LVwG-750278/2/MZ

Linz, 03.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde der F. N., geb x, StA von M., vertreten durch RA Mag. A. M., Xgasse 6, V., gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29.4.2015, GZ. Sich40-43865-2014,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Bescheide des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29.4.2015, GZ. Sich40-43865-2014, wurde der quotenfrei Erstantrag der Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung-Angehöriger“ gemäß § 47 Abs 3 iVm §§ 11 Abs 2 Z 1, 3 und 4 iVm Abs 3, 4 und 5 NAG abgewiesen.

 

Ihre Entscheidung begründend führt die belangte Behörde Folgendes aus:

 

„Sie sind m. Staatsbürgerin und haben am 9. Jänner 2015 persönlich bei der hs. Niederlassungsbehörde einen quotenfreien Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung-Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 NAG gestellt. Als Bezugsperson haben sie T. S., geb. x, öster. StA., whft in A., Xstraße Nr. 10, angegeben.

 

Mit Schreiben vom 21. Jänner 2015, eingelangt bei der hs. Niederlassungsbehörde am 29. Jänner 2015 habe sie ihrem Antrag noch folgende Unterlagen hinzugefügt:

• die Daten des Steueraktes für 2014 von Herrn S. T.

• Einnahmen / Ausgabenrechnung 2014 von S. T.

• Personalaufnahmeblatt / Dienstvertrag von S. T.

• Lohnset 12/2014 von N. N. und

• Arbeitsbestätigung N. N.

 

Bei der Prüfung ihres Sachverhaltes ist festgestellt worden, dass T. S., ihre Bezugsperson, für sie eine notariell beglaubigte Haftungserklärung abgegeben hat. Ebenso hat sich seine Ehefrau, T. S., geb. x, whft d., bereit erklärt, ebenfalls mit ihrem Einkommen für ihren Unterhalt zu haften. Somit ist das gesamte Familieneinkommen für Prüfung ob ausreichendes Einkommen vorliegt, heranzuziehen.

 

Das durchschnittliche monatliche Einkommen ihrer, Bezugsperson ist aufgrund der vorgelegten GuV-Rechnung berechnet worden. Es beträgt € 2.126,94,-. Das monatliche durchschnittliche Nettoeinkommen von T. S., Ehefrau von T. S., beträgt € 211,56,-. Sie ist Notstandsbezieherin und bekommt täglich € 17,63,-. Das ergibt ein monatliches verfügbares Familieneinkommen in der Höhe von € 2.338,50,-. Die monatliche Kreditrate von T. S. beträgt € 950,-, die Richtsätze gemäß § 293 ASVG beträgt für eine erwachsene Person monatlich netto € 872,31,- und für eine Familie mit einem mj. Kind beträgt dieser € 1.442,48,-. Unter Berücksichtigung des Wertes der freien Station in der Höhe von € 278,72,- ergibt sich ein monatlicher Differenzbetrag in der Höhe von € 447,57,-. Die monatliche Unterstützungsleistung von N. V. in der Höhe von € 200,- ist bereits berücksichtigt worden. Somit steht fest, dass die notariell beglaubigte Haftungserklärung von T. S. nicht tragfähig ist.

 

Nach § 47 Abs. 3 Z 3 NAG ist es nicht ausreichend, dass zwischen dem einwanderungswilligen Fremden und jenem Österreicher, von dem er als Angehöriger das Recht auf Einwanderung ableiten möchte, bloß freundschaftliche, aber familienähnlich gelebte Beziehungen bestünden. Vielmehr fordert die in § 47 Abs. 3 Z 3 NAG vorgesehene „Angehörigeneigenschaft" das Bestehen familienrechtlicher Bande. Der in § 47 Abs. 3 Z 3 NAG verwendete Begriff „sonstige Angehörige" ist im Gesetz nicht näher definiert. Aus den Erläuterungen der RV ergibt sich allerdings, dass der Personenkreis der in § 47 Abs. 3 NAG angeführten Angehörigen in Anlehnung an jenen des § 52 Z 3 bis 5 NAG festgelegt wurde. Die in § 52 Z 5 NAG genannten Personen entsprechen im Wesentlichen denjenigen des § 47 Abs. 3 Z 3 NAG und resultieren ihrerseits aus Art. 3 Abs. 2 lit. a RL 2004/38/EG.

 

Der Gesetzgeber fordert ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Zusammenführenden und Nachziehenden. Daher ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in diesen Fällen nicht bloß auf irgendeine in der Vergangenheit liegende Unterhaltsleistung ohne jeglichen Zusammenhang mit dem Zeitpunkt des in Aussicht genommenen Nachzuges, sohin also regelmäßig mit dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels, abstellen wollte.

 

Sie haben bis dato keine Nachweise erbringen können, dass sie von ihrer Bezugsperson im Herkunftsstaat bereits Unterhalt bezogen haben. Festgehalten wird, dass T. S. aufgrund der Adoption im Herbst 2002 M. verlassen hat und nach Österreich zugewandert ist. Er ist im Alter von 13 Jahren nach Österreich gekommen. Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht in der Lage, ihnen finanzielle Unterstützungen zukommen zu lassen.

 

Die hs. Niederlassungsbehörde stellt fest, dass es zwischen ihnen und ihrer Bezugsperson kein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Sie selbst werden vom ihrem Ehemann, der ebenfalls in M. lebt, unterstützt und sie leben auch mit ihm gemeinsam in einem Haushalt. Die hs. Niederlassungsbehörde sieht in dieser Tatsache keine finanzielle Abhängigkeit von T. S. gegeben, die einen finanziellen Unterhalt rechtfertigen würden.

 

Mit nachweislichem Schreiben vom 4. Februar 2015 hat Ihnen die hs. Niederlassungsbehörde mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren quotenfreien Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 NAG abzuweisen. Mit zitiertem Schreiben sind Sie aufgefordert worden binnen zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens schriftlich zur beabsichtigten Abweisung Ihres Antrages Stellung zu nehmen. Ihre schriftliche Stellungnahme ist fristgerecht bei der hs. Niederlassungsbehörde eingelangt.

 

Am 3. März 2015 haben Sie noch eine schriftliche Eingabe zu Ihrem Antrag beigebracht. In dieser Eingabe sind weitere Urkunden vorgelegt worden.

