dr. K. I. Z. aus dem Wählerverzeichnis der Stadt W. (Wahlsprengels x, lfd Nr. x) zur Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am 27. September 2015 zu streichen ist.

 

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da es sich bei der Frage, wo eine Person ihren Hauptwohnsitz hat, um eine nicht verallgemeinerbare Einzelfallbeurteilung handelt und die Entscheidung darüber hinaus nicht der einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspricht.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Stierschneider