LVwG-850337/4/Bm

Linz, 23.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier über die Beschwerde der Frau S R, vertreten durch x Rechtsanwälte OG, x, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Februar 2015, GZ: 0038447/2012, betreffend Entziehung der Gewerbe­berechtigung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Februar 2015, GZ:  0038447/2012, mangels aufrechter Gewerbeberechtigung behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
19. Februar 2015, GZ: 0038447/2012, wurde der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) die Gewerbeberechtigung für den Betrieb eines Solariums im Standort x, x, Gewerberegisternummer: x, im Grunde des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 entzogen. Begründend wurde ausgeführt, gegen die Bf liege laut Strafregisterauszug eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe von vier Monaten (bedingt) vor. Damit seien die Vorausset­zungen für die Entziehung nach § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 gegeben.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Bf durch ihre anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, es treffe zwar zu, dass sie wegen einer sonstigen Straftat zu einer mehr als drei­monatigen bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Allerdings hätte die Erstbehörde auch das Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 prüfen müssen, wozu die Klärung der Frage gehöre, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten sei. Nur bei negativer Prognoseentscheidung hätte der Gewerbeschein entzogen werden dürfen. Die vom Gesetz geforderte Prognose habe die Erstbehörde gar nicht aufgestellt, sodass die Entscheidung im Instan­zen­zug auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz nicht überprüft werden könne, weil sich die Erstbehörde mit einer entscheidungsrelevanten Thematik überhaupt nicht auseinandergesetzt habe. Nach der Rechtsprechung des Ver­waltungsgerichtshofes sei bei der Frage, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten sei, das Wohlverhalten des Betroffenen zu berücksichtigen. Dabei sei „auf den seit der Begehung der Delikte verstrichenen Zeitraum“ abgestellt worden. Die Prüfung mache erforderlich, dass die Gewerbebehörde - auf Grundlage des Verhaltens in der Vergangenheit - eine nachvollziehbar begründete, selbstständige Prognose über das zukünftige Verhalten einer Person anzustellen habe. Auch eine solche Prognose sei nicht angestellt worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe zu der im Hinblick auf die zu erstellende Prognose insoweit inhaltsgleichen Bestimmung des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ausgeführt, dass die Überlegungen des Gerichtes bei der Anwendung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB nicht schematisch außer Betracht bleiben könnten. Die Erstbehörde irre daher, wenn sie vermeine, dass der im gegenständlichen Fall ausgesprochene bedingte Straf­ausspruch unbeachtlich sei. Vielmehr bedürfe es bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren näherer Erörterungen, weshalb ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 erfüllt seien. Diese Überlegungen würden in gleicher Weise für das Nachsichts­verfahren gelten. Zwar könne dem seit der Begehung der Delikte verstrichenen Zeitraum, wenn er in erheblichem Ausmaß in Haft verbracht worden sei, bezüg­lich der Zukunftsprognose ein geringerer Stellenwert beigemessen werden, doch sei dieser Zeitraum jedenfalls nicht von vornherein und kategorisch bei der Prognose auszublenden. Ebenso wenig werde die Auffassung der belangten Behörde geteilt, dass Zeiten des Wohlverhaltens während einer Drogentherapie bei der Prognose unberücksichtigt zu bleiben hätten. Die belangte Behörde habe somit ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht wesentliche Zeiträume des Wohlverhaltens der Bf bei der Beurteilung des Persönlichkeitsbildes unberücksichtigt gelassen. Hätte sich die Behörde mit der Frage des zukünftigen Verhaltens der Bf auseinandergesetzt bzw. die vom Gesetz geforderte Prognose aufgestellt, hätte sie sich also ausreichend mit der entscheidungswesentlichen Thematik auseinandergesetzt, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit der Bf die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten sei und damit die Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht vorliegen würden. Verurteilt worden sei die Bf, weil sie in einer Ausnahmesituation den seinerzeitigen Freund unterstützen habe wollen, als dieser von mehreren Beamten verhaftet worden sei und die Bf ver­hindern wollte, dass dieser verletzt werde. Dabei sei die Bf von Beamten ergrif­fen worden und habe sich dagegen gewehrt, was ihr als Widerstand gegen die Staatsgewalt angelastet worden sei.

 

Es werden die Anträge gestellt,

der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Gewerbeschein nicht entzogen wird; in eventu

den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Erledi­gung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückzuverweisen.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde gemeinsam mit dem bezug­habenden Verwaltungsverfahrensakt mit Schreiben vom 8. April 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) zur Entscheidungsfindung vor­gelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Ver­fahrensakt und in das darin einliegende Urteil des Landesgerichtes L vom
1. Juli 2014, AZ: 40 Hv 12/14h.

 

Da sich daraus bereits der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt haben, konnte von der Durchführung einer solchen abgesehen werden.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Mit Urteil des Landesgerichtes L vom 1. Juli 2014, AZ: 40 Hv 12/14h, wurde die Bf wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsge­walt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 3. Fall StGB und der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB, des unerlaub­ten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall und Abs. 2 SMG sowie des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 2 Waffengesetz für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten ver­urteilt. Diese verhängte Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probe­zeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2015 wurde von der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Bf die Berechtigung für die Ausübung des Gewerbes „Solarium“ im Standort x, x, zurückgelegt hat, somit die Gewerbe­berechtigung mit Wirksamkeit 2. Juli 2015 geendet hat und die Gewerbeberech­tigung im Gewerberegister auch gelöscht wurde.

 

5. Hierüber hat das LVwG erwogen:

 

5.1. Gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschluss­gründe gemäß § 13 Abs. 1 und 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

 

Nach § 13 Abs. 1 GewO 1994 ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlos­sen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt.

 

5.2. Vorweg ist darauf zu verweisen, dass das LVwG die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung anzuwenden hat.

Dadurch, dass die Bf die Gewerbeberechtigung [mit Wirksamkeit 2. Juli 2015] zurückgelegt hat (Löschung), und diesbezüglich auch die Eintragung im Gewerberegister vorgenommen wurde, liegt keine bestehende Gewerbe­berech­tigung mehr vor.

Verfügt aber die Bf über keine Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gewerbes „Solarium“, kann auch § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 nicht mehr Platz greifen, der bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von der Entziehung von (bestehenden) Gewerbeberechtigungen spricht.

 

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid zu beheben, ohne auf das Beschwerdevorbringen einzugehen.

Zu II.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Michaela Bismaier