 

Die Behörde hat hiezu erwogen:“

 

Es folgt die Zitierung der einschlägigen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. Im Anschluss setzt die belangte Behörde fort:

 

„Die hs. Niederlassungsbehörde stellt fest, dass Ihre Bezugsperson T. S. für Sie eine notariell beglaubigte Haftungserklärung abgegeben hat. Seine Frau, T. S., geb. x, whft d., hat sich ebenfalls bereits erklärt für Ihren Unterhalt zu haften. Dies bedeutet in weiterer Folge, dass das durchschnittliche monatliche Familieneinkommen zuerst festzustellen ist.

 

Das durchschnittliche monatliche Einkommen von T. S. ist aufgrund der vorgelegten Gewinn- u. Verlustrechnung berechnet worden. Es beträgt € 2.129,94,-. Seine Ehefrau, T. S. ist seit dem 12. Februar 2015 Notstandsbezieherin, die tägliche Notstandshilfe beträgt € 17,63,-. Das ergibt ein monatliches durchschnittliches Einkommen in der Höhe von 211,56,-. Daraus folgt, dass monatliche durchschnittliche Familieneinkommen Ihrer Bezugsperson beträgt € 2.338,50,-. Abzüglich der monatlichen Kreditrate von T. S. in der Höhe von € 950,- und zuzüglich dem Wert der freien Station in der Höhe von € 278,72,- beträgt das monatliche verfügbare Einkommen € 1.667,22,-. Gemäß § 293 ASVG beträgt der monatliche Richtsatz für eine erwachsene Person netto € 872,31,-, für ein Ehepaar monatlich netto € 1.307,89,- und für ein mdj. Kind monatlich netto € 134,59,-. Das monatlich verfügbare Einkommen muss € 2.314,79,-betragen. In Ihrem Fall ist dies nicht der Fall und es entsteht ein monatlicher Differenzbetrag in der Höhe von € 647,57,-. N. V., geb. x, hat sich verpflichtet T. S. monatlich mit einer Zahlung in der Höhe von € 200,- zu unterstützen. Nach Prüfung der finanziellen Verhältnissen von N. V. ist dieser in der Lage, die monatliche finanzielle Unterstützung auch tatsächlich in der Höhe von monatlich € 200,- nachzukommen. Auch unter Berücksichtigung dieser monatlichen Unterstützung beträgt der monatliche Differenzbetrag immer noch € 447,57,-.

 

Aus diesem Grund steht fest, dass die abgegebene notarielle Haftungserklärung Ihrer Bezugsperson nicht tragfähig ist und es besteht der begründete Verdacht, dass Ihr Aufenthalt hier in Österreich zu einer finanziellen Belastung einer öffentlichen Gebietskörperschaft führen wird.

 

Angeführt wird weiteres, dass Sie nicht im Besitz einer gültigen Krankenversicherung sind, die alle Risiken abdeckt, in Österreich leistungspflichtig ist und eine Gültigkeit von mindestens einem Jahr aufweist.

 

In Ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 20.02.2015 haben Sie angeführt T. S. habe Sie seit dem Jahr 2005 finanziell immer unterstützt. Da Sie selbst über kein Bankkonto verfügen seien die Geldleistungen zumeist in bar übergeben worden. Er sei zwei bis viermal jährlich in M., in der übrigen Zeit habe er Verwandte und Bekannte ersucht, die Geldbeträge nach M. mitzunehmen.

 

Sie seien zwar in M. verehelicht, Ihr Ehemann hatte allerdings im Jahr 1997 einen schweren Verkehrsunfall in Österreich, nach welchem er im Koma lag. In Folge konnte dieser keine geregelte Arbeit mehr finden und lebt seither von gering bezahlten Gelegenheitsarbeiten. Diese reichten allerdings bei Weitem nicht für ihn und für Sie aus. Aus diesem Grund seien Sie auch auf die finanzielle Unterstützung von Ihrem Sohn, S. T., dringendst angewiesen und kam dieser der moralischen Verpflichtung der Unterstützung seiner Mutter gegenüber seither stets getreu nach.

 

Dazu wird von der hs. Niederlassungsbehörde angeführt, dass Sie selbst nach wie vor verheiratet sind und gemeinsam mit Ihrem Ehemann, N. S., geb. x, m. StA., in M. leben. Aus diesem Grund besteht eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mann. Ihr Mann ist nach wie vor berufstätig und erzielt ein monatliches Einkommen von etwa € 180,82,-. Ihr Ehemann arbeitet seit dem 05.12.2012 bis laufend als Verkäufer in einem Supermarkt. Aus ihrer Darstellung geht nicht hervor, dass Sie tatsächlich auf die Unterhaltsleistungen von T. S. angewiesen sind. Sie selbst hätten ebenfalls die Möglichkeit eine entsprechende Arbeit in Mazedonien zu finden. Diese Möglichkeit besteht jedenfalls. Weiteres wird bemerkt, dass Ihr Ehemann seit dem 05.12.2012 beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt ist. Von einer Gelegenheits-arbeit kann daher wohl kaum mehr gesprochen werden.

 

Zum einen hat die hs. Niederlassungsbehörde festgestellt, dass Ihre Bezugsperson nicht über ausreichendes Einkommen verfügt, um für Ihren Unterhalt zur Gänze selbst zu sorgen. Aufgrund Ihres Aufenthaltstitels ist es Ihnen in Österreich nicht möglich ohne im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung zu sein, eine unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben. Sie haben keinen freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Somit muss die Bezugsperson über ausreichendes Einkommen verfügen. Zum anderen muss ebenfalls festgestellt werden, dass Sie nicht im Besitz einer gültigen Krankenversicherung sind, die den Kriterien des § 11 Abs. 2 Z 3 NAG erfüllt.

 

Wie bereits angeführt, müssen Sie auf die Unterhaltszahlungen tatsächlich angewiesen sein. In Ihrem Fall kann aber diese finanzielle Abhängigkeit nicht erkannt werden.

 

Von der hs. Niederlassungsbehörde wird auch festgestellt, dass Sie Ihren Sohn T. S. zur Adoption freigegeben haben. Aufgrund dieser Adoption wurde der Zuzug von T. S. nach Österreich überhaupt erst möglich.

 

Zu Ihrem Privat- und Familienleben wird Nachstehendes festgestellt:

 

Sie sind m. Staatsbürgerin, sind 44 Jahre alt und leben gemeinsam mit Ihrem Ehemann, N. S., gemeinsam in M.. In M. selbst haben Sie ihre Schul-und Berufsausbildung absolviert, sprechen die Sprache Ihres Herkunftsstaates und sind mit den Sitten und Gebräuchen Ihres Heimatstaates vertraut. Sie leben gemeinsam mit Ihrem Mann im Haus Ihres Sohnes in M.. Es sind somit entsprechende familiäre Bindungen in M. vorhanden.

 

Sie verfügen hier in Österreich über kein eigenes Einkommen und sind auch nicht im Besitz einer eigenen und gültigen Krankenversicherung, die alle Risiken abdeckt, in Österreich leistungspflichtig ist und eine Gültigkeit von mindestens einem Jahr aufweist. Die von Ihrer Bezugsperson abgegebene Haftungserklärung ist aufgrund mangelnden Einkommens nicht tragfähig. Sie selbst haben keinen gültigen Arbeitsvorvertrag bzw. Arbeitsvertrag vorgelegt. Eine wirtschaftliche Integration ist natürlich hier in Österreich bis dato nicht gegeben. Auch die Vorlage eines Arbeitsvorvertrages bzw. Arbeitsvertrages hätte an dieser Feststellung nichts geändert, da Sie aufgrund Ihrer Antragsstellung keinen freien Zugang zum Arbeitsmarkt haben.

 

Zu Ihren Sprachkenntnissen in Deutsch wird angeführt, dass Sie zwar ein positives Prüfungszertifikat, datiert mit 27.10.2014, Niveau A 1, der hs. Niederlassungsbehörde vorgelegt haben, doch ist dieses Prüfungszertifikat nicht unterfertigt. Aufgrund Ihres kurzen Aufenthaltes hier im Bundesgebiet der Republik Österreich ist anzunehmen, dass Sie nur über geringe Deutschkenntnisse verfügen.

 

Eine soziale Integration ist bei Ihnen ebenfalls nicht erkennbar. Sie sind weder aktiv in einem Verein tätig noch haben sich Menschen für Ihren Verbleib hier in Österreich eingesetzt (abgesehen von Ihrer Bezugsperson und des Verwandtschaftskreises).

 

Sie sind sowohl strafrechtlich als auch verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Daraus kann jedoch kein Vorteil geschlagen werden, da es im Allgemeinverständnis liegt, dass sich auch Fremde an die österreichischen Rechtsnormen halten und diese respektieren.

 

Sie sind in der Zeit zwischen dem 07. Jänner 2014 bis zum 15.05.2014 und in der Zeit zwischen dem 03.11.2014 bis zum 22.01.2015 aufhältig gewesen. Aufgrund Ihrer Staatsbürgerschaft genießen Sie Sichtvermerksfreiheit im Schengenraum. Dies bedeutet, dass Sie sichtvermerksfrei in den Schengenraum und in weiterer Folge auch in das Bundesgebiet der Republik Österreich einreisen können. Sie können sich insgesamt 90 Tage innerhalb von 180 Tagen im Schengenraum aufhalten. Bei Ihrem ersten Aufenthalt hier in Österreich haben Sie bereits Ihren sichtvermerksfreien Zeitraum überschritten, da Sie länger als 90 Tage durchgehend hier in Österreich und somit auch im Schengenraum aufhältig gewesen sind.

 

Von der hs. Niederlassungsbehörde wird angeführt, dass kein Organisationsverschulden von Seiten der Behörden ersichtlich ist.

 

Nach Prüfung Ihres Privat- und Familienleben kommt die hs. Niederlassungsbehörde zum Ergebnis, dass Ihr Privat- und Familienleben noch nicht jenen Stellenwert erreicht hat, der notwendig wäre, um daraus einen Aufenthaltstitel ableiten zu können.

 

Dem gegenüber steht das wirtschaftliche Wohl des Staates. Gerade das wirtschaftliche Wohl des Staates darf in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, steigende Arbeitslosenzahlen, Stagnation des Wirtschaftswachstums, steigende Staatsschulden, nicht gefährdet werden, da das wirtschafte Wohl des Staates die Grundvoraussetzung bzw. die Grundlage für Sozialleistungen ist. Des Weiteren trägt das wirtschaftliche Wohl Staates zur inneren Sicherheit und Stabilität eines Staates bei, da das wirtschaftliche Wohl des Staates das friedliche Miteinander von Menschen fördert. Es werden die Grundbedürfnisse der Gesellschaft befriedigt, wie Nahrung, Krankenversicherung, Wohnung, etc. Die Ehefrau Ihrer Bezugsperson ist selbst Notstandshilfebezieherin, Sie bezieht eine Sozialleistung.

 

Wenn der Fremde, der nach Österreich zuziehen will, nicht über ausreichendes Einkommen selbst verfügt, so hat die Bezugsperson für den Unterhalt des Fremden zur Gänze aufzukommen. Es ist nicht die Verpflichtung des Staates für den Unterhalt des zuzugswilligen Fremden aufzukommen, sondern diese Verpflichtung trifft den Fremden selbst bzw. seine Bezugsperson.

 

Vermag ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen, so ist sowohl der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 1 iVm. Abs. 4 NAG als auch der Versagungsgrund des Abs. 2 Z 4 iVm. Abs. 5 leg. cit. erfüllt. Dass der Mangel an Unterhaltsmitteln die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, ergibt sich auch aus § 60 Abs. 2 Z 7 iVm. Abs. 1 Z 1 FPG (alte Rechtslage). VwGH vom 30.01.2007, ZI 2006/18/0448

 

Wie bereits angeführt, genießen Sie aufgrund Ihrer Staatsbürgerschaft Sichtvermerksfreiheit. Sie können sich also legal hier in Österreich in Ausmaß von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen aufhalten. Des Weiteren besteht auch die Möglichkeit als Saisonarbeiterin (im Bereich der Gastronomie und der Land- und Forstwirtschaft) nach Österreich zu kommen. Somit ist es Ihnen möglich und zumutbar Ihren finanziellen Lebensstandard selbst zu verbessern ohne dafür einen Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zu benötigen. Aufgrund der modernen Kommunikationsmittel ist es sowohl Ihnen als auch Ihrer Bezugsperson jederzeit möglich entsprechenden Kontakt zu halten. Wie intensiv dieser Kontakt schlussendlich ausfallen wird, hängt von Ihnen beiden ab. Aus diesem Grund besteht auch keine entsprechende Unterhaltspflicht gegenüber Ihrer Bezugsperson. Sie haben Ihre finanzielle Situation selbst in der Hand.

 

In Verfahren zu Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 47 Abs. 2 und 3 NAG hat die hs. Niederlassungsbehörde infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 15. November 2011 in der Rechtsache C-256/11, M. D. u.a., zu berücksichtigen, ob eine öster. Ankerperson eines drittstaatsangehörigen Antragsstellers bei Nichtgewährung des von diesem begehrten Aufenthaltstitels de facto gezwungen wäre, Österreich und das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen.

 

Ein entsprechendes Vorbringen ist von Ihnen bis dato nicht erfolgt.

 

In seiner aktuellen Entscheidung in der Rechtsache D. (C-256/11) hebt der EuGH mehrfach hervor, dass der Unionsbürgerstatus dazu bestimmt ist, der grundlegende Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten zu sein. Art. 20 AEUV stehe nationalen Maßnahmen entgegen, die bewirken, dass den Unionsbürgern (hier der öster. Ankerperson) der tatsächliche Genuss des Kernbestandes der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird (vgl. Rz 62 der genannten EuGH Entscheidung).

 

Mit der Entscheidung in der Rechtssache D. präzisierte der EuGH seine bisherige Rechtsprechung (insbesondere in der Rs. Z., C-34/09) und folgerte, dass sich das Kriterium der Verwehrung des Kernbestandes der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, auf Sachverhalte bezieht, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Unionsbürger de facto gezwungen sieht, nicht nur das Gebiet des Mitgliedstaates, dem er angehört, zu verlassen, sondern das Gebiet der Union als Ganzes" (vgl. Rz 66 der genannten EuGH Entscheidung D.).

Ein Aufenthaltsrecht darf dieser Entscheidung zu Folge einem drittstaatszugehörigen Familienangehörigen eines Österreichers nicht verwehrt werden, wenn die österreichische Ankerperson im Falle der Verweigerung des begehrten Aufenthaltstitels nach § 47 Abs. 2 oder 3 NAG für den drittstaatszugehörigen Antragssteiler des facto gezwungen wäre, sowohl Österreich als auch das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen. In einem derartigen Fall würde die Nichtgewährung des Aufenthaltsrechts bedeuten, dass die Unionsbürgerschaft der öster. Ankerperson ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt würde.

 

Als Anhaltspunkte für die maßgebliche Frage, unter welchen tatsächlichen Gegebenheiten ein Antragsteller de facto gezwungen ist, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen, erläutert der EuGH, dass die bloße Tatsache, dass es für einen Staatsbürger eines Mitgliedstaates aus wirtschaftlichen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft im Gebiet der Europäischen Union wünschenswert erscheinen könnte, dass sich Drittstaats-angehörige mit ihm zusammen im Gebiet der Europäischen Union aufhalten können, für sich genommen nicht die Annahme rechtfertigt, dass der Unionsbürger gezwungen wäre, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen, wenn kein Aufenthaltsrecht gewährt würde (vgl. EuGH Rechtssache Dereci, C-256/11, Rz 68 bzw. VwGH vom 19. Jänner 2012, ZI 2011/22/0313 sowie VwGH vom 19. Jänner 2012, ZI 2011/22/0312).

 

Mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Z., C-34/09, ist jedenfalls in jenen Fällen der Kernbestand der Unionsbürgerrechte beeinträchtigt, in denen ein minderjähriger Unionsbürger aus dem Gebiet der Europäischen Union ausreisen müsste, um seinen beiden drittstaatsangehörigen Elternteilen (weil diesen kein Aufenthaltsrecht gewährt wurde) zu folgen.

 

Auf Grundlage der bisherigen Judikatur des EuGH ist daher lediglich in Ausnahmesituationen von einer Gefahr der Beeinträchtigung des Kernbestands der Unionsbürgerrechte auszugehen (vgl. EuGH Entscheidung in der Rechtssache Dereci, Rz 67). Diese Auffassung des EuGH hat mittlerweile auch der VwGH seinen Entscheidungen mehrfach zugrunde gelegt (vgl. z.B: VwGH vom 21. Dezember 2011, ZI 2009/22/0054, sowie vom 19. Jänner 2012, ZI 2008/22/0130).

 

Nach vorliegender Aktenlage wird vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen im Ergebnis nicht davon ausgegangen, dass es für Ihre österreichische Ankerperson bedeuten würde, „de facto" Österreich und das Gebiet der Europäischen Union verlassen zu müssen, wenn Ihnen kein Aufenthaltstitel erteilt wird.

 

Sie sind Angehöriger (Verwandter dem Unterhalt gewährt wird) eines erwachsenen Österreichers. Aus der Aktenlage ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass sich der Zusammenführende in einer Ausnahmesituation befindet, die bei Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels an Sie bedeuten würde, dass dieser de facto gezwungen wäre das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen. Vielmehr ist ihr Vorbringen als bloßer Wunsch nach einem gemeinsamen Familienleben in Österreich zu werten, bzw. liegen ihrem Begehren nach einem gemeinsamen Familienleben in Österreich wirtschaftliche Überlegungen zu Grunde. Weder der bloße Wunsch nach einem Zusammenleben in Österreich, noch wirtschaftliche Überlegungen rechtfertigen jedoch für sich genommen die Annahme eines de facto Zwanges im oben genannten Sinn. Weitere besondere Umstände, die in Ihrem Fall auf eine Ausnahmesituation schließen lassen könnten, haben Sie weder vorgebracht, noch ergeben sich diese unmittelbar aus dem Akteninhalt.

 

Es ist spruchgemäß entschieden worden.“

 

II. Gegen den genannten Bescheid erhob die Bf im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

Die Beschwerde begründet die Bf wie folgt:

 

„1. Sachverhalt:

 

Die Bf ist m. Staatsbürgerin und hat am 09.01.2015 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck einen quotenfreien Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung-Angehöriger" gem. § 47 Abs. 3 Z 3 NAG gestellt. Hierbei hat sie als Bezugsperson ihren leiblichen Sohn T. S., geb. x, angegeben. Dieser ist österreichischer Staatsbürger und wohnt in der Xstraße 10, in A..

Herr T. S. hat für die Bf eine notariell beglaubigte Haftungserklärung abgegeben. Herr S. kam im Herbst 2002 im Alter von 13 Jahren von M. nach Österreich, da er adoptiert wurde. Nach erfolgtem Abschluss einer Schulausbildung im Jahr 2005 begann er als Logistikmitarbeiter zu arbeiten, wobei er ein Einkommen von rd. € 1.400,00 erzielte. Da er keine sonstigen finanziellen Aufwendungen hatte, sowie für die Unterkunft nichts zahlen musste, konnte er die Bf monatlich mit € 200,00 - € 500,00 finanziell unterstützen.

Aufgrund eines fehlenden Bankkontos wurde die monetäre Unterstützung teilweise selbst durch Herrn T. S. zwei bis vier Mal jährlich erbracht. Hin und wieder kam es auch vor, dass Verwandte und Bekannte die Geldleistungen nach Mazedonien überbrachten.

 

Die Bf ist in M. verheiratet, ihr Ehemann und ein Sohn leben in M.. Der Ehemann der Bf erlitt 1997 einen schweren Verkehrsunfall, aufgrund dessen er mehrere Monate im Koma gelegen ist. Sohin erfolgte auch hier die finanzielle Unterstützung durch den leiblichen Sohn der Bf, Herrn S. T.. Aufgrund der moralischen Verpflichtung seiner Mutter gegenüber kam er den finanziellen Beistandsleistungen stets getreu nach. Im Jahr 2013 wurde Herr S. T. Vater eines Sohnes und konnte ab diesen Zeitpunkt nicht mehr eine Beistandsleistung in Höhe von € 200,00 - € 500,00 leisten. Die Beistandszahlungen fielen jedoch nicht unter € 250,00 pro Monat. Herr S. T. unterstützt seine leibliche Mutter seit 2005 mit monatlichen Unterhalts-, bzw. Unterstützungszahlungen. Der Ehemann der Bf ist seit 1997 aufgrund seines damals erlittenen Unfalls nicht mehr arbeitsfähig.

 

Die Bf ist somit über einen Zeitraum von zehn Jahren abhängig von der Unterhaltsleistung ihrer Bezugsperson, Herrn T. S..

 

2. Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit:

 

4. Beschwerdegründe:

 

4.1. Inhaltliche Rechtswidrigkeit:

 

Gem. § 47 Abs. 3 NAG kann einem Verwandten eines österreichischen Staatsbürgers eine „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" erteilt werden, wenn der Verwandte die Voraussetzungen des ersten Teiles des NAG erfüllt und ihm vom Zusammenführenden tatsächlich Unterhalt geleistet wird. Die Bf hat mehrmals dargetan, dass sie in den letzten zehn Jahren durch ihren leiblichen Sohn unterstützt wurde. Somit hat sie von diesem gem. § 47 Abs. 3 Zif. 3 lit. a NAG Unterhalt im Herkunftsstaat bezogen.

 

Gem. § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. In diesem Zusammenhang sind insbesondere das tatsächliche Bestehen des Familienlebens (§ 11 Abs. 3 Zif. 2 NAG), der Grad der Integration des Fremden (§ 11 Abs. 3 Zif. 4) und dessen Bindungen zum Heimatstaat (§11 Abs. 3 Zif. 5) sowie die strafgerichtliche Unbescholtenheit (§ 11 Abs. 3 Zif. 6) und Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrecht (§ 11 Abs. 3 Zif. 7), zu berücksichtigen.

 

In diesem Zusammenhang ist auf die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zu verweisen, welcher ausgesprochen hat, dass einerseits das Wesen der Unterhaltsgewährung darin liegt, dass der Leistungsempfänger eine solche finanzielle Unterstützung dazu benötigt, um in seinem Aufenthaltsstaat seine Grundbedürfnisse decken zu können (vgl. EuGH vom 09.01.2007 C-1/05, RN 37). Andererseits wird das Bestehen eines formalrechtlichen Unterhaltsanspruches nicht vorausgesetzt (vgl. EuGH vom 18.06.1987, C-316/85, RN 20 folgende).

 

Die Geldzuwendungen der Bezugsperson erfolgten in regelmäßigen zeitlichen Abständen. Sohin kann objektiv gesehen nicht mit guten Gründen in Abrede gestellt werden, dass es sich um solche Unterstützungsleistungen handelte, die im Sinne des OGH-Urteils vom 09.01.2007 C-1/05, zur Deckung der Grundbedürfnisse der Beschwerdeführerin unabdingbar waren.

 

Der Ehemann der Bf ist aufgrund seines erlittenen Unfalles nicht mehr in der Lage, für die Deckung der Grundbedürfnisse seiner Ehefrau zu sorgen. Aus diesem Grund hat der leibliche Sohn der Bf und ihre Bezugsperson die Unterhaltszahlungen übernommen.

 

Die Behörde hat die familiäre Integration der Bf nicht ausreichend gewürdigt, sondern sie vielmehr ignoriert. Trotz der erfolgten Adoption gab es weiteren regen Kontakt zwischen der Bf und ihrem leiblichen Sohn. Dieser hat sie, wie oben beschrieben, auch finanziell sehr unterstützt. Ebenso hat die Bf, während sie in Österreich war, sich um ihren Enkelsohn gekümmert.

Zwischen dem Zusammenführenden und dessen Kernfamilie (Ehegattin und 4-jähriger Sohn), einerseits und der Bf andererseits, besteht entgegen der Annahme der belangten Behörde sehr wohl ein tatsächliches Familienleben. Dies obgleich die Bf stets nur in Intervallen von 90 Tagen bei ihrer Familie in Österreich sein kann, worauf die belangte Behörde auch penibel achtet.

 

Dem gegenüber ist die bisherige strafgerichtliche Unbescholtenheit im Sinne des § 11 Abs. 3 Zif. 6 NAG sowie die Nichtbegehung von Verstößen gegen die öffentliche Ordnung zugunsten der Bf zu berücksichtigen.

 

Gleiches gilt aber vor allem auch für die von ihrem leiblichen Sohn zu ihren Gunsten abgegebene, notariell beglaubigte Haftungserklärung gem. § 2 Abs. 1 Zif. 15 NAG, derzufolge davon auszugehen ist, dass ein Aufenthalt der Bf in Österreich zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft im Sinne des § 11 Abs. 2 Zif. 4 NAG in Verbindung mit § 11 Abs. 5 NAG führen wird.

 

Herr T. S. hat sich vor einem Jahr selbständig gemacht. Die Geschäfte laufen gut und Herr S. T. ist in der Lage, seine Ehefrau, den Sohn und die Bf ausreichend zu versorgen. Die belangte Behörde hat der Bf und ihrer Bezugsperson keine Möglichkeit gegeben, den Nachweis zu bringen, dass das Einkommen von Herrn T. S. ausreichend ist, um zusätzlich zu seiner Ehefrau S. T. geb. x, und seinem Kind auch die Bf finanziell zu unterstützen, wodurch es auf ein Einkommen von Frau S. T. nicht mehr ankommt.

 

Aufgrund der erst seit einem Jahr bestehenden Selbstständigkeit des Herrn T. S. wäre ein Wegzug aus Österreich vollkommen absurd. Vielmehr ist es so, dass die Bf in M. nur schwer überleben kann und die von Herrn T. S. geleisteten Unterhaltszahlungen zur Deckung der Grundbedürfnisse der Bf unabdingbar waren.

 

Stellt man die straf- und ordnungsrechtliche Unbescholtenheit sowie das Nichtbestehen einer Gefahr einer finanziellen Belastung für die Gebietskörperschaft dem gegenüber, dass bislang (anscheinend) kein tatsächliches Familienleben bestanden hat, so ergibt sich, dass letzterer Aspekt - worauf bereits zuvor hingewiesen wurde - vor allem deshalb von untergeordneter Bedeutung ist, weil er daraus resultiert, dass sich die Bf bislang faktisch nicht in Österreich aufhalten konnte.

 

Insgesamt ergibt sich die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Interessenabwegung, dass die subjektiven Interessen der Bf und ihres leiblichen Sohnes an einer Familienzusammenführung allenfalls entgegenstehende öffentliche Interessen überwiegen (vgl. auch den 4. Erwägungsgrund sowie Art. 4 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2003/86/IG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung, wonach eine solche „eine notwendige Voraussetzung dafür ist, dass ein Familienleben möglich ist, die diese zur Schaffung soziokultureller Stabilität beiträgt, die die Integration Drittstaatsangehöriger in dem Mitgliedsstaat erleichtert".

 

4.2. Verletzung von Verfahrensvorschriften:

Da die Behörde weder die Urkundenvorlagen gewürdigt, noch die nötigen Erhebungen zu den genannten Tatsachen angestellt hat, ist der zu bekämpfende Bescheid auch wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften zu rügen.

Bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte die Behörde zu einem anderslautenden Spruch kommen können.

 

5. Anträge:

Es wird sohin an das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich gestellt der

 

ANTRAG

 

1. Gem. § 28 Abs. 2 VwGvG in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag vollinhaltlich stattgegeben werde,

in eventu den angefochtenen Bescheid gem. § 28 Abs. 3 VwGGvG mit Beschluss aufzuheben

2. und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.“

 

III.a) Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Gemäß § 24 Abs 1 iVm Abs 4 VwGVG konnte die Durchführung einer – von keiner Verfahrenspartei beantragten – öffentlichen mündlichen Verhandlung aufgrund der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage für das erkennende Gericht hinreichend geklärt vorliegt und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, unterbleiben. Dass dem Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt zu werden.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem unstrittigen Sachverhalt aus:

 

Die unbescholtene Bf ist m. Staatsangehörige. Sie beabsichtigt sich in Österreich als Angehörige niederzulassen und macht als zusammenführende Person ihren leiblichen, mittlerweile adoptierten Sohn, den österreichischen Staatsbürger S. T., geltend. Die Bf war von 7.1.2014 bis zum 15.5.2014 sowie von 3.11.2014 bis zum 22.1.2015 in Österreich bei Herrn T. und dessen Familie aufhältig. Derzeit lebt die Bf im Heimatstaat mit ihrem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt und hat Kenntnisse der deutschen Sprache auf A1-Niveau. Ein Sohn lebt in M..

 

Herr T. hat, ebenso wie dessen Ehefrau, S. T., eine Haftungserklärung für die Bf abgegeben. Das von Herrn T. nachgewiesene durchschnittliche monatliche Einkommen beträgt 2.129,94 EUR. Herr T. wird zudem von Herrn V. N. monatlich mit einer Zahlung in der Höhe von 200,- EUR unterstützt. Frau T. ist Notstandsbezieherin. Die tägliche Notstandshilfe beträgt 17,63 EUR. Herr T. hat monatliche Kreditrückzahlungen in der Höhe von 950,- EUR zu leisten. Herr und Frau T. haben ein gemeinsames minderjähriges Kind. Herr T. hat vor ca einem Jahr ein Unternehmen gegründet; hinsichtlich der aktuellen Einkommenssituation wurden keine Unterlagen vorgelegt.

 

Die Bf hat im Verfahren eine „Krankenversicherung für Ausländer“ vorgelegt. Die Gültigkeitsdauer beträgt drei Monate, der Versicherungsbeginn war der 6.1.2015. Bei der Versicherung handelt es sich um eine Auslandsreisekrankenversicherung, welche keine umfassende Krankenversicherung darstellt. So ist etwa – wie der vorgelegten Polizze zu entnehmen ist – bei Zahnbehandlungen lediglich eine „Erstversorgung zur unmittelbaren Schmerzbekämpfung“ gedeckt.

 

Ein Arbeitsvorvertrag, ein Arbeitsvertrag oder eine Einstellungszusage hinsichtlich der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Österreich wurde nicht vorgelegt.

 

Dass Herr T. seit mehreren Jahren die Bf finanziell unterstützt, wird – ohne weitere Beweiserhebungen durchzuführen – für dieses Verfahren angenommen.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a.1) Die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG lauten in der geltenden Fassung:

 

„Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1. …

9. Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels; …

 

Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) …

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 bis4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

(7) …

 

Aufenthaltstitel `Familienangehöriger´ und „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger"

§ 47. (1) Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 sind Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

(2) Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ist ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

(3) Angehörigen von Zusammenführenden kann auf Antrag eine „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

1. Verwandte des Zusammenführenden, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird,

2. Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird oder

3. sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,

a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben,

b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder

c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.

Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben.

(4)…“

 

a.2) Die einschlägige Bestimmung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG lautet in der anzuwendenden Fassung:

 

„Richtsätze

§ 293. (1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1 307,89 €,

bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen 872,31 €,

b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 872,31 €,

c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres 320,84 €, falls beide Elternteile verstorben sind 481,75 €,

bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres 570,14 €, falls beide Elternteile verstorben sind 872,31 €.

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 134,59 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht. …“

 

b.1) Dass Herr T. Zusammenführender im Sinne des § 47 Abs 1 NAG und in Folge dessen Abs 2 bis 4, braucht ebenso, wie dass die Bf Angehörige (und nicht Familienangehörige [vgl § 2 Z 9 NAG]) von Herrn T. ist, nicht weiter erläutert werden.

 

b.2) § 47 Abs 3 NAG normiert, dass Angehörigen von Zusammenführenden eine „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" erteilt werden kann, wenn sie – neben weiteren, im Anschluss genannten Voraussetzungen – die Voraussetzungen des 1. Teiles, das sind insb jene, die in § 11 Abs 2 leg cit genannt werden, erfüllen.

 

§ 11 Abs 2 Z 3 NAG zufolge dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist. Z 4 nach darf der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen können.

 

b.3) Die Bf hat im Verfahren den Nachweis über eine „Krankenversicherung für Ausländer“ vorgelegt. Abgesehen davon, dass die Gültigkeit dieser Versicherung mit 6.4.2015 abgelaufen ist und den gesamten Aufenthaltszeitraum abdecken müsste, handelt es sich auch inhaltlich um keinen Krankenversicherungsschutz iSd § 11 Abs 2 Z 3 NAG, was schon daraus hervorgeht, dass etwa bei Zahnbehandlungen lediglich eine „Erstversorgung zur unmittelbaren Schmerzbekämpfung“ gedeckt ist.

Die Voraussetzung des § 11 Abs 2 Z 3 NAG wird von der Bf somit nicht erfüllt.

 

b.4) In Bezug auf § 11 Abs 2 Z 4 iVm Abs 5 NAG ist festzuhalten:

 

Gemäß § 293 ASVG beträgt der monatliche Richtsatz für eine erwachsene Person netto 872,31 EUR, für ein Ehepaar monatlich netto 1.307,89 EUR und für ein minderjähriges Kind monatlich netto 134,59 EUR. Das monatlich verfügbare Familieneinkommen muss daher im konkreten Fall 2.314,79 EUR betragen.

Legt man die in Punkt III.c) herangezogenen Werte zugrunde, ergibt sich ein monatliches durchschnittliches Familieneinkommen der Bezugsperson der Bf in der Höhe von 2.338,50 EUR. Bringt man die monatliche Kreditrate von Herrn T. in der Höhe von 950,- EUR zum Abzug und rechnet den Wert der freien Station in der Höhe von 278,72 EUR hinzu, verbleibt ein monatlich verfügbares Einkommen in der Höhe von 1.667,22 EUR.

 

Es ist somit ein monatlicher Differenzbetrag in der Höhe von 647,57 EUR gegeben. Auch bei Berücksichtigung der monatlichen Unterstützung von Herrn N. in der Höhe von 200,- EUR beträgt der monatliche Differenzbetrag immer noch 447,57 EUR.

 

Auch die Voraussetzung des § 11 Abs 2 Z 4 iVm Abs 5 NAG wird von der Bf somit nicht erfüllt. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übersieht dabei nicht, dass die Bf geltend macht, Herr T. habe sich kürzlich selbstständig gemacht, das Unternehmen floriere und es seien lediglich noch keine entsprechenden Nachweise vorlegbar. In diesem Zusammenhang ist jedoch festzuhalten, dass im Verfahren nur eine entsprechend nachweisbare finanzielle Situation herangezogen werden kann. Sollte sich die finanzielle Situation des Zusammenführenden wesentlich ändern, steht einer neuerlichen Antragstellung „res iudicata“ nicht entgegen.

 

b.5) Da die Bf bereits mehrere Voraussetzungen des 1. Teiles des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes nicht erfüllt, kann in Folge außer Betracht bleiben, ob zudem – wie von der belangten Behörde angenommen – die Voraussetzung des § 47 Abs 3 Z 1 NAG nicht erfüllt wird.

 

c.1) Die Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 11 Abs 2 Z 3 und 4 NAG führt freilich noch nicht zur Abweisung des von der Bf gestellten Antrages. Gem § 11 Abs 3 leg cit ist in Folge zu prüfen, ob die Nichterteilung des beantragten Aufenthaltstitels Art 8 EMRK verletzt. Dabei sind insb die in § 11 Abs 3 Z 1 bis 9 NAG genannten Punkte einer Prüfung zu unterziehen und ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Versagung eines Aufenthaltstitels mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen vorzunehmen.

 

c.1.1) Die Bf hat sich von 7.1.2014 bis 15.5.2014 im Bundesgebiet aufgehalten. Die Gesamtaufenthaltsdauer beträgt daher etwa sieben Monate. Der erste der beiden Aufenthalte dürfte ab dem Zeitpunkt, in dem eine 90-tägige Aufenthaltsdauer überschritten wurde, auch nicht rechtmäßig gewesen sein, da sich mazedonische Staatsangehörige ohne Sichtvermerk innerhalb von 180 Tagen lediglich 90 Tage in Österreich aufhalten dürfen.

 

c.1.2) Hinsichtlich eines tatsächlichen Familienlebens der Bf mit dem Zusammenführenden und dessen Familie ist festzuhalten, dass die Bf den Zusammenführenden zur Adoption freigegeben hat. Freilich können dennoch familiäre Beziehungen aufrechterhalten werden. Die Bf macht etwa geltend, trotz der Adoption in regem Kontakt mit ihrem Sohn gestanden zu sein bzw zu stehen und von ihm finanziell unterstützt worden zu sein bzw zu werden. Ein tatsächliches Familienleben vermag daher nicht völlig verneint zu werden.

 

c.1.3) Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.12.2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Fremden alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen.

 

Im diesem Sinne geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa zehn Jahren, fast durchgehender erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit sowie weiterer Integrationsschritte das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl. etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

 

Die Bf unterschreitet die vom Gerichtshof judizierte Schwelle von zehn Jahren bei Weitem. Zudem war sie zu keiner Zeit erwerbswirtschaftlich beschäftigt.

 

c.1.4) Aufgrund der geringen Aufenthaltsdauer der Bf im Inland kann von keinem hohen Maß an Integration ausgegangen werden. Positiv ist der Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache auf A1-Niveau hervorzuheben, welcher freilich im Wege des § 21a NAG für eine positive Antragserledigung vorausgesetzt ist.

 

c.1.5) Die Bf hat – Gegenteiliges wurde nicht behauptet – einen großen Teil ihres Lebens im Heimatland verbracht, weshalb sie dort sozialisiert wurde und mit der dortigen Kultur, den Gebräuchen usw vertraut ist. Sie beherrscht unzweifelhaft die Landessprache in Wort und Schrift und lebt gemeinsam mit ihrem Ehemann. Es ist daher eine starke Bindung an den Herkunftsstaat gegeben.

 

c.1.6) Die Bf ist strafrechtlich unbescholten.

 

c.1.7) Die Bf hat, wenn diesbezüglich – soweit ersichtlich – auch kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde, durch ihren mehr als 90 Tage dauernden Aufenthalt von 7.1.2014 bis 15.5.2014 im Bundesgebiet gegen die öffentliche Ordnung verstoßen.

 

c.2) Aufgrund der getroffenen Feststellungen gilt es nunmehr in einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das Interesse der Bf an der Erteilung eines Aufenthaltstitels mit dem öffentlichen Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzuwägen.

 

Einerseits handelt es sich bei der Bf um eine Person, deren integrative Bindungen an Österreich aus gesellschaftlicher Sicht aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer im Inland sehr schwach ausgeprägt sind; eine entscheidungserhebliche berufliche Integration ist nicht gegeben. Auch eine besonders stark ausgeprägte persönliche Nahebeziehung zum Zusammenführenden und dessen Familie, also eine Beziehung, die über das gewöhnliche verwandtschaftliche Maß hinausgeht, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der bzw die Fremde – wie hier – keine genügende Veranlassung gehabt hat, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (vgl VwGH 17.4.2013, 2013/22/0088).

 

Andererseits weist die Bf jedoch eine sehr starke Bindung an ihren Heimatstaat auf. Insb ist in diesem Zusammenhang, abgesehen davon, dass die Bf mehr oder weniger ihr gesamtes Leben dort verbracht hat und deshalb mit der Sprache, den Bräuchen, der Kultur usw vertraut ist, darauf zu verweisen, dass die Bf dort mit ihrem Ehemann zusammenlebt, und dieser in Folge ohne seine Gattin im Herkunftsstaat zurückbleiben würde. Weiters lebt auch ein Sohn der Bf im Heimatland. Ein Verbleib der Bf in M. scheint schon vor diesen Hintergründen nicht unzumutbar. Soweit die Bf und der Zusammenführende ins Treffen führen, die Bf könne ohne die finanzielle Unterstützung des Zusammenführenden im Heimatland kein Auslangen finden, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Unterstützung – wie sie behaupteter maßen auch bereits in den letzten Jahren stattgefunden hat – auch in Hinkunft ungehindert möglich ist. In diesem Sinne hat auch der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass mit Patenschaftserkärungen letztlich nur die finanzielle Unterstützung des Fremden dokumentiert und keine iSd Art 8 EMRK relevante Integration dargelegt wird (vgl VwGH 22.7.2011, 2011/22/0112).

 

Der Kontakt mit dem Zusammenführenden und dessen Familie kann unzweifelhaft auch weiterhin in Form von – auch längeren – gegenseitigen Besuchen und durch die Inanspruchnahme von modernen Kommunikationsmitteln aufrechterhalten werden.

 

Schließlich ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach grundsätzlich kein Recht auf ein gemeinsames Familienleben in einem bestimmten Vertragsstaat der EMRK zusteht. Im konkreten Fall wurde ein gemeinsames Familienleben seit Jahren nicht mehr geführt und es besteht kein Grund zur Annahme, dass das Familienleben nicht im gemeinsamen Heimatstaat geführt werden könnte, wobei dem Umstand, dass die Ankerperson in Österreich mehr verdienen kann als im Heimatland, keine maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl VwGH 7.5.2014, 2013/22/0352).

 

Bei einer Gesamtabwägung ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit iSd Art 8 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen der Bf gegeben werden muss. Die Bf kann sich daher nicht durchschlagend auf den Schutz ihres Privat- und Familienlebens berufen. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich teilt somit auch diesbezüglich die Auffassung der belangten Behörde, dass einer abweisenden Antragserledigung Art 8 EMRK nicht entgegensteht.

 

d) Schließlich führt die Bf sinngemäß an, die Ausreise des Zusammenführenden sei unzumutbar; er sei österreichischer Staatsbürger und nicht zuletzt aufgrund seiner Beschäftigung auf einen Verbleib im Bundesgebiet angewiesen, wäre doch sonst die wirtschaftliche Existenz der gesamten Familie ernsthaft gefährdet. Das Argument geht schon insofern ins Leere, als eine Inanspruchnahme des Rechts auf Freizügigkeit durch den Zusammenführenden nicht vorliegt bzw nie behauptet wurde.

 

In diesem Zusammenhang ist zudem festzuhalten, dass der EuGH in den Rechtssachen D. und Z. ausgesprochen hat, dass Art 20 AEUV nationalen Maßnahmen entgegensteht, die bewirken, dass den Unionsbürgern der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen dieser Status verleiht, verwehrt wird. Das Kriterium der Verwehrung des Kernbestands der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, bezieht sich den Urteilen zufolge nämlich auf Sachverhalte, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Unionsbürger de facto gezwungen sieht, nicht nur das Gebiet des Mitgliedstaats, dem er angehört, zu verlassen, sondern das Gebiet der Union als Ganzes. Konkretisierend hat der EuGH dargelegt; die bloße Tatsache, dass es für einen Staatsbürger eines Mitgliedstaats aus wirtschaftlichen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft im Gebiet der Union wünschenswert erscheinen könnte, dass sich Familienangehörige, die nicht die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats besitzen, mit ihm zusammen im Gebiet der Union aufhalten können, rechtfertige für sich genommen nicht die Annahme, dass der Unionsbürger gezwungen wäre, das Gebiet der Union zu verlassen, wenn kein Aufenthaltsrecht gewährt würde.

 

Vor diesem Hintergrund wäre – selbst wenn der Zusammenführende vom Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hätte – nicht ersichtlich, inwiefern dieser de facto zur Ausreise aus dem Bundesgebiet bzw aus der Europäischen Union gezwungen sein würde, da augenscheinlich primär der Aufbau einer Familiengemeinschaft bezweckt wird.

 

Auch die „de facto-Judikatur“ steht somit dem oben erlangten Ergebnis nicht entgegen.

 

V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da das Verfahren betreffend Aufenthaltstitel eine Einzelfallbeurteilung erfordert, welche im Allgemeinen nicht revisibel ist (vgl VwGH 25.4.2014, Ro 2014/21/0033).

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Markus Zeinhofer